Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.10.2021, Az. EnZR 43/20

Kartellsenat | REWIS RS 2021, 1950

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Gegenstand

Beteiligung der Gemeinde mit einem Eigenbetrieb am Wettbewerb um das kommunale Wegenetz zur leitungsgebundenen Energieversorgung: Erforderlichkeit der vollständigen Trennung der Vergabestelle von dem Eigenbetrieb; Anforderungen an die Organisationsstruktur - Stadt Bargteheide


Leitsatz

Stadt Bargteheide

1. Beteiligt sich die Gemeinde mit einem Eigenbetrieb oder einer Eigengesellschaft am Wettbewerb um das kommunale Wegenetz zur leitungsgebundenen Energieversorgung, ist es erforderlich, die als Vergabestelle tätige Einheit der Gemeindeverwaltung personell und organisatorisch vollständig von dem Eigenbetrieb oder der Eigengesellschaft zu trennen.

2. Eine solche vollständige Trennung erfordert eine Organisationsstruktur, die sicherstellt, dass ein Informationsaustausch zwischen den für die Vergabestelle und den für den Eigenbetrieb oder die Eigengesellschaft handelnden Personen nur innerhalb des hierfür vorgesehenen Vergabeverfahrens für das Wegerecht erfolgt, so dass bereits durch strukturelle Maßnahmen - und damit nach dem äußeren Erscheinungsbild - die Bevorzugung des Eigenbetriebs oder der Eigengesellschaft und damit der "böse Schein" mangelnder Objektivität der Vergabestelle vermieden wird.

Tenor

I. Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden - unter Zurückweisung der Revisionen der [X.]n - das Urteil des Kartellsenats des [X.] vom 18. Mai 2020 teilweise aufgehoben und das Urteil der [X.] des [X.] vom 21. Juni 2019 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Gegenüber der [X.]n zu 1 wird festgestellt, dass

a) der am 3. Mai 2018 zwischen den [X.]n abgeschlossene [X.] nach § 46 Abs. 2 [X.] für die Verlegung und den Betrieb von Leitungen, die zu einem Elektrizitätsversorgungsnetz der allgemeinen Versorgung im Gemeindegebiet gehören, unwirksam ist;

b) der am 3. Mai 2018 zwischen den [X.]n abgeschlossene [X.] nach § 46 Abs. 2 [X.] für die Verlegung und den Betrieb von Leitungen, die zu einem Gasversorgungsnetz der allgemeinen Versorgung im Gemeindegebiet gehören, unwirksam ist.

2. Die [X.] zu 1 wird verpflichtet, das Verfahren zur Vergabe der [X.] im Sinne der Ziffer 1 neu durchzuführen.

3. Die [X.] zu 1 wird verurteilt, an die Klägerin 41.841,31 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25. August 2018 zu zahlen.

4. Gegenüber der [X.]n zu 2 wird festgestellt, dass dieser gegen die Klägerin keine Ansprüche auf Übereignung der für den Betrieb des Stromnetzes und auf Übertragung der für den Betrieb des Gasnetzes im Gemeindegebiet erforderlichen Versorgungsanlagen zustehen.

II. [X.] und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in allen Instanzen tragen die [X.] zu 1 zu 80 % und die [X.] zu 2 zu 20 %. Ihre außergerichtlichen Kosten tragen die [X.]n jeweils selbst.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin ist aufgrund von Konzessionen der Stadt [X.] (Beklagte zu 1) Eigentümerin der Wegenetze für die Strom- und Gasversorgung in deren Gemeindegebiet. Die [X.] liefen Ende 2014 aus.

2

An einem ersten Verfahren zur Neuvergabe der [X.] beteiligten sich die Klägerin sowie die Beklagte zu 2, welche unter der Bezeichnung "Stadtwerke [X.] GmbH" (fortan auch: Stadtwerke) von der [X.] zu 1 errichtet wurde. Geschäftsführer der [X.] zu 2 war [X.], der Kämmerer der [X.] zu 1. Nachdem der [X.] zu 1 die beabsichtigte Konzessionsvergabe an die Stadtwerke in einer von der Klägerin beantragten einstweiligen Verfügung untersagt worden war, leitete sie ein neues Vergabeverfahren ein.

3

Der [X.] vom 7. Oktober 2015 enthielt die Auswahlkriterien, Entwürfe der [X.] und eine Beschreibung der Verfahren. Die Schreiben waren von [X.] unterzeichnet, dem Büroleiter der Bürgermeisterin der [X.] zu 1. Sie enthielten die Aufforderung, erste indikative Angebote an die Stadt, zu Händen von [X.], zu übermitteln. [X.] war nach dem [X.] der Erstbeklagten mit der Aufgabe "[X.]" der Abteilung Finanzen und Gebäudewirtschaft zugeordnet, deren Leiter der Kämmerer [X.] war. [X.] wiederum unterstand nach dem Organigramm der [X.] zu 1 unmittelbar dem Büroleiter [X.] Im [X.] vom 17. November 2015 änderte die Beklagte zu 1 die Bewertungsmethode.

4

Mit dem [X.] vom 3. März 2016 forderte die Beklagte zu 1 die Bewerber zur Abgabe rechtsverbindlicher Angebote auf. Die Beklagte zu 2 und die Klägerin gaben ihre Angebote fristgemäß ab. Bei der Auswertung durch die späteren Prozessbevollmächtigten der [X.] zu 1 erhielt das Angebot der [X.] zu 2 für das Stromnetz 966 Punkte und das der Klägerin 905 Punkte. Beim Gasnetz ergaben sich 973 Punkte für die Beklagte zu 2 und 892 Punkte für die Klägerin. Nach Beratung des Haupt- und Sozialausschusses beschloss die Stadtvertretung am 8. Dezember 2016, die beiden Konzessionen an die Beklagte zu 2 zu vergeben.

