Bundessozialgericht, Beschluss vom 28.09.2015, Az. B 9 SB 41/15 B

9. Senat | REWIS RS 2015, 4761

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensfehler - Sachaufklärungspflicht - Konkretisierung des Beweisthemas - pauschale Wiederholung von Beweisfragen - kurzfristiger Antrag zur ergänzenden Sachverständigenanhörung - rechtliches Gehör - Rechtzeitigkeit eines Vertagungsantrags - Darlegungsanforderungen


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 28. November 2014 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. Der Kläger begehrt die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von 50 ab dem [X.] anstelle eines bei ihm festgestellten GdB von 20. Einen solchen Anspruch hatte das [X.] mit Urteil vom 6.10.2011 erstmals verneint. Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde des [X.] hat das [X.] mit Beschluss vom 25.10.2012 ([X.] SB 18/12 B) das Urteil des [X.] aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen, weil das [X.] den Sachverständigen [X.] auf Antrag des [X.] zumindest schriftlich hätte ergänzend befragen müssen. Im [X.] hat das [X.] [X.] im Erörterungstermin vom [X.] sowie durch zwei weitere schriftliche Stellungnahmen vom 18.4. und [X.] ergänzend angehört. Anschließend hat das [X.] weiteren Beweis erhoben durch Einholung eines psychiatrisch-psychotherapeutischen Gutachtens von [X.] vom 30.4.2014 nebst neuropsychologischem Zusatzgutachten der [X.] Eine Stellungnahme hierzu hat das [X.] am 12.5., 10. sowie 24.7.2014 erbeten. Mit Urteil vom 28.11.2014 hat das [X.] sodann den Anspruch des [X.] auf Feststellung eines GdB von 50 abermals verneint. Zudem sei weder eine Vertagung noch eine weitere Beweiserhebung geboten.

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger beim [X.] Beschwerde eingelegt und rügt das Vorliegen von Verfahrensmängeln (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 [X.] SGG). Das [X.] habe den Anspruch des [X.] auf das rechtliche Gehör (Art 103 GG) und die Gewährung eines fairen Prozesses verletzt. Er habe sich nicht in der Lage gesehen, bis zum Verhandlungstermin vom 28.11.2014 zu den letzten Gutachten inhaltlich umfassend Stellung zu nehmen und deshalb nach schriftsätzlicher Vorbereitung am 25. und 26.11.2014 beantragt, die mündliche Verhandlung zu vertagen und die vollständigen Arbeitsgrundlagen und die protokollierten Äußerungen des [X.] bei der Begutachtung durch Frau [X.] beizuziehen und diese sowie den Sachverständigen [X.] ergänzend dazu zu hören, auf welche konkrete wissenschaftliche Auffassung sie ihre Bearbeitungen stützen, ob diese Auffassung der herrschenden wissenschaftlichen Lehrauffassung entspreche und aus welchen Werken ihrer Literaturliste und welchen Stellen genau sich diese ergäbe. Dem hätte das [X.] nachgehen müssen. Es habe dem Kläger zumindest eine Frist zur abschließenden Stellungnahme einräumen müssen, für die er zunächst eine solche von zwei Monaten angeregt habe (Schriftsatz vom 26.11.2014). Schließlich habe das [X.] das Vorbringen des [X.] mit Schriftsatz vom 25.11.2014 übergangen, worin dieser dargelegt habe, dass er am 27.10.2014 aus einer ganztägigen ambulanten Reha als weiterhin arbeitsunfähig entlassen worden sei unter Darlegung seiner orthopädischen Störungen.

3

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, da keiner der in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG).

