Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.12.2010, Az. VI ZR 288/09

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 752

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/09 Verkündet am: 7. Dezember 2010 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: ja [X.]R: jaStVG § 7 Abs. 1 Der Leasinggeber und Eigentümer des Kraftfahrzeugs hat gegen den [X.] des Kraftfahrzeugs bei einer Beschädigung dieses Fahr-zeugs keinen Anspruch aus § 7 Abs. 1 StVG. [X.], Urteil vom 7. Dezember 2010 - [X.]/09 - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 7. Dezember 2010 durch den Vorsitzenden [X.], [X.] und [X.], die Richterin [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der [X.] zu 2 wird das Urteil der 6. Zivil-kammer des [X.] vom 14. September 2009 aufgehoben. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 13. Februar 2009 wird zurückgewiesen. Die Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt die Klägerin. Von Rechts wegen Tatbestand:Die Parteien streiten um gesamtschuldnerische Ausgleichsansprüche nach einem Verkehrsunfall. 1 Die Beklagte zu 2 (zukünftig: Beklagte) ist Halterin eines von ihr geleas-ten Fahrzeugs, das am 29. Juli 2006 bei einem Unfall beschädigt wurde. An dem Unfall waren das bei der Klägerin haftpflichtversicherte Fahrzeug einer-seits sowie andererseits das vom früheren [X.] zu 1 geführte, auf Namen der [X.] gehaltene und im Eigentum der Leasinggeberin stehende Fahr-zeug beteiligt. Die Unfallursache hat im Verfahren nicht geklärt werden können. 2 - 3 - Die Klägerin hat die Schadensersatzansprüche der Leasinggeberin voll-ständig reguliert und begehrt von den [X.] den Gesamtschuldneraus-gleich in Höhe von 50% der regulierten Kosten. Das Amtsgericht hat der Klage gegenüber dem früheren [X.] zu 1 hinsichtlich der regulierten Kosten stattgegeben; die Klage gegen die Beklagte hat es abgewiesen. Gegen das erstinstanzliche Urteil hat die Klägerin mit einem am 23. März 2009 eingegan-genen Schriftsatz Berufung eingelegt. Nachdem am 27. März 2009 die geltend gemachte Forderung ausgeglichen worden ist, hat sie den Rechtsstreit hinsicht-lich ihrer Hauptforderung für erledigt erklärt und den Ausgleich vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verlangt. Die Beklagte hat sich der Erledigungserklärung nicht angeschlossen. Das Berufungsgericht hat daraufhin entsprechend dem Antrag der Klägerin festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erle-digt ist, und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche [X.] in Höhe von 229,55 • zu zahlen. Mit der vom Berufungsgericht zu-gelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. 3 Entscheidungsgründe: [X.] Nach Auffassung des Berufungsgerichts stand der Klägerin vor dem [X.] Ereignis gemäß § 426 Abs. 1 [X.] auch gegenüber der [X.] der geltend gemachte Gesamtschuldnerausgleich in Höhe von 50% des gegen-über der Leasinggeberin vollständig regulierten Schadens zu. Das Amtsgericht habe den früheren [X.] zu 1 nach § 18 StVG unter Zugrundelegung der gleich hoch eingeschätzten Betriebsgefahr der beiden unfallbeteiligten Fahr-zeuge von je 50% verurteilt. Die Beklagte hafte gesamtschuldnerisch in gleicher quotenmäßiger Höhe, weil auch eine Leasingnehmerin als Halterin des [X.] - 4 - zeugs im Verhältnis zur Leasinggeberin aus § 7 Abs. 1 StVG hafte. Deshalb müsse sie der Klägerin aus dem Gesichtspunkt des Verzugs auch die vorge-richtlichen Rechtsanwaltsgebühren erstatten. I[X.] Das Berufungsurteil hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Revision macht zu Recht geltend, dass der Leasinggeber und [X.] des Kraftfahrzeugs gegen den Leasingnehmer und Halter eines Kraft-fahrzeugs bei einer Beschädigung dieses Fahrzeugs keinen Anspruch aus § 7 Abs. 1 StVG auf Ersatz des entstandenen Schadens hat und deswegen keine Gesamtschuld zwischen der Klägerin und der [X.] besteht, die nach § 426 [X.] ausgeglichen werden könnte. 