5

Auf Antrag der Klägerin untersagte das [X.] mit einstweiliger Verfügung vom 15. Februar 2017 der [X.] zu 1 die Umsetzung der Vergabeentscheidung. Mit Urteil vom 29. September 2017 hob das [X.] diese Verfügung auf und wies den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück. Die dagegen eingelegte Berufung wurde mit Urteil des Berufungsgerichts vom 16. April 2018 zurückgewiesen. Am 3. Mai 2018 schlossen die [X.] miteinander die [X.] für das Strom- und das Gasnetz der Gemeinde.

6

Die Klägerin begehrt gegenüber beiden [X.] die Feststellung, dass diese Verträge unwirksam seien, sowie gegenüber der [X.] zu 2, dass sie die Übertragung der Netze nicht verlangen könne (Anträge 1 und 6). Weitere gegen die Beklagte zu 1 gerichtete Anträge sind für den Fall der gerichtlichen Feststellung der Unwirksamkeit der [X.] gegenüber der [X.] zu 1 gestellt. Unter anderem begehrt die Klägerin mit dem Antrag 2, der von der weiteren Bedingung abhängig ist, dass die Unwirksamkeit mit einem Verstoß gegen das Neutralitätsgebot begründet wird, der [X.] zu 1 aufzugeben, ein neues Vergabeverfahren nicht ohne eine personelle und organisatorische Trennung zwischen der verfahrensleitenden Stelle und der [X.] zu 2 durchzuführen. Für den Fall des Erfolgs eines der gegen die Beklagte zu 1 gerichteten Anträge verlangt die Klägerin im Wege der Zahlungsklage von der [X.] zu 1 Erstattung der Prozesskosten des zweiten einstweiligen Verfügungsverfahrens.

7

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht gegenüber beiden [X.] festgestellt, dass der zwischen den [X.] abgeschlossene Wegenutzungsvertrag betreffend das [X.] unwirksam ist. Gegenüber der [X.] zu 2 hat es festgestellt, dass ihr gegen die Klägerin kein Anspruch auf Übereignung der für den Betrieb des Stromnetzes im Gemeindegebiet erforderlichen Versorgungsanlagen zusteht. Die geltend gemachten Prozesskosten nebst Zinsen hat das Berufungsgericht zum Teil zugesprochen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

8

Hiergegen richten sich die vom Berufungsgericht zugelassenen Revisionen der Parteien, mit denen sie ihre Berufungsanträge weiterverfolgen.

Entscheidungsgründe

9

Die - zulässige - Revision der Klägerin hat Erfolg und führt, soweit das Berufungsgericht zu ihrem Nachteil erkannt hat, zur Aufhebung des Berufungsurteils und Abänderung des landgerichtlichen Urteils. Die zulässige Revision der [X.] ist zurückzuweisen.

I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die das Verfahren und die Ausgestaltung der Vergabekriterien betreffenden [X.] der Klägerin griffen sämtlich nicht durch. Ein Verstoß gegen das Neutralitätsgebot könne nicht festgestellt werden. Es bedürfe weder der Aufklärung, ob [X.] tatsächlich weisungs- und disziplinarrechtlich allein [X.] unterstellt gewesen sei, noch dazu, wie die Beklagte die bestrittene Weitergabe von Vorgängen "von Hand zu Hand" verfügt und umgesetzt habe. [X.] könne man schon nicht für die Vergabestelle halten, diese Aufgabe sei förmlich von [X.] wahrgenommen worden. Die inhaltliche Bearbeitung sei durch die beratende Anwaltskanzlei erfolgt. Konkrete Anhaltspunkte, dass in diese Kommunikation der Klägerin mit der Vergabestelle andere Personen als die Bürgermeisterin und [X.] sowie die beiden Rechtsanwälte einbezogen worden seien, seien weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Es seien auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass [X.] mit dem Vergabeverfahren in irgendeiner Weise befasst gewesen sei.

Die Beklagte zu 1 habe die Auswahlkriterien weder unrichtig bestimmt noch gewichtet. Ihre Beurteilungsentscheidungen seien jedoch nicht durchgehend nachvollziehbar und plausibel, wobei sich die Bewertungsdefizite im Ergebnis nur im Bereich Strom entscheidend ausgewirkt hätten. Die Rechtskraft der Kostengrundentscheidung im einstweiligen Verfügungsverfahren stehe dem auf Erstattung der Prozesskosten gerichteten Schadensersatzanspruch nicht entgegen.

II. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision der Klägerin nicht stand.

1. Mit Erfolg wendet sich die Klägerin gegen die Abweisung des auf Feststellung der Nichtigkeit des [X.] über das [X.] gerichteten Antrags gegen die Beklagte zu 1 (Antrag 1b).

a) Der Antrag ist entgegen der Auffassung der [X.] zulässig.

aa) Der Zulässigkeit des Antrags steht nicht entgegen, dass die Klägerin nicht [X.] des [X.] ist.

(1) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] kann ein Feststellungsantrag auch auf Feststellung eines Rechtsverhältnisses zwischen der beklagten [X.] und einem Dritten gerichtet sein, wenn dieses zugleich für die Rechtsbeziehungen der [X.]en untereinander von Bedeutung ist und der Kläger an der alsbaldigen Klärung ein berechtigtes Interesse hat ([X.], Urteile vom 25. Februar 1982 - [X.], [X.]Z 83, 122, 125 f.; vom 2. Juli 2007 - [X.], [X.], 69 Rn. 22; und vom 11. Juli 2012 - [X.], [X.], 3647 Rn. 24). Ausreichend ist, wenn der Kläger in seiner Rechtssphäre von dem Bestehen oder Nichtbestehen des Rechtsverhältnisses wenigstens mittelbar betroffen ist ([X.], [X.], 3647 Rn. 24 mwN; [X.] in [X.], ZPO, 23. Aufl., § 256 Rn. 33 mwN).