4

Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde - wie hier - darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 [X.] SGG), so müssen bei der Bezeichnung des [X.] zunächst die diesen (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden (vgl [X.] § 160a [X.], 24, 34, 36). Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des [X.] - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht (vgl [X.] § 160a [X.], 36). Gemäß § 160 Abs 2 [X.] Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das [X.] ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

5

1. Soweit nach dem Vorbringen des [X.] Verstöße gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) gerügt werden, muss die Beschwerdebegründung hierzu jeweils folgende Punkte enthalten: (1.) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren, bis zuletzt aufrechterhaltenen [X.], dem das [X.] nicht gefolgt ist, (2.) Wiedergabe der Rechtsauffassung des [X.], aufgrund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen, (3.) Darlegung der von dem betreffenden Beweisantrag berührten Tatumstände, die zu einer weiteren Sachaufklärung Anlass gegeben hätten, (4.) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (5.) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des [X.] auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das [X.] mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterlassenen Beweisaufnahme von seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (vgl [X.] § 160 [X.], 35, 45; [X.] § 160a [X.], 34). Diesen Erfordernissen wird die Beschwerdebegründung des [X.] nicht gerecht.

6

a) Der im Berufungsverfahren bereits anwaltlich vertretene Kläger hat es unterlassen darzulegen, welche konkreten Punkte des [X.] einer persönlichen Befragung durch welchen konkreten Sachverständigen hätten unterzogen werden müssen, denen das [X.] - von seinem Rechtsstandpunkt aus - ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt sein soll und welches Ergebnis im Falle einer konkreten Befragung bestimmter Sachverständiger zu erwarten gewesen wäre (sog Entscheidungserheblichkeit). Zwar hat der Kläger geltend gemacht, mit Schriftsätzen vom 25. und 26.11.2014 neben einem Vertagungsantrag die ergänzende Befragung von [X.] und [X.] beantragt zu haben nebst Beiziehung weiterer Unterlagen zur Überprüfung der wissenschaftlichen Auffassung der Sachverständigen und dass das [X.] zu Unrecht diese Anträge als nicht sachdienlich bewertet habe. Aber selbst wenn man zugunsten des [X.] unterstellt, dass dieser auch die Aufrechterhaltung dieser Anträge im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 28.11.2014 dargelegt hat, wie sich aus der [X.] ergibt, so enthalten diese Ausführungen des [X.] keine ausreichenden Angaben zu den zu begutachtenden Punkten iS von § 403 ZPO bzw eines konkreten [X.] in dem Beweisantrag, die grundsätzlich nicht entbehrlich sind (vgl [X.] vom [X.] - [X.] U 404/00 B; [X.]-1500 § 160a [X.] Rd[X.] 6). Vor allem in Verfahren - wie vorliegend - in denen bereits mehrere medizinische Gutachten und ergänzende Stellungnahmen mit abweichenden Beurteilungen vorliegen, ist eine Konkretisierung des [X.] unabdingbar, da eine pauschale Wiederholung bisher gestellter Beweisfragen nicht erkennen lässt, inwieweit überhaupt noch Aufklärungsbedarf vorliegt. Insoweit hätte der Kläger das von seinen Beweisanträgen in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem [X.] am 28.11.2014 umfasste Beweisthema konkretisieren und zumindest darlegen müssen, weshalb die von ihm benannten Sachverständigen der herrschenden wissenschaftlichen Lehrmeinung widersprochen haben. Denn das [X.] ist als letztinstanzliche Tatsacheninstanz nur dann einem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt, wenn es sich hätte gedrängt fühlen müssen, den beantragten Beweis zu erheben ([X.] § 160 [X.]). Insoweit hätte es zudem des klägerseitigen Vortrags bedurft, weshalb nach den dem [X.] vorliegenden Beweismitteln Fragen zum tatsächlichen und medizinischen Sachverhalt aus der rechtlichen Sicht des [X.] erkennbar offengeblieben sind und damit zu einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts zwingende Veranlassung bestanden haben soll (vgl [X.], [X.] , [X.] 2007, 328, 332 zu Rd[X.] 188 unter Hinweis auf [X.] vom 14.12.1999 - [X.] U 311/99 B - mwN). Dies gilt ebenso hinsichtlich der vom Kläger geforderten Beiziehung weiterer Unterlagen von den Sachverständigen. Zwar kann das [X.] diese nach § 407a Abs 4 ZPO anfordern, aber auch insoweit ist darzulegen, weshalb sich das [X.] - aus seiner Rechtsansicht - hierzu hätte gedrängt sehen müssen. Dies hat der Kläger versäumt.