5 1. Die Frage, ob der Halter eines Kraftfahrzeugs dem Eigentümer gegen-über aus § 7 Abs. 1 StVG auf Ersatz eines Schadens am Kraftfahrzeug haftet, wird in Literatur und Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet. 6 a) Das Berufungsgericht meint unter Hinweis auf ein Urteil des [X.]s vom 22. März 1983 und eine im Schrifttum vertretene Auffassung, im Fall der Beschädigung eines geleasten Fahrzeugs könne der vom Halter verschiedene Eigentümer des Kraftfahrzeugs den Leasingnehmer als dessen Halter aus § 7 StVG in Anspruch nehmen (vgl. [X.]surteil vom 22. März 1983 - [X.] ZR 108/81, [X.] 87, 133, 138; [X.], Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 3. Aufl., § 7 StVG Rn. 218; [X.]/[X.], [X.], 15. Aufl., [X.]. 17 Rn. 31, 95). Dass die Gefährdungshaftung (anders als bei Mithaltern) eingreife, obwohl das schädigende Fahrzeug zugleich die beschädigte Sache sei, finde seinen Grund in der von den Beteiligten vorgenommenen Aufspaltung 7 - 5 - von rechtlicher und faktischer Herrschaftsgewalt ([X.], aaO). Die Haftung aus § 7 StVG ergebe sich nämlich nicht aus Eigentum, sondern aus der durch den Betrieb eines Kraftfahrzeugs hervorgerufenen Gefährdung anderer [X.]. Eine Einschränkung der Halterhaftung dahingehend, dass Ansprüche des Eigentümers der beschädigten Sache dann ausgeschlossen sein sollen, wenn die Beschädigung durch den Halter des Fahrzeugs beim Betrieb desselben her-vorgerufen worden sei, ergebe sich aus § 7 StVG nicht. b) Nach anderer Auffassung soll der Leasinggeber den Leasingnehmer für Schäden am geleasten Fahrzeug nur dann in Anspruch nehmen können, wenn den Leasingnehmer ein Verschulden trifft. Deshalb stehe dem [X.] Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer kein Gesamtschuldneraus-gleich gegenüber dem nur aus dem Gesichtspunkt der Gefährdungshaftung mithaftenden Halter und Leasingnehmer zu. Die Haftung des Halters nach § 7 Abs. 1 StVG erstrecke sich nicht auf das von ihm gehaltene Fahrzeug selbst. Unter der "Sache", für deren Beschädigung er bei Vorliegen der tatbestandli-chen Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 StVG im Übrigen hafte, sei nur eine vom Fahrzeug verschiedene Sache zu verstehen, nicht dagegen das Fahrzeug selbst (vgl. [X.], [X.], 565, 568; [X.], Haftungsrecht des [X.], 4. Aufl., § 3 Rn. 252; [X.], [X.], 610, 611 f.; [X.], [X.], 1, 5; [X.] in [X.]/[X.]/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 40. Aufl., § 7 StVG Rn. 16a; [X.]/[X.], [X.] Verkehrsrecht, 2003, Teil 2 Rn. 237, 250 f. und [X.], 327; [X.] in Himmelreich/Halm, Handbuch des Fachanwalts Verkehrsrecht, 3. Aufl., [X.]. 6 Rn. 338; Nugel, [X.], 313, 315; [X.], NJW 1994, 301). 8 c) Diese Auffassung ist richtig. Soweit sich aus dem [X.]surteil vom 22. März 1983 etwas anderes ergeben sollte, wird daran nicht mehr festgehal-ten. 9 - 6 - Die Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG umfasst alle durch den Kraftfahrzeug-verkehr beeinflussten Schadensabläufe. Es genügt, dass sich eine von dem Kraftfahrzeug ausgehende Gefahr ausgewirkt hat und das [X.] in dieser Weise durch das Kraftfahrzeug mitgeprägt worden ist (vgl. [X.]sur-teile vom 18. Januar 2005 - [X.] ZR 115/04, [X.], 566, 567; vom 26. April 2005 - [X.] ZR 168/04, [X.], 992, 993, jeweils m.w.[X.]). Ob dies der Fall ist, muss mittels einer am Schutzzweck der Haftungsnorm orientierten werten-den Betrachtung beurteilt werden (vgl. [X.]surteile vom 23. Mai 1978 - [X.] ZR 150/76, [X.] 71, 212, 214; vom 2. Juli 1991 - [X.] ZR 6/91, [X.] 115, 84, 86; vom 18. Januar 2005 - [X.] ZR 115/04, aaO; vom 26. April 2005 - [X.] ZR 168/04, aaO; vom 5. Oktober 2010 - [X.] ZR 286/09, juris Rn. 24, z.[X.].). Die Haftung wird mithin nicht schon durch jede Verursachung eines Schadens begründet, der im weitesten Sinne im Zusammenhang mit dem Betrieb eines [X.] ausgelöst worden ist. Eine Haftung tritt vielmehr erst dann ein, wenn das Schadensereignis dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs nach dem Schutzzweck der Gefährdungshaftung auch zugerechnet werden kann. An diesem auch im Rahmen der Gefährdungshaftung erforderlichen Zurechnungszusammenhang fehlt es, wenn die Schädigung nicht mehr eine spezifische Auswirkung derjeni-gen Gefahren ist, für die die Haftungsvorschrift den Verkehr schadlos halten will (vgl. [X.]surteile vom 27. Januar 1981 - [X.] ZR 204/79, [X.] 79, 259, 263; vom 6. Juni 1989 - [X.] ZR 241/88, [X.] 107, 359, 367; vom 2. Juli 1991 - [X.] ZR 6/91, aaO, 86 f.; vom 1. Dezember 1981 - [X.] ZR 111/80, [X.], 243, 244; vom 26. April 2005 - [X.] ZR 168/04, aaO). 