(2) Da ausgeschlossen ist, dass die Beklagte zu 1 während der Laufzeit der [X.] mit weiteren Bewerbern entsprechende Verträge abschließt ([X.], Urteil vom 17. Dezember 2013 - [X.], [X.]Z 199, 289 Rn. 105 - Stromnetz [X.]), kommt der Nichtigkeit des [X.] für die von der Klägerin erstrebte Vergabe der jeweiligen Konzession an sie entscheidende Bedeutung zu. Eine mit dem Abschluss der Verträge mit der [X.] zu 2 verbundene Diskriminierung oder unbillige Behinderung der Klägerin könnte nur durch die Nichtigkeit eben dieser Verträge beseitigt werden. Ein (unterstellt) fehlerhaft abgeschlossener Konzessionsvertrag stellt eine fortdauernde Behinderung der Klägerin dar ([X.]Z 199, 289 Rn. 105, 108 - Stromnetz [X.]).

bb) Gegenüber der [X.] zu 1 fehlt es auch nicht an dem nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderlichen rechtlichen Interesse an einer alsbaldigen Feststellung der Unwirksamkeit des [X.].

(1) Ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses ist gegeben, wenn dem Recht oder der Rechtslage des [X.] eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und wenn das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (st. Rspr.; [X.], Urteile vom 22. Juni 1977 - [X.], [X.]Z 69, 144, 147; vom 9. Juni 1983 - [X.], NJW 1984, 1118; und vom 13. Januar 2010 - [X.], [X.], 1877 Rn. 12 mwN). Das ist hier der Fall. Die Beklagte zu 1 steht auf dem Standpunkt, dass die Vergabeverfahren durch den Abschluss der [X.] beendet worden seien. Demgegenüber vertritt die Klägerin die Auffassung, dass die [X.] unwirksam seien mit der Folge, dass entweder die Vergabeverfahren neu durchzuführen oder die Konzessionen an die Klägerin zu vergeben seien.

(2) Das Feststellungsinteresse kann auch nicht mit der Erwägung verneint werden, die Klägerin könne jeden für sie in Betracht kommenden Anspruch (auf Einleitung eines neuen Vergabeverfahrens oder Fortsetzung des Vergabeverfahrens, auf Erteilung der Konzession oder auf Schadensersatz) mit der Leistungsklage verfolgen.

(a) Zwar fehlt grundsätzlich das Feststellungsinteresse, wenn der Kläger dasselbe Ziel mit der Klage auf Leistung erreichen kann ([X.], NJW 1984, 1118, 1119; Urteile vom 6. März 2001 - [X.], [X.]Z 147, 81, 84 - [X.]; und vom 12. Juni 2018 - [X.], [X.], 405 Rn. 15 - Grauzementkartell II).

(b) Die Erhebung einer Leistungsklage wegen eines fehlerhaften Verfahrens zur Vergabe einer Wegekonzession ist jedoch regelmäßig - wie auch hier - mit Unsicherheiten verbunden. Zum Zeitpunkt der Klageerhebung steht in der Regel nicht fest, welche Rechtsfolge sich aus einem Fehler bei der Vergabe der Konzession für ein Strom- oder Gasnetz ergibt. Vielmehr hängt es von den Umständen des Einzelfalls zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ab, ob ein Anspruch auf Erteilung der Konzession besteht oder eine Aufhebung oder Rückversetzung des Vergabeverfahrens in ein früheres Stadium notwendig ist ([X.], Urteil vom 9. März 2021 - [X.], [X.] 2021, 509 Rn. 39, 44 - Gasnetz [X.]). Bei der Bestimmung der Rechtsfolge eines Verfahrensfehlers kann insbesondere ins Gewicht fallen, dass ein überwiegender Anteil der vorgesehenen Konzessionslaufzeit bereits verstrichen ist, ohne dass es zu einer gesetzlich vorgeschriebenen wettbewerblichen Neuvergabe gekommen ist ([X.], [X.] 2021, 509 Rn. 62 - Gasnetz [X.]). Die Rechtsfolge des Verfahrensfehlers kann damit auch von der Dauer des Prozesses abhängen.

(c) Für die Zulässigkeit der Feststellungsklage spricht im Übrigen auch der Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit (vgl. [X.], Urteile vom 9. Juni 1983 - [X.], NJW 1984, 1118, 1119; und vom 6. März 2001 - [X.], [X.]Z 147, 81, 84 - [X.]). Im Fall der Abweisung der Klage ist die Rechtslage zwischen den [X.]en endgültig geklärt. Aber auch bei einem Erfolg der Klage kommt dem Feststellungsausspruch Bedeutung zu. Gegenüber öffentlichen Körperschaften oder Anstalten ist trotz möglicher Leistungsklage in der Regel ein Feststellungsinteresse anzunehmen, weil von ihnen zu erwarten ist, dass sie sich schon einem Feststellungsurteil beugen werden ([X.], Urteil vom 9. Juni 1983 - [X.], NJW 1984, 1118, 1119).

cc) Ohne Erfolg machen die [X.] geltend, die Klägerin habe ein wegen des rechtskräftig abgeschlossenen Eilverfahrens notwendiges besonderes rechtliches Interesse nicht dargelegt.

(1) Im Hinblick auf die unterschiedlichen Rechtsschutzziele (Sicherung durch vorläufige Regelung im einstweiligen Verfügungsverfahren gegenüber endgültiger Regelung im Hauptsacheverfahren), die unterschiedliche Prüfungsintensität (§§ 920 Abs. 2, 936 ZPO - Glaubhaftmachung im einstweiligen Verfügungsverfahren gegenüber voller Beweisführung im Hauptsacheverfahren) und Wirkungen sind einstweiliges Verfügungsverfahren und Hauptsacheverfahren nebeneinander zulässig. Der Gegner hat aus diesem Grund die Möglichkeit, das Hauptsacheverfahren zu erzwingen (§§ 926, 936 ZPO).