7

Wie bereits das [X.] in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat ([X.] des Urteils), hat der Kläger keinen weiteren Aufklärungs- und Ermittlungsbedarf aufgezeigt. Hinsichtlich der Anhörung der Sachverständigen [X.], [X.]., [X.], [X.], [X.] und [X.] wiederholt der Kläger lediglich seinen Antrag vom 6.12.2011, ohne deutlich zu machen, welche klärungsbedürftigen Punkte noch gesehen werden, obgleich er hierzu fünf Monate nach Erhalt des letzten Gutachtens Zeit gehabt hat. Insbesondere macht der Kläger keine Angaben darüber, dass [X.] in dem Erörterungstermin vom [X.] ergänzend angehört und zudem schriftlich ergänzend mit Stellungnahmen vom 18.4. und [X.] befragt worden ist. Dass weiterer sachdienlicher Klärungsbedarf besteht, ist weder ersichtlich noch vom Kläger rechtzeitig dargelegt (vgl zuletzt [X.] vom 26.5.2015 - [X.] R 13/15 B - Juris). Die bloße Darlegung, weshalb aus seiner Sicht weitere Ermittlungen erforderlich gewesen wären, entspricht dem oben dargelegten Erfordernis nicht (vgl [X.] vom 4.12.2006 - [X.] U 227/06 B - Rd[X.]). Tatsächlich kritisiert der Kläger die Beweiswürdigung des [X.] (vgl § 128 Abs 1 S 1 SGG), womit er nach § 160 Abs 2 [X.] Halbs 2 SGG von vornherein keine Revisionszulassung erreichen kann. Entsprechendes gilt, soweit der Kläger eine unzureichende Rechtsanwendung des [X.] rügen wollte (vgl [X.] § 160a [X.] 7 S 10).

8

b) Ferner hat der Kläger auch die Entscheidungserheblichkeit der Nichtberücksichtigung seiner Anträge auf Durchführung weiterer Beweiserhebung nicht ordnungsgemäß dargelegt. Denn dafür ist darzulegen, welches Ergebnis die verlangte Beweiserhebung erbracht hätte (vgl [X.]-1500 § 160a [X.] und [X.] § 160a [X.]), und dass dieses Beweisergebnis - ausgehend vom Rechtsstandpunkt des [X.] - eine Entscheidung zugunsten des Beschwerdeführers hätte möglich machen können (vgl [X.] § 160a [X.]4). Denn nur diese Darlegungen lassen erkennen, weshalb das [X.] sich zu dieser weiteren Beweiserhebung hätte gedrängt sehen müssen und weshalb die Entscheidung des [X.] auf diesem Verfahrensmangel beruhen soll (vgl [X.], aaO, S 333).

9

2. Soweit der Kläger eine Verletzung seines rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG) sowie seines Rechts auf Durchführung eines fairen Verfahrens (Art 6 Abs 1 S 1 Europäische Menschenrechtskonvention <[X.]>) durch das [X.] darin sieht, dass dieses seinen Antrag auf Befragung der zuletzt vom Gericht gehörten Sachverständigen (a) sowie seine Beweisanträge (b) übergangen und seinen Vertagungsantrag nebst Gewährung einer Frist zur abschließenden Stellungnahme von zwei Monaten abgelehnt hat, genügt sein Vorbringen ebenfalls nicht den Darlegungserfordernissen. § 62 SGG konkretisiert den verfassungsrechtlichen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG). Die Vorschrift soll verhindern, dass die Beteiligten durch eine Entscheidung überrascht werden, die auf Rechtsauffassungen, Tatsachen oder Beweisergebnissen beruht, zu denen sie sich nicht äußern konnten (s § 128 Abs 2 SGG; vgl [X.] [X.] 3-1500 § 62 [X.] 12; [X.] 84, 188, 190), und sicherstellen, dass ihr Vorbringen vom Gericht zur Kenntnis genommen und in seine Erwägungen miteinbezogen wird ([X.] 22, 267, 274; 96, 205, 216 f). Das Gericht muss jedoch nicht ausdrücklich jedes Vorbringen der Beteiligten bescheiden. Ein Verstoß gegen die Pflicht zur Berücksichtigung von Vorbringen ist nur dann anzunehmen, wenn sich dies aus den besonderen Umständen des Falles ergibt ([X.], aaO), zB wenn ein Gericht das Gegenteil des [X.] - ohne entsprechende Beweisaufnahme - annimmt, oder den Vortrag eines Beteiligten als nicht existent behandelt (vgl [X.] 22, 267, 274) oder wenn das Gericht auf [X.] des [X.] zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, nicht eingeht, sofern der Tatsachenvortrag nach der Rechtsauffassung des Gerichts nicht unerheblich ist ([X.] 86, 133, 146). Art 103 Abs 1 GG schützt indes nicht davor, dass ein Gericht die Rechtsansicht eines Beteiligten nicht teilt ([X.] 64, 1, 12; 76, 93, 98).

