Bundessozialgericht, Beschluss vom 10.02.2022, Az. B 12 KR 54/21 B

12. Senat | REWIS RS 2022, 1341

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] vom 1. Oktober 2021 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten um die Beitragspflicht in der gesetzlichen Kranken- und [X.] Pflegeversicherung auf Kapitalleistungen aus einer Direktversicherung.

2

Der 1952 geborene Kläger ist seit 1.12.2017 bei der beklagten Krankenkasse als Rentner pflichtversichert. Aus einer von seinem Arbeitgeber für ihn abgeschlossenen Direktversicherung erhielt er im November 2017 eine Kapitalleistung von 49 109,93 [X.] ausgezahlt. Die Beklagte erhob auf 1/120 dieser Leistung für die Dauer von 10 Jahren monatliche Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung. Ab 2020 berücksichtigte sie bei der Berechnung monatliche Freibeträge von 159,25 [X.], ab 2021 von 164,50 [X.] (Bescheid vom [X.], Widerspruchsbescheid vom [X.], jährliche Änderungsbescheide).

3

Klage und Berufung sind erfolglos geblieben (Urteil des [X.] vom [X.], Urteil des [X.] vom 1.10.2021). Zur Begründung hat das [X.] ausgeführt, dass die Beklagte die Beiträge rechtmäßig erhoben habe (§§ 223, 226 Abs 1 Satz 1 [X.], § 229 Abs 1 Satz 1 und 3, § 250 Abs 1 [X.]). Es verstoße nicht gegen Art 2 Abs 1 [X.] iVm dem rechtsstaatlichen Vertrauensschutz, dass die Beitragspflicht nach Abschluss der Direktversicherung auf regelmäßige Rentenzahlungen ersetzende einmalige Kapitalleistungen erstreckt worden sei. Der allgemeine Gleichheitssatz aus Art 3 Abs 1 [X.] sei nicht deshalb verletzt, weil auch der Gewinnanteil der Beitragspflicht unterliege. Das gelte auch, wenn bei Versicherungsnehmereigenschaft des Arbeitgebers die Versicherungsbeiträge aus dem Arbeitsentgelt gezahlt worden seien.

4

Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde.

5

II. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des [X.] ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 S[X.]). Der Kläger hat keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.

6

1. Der Kläger nennt § 160 Abs 1 [X.] S[X.]. Der dort geregelte Zulassungsgrund der Divergenz setzt voraus, dass das angefochtene Urteil des [X.] von einer Entscheidung des [X.], des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes ([X.]) oder des [X.] abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine solche Abweichung ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn aufgezeigt wird, mit welcher genau bestimmten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage zum Bundesrecht die angegriffene Entscheidung des [X.] von welcher ebenfalls genau bezeichneten rechtlichen Aussage des [X.], des [X.] oder des [X.] abweicht. Insoweit genügt es nicht darauf hinzuweisen, dass das [X.] seiner Entscheidung nicht die höchstrichterliche Rechtsprechung zugrunde gelegt hätte. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Divergenz. Sie liegt daher nicht schon dann vor, wenn das angefochtene Urteil nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das [X.], der [X.] oder das [X.] entwickelt hat, sondern erst dann, wenn das [X.] diesen Kriterien auch widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe bei seiner Entscheidung herangezogen hat (vgl [X.] Beschluss vom [X.] - B 3 P 13/04 B - [X.] 4-1500 § 160 [X.] Rd[X.] und [X.] Beschluss vom 16.7.2004 - B 2 U 41/04 B - [X.] 4-1500 § 160a [X.] Rd[X.], jeweils mwN). Daran fehlt es. Weder legt der Kläger dar, welchen Rechtssatz das [X.] aufgestellt haben soll noch bezeichnet er einen Rechtssatz des [X.] oder des [X.], von dem ein solcher abweichen soll.

7

2. Sofern der Kläger sinngemäß die grundsätzliche Bedeutung des Rechtsstreits (§ 160 Abs 2 [X.]) geltend macht, ist die Beschwerde ebenso wenig zulässig. Bei Geltendmachung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (stRspr; vgl nur [X.] Beschluss vom 17.4.2012 - [X.] R 347/11 B - [X.] 4-2600 § 72 [X.] RdNr 17; [X.] Beschluss vom 28.1.2019 - [X.] KR 94/18 B - juris Rd[X.] mwN). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (vgl [X.] Beschluss vom 25.10.1978 - 8/3 BK 28/77 - [X.] 1500 § 160a [X.]1 S 48; [X.] Beschluss vom 28.1.2019 - [X.] KR 94/18 B - juris Rd[X.]). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.