(2) Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob sich aus § 47 Abs. 5 Satz 2 [X.] in der seit dem 3. Februar 2017 geltenden Fassung ergibt, dass eine Überprüfung der von dem Bewerber um das Wegenutzungsrecht erhobenen [X.] ausschließlich im einstweiligen Verfügungsverfahren erfolgen kann und ein nachfolgendes Hauptsacheverfahren ausgeschlossen ist (vgl. [X.], Urteil vom 28. August 2019 - 6 [X.]/18 Kart, juris Rn. 99; KG, [X.] 2019, 76 Rn. 25). Die Vorschrift findet hier noch keine Anwendung.

(a) Gemäß § 118 Abs. 23 [X.] nF ist § 47 [X.] nF auf Verfahren zur Vergabe von Wegenutzungsrechten zur leitungsgebundenen Energieversorgung, in denen am 3. Februar 2017 von der Gemeinde bereits Auswahlkriterien samt Gewichtung im Sinne des § 46 Abs. 4 Satz 4 [X.] bekannt gegeben wurden, mit der Maßgabe anwendbar, dass die in § 47 Abs. 2 Satz 1 bis 3 [X.] genannten Fristen mit Zugang einer Aufforderung zur Rüge beim jeweiligen Unternehmen beginnen.

(b) Es kann dahinstehen, ob die Rügeobliegenheit nach § 47 [X.] nur für noch nicht abgeschlossene Verfahren über die Vergabe des [X.] gilt (so [X.] in Säcker, [X.]er Kommentar zum Energierecht, 4. Aufl. 2019, § 118 [X.] Rn. 70). Da die gesetzliche Rügeobliegenheit in den von der Regelung erfassten Übergangsfällen erst entsteht, wenn die nach § 118 Abs. 3 [X.] erforderliche Rügeaufforderung dem Bieter zugeht ([X.] aaO), ergab sich für die Klägerin auch bei Anwendung der Regelung keine gesetzliche Rügeobliegenheit. Es fehlt an einer Aufforderung zur Rüge gemäß § 47 Abs. 2 [X.] nF durch die beklagte [X.], welche naturgemäß erst nach dem Inkrafttreten der Neuregelung erfolgen konnte (vgl. Stellungnahme des Bundesrates zum Gesetzentwurf der Bundesregierung [X.]. 18/8184 [X.] 24). Dass die Beklagte zu 1 die Klägerin zu einer entsprechenden Rüge aufgefordert hat, ist vom Berufungsgericht weder festgestellt noch ergeben sich Anhaltspunkte dafür. Eine Rügeobliegenheit ergab sich für die Klägerin damit lediglich aus der Rechtsprechung des Senats, wonach der Bieter schon vor Inkrafttreten des § 47 Abs. 2 [X.] gehalten war, eine erkennbare Rechtsverletzung im Verfahren zur Vergabe der [X.] zu rügen und gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen (vgl. Urteil vom 28. Januar 2020 - [X.] 116/18, [X.], 331 Rn. 44 - Stromnetz [X.]bach).

(c) Da sich eine Rügeobliegenheit der Klägerin damit nicht aus § 47 Abs. 2 [X.] ergab, findet auch § 47 Abs. 5 [X.] nF als letzte Stufe des Präklusionsregimes des § 47 [X.] nF (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, [X.]. 18/8184, [X.] 17) keine Anwendung. Die Regelung bezieht sich lediglich auf solche Rechtsverletzungen, die dem [X.] nach § 47 Abs. 2, Abs. 4 [X.] nF unterfallen, nicht dagegen auf die nach alter Rechtslage bestehenden Rügeobliegenheiten.

b) Der auf Feststellung der Nichtigkeit des [X.] für das Gasnetz gerichtete Antrag ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch begründet.

aa) Ein [X.] zwischen einer Gemeinde und einem Energieversorgungsunternehmen ist nach § 134 BGB nichtig, wenn die Konzessionsvergabe den aus § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB und § 46 Abs. 1 [X.] abzuleitenden Anforderungen nicht genügt und damit eine unbillige Behinderung derjenigen Bewerber vorliegt, deren Chancen auf die Konzession dadurch beeinträchtigt worden sind (vgl. [X.]Z 199, 289 Rn. 54 ff. und 101 ff. - Stromnetz [X.]; [X.], Urteil vom 17. Dezember 2013 - [X.], [X.], 401, 413 [juris Rn. 50 ff.] - Stromnetz [X.]; Beschluss vom 3. Juni 2014 - [X.] 10/13, [X.]/[X.] 4322 Rn. 53 - Stromnetz [X.]; Urteil vom 18. November 2014 - [X.] 33/13, [X.] 2015, 125 Rn. 19 - Stromnetz Schierke).

bb) Bei der Vergabeentscheidung haben die Gemeinden das Diskriminierungsverbot des § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB und des § 46 Abs. 1 [X.] zu beachten ([X.], Urteil vom 17. Dezember 2013 - [X.], [X.]Z 199, 289 Rn. 17 - Stromnetz [X.]).

(1) Daraus folgt das Gebot der organisatorischen und personellen Trennung von Vergabestelle und Bewerber. Dies soll sicherstellen, dass die Gemeinde - insbesondere in den Fällen, in denen durch eine gleichzeitige Stellung als Vergabestelle und Bieter ein Interessenkonflikt besteht - gegenüber allen Bewerbern um das Wegenutzungsrecht die gebotene Neutralität wahrt und zudem die gebotene diskriminierungsfreie Vergabeentscheidung gewährleistet ist ([X.], Urteil vom 28. Januar 2020 - [X.] 99/18, [X.], 358 Rn. 33, 43 - Gasnetz [X.]; [X.] 2021, 509 Rn. 48 - Gasnetz [X.]).