a) Eine Verletzung des Fragerechts nach § 116 [X.] SGG, § 118 Abs 1 S 1 SGG iVm §§ 397, 402, 411 Abs 4 ZPO und damit des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG) hat die Beschwerde nicht hinreichend bezeichnet.

Unabhängig von der nach § 411 Abs 3 ZPO im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts stehenden Möglichkeit, das Erscheinen des Sachverständigen zum Termin von Amts wegen anzuordnen, steht den Beteiligten gemäß § 116 [X.] SGG, § 118 Abs 1 S 1 SGG iVm §§ 397, 402, 411 Abs 4 ZPO das Recht zu, dem Sachverständigen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die sie zur Aufklärung der Sache für dienlich erachten ([X.] Beschluss vom 3.2.1998 - 1 BvR 909/94 - NJW 1998, 2273 = Juris Rd[X.] 11; vgl auch [X.] vom 12.12.2006 - [X.] R 427/06 B - Juris Rd[X.] 7; [X.] Urteil vom 7.10.1997 - [X.] - NJW 1998, 162, 163 = Juris Rd[X.] 10 - alle mwN). Eine Form für die Befragung ist gesetzlich nicht vorgeschrieben, sodass sie sowohl mündlich als auch schriftlich erfolgen kann. Da die Rüge der Verletzung des Rechts auf Befragung eines Sachverständigen letztlich eine Gehörsrüge darstellt, müssen zudem deren Voraussetzungen erfüllt sein. Insbesondere muss der Beschwerdeführer alles getan haben, um eine Anhörung des Sachverständigen zu erreichen (vgl allgemein zu dieser Voraussetzung [X.]-1500 § 160 [X.] 22; vgl auch [X.], 205, 210 = [X.] 3-2200 § 667 [X.] 1 S 6). Dieser Obliegenheit ist ein Beteiligter jedenfalls dann nachgekommen, wenn er rechtzeitig den Antrag gestellt hat, einen Sachverständigen zur Erläuterung seines Gutachtens anzuhören und er schriftlich Fragen angekündigt hat, die objektiv sachdienlich sind (vgl [X.]-1500 § 116 [X.] 1 mwN).

Insofern kann offenbleiben, ob die vom Kläger im Schriftsatz vom 26.11.2014 und damit erst zwei Tage vor der mündlichen Verhandlung dem Gericht übermittelten Fragen überhaupt objektiv sachdienlich gewesen sind (vgl zu diesem Erfordernis [X.] aaO Rd[X.] 10). Denn jedenfalls legt die Beschwerde nicht hinreichend substantiiert dar, dass der Kläger alles Erforderliche und Zumutbare getan hat, um die gewünschte Anhörung des Sachverständigen zu erreichen. Ein Antrag auf Befragung eines Sachverständigen ist regelmäßig nicht mehr als rechtzeitig gestellt anzusehen, wenn er erst so kurz vor der bereits anberaumten mündlichen Verhandlung beim Gericht eingeht, dass diesem ohne Vertagung weder genug Zeit bleibt, den Sachverständigen zum Termin zu laden, noch von ihm eine schriftliche Antwort auf die kurzfristig gestellten Fragen zu erhalten. Die von der Beschwerde aufgeworfenen weitreichenden Fragen nach den wissenschaftlichen Grundlagen der Sachverständigengutachten des [X.] und des Zusatzgutachtens der [X.], der Bedeutung der darin verarbeiteten Literatur sowie die nach den Arbeitsgrundlagen bzw den bei der Begutachtung protokollierten Äußerungen des [X.] stellten sich aus seiner Sicht nicht erst zwei Tage vor der mündlichen Verhandlung. Selbst wenn dem Prozessbevollmächtigten eine gewisse längere Frist zur Lektüre der vom [X.] übersandten Gutachten bzw Zusatzgutachten zuzubilligen ist, so hätte es doch der näheren und stichhaltigen Darlegung bedurft, warum diese Lektüre nicht schon deutlich vor dem Ablauf von über fünf Monaten in die tatsächlich erst unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung gestellten Fragen münden konnte. Daran fehlt es.