8

Der Kläger wirft auf Seite 4 der Beschwerdebegründung folgende Frage auf:

"Fehlt es in den Fällen, in welchen der Beschäftigte aus eigenen Mitteln eine vollumfänglich und über die gesamte Dauer des Vertrages eine institutionelle über den Arbeitgeber laufende Kapitallebensversicherung finanziert bezüglich des Anteiles der Auszahlung aus der Kapitallebensversicherung an den Beschäftigten, welcher die Gewinnausschüttung betrifft, an dem Tatbestandsmerkmal [X.], mit der Rechtsfolge, dass dieser Anteil nicht nach § 299 [X.] zu verbeitragen ist?"

9

Eine Rechtsfrage ist dann höchstrichterlich geklärt und damit als nicht (mehr) klärungsbedürftig anzusehen, wenn diese bereits beantwortet ist. Ist sie noch nicht ausdrücklich entschieden, genügt es, dass schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beantwortung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben ([X.] Beschluss vom 30.8.2016 - B 2 U 40/16 B - [X.] 4-1500 § 183 [X.] RdNr 7 mwN). Für die Darlegung der Klärungsbedürftigkeit einer verfassungsrechtlichen Frage darf sich die Begründung nicht auf eine bloße Berufung von Normen des [X.] beschränken, sondern muss unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des [X.] und des [X.] ausführen, woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergibt. Dazu müssen der Bedeutungsgehalt der in Frage stehenden einfachgesetzlichen Normen aufgezeigt, die Sachgründe ihrer jeweiligen Ausgestaltung erörtert und die Verfassungsverletzung dargelegt werden ([X.] Beschluss vom [X.] KR 95/18 B - juris Rd[X.] mwN).

Der Kläger beschränkt sich in seiner Beschwerdebegründung darauf, zwei Entscheidungen des [X.] zu Direktversicherungen ( Beschluss vom 28.9.2010 - 1 BvR 1660/08 - [X.] 4-2500 § 229 [X.]; Beschluss vom 6.9.2010 - 1 BvR 739/08 - [X.] 4-2500 § 229 [X.]) wiederzugeben und geltend zu machen, das [X.] habe sich bislang noch nicht mit der [X.] von Gewinnausschüttungen beschäftigt. Eine hinreichende Auseinandersetzung mit der umfangreichen Rechtsprechung des [X.] zur Recht- und Verfassungsmäßigkeit der Beitragspflicht auf Zahlungen aus Direktversicherungen fehlt (zuletzt [X.] Urteil vom 8.7.2020 - [X.] KR 1/19 R - juris; [X.] Urteil vom [X.] KR 22/18 R - [X.]E 130, 116 = [X.] 4-2500 § 229 [X.]9; [X.] Urteil vom [X.] - [X.] KR 19/18 R - juris; [X.] Urteile vom 26.2.2019 - [X.] KR 13/18 R - [X.] 4-2500 § 229 [X.]5; [X.] KR 17/18 R - [X.]E 127, 254 = [X.] 4-2500 § 229 [X.]4 und - [X.] KR 12/18 R - [X.]E 127, 249 = [X.] 4-2500 § 229 [X.]6). Der Kläger bezieht diese Entscheidungen, in denen der Senat die Grundsätze der Beitragserhebung auf Auszahlungen aus Direktversicherungen noch einmal dargestellt und die Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 229 Abs 1 Satz 1 [X.] [X.] bejaht hat, nicht in seine Überlegungen ein und untersucht sie auch nicht darauf, ob die von ihm aufgeworfene Frage anhand dieser Rechtsprechung beantwortet werden kann.

3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 S[X.]).

4. [X.] beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 S[X.].

[X.]

Meta

B 12 KR 54/21 B

10.02.2022

Bundessozialgericht 12. Senat

Beschluss

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Hannover, 26. Februar 2021, Az: S 19 KR 698/18, Urteil

§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 10.02.2022, Az. B 12 KR 54/21 B (REWIS RS 2022, 1341)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 1341

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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2 U 40/16

1 BvR 1660/08

1 BvR 739/08

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