(a) Beteiligt sich die Gemeinde mit einem Eigenbetrieb oder - wie hier - einer Eigengesellschaft am Wettbewerb um das Wegenetz, kann die Trennung erfolgen, indem die Gemeinde die Vergabestelle einer personell und organisatorisch vollständig vom Eigenbetrieb oder der Eigengesellschaft getrennten Einheit der Gemeindeverwaltung zuweist (vgl. [X.], Beschluss vom 18. Oktober 2016 - KZB 46/15, [X.], 200 Rn. 40 - Landesbetrieb [X.] Energie; [X.], [X.], 358 Rn. 43 - Gasnetz [X.]). Eine solche vollständige Trennung erfordert eine Organisationsstruktur, die sicherstellt, dass ein Informationsaustausch zwischen den für die Vergabestelle und den für den Eigenbetrieb oder die Eigengesellschaft handelnden Personen nur innerhalb des hierfür vorgesehenen Vergabeverfahrens für das Wegerecht erfolgt, so dass bereits durch strukturelle Maßnahmen - also nach dem äußeren Erscheinungsbild - die Bevorzugung des Eigenbetriebs oder der Eigengesellschaft und der "böse Schein" mangelnder Objektivität (vgl. [X.] 148, 69 Rn. 70) der Vergabestelle vermieden wird. Anders als im Fall eines Gemeinderats, der lediglich an einem abschließenden Beschluss des Gemeinderats über die Neuvergabe des [X.] mitwirkt (vgl. [X.], [X.], 358 Rn. 45 - Gasnetz [X.]), besteht bei einer fehlenden formalen Trennung in dem - der abschließenden Beschlussfassung vorgelagerten - Verfahren, insbesondere bei der Bestimmung und Ausgestaltung der Vergabekriterien, die Möglichkeit, dass die Bewerbung des Eigenbetriebs durch die Vergabestelle bevorzugt wird. Bereits dies stellt eine Benachteiligung der übrigen Bewerber dar (vgl. [X.], [X.], 358 Rn. 45 - Gasnetz [X.]; [X.] 2021, 509 Rn. 51 - Gasnetz [X.]). Entgegen der Auffassung der [X.] ist es insoweit nicht erforderlich, eine konkrete Doppelbefassung von Mitarbeitern des Eigenbetriebs oder der Vergabestelle nachzuweisen (vgl. [X.], [X.] 2021, 509 Rn. 51 - Gasnetz [X.]). Ein solcher Nachweis ist wegen der fehlenden formalen Trennung und dem dadurch generell eröffneten, intransparenten Informationsaustausch regelmäßig nicht möglich. Für die Annahme eines Verstoßes gegen das Trennungsgebot genügt deshalb die strukturelle Beeinträchtigung des [X.] um das Wegenetz, die sich daraus ergibt, dass in der personellen Aufgabenverteilung Interessenkonflikte angelegt sind, die die Neutralität der Vergabestelle gefährden können. Es muss schon durch eine geeignete Organisationsstruktur ausgeschlossen werden, dass die Mitarbeiter in Loyalitäts- und Interessenkonflikte geraten und zum "Diener zweier Herren" werden. Entgegen der Ansicht der [X.] kommt es daher nicht darauf an, dass insbesondere in kleineren Gemeinden - wie hier - niemals auszuschließende vielfältige berufliche und persönliche Beziehungen bestehen können.

(b) Der Verstoß gegen das Trennungsgebot führt bereits dann zu einer unbilligen Behinderung von Mitbewerbern, wenn nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden kann, dass sich dieser auf das Vergabeverfahren und die sich daraus ergebende Rangfolge der Bieter ausgewirkt hat, wenn also nicht feststeht, dass sich auch ohne den Verfahrensfehler dieselbe Rangfolge ergeben hätte (vgl. [X.], [X.], 358 Rn. 33, 43 - Gasnetz [X.]; [X.], [X.] 2021, 509 Rn. 52 - Gasnetz [X.]).

(2) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat es die beklagte [X.] an der gebotenen vollständigen organisatorischen und personellen Trennung zwischen den [X.] und der Vergabestelle fehlen lassen. In der Aufgabenverteilung waren Interessenkonflikte angelegt, die aus Sicht der Bewerber objektiv die Befürchtung rechtfertigten, dass die gebotene Neutralität der Vergabestelle nicht bestanden hat.

(a) Eine vollständige Trennung war bereits auf der Leitungsebene von verfahrensleitender Stelle und [X.] nicht gewährleistet. Die Leitung des Vergabeverfahrens oblag [X.], dem Büroleiter der Bürgermeisterin der [X.] zu 1. Ausweislich der Verfahrensbriefe war verfahrensleitende Stelle die Finanz- und Liegenschaftsabteilung. Nach dem vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Organigramm der [X.] zu 1 (Anlage [X.]), das die Klägerin unter Verweis auf ihren vorinstanzlichen Vortrag zum Gegenstand ihres Revisionsvorbringens gemacht hat, und dessen Richtigkeit die [X.] nicht bestritten haben, unterstand [X.], der Kämmerer der Gemeinde und Geschäftsführer der beklagten [X.]werke, unmittelbar dem [X.]

Regelungen, um einen Wissenstransfer zwischen den [X.] in Person von [X.] und der Vergabestelle in Person von [X.] sowie einen Interessenkonflikt zu verhindern, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt, entsprechender Vortrag wird von den [X.] im Revisionsverfahren nicht aufgezeigt.

Ohne Erfolg machen die [X.] geltend, sie hätten ihrer sekundären Darlegungslast genügt, indem sie vorgetragen hätten, [X.] habe an den Sitzungen der [X.]vertretung oder ihrer Ausschüsse, in denen über das Auswahlverfahren gesprochen worden sei, nicht teilgenommen. Die fehlende Sitzungsteilnahme vermag die gebotene personelle und organisatorische Trennung nicht zu begründen (vgl. [X.], [X.] 2021, 509 Rn. 54 - Gasnetz [X.]).