10 Mit der ganz überwiegend im Schrifttum vertretenen Auffassung erstreckt sich nach dem Schutzzweck die Haftung des Halters nach § 7 Abs. 1 StVG nicht auf das von ihm gehaltene Fahrzeug selbst. Unter der "Sache", für deren Beschädigung er bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 StVG im Übrigen haftet, ist nur eine vom Fahrzeug verschiedene Sache 11 - 7 - zu verstehen, nicht dagegen das Fahrzeug selbst. Die verschärfte Haftung des Kraftfahrzeughalters bezweckt nur, Dritte vor den ihnen aufgezwungenen [X.] des Kraftfahrzeugbetriebs zu schützen (vgl. Amtliche Begründung zu § 3 des Gesetzesentwurfs über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen, Verhandlungen des Reichstages 1909 Bd. 248, 5599; [X.]surteil vom 13. Juli 1971 - [X.] ZR 245/69, [X.], 1043; [X.], aaO, 4. Aufl., § 3 Rn. 4). Damit wäre eine Haftung des Leasingnehmers gegenüber dem Leasinggeber alleine aufgrund dessen Eigentums nicht zu vereinbaren. Anders als etwa in dem Fall, dass der Eigentümer und Leasinggeber durch den Betrieb des Fahrzeugs körperlich ge-schädigt wird (vgl. [X.], aaO, Rn. 252), greift hier der Schutzzweck des § 7 Abs. 1 StVG nicht ein, Dritte vor den ihnen aufgezwungenen Gefahren des Kraftfahrzeugbetriebs zu schützen. Dieses Ergebnis ist nicht unbillig, insbesondere auch nicht im Hinblick auf das Urteil des erkennenden [X.]s vom 10. Juli 2007 ([X.] ZR 199/06, [X.] 173, 182). In diesem Urteil hat der [X.] nur entschieden, dass sich ein Lea-singgeber, der Eigentümer aber nicht Halter des [X.] ist, im Rahmen der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs nach § 823 [X.] wegen Verletzung seines Eigentums am Leasingfahrzeug bei einem [X.] weder ein Mitverschulden des Leasingnehmers oder des Fahrers des [X.] noch dessen Betriebsgefahr anspruchsmindernd zurech-nen lassen muss. Diese Entscheidung betrifft mithin nur den [X.] aus § 823 [X.]. In diesem Fall des vom Fahrer des [X.] oder dem Halter mitverschuldeten Unfalls besteht zwischen diesen und dem "gegnerischen" Fahrer, Halter oder [X.] im Verhältnis zum Leasinggeber ein Gesamtschuldverhältnis, so dass dann nach - ungekürzter - Regulierung der Ansprüche des Leasinggebers aus § 823 [X.] der Gesamtschuldnerausgleich gemäß § 426 [X.] vorgenommen werden kann. Bestehen hingegen wegen nicht nachweisbaren Verschuldens 12 - 8 - nur Ansprüche des Leasinggebers aus Gefährdungshaftung im Sinne des § 7 StVG, muss er sich im Haftungssystem des [X.] das [X.] des Fahrers des [X.] bereits bei der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs gegen den Unfallgegner nach §§ 9, 17 StVG, § 254 [X.] anspruchsmindernd zurechnen lassen. In diesem Fall sind nämlich anders als im Fall des [X.]surteils vom 10. Juli 2007 die Sondervorschriften des [X.] für die Gefährdungshaftung anwendbar (vgl. [X.], aaO, 611; [X.]/[X.], [X.] Verkehrsrecht, Teil 2, Rn. 223; [X.], aaO, Rn. 306). Wird der Anspruchsgegner bzw. sein Haft-pflichtversicherer nur aus § 7 Abs. 1 StVG in Anspruch genommen, ist mithin keine Notwendigkeit für den Gesamtschuldnerausgleich gegeben. 2. Das Berufungsurteil ist auch nicht deswegen im Ergebnis richtig, weil sich ein Schadensersatzanspruch des Leasinggebers gegen den [X.] unter Umständen aus § 280 [X.] oder §§ 823 ff. [X.] ergeben könnte, da eine Pflichtverletzung des früheren [X.] zu 1 nicht festgestellt ist. Der [X.] konnte nicht aufgeklärt werden. 13 - 9 - 3. [X.] beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO. 14 Galke Zoll [X.]
[X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 13.02.2009 - 15 C 2473/08 - [X.], Entscheidung vom 14.09.2009 - 6 S 101/09 -

Meta

VI ZR 288/09

07.12.2010

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.12.2010, Az. VI ZR 288/09 (REWIS RS 2010, 752)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 752

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