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PDF anzeigen BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS II ZB 12/09 vom 16. Juli 2010 in dem Rechtsstreit - 2 - Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 16. Juli 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Strohn, Caliebe, Dr. Reichart und Dr. Löffler beschlossen: Die Anhörungsrüge des Rechtsbeschwerdeführers vom 6. Juli 2010 gegen den Beschluss des Senats vom 17. Mai 2010 wird zu-rückgewiesen.
Gründe: Der Senat hat den Anspruch des Rechtsbeschwerdeführers auf rechtli-ches Gehör nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt. 1 1. Zu Unrecht meint der Rechtsbeschwerdeführer, eine Berufungsfrist sei mangels Zustellung des landgerichtlichen Anerkenntnisurteils an seinen Pro-zessbevollmächtigten nicht in Lauf gesetzt worden. 2 a) Die Berufungsfrist beginnt für den Streithelfer, der im ersten Rechts-zug nicht beigetreten ist, nicht erst mit der Zustellung an den Streithelfer oder (§ 517 2. Halbs. ZPO) fünf Monate nach der Verkündung des Urteils, sondern mit der Zustellung des Urteils an die Hauptpartei (BGH, Beschl. v. 31. März 2008 - II ZB 4/07, ZIP 2008, 942 Tz. 10; v. 8. November 2004 - II ZB 41/03, ZIP 2005, 45). Dies gilt auch dann, wenn ein streitgenössischer Nebeninterve-nient nach Zustellung des Urteils an die Partei, aber noch vor Ablauf der da-durch in Lauf gesetzten Rechtsmittelfrist dem Verfahren beitritt, denn der maß-3 - 3 - gebende Gesichtspunkt ist der Erlass des erstinstanzlichen Urteils (BGH, Beschl. v. 21. April 1997 - II ZB 7/96, NJW-RR 1997, 865 m.w.Nachw.). 4 b) Es ist unerheblich, dass das erstinstanzliche Urteil hier dem Rechts-beschwerdeführer nicht zugestellt wurde. Wie der Senat gerade zum Fall streit-genössischer Nebenintervention (§ 69 ZPO) eines Gesellschafters im Rechts-streit über die Gültigkeit eines Gesellschafterbeschlusses bereits entschieden hat, besteht keine Pflicht des Gerichts, den als Nebenintervenienten in Betracht kommenden, aber bis zum Erlass des erstinstanzlichen Urteils noch nicht bei-getretenen Personen das Urteil zuzustellen oder ihnen hiervon Mitteilung zu machen (BGH, Beschl. v. 21. April 1997 - II ZB 7/96, NJW-RR 1997, 865; v. 8. November 2004 - II ZB 41/03, ZIP 2005, 45). Daran ändern auch die von der Rechtsbeschwerde als verfahrensfehler-haft geltend gemachten und in der Anhörungsrüge auf Seite 4 angeführten Um-stände nichts. Die Verfahrensweise des Landgerichts mag für die Anfechtbar-keit des erstinstanzlichen Urteils und damit die Begründetheit der Berufung Be-deutung haben. In Betracht kommt zudem eine Relevanz für eine eventuelle Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (vgl. dazu den durch die Anhörungsrü-ge angegriffenen Beschluss des Senats vom 17. Mai 2010, Tz. 10). Eine Pflicht zur Zustellung des Urteils an den Rechtsbeschwerdeführer begründen derartige Verfahrensfehler indessen nicht und sie sind auch ansonsten für den Lauf der Rechtsmittelfristen unerheblich. Der Senat hat bereits entschieden, dass eine Pflicht, die Klage oder eine Entscheidung an beteiligte Dritte, die einen An-spruch auf rechtliches Gehör im Prozess haben, zuzustellen, nur für den Son-derfall einer Kindschaftssache bejaht wird, in dem eine gesetzliche Beiladungs-pflicht nach § 640 e Abs. 1 ZPO a.F. (jetzt: § 172 FamFG) besteht. Im Anfech-tungsprozess eines Gesellschafters gegen die Gesellschaft ist keine förmliche Beiladung vorgeschrieben. Auch der Anspruch der nicht beteiligten Gesellschaf-5 - 4 - ter auf rechtliches Gehör und auf ein faires Verfahren zwingt nicht dazu, alle Gesellschafter, die nicht selbst klagen, durch Beiladung oder im Falle einer Versäumung der Beiladung durch Zustellung des erstinstanzlichen Urteils über das Verfahren zu informieren und ihnen so die Möglichkeit einer Beteiligung zu geben (BGH, Beschl. v. 31. März 2008 - II ZB 4/07, ZIP 2008, 942 Tz. 11; v. 21. April 1997 - II ZB 7/96, NJW-RR 1997, 865). 