(b) An einer vollständigen Trennung zwischen Eigengesellschaft und Vergabestelle hat es die beklagte [X.] auch deshalb fehlen lassen, weil [X.] einerseits auf Seiten der Vergabestelle am Verfahren zur Vergabe der Wegerechte mitgewirkt hat, andererseits jedoch jedenfalls ab Januar 2015 der Abteilung Finanzen und Gebäudewirtschaft zugeordnet war, deren Leiter [X.] gleichzeitig Geschäftsführer der beklagten [X.]werke war.

[X.] war nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sowohl [X.] als auch - in Bezug auf andere Aufgaben - [X.] zugeordnet. Die Angebote in den Vergabeverfahren sollten zu Händen von [X.] übermittelt werden, die in den Verfahrensbriefen als Auskunftsperson mit Durchwahl und E-Mailadresse genannt war. Unerheblich ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts, dass [X.] weder mit Leitungsaufgaben betraut war noch eine Befugnis zu [X.] besaß; auch kommt es nicht darauf an, dass sie - wie die [X.] geltend machen - Vorgänge, die das Verfahren zur Vergabe der Wegerechte betreffen, "von Hand zu Hand" an [X.] zu übermitteln hatte und ihm weisungsmäßig und disziplinarisch unterstellt war. Maßgeblich ist vielmehr, dass [X.] einerseits mit Tätigkeiten der Vergabestelle betraut war und nach dem äußeren Erscheinungsbild damit zu rechnen war, dass sie Zugang zu das Vergabeverfahren betreffenden Informationen hatte, andererseits in Bezug auf einen anderen Aufgabenbereich aber [X.] unterstand, dem Geschäftsführer der sich um die Konzessionen bewerbenden [X.]werke. Das begründet einen Verstoß gegen das Gebot der vollständigen personellen und organisatorischen Trennung. Mit dieser Zusammenarbeit ist ein Interessenkonflikt bei [X.] angelegt und besteht nach dem äußeren Erscheinungsbild die Gefahr eines Wissenstransfers zwischen [X.], [X.] und [X.]

(3) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist es bei Verletzung des [X.] nicht erforderlich, eine konkrete Doppelbefassung nachzuweisen (vgl. Rn. 35). Der Verstoß gegen das Trennungsgebot führt bereits dann zu einer unbilligen Behinderung von Mitbewerbern, wenn nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden kann, dass er sich auf das Vergabeverfahren und die sich daraus ergebende Rangfolge der Bieter ausgewirkt haben kann, wenn also nicht feststeht, dass sich auch ohne den Verfahrensfehler dieselbe Rangfolge ergeben hätte (vgl. Rn. 36). So verhält es sich hier.

Dass die beiden Bewerber im Einzelnen recht unterschiedliche Angebote abgegeben haben, ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kein Indiz dafür, dass eine wechselseitige Beeinflussung von Vergabestelle und Bieter nicht stattgefunden haben kann. Ebenso wenig kann eine Auswirkung des Verstoßes gegen das Trennungsgebot mit der Begründung zweifelsfrei ausgeschlossen werden, die inhaltliche Bearbeitung - insbesondere in rechtlicher Hinsicht - sei durch die beratende Anwaltskanzlei erfolgt. Denn auch dies vermag einen Informationsaustausch zwischen Vergabestelle und Eigengesellschaft außerhalb des hierfür vorgesehenen Verfahrens über die Vergabe des [X.] nicht auszuschließen.

2. Die Revision der Klägerin rügt mit Erfolg, dass das Berufungsgericht über den Antrag 2 sowohl im Hinblick auf das [X.] als auch im Hinblick auf das [X.] nicht entschieden und die Beklagte zu 1 nicht zur Neudurchführung der Vergabeverfahren verpflichtet hat.

a) Da dem gegen die Beklagte zu 1 gerichteten Feststellungsantrag 1 mit der Begründung stattzugeben ist, dass die Beklagte zu 1 das Neutralitätsgebot missachtet hat (vgl. hinsichtlich des [X.]es Rn. 14), sind die Bedingungen, von denen der Antrag 2 abhängig ist, erfüllt. Dies gilt nicht nur, soweit sich der Antrag auf das [X.] bezieht, sondern auch im Hinblick auf das [X.]. Wegen des Verstoßes gegen das Neutralitätsgebot hat das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht angenommen, dass der das [X.] betreffende [X.] unwirksam ist.

b) Der Antrag ist zulässig.

aa) Die eventuelle Anspruchshäufung ist zulässig. Der Kläger kann die einzelnen denselben Lebenssachverhalt betreffenden Ansprüche (vgl. [X.], Urteil vom 21. November 2017 - [X.], juris Rn. 12) in der Weise miteinander verbinden, dass über bestimmte Anträge nur unter einer bestimmten Bedingung entschieden werden soll. Zulässig ist auch ein Antrag unter der Bedingung, dass das Gericht einen vorrangig gestellten Antrag und/oder eine dafür entscheidungserhebliche Rechtsfrage in einem bestimmten Sinne beurteilt ([X.], Urteil vom 10. November 1983 - [X.], NJW 1984, 1240, 1241; [X.], [X.], 2054 Rn. 13, 23; [X.] ZPO/[X.], [X.]., ZPO § 260 Rn. 6.1).

bb) Entgegen der Auffassung der [X.] fehlt es nicht an einem Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin, weil sie Fehler in dem neu durchzuführenden Verfahren zur Vergabe der Wegerechte einer gerichtlichen Überprüfung unterziehen könnte. Der Antrag betrifft lediglich die Frage, ob die Beklagte zu 1 zur erneuten Durchführung der Vergabeverfahren verpflichtet ist. Die in den Antrag aufgenommene Verpflichtung zur Einhaltung des [X.] unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts stellt dagegen ein Begründungselement dar, das im Tenor keine eigenen Rechtswirkungen entfalten soll und deshalb nicht Gegenstand der Verurteilung ist (vgl. [X.], Urteil vom 24. Januar 2017 - [X.], [X.], 563 Rn. 46 - [X.]). Im Falle eines Erfolgs der Klage bedarf es deshalb insoweit keiner Wiedergabe im Tenor.

