Bundessozialgericht, Beschluss vom 06.04.2017, Az. B 9 V 89/16 B

9. Senat | REWIS RS 2017, 12718

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensfehler - Verletzung der tatrichterlichen Sachaufklärungspflicht - Übergehen eines Beweisantrags - substantiierter Beweisantrag - bestimmte Tatsachenbehauptung - Angabe des Beweismittels - konkretes Beweisthema - Verletzung des rechtlichen Gehörs - Unterlassung einer ergänzenden Anhörung des Gutachters - Angabe des zu erwartenden Vortrags und des zu erwartenden Ergebnisses - Verletzung des Fragerechts - hinreichend konkrete Bezeichnung der weiteren erläuterungsbedürftigen Punkte - Darlegungsanforderungen


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 17. November 2016 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. Der Kläger begehrt Beschädigtenversorgung nach dem [X.] ([X.]) iVm dem [X.], hilfsweise als Kann-Versorgung, wegen eines zerebralen Anfallsleidens und einer danach eingetretenen Entwicklungsretardierung als Folgen einer Schädigung durch die Impfung gegen Poliomyelitis mit dem Impfstoff "IPV-Virelon" am [X.], hilfsweise wegen einer Schädigung durch die Impfungen ab dem [X.].

2

Der am 10.9.1997 geborene Kläger beantragte am 17.6.2010 die Gewährung von Versorgung wegen Impfschäden nach dem [X.], die er [X.] auf die Dreifachimpfung wegen "Diphterie, Tetanus, Polio" im Februar 1999 zurückführte. Dieser Antrag blieb nach Beiziehung umfangreichen Befundmaterials zur Krankengeschichte des [X.] sowie nach Einholung versorgungsärztlicher Stellungnahmen erfolglos, weil nicht mit der geforderten Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden könne, dass ein Impfschaden eingetreten sei. Im anschließenden Klageverfahren hat das [X.] weitere Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte beigezogen und ein Gutachten von Prof. Dr. H., Leiter der Abteilung pädiatrische Neurologie, Entwicklungsneurologie und Sozialpädiatrie des Klinikums der L.-Universität M. eingeholt. Auf Antrag des [X.] nach § 109 [X.]G hat das [X.] ferner ein Gutachten von [X.]. nach Aktenlage eingeholt nebst einer ergänzenden Stellungnahme von Prof. [X.] hat das [X.] die Klage abgewiesen, weil keine der beim Kläger durchgeführten Impfungen den aktuellen gesundheitlichen Zustand mit Wahrscheinlichkeit verursacht habe (Urteil vom 22.7.2015). Das L[X.] hat nach ergänzender Befragung von [X.]. die Berufung ebenfalls zurückgewiesen, weil der Kläger keinen Anspruch auf Beschädigtenrente und Heilbehandlung wegen der im Zeitraum vom [X.] bis [X.] durchgeführten Impfungen gegen Hib, Diphterie, Tetanus und Poliomyelitis mit den Impfstoffen "[X.]", "[X.]", "Hib-DT", "[X.] für Kinder" und "IPV-Virelon" habe. Durch die verwendeten Impfstoffe habe der Kläger weder eine über die übliche Impfreaktion hinausgehende gesundheitliche Schädigung, also eine Impfkomplikation, noch eine sonstige Gesundheitsstörung, also einen Impfschaden, erlitten. Keine der beim Kläger bestehenden Gesundheitsstörungen sei unter Berücksichtigung der Angaben des [X.] und seiner Mutter im gesamten Verfahren, nach Auswertung der Befundunterlagen sowie der überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. H. mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf mindestens eine der Versorgungsmaßnahmen zurückzuführen. Demgegenüber überzeuge das weitgehend abweichende Gutachten des Sachverständigen [X.]. den Senat einzig, soweit er die Hyperkyphose der Wirbelsäule nicht in einen Ursachenzusammenhang mit den streitgegenständlichen Impfungen gebracht habe. Es bestehe des Weiteren kein Recht auf die hilfsweise beanspruchte Kann-Versorgung, weil nach den überzeugenden Ausführungen von Prof. Dr. H. nach dem allgemeinen wissenschaftlichen Kenntnisstand keine der beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen Folgen der Impfungen gegen Hib, Diphterie, Tetanus und Poliomyelitis im Zeitraum vom [X.] bis [X.] seien und die Wahrscheinlichkeit nicht allein deshalb nicht gegeben sei, weil über die Ursache der Leiden in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit bestehe. Die demgegenüber von [X.]. wiedergegebenen Meinungen stellten nicht mehr als wissenschaftliche Einzelmeinungen dar, losgelöst von der konkreten Impfung und der konkreten Erkrankung, woraus noch keine Ungewissheit gemäß § 61 S 2 [X.] abzuleiten sei. Vor diesem Hintergrund sei dem Hilfsantrag, [X.]. mündlich zu hören, nicht stattzugeben. Denn es sei vorliegend nicht erkennbar, dass eine mündliche Befragung von [X.]. einen über die Wiederholung seiner bereits getätigten schriftlichen Äußerungen hinausgehenden Mehrwert hätte. Der Kläger habe diesen auch nicht konkret aufgezeigt, was aber angesichts des Umstandes, dass beide gerichtlichen Sachverständigen ergänzend angehört worden seien, erforderlich und zu erwarten gewesen wäre. Darüber hinaus habe der Senat auch sonst keine Veranlassung zu weiteren Ermittlungen von Amts wegen gehabt, zumal der Kläger keinen Beweisantrag in prozessordnungsgerechter Weise gestellt habe. Es sei weder ein Beweisthema angegeben noch umrissen worden, was die Beweisaufnahme ergeben solle. Auch bestehe keine Verpflichtung zur Einholung eines sog "[X.]". Lägen mehrere Gutachten oder fachkundige Angaben vor, sei das [X.] nur dann zu weiteren Beweiserhebungen verpflichtet, wenn diese grobe Mängel oder unlösbare Widersprüche enthielten, von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgingen oder es Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde der sie erstellenden bzw tätigenden Personen gäbe. Derartige Umstände habe der Kläger weder hinreichend vorgetragen, noch seien diese ersichtlich (Urteil vom 17.11.2016).