2. Zu Unrecht meint der Rechtsbeschwerdeführer weiter, Rechtsmittel-fristen seien auch deshalb nicht in Gang gesetzt worden, weil das Landgericht verfahrensfehlerhaft ein Urteil vor Ablauf der Frist i.S. des § 246 Abs. 4 Satz 2 AktG erlassen und zugestellt hat. Ob und ggf. wann bzw. wie der Vorstand ei-ner Aktiengesellschaft seiner Bekanntmachungspflicht i.S. des § 246 Abs. 4 Satz 1 AktG nachgekommen ist, ist für den Lauf der Rechtsmittelfristen uner-heblich, sondern kann allenfalls für eine eventuelle Wiedereinsetzung gemäß § 233 ZPO Bedeutung haben (vgl. BGH, Beschl. v. 8. November 2004 - II ZB 41/03, ZIP 2005, 45). Zu Unrecht stützt sich die Anhörungsrüge auf das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 24. November 1983 (BGHZ 89, 121). Die-se Entscheidung betrifft eine grundlegend abweichende Sach- und Rechtslage. Während dort die Rechtskraft eines stattgebenden Urteils in einem Ehelich-keitsanfechtungsverfahren eines Vaters gegen ein Kind gegenüber der erstin-stanzlich nicht beigeladenen Mutter des beklagten Kindes mit der Begründung verneint worden ist, das erstinstanzliche Gericht habe gegen die gesetzliche Pflicht zur notwendigen Beiladung der Mutter gemäß § 640 e ZPO a.F. versto-ßen (aaO Seite 125), existiert eine entsprechende gesetzliche Beiladungspflicht in einem Anfechtungsprozess eines Gesellschafters gegen die Gesellschaft gerade nicht. 6 3. Mangels anderer Anknüpfungspunkte beginnt der Lauf der Rechtsmit-telfristen für den Streithelfer nach §§ 517, 520 Abs. 2 ZPO mit der Zustellung an 7 - 5 - die Hauptpartei. Dass der Streithelfer dem Verfahren in erster Instanz bis zum Erlass des Urteils nicht beigetreten ist, führt nicht dazu, dass gar keine Rechts-mittelfrist in Gang gesetzt wird. Ließe man nicht auch für den Beitritt des Nebe-nintervenienten durch Einlegung der Berufung die Berufungsfrist nach § 517 ZPO sowie die Berufungsbegründungsfrist gemäß § 520 Abs. 2 ZPO gelten, wäre der aus Nachlässigkeit in erster Instanz bis zum Erlass des Urteils nicht beigetretene Nebenintervenient besser gestellt als der Nebenintervenient, der bereits im erstinstanzlichen Verfahren beigetreten war (vgl. BGH, Beschl. v. 31. März 2008 - II ZB 4/07, ZIP 2008, 942 Tz. 12; v. 21. April 1997 - II ZB 7/96, NJW-RR 1997, 865 unter II 2 a). Der Rechtsbeschwerdeführer hat diese Rechtsmittelfristen hier versäumt, jedenfalls im Hinblick auf die Berufungsbe-- 6 - gründungsfrist ist ihm auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Auf den angegriffenen Senatsbeschluss vom 17. Mai 2010 wird Be-zug genommen.
Goette Strohn
Caliebe Reichart Löffler Vorinstanzen: LG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 05.12.2008 - 3/5 O 267/08 - OLG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 08.05.2009 - 5 U 25/09 -
Meta
16.07.2010
Bundesgerichtshof II. Zivilsenat
Sachgebiet: ZB
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.07.2010, Az. II ZB 12/09 (REWIS RS 2010, 4721)
Papierfundstellen: REWIS RS 2010, 4721
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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