cc) Da die Begründungselemente nicht Gegenstand der Verurteilung sind, führen die von den [X.] geltend gemachten Bedenken gegen deren Bestimmtheit nicht zur Unbestimmtheit des Antrags.

c) Der Antrag ist auch nach § 33 Abs. 1 Satz 1 [X.]. § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB begründet. Allerdings folgt aus § 33 Abs. 1 Satz 1 GWB grundsätzlich lediglich ein Unterlassungs- oder Beseitigungsanspruch und kein Anspruch auf Vornahme bestimmter Handlungen. Jedoch ist eine auf [X.] gerichtete Verurteilung möglich, wenn das kartellrechtswidrige Verhalten nicht auf andere Weise vermieden werden kann ([X.], Urteil vom 8. November 2005 - [X.], [X.]/[X.] 1724 Rn. 15 - Hinweis auf konkurrierende Schilderpräger). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Bei einem - wie hier - gewichtigen Verstoß gegen das Trennungsgebot ist grundsätzlich die vollständige Aufhebung des Vergabeverfahrens erforderlich, um die Einhaltung der Grundsätze der Diskriminierungsfreiheit und Transparenz so gut wie möglich zu gewährleisten. Etwas Anderes kann nur dann gelten, wenn der [X.] nachweislich von vornherein keine Auswirkungen gehabt hat oder seine Auswirkungen durch andere Maßnahmen beseitigt wurden oder zu beseitigen sind ([X.], [X.] 2021, 509 Rn. 55 - Gasnetz [X.]). An diesen Voraussetzungen fehlt es hier. Der festgestellte Verstoß gegen das Neutralitätsgebot bezog sich auf alle [X.], so dass insbesondere eine Teilwiederholung des Verfahrens nicht in Betracht kommt.

3. Da der Senat keine Entscheidung über die Rechtsfragen getroffen hat, von denen die Anträge 3 und 4 abhängen, ist über diese Anträge nicht zu entscheiden.

4. Die Klägerin beanstandet weiter mit Erfolg, dass das Berufungsgericht den mit Antrag 5 gegen die Beklagte zu 1 geltend gemachten Anspruch auf Erstattung der im einstweiligen Verfügungsverfahren entstandenen Kosten nur zugesprochen hat, soweit sie das [X.] betreffen.

a) Der Antrag ist zulässig. Ihm steht die Rechtskraft der prozessualen Kostenentscheidung im Verfügungsverfahren nicht entgegen.

aa) Es ist anerkannt, dass eine prozessuale Kostenentscheidung nicht erschöpfend ist, sondern Raum lässt für ergänzende sachlich-rechtliche Ansprüche auf Kostenerstattung, etwa aus Vertrag, wegen Verzuges oder aus unerlaubter Handlung ([X.], Urteile vom 18. Mai 1966 - [X.], [X.]Z 45, 251, 256/257; vom 19. Oktober 1994 - [X.], [X.], 169, 170 - Kosten des [X.] bei Antragsrücknahme; und vom 18. April 2013 - [X.], [X.]Z 197, 147, Rn. 16). Je nach Sachlage kann ein ergänzender sachlich-rechtlicher Anspruch neben die prozessuale Kostenregelung treten; er kann der prozessualen Regelung sogar entgegengerichtet sein, sofern zusätzliche Umstände hinzukommen, die bei der prozessualen Kostenentscheidung nicht berücksichtigt werden konnten. Bleibt hingegen der Sachverhalt, der zu einer abschließenden prozessualen Kostenentscheidung geführt hat, unverändert, ist es nicht möglich, nunmehr den gleichen Sachverhalt erneut zur Nachprüfung zu stellen und in seinen kostenrechtlichen Auswirkungen materiell-rechtlich entgegengesetzt zu beurteilen. Dies dient dazu, Unterschiede zwischen auf gleichem Sachverhalt beruhenden Entscheidungen über den materiell-rechtlichen Anspruch einerseits und den prozessualen Kostenerstattungsanspruch andererseits zu vermeiden ([X.], NJW 2013, 2201 Rn. 16; vgl. [X.]Z 45, 251, 257; [X.], 169, 170). Eine Durchbrechung der Rechtskraft kommt daher nur ausnahmsweise in Betracht, wenn die spätere Klage auf außerhalb des [X.] der ersten Klage liegende Umstände gestützt wird, wie zum Beispiel Sittenwidrigkeit im Sinne von § 826 BGB oder Prozessbetrug oder wenn die gesetzliche Regelung ihrerseits Korrekturmöglichkeiten vorsieht (vgl. [X.], [X.], 169, 170; NJW 2013, 2201 Rn. 16; [X.] in [X.] Kommentar zur ZPO, 6. Aufl., vor § 91 Rn. 24). So verhält es sich im Streitfall nicht, weil - wie das Berufungsgericht nicht verkennt - der Streitgegenstand dem vorangegangenen Verfügungsverfahren entspricht.

bb) Im Bereich der Amtshaftung ist jedoch anerkannt, dass die Kosten eines erfolglosen Rechtsmittels, das der Betroffene ergriffen hat, um einen Schaden aus der Amtspflichtverletzung abzuwenden (§ 839 Abs. 3 BGB), grundsätzlich zu dem ihm zu ersetzenden Schaden gehören. Dies beruht auf dem Gedanken, dass es im Hinblick auf § 839 Abs. 3 BGB dem Geschädigten auch bei einer nicht eindeutigen Rechtslage zugemutet wird, einer Belastung im Wege des Primärrechtsschutzes entgegenzuwirken, will er nicht mögliche Schadensersatzansprüche verlieren ([X.], Urteil vom 11. September 2008 - [X.], [X.]Z 178, 51 Rn. 8). Diese Erwägungen gelten gleichermaßen, wenn der Kläger wegen einer drohenden Rügepräklusion um vorläufigen Rechtsschutz nachsuchen muss. So verhält es sich hier. Wegen der ihr sonst drohenden Rügeprä-klusion (vgl. [X.]Z 199, 289 Rn. 108 - Stromnetz [X.], [X.], 331 Rn. 29 - Stromnetz [X.]bach, näher Rn. 29) musste die Klägerin einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung stellen, um den Abschluss der [X.] zu verhindern.