3

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat der Kläger Beschwerde zum B[X.] eingelegt. Das L[X.] habe ihm nicht ausreichendes rechtliches Gehör gewährt und weitere Verfahrensfehler begangen.

4

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde des [X.] ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil weder eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht (1.) noch der geltend gemachte Gehörsverstoß (2.) ordnungsgemäß dargetan worden sind (vgl § 160a Abs 2 S 3 [X.]G).

5

1. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 [X.] Halbs 1 [X.]G), so müssen bei der Bezeichnung des [X.] (§ 160a Abs 2 S 3 [X.]G) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des L[X.], ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht, auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß § 160 Abs 2 [X.] [X.]G kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 [X.]G und auf eine Verletzung des § 103 [X.]G nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das L[X.] ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

6

Soweit - wie vorliegend - Verstöße gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht (§ 103 [X.]G) gerügt werden, muss die Beschwerdebegründung hierzu jeweils folgende Punkte enthalten: (1.) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrags, dem das L[X.] nicht gefolgt ist, (2.) Wiedergabe der Rechtsauffassung des L[X.], aufgrund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen, (3.) Darlegung der von dem betreffenden Beweisantrag berührten Tatumstände, die zu weiterer Sachaufklärung Anlass gegeben hätten, (4.) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (5.) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des L[X.] auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das L[X.] mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterlassenen Beweisaufnahme von seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (B[X.] [X.] 4-1500 § 160a [X.] Rd[X.] 5 mwN). Diesen Erfordernissen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.