b) Mit der vom Kläger insgesamt angebrachten Behauptung, das [X.] habe sich mit den von ihm gestellten Beweisanträgen nicht auseinandergesetzt und sei diesen zu Unrecht nicht nachgekommen unter Ablehnung seines [X.], stellt er eine Verletzung des § 62 SGG nicht ausreichend dar. Hierin liegt keine Gehörsrüge, sondern allenfalls eine Sachaufklärungsrüge. Deren Darlegungsanforderungen erfüllt die Beschwerdebegründung - wie oben aufgezeigt - nicht. Die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Sachaufklärungsrüge können nicht dadurch umgangen werden, dass der Vorhalt unzureichender Sachaufklärung in der Gestalt einer Gehörsrüge geltend gemacht wird ([X.] Beschlüsse vom 5.2.2015 - [X.] R 372/14 B - Juris Rd[X.] 15 und vom 3.12.2012 - [X.] R 351/12 B - Juris Rd[X.] 12). Der Antrag auf Terminverlegung erst kurz vor der anberaumten mündlichen Verhandlung enthält gleichfalls keinen Verstoß gegen das rechtliche Gehör. Wie oben ausgeführt, fehlt es bereits an der Darlegung, dass die nach Durchführung der Beweisaufnahme bis zum Termin der mündlichen Verhandlung gegebene Frist von ca fünf Monaten nicht ausgereicht habe, sich sachgemäß zum Ergebnis der Beweisaufnahme äußern zu können (vgl hierzu zB [X.] Urteil vom 8.9.1970 -9 RV 158/70). Die bloße Behauptung zwei bis drei Tage vor dem angesetzten Verhandlungstermin reicht insoweit nicht aus (vgl zur Terminverlegung erst einen Tag vor der anberaumten mündlichen Verhandlung: [X.] vom 27.5.2014 - [X.] [X.]/13 B). Zudem hat sich das [X.] mit dem Terminverlegungsantrag und dem Erfordernis weiterer Beweiserhebungen auch nach dem eigenen Vorbringen des [X.] in der Beschwerde im angefochtenen Urteil auseinandergesetzt (s dort [X.]), sodass auch aus diesem Grunde eine Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht gegeben ist.

c) Gleiches gilt auch hinsichtlich der Behauptung des Verstoßes gegen das Recht auf ein faires Verfahren. Als Rechtsgrundlage hierfür kommt insbesondere Art 6 Abs 1 S 1 [X.] in Betracht, wonach in Streitigkeiten "von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird". Ein Verstoß hiergegen ist weder ersichtlich noch vom Kläger dargelegt.

3. Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung [X.] zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2, § 169 SGG).

4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 [X.] Halbs 2 SGG).

5. [X.] beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.

Meta

B 9 SB 41/15 B

28.09.2015

Bundessozialgericht 9. Senat

Beschluss

Sachgebiet: SB

vorgehend SG Köln, 17. Februar 2009, Az: S 24 SB 66/07, Urteil

§ 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG, § 62 SGG, § 103 SGG, § 116 S 2 SGG, § 118 Abs 1 S 1 SGG, § 397 ZPO, § 402 ZPO, § 403 ZPO, § 407a Abs 4 ZPO, § 411 Abs 4 ZPO, Art 103 Abs 1 GG, Art 6 Abs 1 S 1 MRK

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 28.09.2015, Az. B 9 SB 41/15 B (REWIS RS 2015, 4761)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 4761

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