b) Der Antrag ist nach § 33 Abs. 3 Satz 1 GWB in der zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung (vgl. [X.]Z 199, 289 Rn. 69 - Stromnetz [X.]) und noch bis zum 18. Juni 2017 geltenden Fassung [X.]. § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB auch begründet. Die Beklagte zu 1 hat zumindest fahrlässig gehandelt. Dies ergibt sich aus dem vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt. Da keine weiteren Feststellungen zu erwarten sind, kann der Senat die Frage des Verschuldens selbst beurteilen. Dass Gemeinden, auch wenn sie die Nutzung ihrer öffentlichen Verkehrswege zum Netzbetrieb einem Eigenbetrieb übertragen wollen, das Diskriminierungsverbot des § 46 Abs. 1 [X.] zu beachten haben, musste den [X.] aufgrund spätestens im [X.] veröffentlichter Rechtsprechung des Senats ([X.], [X.], 401, 405 [juris Rn. 16, 31] - Stromnetz [X.]) bekannt sein. Insbesondere ergibt sich aus der zitierten Entscheidung, dass aus dem Diskriminierungsverbot die Verpflichtung zur Transparenz folgt und dass durch diese sichergestellt werden soll, dass ein fairer, unverfälschter Wettbewerb eröffnet wird und überprüft werden kann, ob das Verbot eingehalten worden ist ([X.], [X.], 401, 405 [juris Rn. 45] - Stromnetz [X.]). Ein unverschuldeter Rechtsirrtum kommt nicht in Betracht. Ein Rechtsirrtum ist nur dann entschuldigt, wenn der Irrende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt mit einer anderen Beurteilung durch die Gerichte nicht zu rechnen brauchte ([X.], Urteil vom 16. Dezember 1986 - [X.], [X.]/E [X.] 2341, 2345 f. - Taxizentrale Essen). Solche Umstände sind nicht ersichtlich. Entsprechender Vortrag wird von den [X.] im Revisionsverfahren nicht aufgezeigt.

5. Die Revision der Klägerin hat auch Erfolg, soweit sie sich dagegen wendet, dass das Berufungsgericht den gegen die Beklagte zu 2 gerichteten Antrag auf Feststellung abgewiesen hat, dass kein Anspruch auf Übertragung der für den Betrieb des Gasnetzes erforderlichen Versorgungsanlagen besteht (Antrag 6b). Wegen der festgestellten Nichtigkeit des [X.] besteht kein Anspruch der [X.] zu 2 auf Überlassung der Versorgungsanlagen. Voraussetzung des Überlassungsanspruchs aus § 46 Absatz 2 Satz 2 [X.] ist, dass die Übertragung des Netzbetriebs auf den neuen Konzessionär rechtswirksam ist ([X.]Z 199, 289 Rn. 62 - Stromnetz [X.]).

Die im ersten Halbsatz des Antrags enthaltene Feststellung der Unwirksamkeit des [X.] stellt lediglich ein Begründungselement dar, das im Tenor keine eigenen Rechtswirkungen entfalten soll und deshalb nicht Gegenstand der Verurteilung ist (vgl. [X.], Urteil vom 24. Januar 2017 - [X.], [X.], 563 Rn. 46 - [X.] und Rn. 49).

III. Die Revision der [X.] hat keinen Erfolg.

1. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht auf den gegen die Beklagte zu 1 gerichteten Antrag 1 a) festgestellt, dass der [X.] hinsichtlich des [X.]es unwirksam ist. Aus den unter [X.]) (Rn. 15 bis Rn. 30) genannten Gründen ist dieser Antrag zulässig. Der Antrag ist auch begründet. Dies folgt bereits aus dem Verstoß gegen das Neutralitätsgebot (vgl. II. 1. b) Rn. 32 bis Rn. 44). Auf die vom Berufungsgericht beanstandeten weiteren Mängel des Verfahrens kommt es danach nicht mehr an.

2. Wegen der Nichtigkeit des [X.] hat das Berufungsgericht zu Recht festgestellt, dass der [X.] zu 2 kein Übereignungsanspruch für das Stromnetz zusteht.

3. Die [X.] rügen ohne Erfolg, dass das Berufungsgericht dem gegen die Beklagte zu 1 gerichteten Antrag auf Erstattung der im einstweiligen Verfügungsverfahren entstandenen Kosten hinsichtlich der auf das [X.] entfallenden Kosten stattgegeben hat. Insoweit gelten die Ausführungen hinsichtlich der auf das [X.] entfallenden Kosten des einstweiligen [X.] entsprechend (Rn. 54 ff.).

IV. Das Urteil des Berufungsgerichts ist mithin, soweit es zu Lasten der Klägerin entschieden hat, aufzuheben (§ 562 ZPO). Da weitere Feststellungen weder erforderlich noch zu erwarten sind, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden.

V. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 100, 91, 92 Abs. 2 ZPO.

[X.]     

      

[X.]     

      

Picker

      

Rombach     

      

Vogt-Beheim     

      

Meta

EnZR 43/20

12.10.2021

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Urteil

Sachgebiet: False

vorgehend Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, 18. Mai 2020, Az: 16 U 66/19 Kart, Urteil

§ 19 Abs 2 Nr 1 GWB, § 46 EnWG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.10.2021, Az. EnZR 43/20 (REWIS RS 2021, 1950)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 1950

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