7

Die Beschwerde hat es bereits versäumt, einen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag zu bezeichnen. Zwar hat der Kläger mit der Beschwerde ua vorgetragen, im Termin zur mündlichen Verhandlung hilfsweise beantragt zu haben, [X.]. mündlich anzuhören. Hierzu habe er bereits mit Schriftsatz vom 7.9.2016 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass [X.]. zu einem wahrscheinlichen kausalen Zusammenhang zwischen der Verabreichung von aluminiumhydroxidhaltigen Impfstoffen und Thiomersal einerseits und dem Auftreten einer epileptischen Erkrankung andererseits Stellung nehmen möge, wobei insbesondere die Erläuterung der Frage von Bedeutung sei, ob und ggf auf welche Weise diese Stoffe geeignet seien, eine Hirnschädigung hervorzurufen. In diesem Zusammenhang sei auf die ergänzende Stellungnahme des [X.]. vom 15.8.2016 hinzuweisen. Mit diesen Ausführungen hat der Kläger indes keinen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag dargelegt. Dafür muss nicht nur die Stellung des Antrags, sondern auch aufgezeigt werden, über welche im Einzelnen bezeichneten Punkte Beweis erhoben werden sollte. Merkmal eines substantiierten Beweisantrags ist eine bestimmte Tatsachenbehauptung und die Angabe des Beweismittels für diese Tatsache (vgl B[X.] [X.] 4-1500 § 160a [X.] Rd[X.] 6 mwN). Dafür ist die behauptete Tatsache möglichst präzise und bestimmt zu behaupten und zumindest hypothetisch zu umreißen, was die Beweisaufnahme ergeben hätte. Nur dies versetzt die Vorinstanz in die Lage, die Entscheidungserheblichkeit seines Antrags zu prüfen und ggf seine Ablehnung iS des § 160 Abs 2 [X.] [X.]G ausreichend zu begründen ([X.] in [X.]/[X.], [X.]G, 2014, § 160a [X.] mwN). Unbestimmte bzw unsubstantiierte Beweisanträge brauchen dem Gericht dagegen keine Beweisaufnahme nahezulegen (vgl B[X.] Urteil vom 19.10.2011 - [X.] R 33/11 R - NZS 2012, 230; B[X.] Beschluss vom 19.11.2009 - [X.] R 303/09 B - BeckRS 2010, 65789 = Juris Rd[X.] 12).

8

Das L[X.] ist als letztinstanzliche Tatsacheninstanz zudem nur dann einem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt, wenn es sich hätte gedrängt fühlen müssen, den beantragten Beweis zu erheben (B[X.] [X.] 1500 § 160 [X.] 5). Insoweit hätte es des klägerseitigen Vortrags bedurft, weshalb nach den dem L[X.] vorliegenden Beweismitteln Fragen zum tatsächlichen und medizinischen Sachverhalt aus der rechtlichen Sicht des L[X.] erkennbar offengeblieben sind und damit zu einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts zwingende Veranlassung bestanden haben soll (vgl [X.], Die Nichtzulassungsbeschwerde zum B[X.] , [X.]b 2007, 328, 332 zu Rd[X.] 188 unter Hinweis auf B[X.] Beschluss vom 14.12.1999 - [X.] U 311/99 B - mwN). Dies hat der Kläger versäumt. Die bloße Darlegung, weshalb aus seiner Sicht weitere Ermittlungen erforderlich gewesen wären, entspricht diesem Erfordernis nicht (vgl B[X.] Beschluss vom 4.12.2006 - [X.] U 227/06 B - Rd[X.]). Vielmehr weist er selbst auf die Stellungnahme von [X.]. vom 15.8.2016 hin, in der dieser zum Problemkreis bereits Ausführungen gemacht habe. Im Übrigen fehlt es auch an einer nachvollziehbaren Schilderung, dass und warum die Entscheidung des L[X.] auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen könnte, das L[X.] mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterlassenen Beweisaufnahme von seinem materiellen Rechtsstandpunkt aus zu einem anderen dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (B[X.] [X.] 4-1500 § 160a [X.] Rd[X.] 5 mwN). Die Ausführungen des [X.] enthalten jedoch keine ausreichenden Angaben, denn die Angaben der zu begutachtenden Punkte iS von § 403 ZPO bzw eines konkreten Beweisthemas in dem Beweisantrag ist grundsätzlich nicht entbehrlich (B[X.] Beschluss vom [X.] - [X.] U 404/00 B; B[X.] [X.] 4-1500 § 160a [X.] Rd[X.] 6). Tatsächlich kritisiert der Kläger die Beweiswürdigung des L[X.] (vgl § 128 Abs 1 S 1 [X.]G), womit er nach § 160 Abs 2 [X.] [X.]G von vornherein keine Revisionszulassung erreichen kann. Entsprechendes gilt, soweit der Kläger eine unzureichende Rechtsanwendung des L[X.] rügen wollte (vgl B[X.] [X.] 1500 § 160a [X.] 7 S 10).

9

2. Soweit der Kläger eine Verletzung seines rechtlichen Gehörs (Art 103 Abs 1 GG, §§ 62, 128 Abs 2 [X.]G) durch das L[X.] darin sieht, dass es dieses unterlassen hat, den Gutachter [X.]. in der mündlichen Verhandlung zur Ergänzung seines schriftlich erstatteten Gutachtens anzuhören und sich mit der Stellungnahme des [X.]. vom [X.] auseinanderzusetzen, genügt sein Vorbringen ebenfalls nicht den Darlegungserfordernissen. § 62 [X.]G konkretisiert den verfassungsrechtlichen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG). Die Vorschrift soll verhindern, dass die Beteiligten durch eine Entscheidung überrascht werden, die auf Rechtsauffassungen, Tatsachen oder Beweisergebnissen beruht, zu denen sie sich nicht äußern konnten (s § 128 Abs 2 [X.]G; vgl B[X.] [X.] 3-1500 § 62 [X.] 12; [X.] 84, 188, 190), und sicherstellen, dass ihr Vorbringen vom Gericht zur Kenntnis genommen und in seine Erwägungen miteinbezogen wird ([X.] 22, 267, 274; 96, 205, 216 f). Das Gericht muss jedoch nicht ausdrücklich jedes Vorbringen der Beteiligten bescheiden. Ein Verstoß gegen die Pflicht zur Berücksichtigung von Vorbringen ist nur dann anzunehmen, wenn sich dieses aus den besonderen Umständen des Falles ergibt ([X.] aaO), zB wenn ein Gericht das Gegenteil des [X.] - ohne entsprechende Beweisaufnahme - annimmt, oder den Vortrag eines Beteiligten als nicht existent behandelt (vgl [X.] 22, 267, 274), oder wenn das Gericht auf [X.] des [X.] zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, nicht eingeht, sofern der Tatsachenvortrag nach der Rechtsauffassung des Gerichts nicht unerheblich ist ([X.] 86, 133, 146). Art 103 Abs 1 GG schützt indes nicht davor, dass ein Gericht die Rechtsansicht eines Beteiligten nicht teilt ([X.] 64, 1, 12; 76, 93, 98).

Der Kläger hat es in seiner Beschwerdebegründung zunächst versäumt darzulegen, welcher sachgerechte Vortrag zum Prozessstoff durch die Nichtberücksichtigung der Stellungnahme von [X.]. keine Beachtung gefunden haben soll und welches Ergebnis bei dessen Beachtung zu erwarten gewesen wäre. Voraussetzung für den Erfolg einer Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist es zudem, dass der Kläger darlegt, seinerseits alles getan zu haben, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen (B[X.] [X.] 3-1500 § 160 [X.] 22 S 35; vgl auch B[X.]E 68, 205, 210 = [X.] 3-2200 § 667 [X.] 1 S 6). Hieran fehlt es ebenfalls. Der Anspruch der Beteiligten auf rechtliches Gehör verpflichtet das Prozessgericht grundsätzlich nicht, die für die richterliche Überzeugungsbildung möglicherweise leitenden Gesichtspunkte vorher mit den Beteiligten zu erörtern (vgl B[X.] [X.] 3-1500 § 112 [X.] 2 S 3 mwN). Einen allgemeinen Verfahrensgrundsatz, der das Gericht verpflichten würde, die Beteiligten vor einer Entscheidung auf eine in Aussicht genommene Beweiswürdigung hinzuweisen oder die für die richterliche Überzeugungsbildung möglicherweise leitenden Gesichtspunkte zuvor mit den Beteiligten zu erörtern, gibt es nicht (B[X.] [X.] 3-1500 § 112 [X.] 2 S 3 = NJW 2000, 3590, 3591; B[X.] [X.] 3-1500 § 153 [X.] 1 S 3).

Der Kläger führt zudem nicht aus, welches Vorbringen des [X.]. im Rahmen einer mündlichen Anhörung als neuer Vortrag zu erwarten gewesen wäre und welches Ergebnis nach der Rechtsauffassung des L[X.] hieraus resultieren könnte. Vielmehr weist er selbst unter Benennung eines Schriftsatzes vom 7.9.2016 sowie seines in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrages auf die ergänzende Stellungnahme des [X.]. vom 15.8.2016 hin. Damit gibt der Kläger aber zu erkennen, dass es ihm lediglich um eine Wiederholung der Ausführungen des [X.]. geht, ohne dass grobe Mängel oder unlösbare Widersprüche oder unzutreffende sachliche Voraussetzungen im Rahmen der Beweiserhebung durch das L[X.] aufgezeigt werden. Tatsächlich weist der Kläger selbst auf die Darstellung des L[X.] zu den Ausführungen in dem Gutachten von Prof. Dr. H. und die daran geübte Kritik des [X.]. hin. Beides hat das L[X.] somit zur Kenntnis genommen. Der Kläger musste vielmehr bereits nach der Entscheidung des [X.] davon ausgehen, dass im Rahmen einer Beweiswürdigung der umfangreich vorliegenden Ermittlungsergebnisse auch zu seinen Ungunsten entschieden werden könnte.

Da der Kläger mit seiner Gehörsrüge ebenfalls eine Verletzung des § 103 [X.]G geltend macht, so vermag diese Rüge nur dann durchzudringen, wenn eine Sachaufklärungsrüge ordnungsgemäß dargetan worden ist. Ansonsten würden die Vorgaben des § 160 Abs 2 [X.] [X.]G umgangen. Einen Verstoß gegen § 103 [X.]G hat der Kläger aber aus den bereits oben genannten Gründen nicht ausreichend vorgetragen. Darüber hinaus kann die gerügte Verletzung des Fragerechts nach § 116 S 2 [X.]G, § 118 Abs 1 S 1 [X.]G iVm §§ 397, 402, 411 Abs 4 ZPO zudem den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzen, weil jedem Beteiligten das Recht zusteht, dem Sachverständigen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die er zur Aufklärung der Sache für dienlich erachtet (vgl B[X.] Beschluss vom 9.12.2010 - [X.] R 170/10 B - Juris Rd[X.] 10 mwN). Dabei müssen die dem Sachverständigen zu stellenden Fragen nicht formuliert werden. Es reicht aus, die erläuterungsbedürftigen Punkte hinreichend konkret zu bezeichnen (vgl B[X.] [X.] 3-1750 § 411 [X.] 1 S 5; B[X.] [X.] 4-1500 § 116 [X.] 1 Rd[X.] 7). Mit der Darstellung, dass das L[X.] unter Bezugnahme auf das Gutachten von Prof. Dr. H. einen den Versuch von [X.]."aushebelt", eine toxische Wirkung von Thiomersal nachzuweisen, weil dieses keine erwiesene toxische Wirkung habe, hat die Beschwerde keine weiteren erläuterungsbedürftigen Punkte bezeichnet. Soweit der Kläger umfangreich zu vermeintlichen Widersprüchen des vom L[X.] herangezogenen Gutachtens und zu angeblichen Schwächen der Argumentation des L[X.] vorträgt, wendet er sich gegen die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts. Diese entzieht § 160 Abs 2 [X.] [X.]G - wie ebenfalls oben ausgeführt - der Beurteilung durch das Revisionsgericht. [X.] der darin enthaltenen ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung kann die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts mit der Nichtzulassungsbeschwerde weder unmittelbar noch mittelbar angegriffen werden ([X.] in [X.]/[X.], [X.]G, 2014, § 160 Rd[X.] 58 mwN).

3. Von einer weitergehenden Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 [X.]G).

4. Die Verwerfung der Nichtzulassungsbeschwerde erfolgt ohne Hinzuziehung [X.] (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 3 [X.]G).

5. [X.] beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 [X.]G.

Meta

B 9 V 89/16 B

06.04.2017

Bundessozialgericht 9. Senat

Beschluss

Sachgebiet: V

vorgehend SG Konstanz, 22. Juli 2015, Az: S 1 VJ 3570/11, Urteil

§ 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG, § 103 SGG, § 62 SGG, § 116 S 2 SGG, § 118 Abs 1 S 1 SGG, § 397 ZPO, § 402 ZPO, § 403 ZPO, § 411 Abs 4 ZPO, Art 103 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 06.04.2017, Az. B 9 V 89/16 B (REWIS RS 2017, 12718)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 12718

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