Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 01.02.2017, Az. 2 BvR 2438/15

2. Senat 2. Kammer | REWIS RS 2017, 16333

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Nichtannahmebeschluss: Anspruch auf effektiven Rechtsschutz und Auslegung einer Rechtsbeschwerde gem § 118 Abs 2 S 1 StVollzG - Eingruppierung eines Strafgefangenen gem der Hessischen Strafvollzugsvergütungsverordnung (HStVollzVergVO; juris: StVollzVergV HE)


Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen (vgl. [X.] 90, 22 <24>; 96, 245 <248>; [X.]K 12, 189 <196>).

2

1. Die Anforderungen, die das [X.] in Anwendung des § 118 Abs. 2 Satz 1 [X.] an die Begründung einer Sachrüge gestellt hat, begegnen zwar verfassungsrechtlichen Bedenken im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG.

3

a) Gemäß § 118 Abs. 2 Satz 1 [X.] muss aus der Begründung der [X.]echtsbeschwerde hervorgehen, ob die Entscheidung wegen der Verletzung einer [X.]echtsnorm über das Verfahren oder wegen der Verletzung einer anderen [X.]echtsnorm angefochten wird. Nur für die Verfahrensrüge ergeben sich aus dem Gesetz weitere Begründungsanforderungen aus § 118 Abs. 2 Satz 2 [X.].

4

b) Der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer rügte in seiner [X.]echtsbeschwerde vom 9. September 2015 ausdrücklich "eine Verletzung des Gesetzes" beziehungsweise eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG. Zur Begründung führte er unter anderem aus, dass er - an[X.] als Strafgefangene mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung, die "berufsfremd" in Hilfs- oder Eigenbetrieben beschäftigt seien - als "berufsfremd" Beschäftigter in einem Unternehmerbetrieb zu Unrecht nicht in die [X.] im Sinne der [X.] zur Festsetzung von [X.] für die Arbeit der Gefangenen ([X.] Strafvollzugsvergütungsverordnung - [X.]) vom 23. November 2011 ([X.]) eingruppiert werde. Das [X.] verwarf die [X.]echtsbeschwerde als unzulässig und begründete dies unter anderem damit, dass sich aus dem Vortrag des Beschwerdeführers - auch im Wege der Auslegung - eine ordnungsgemäß erhobene Sachrüge nicht erkennen lasse. Vielmehr bleibe unklar, ob der Beschwerdeführer die Feststellungen des [X.] oder eine falsche Anwendung des [X.]echts auf den festgestellten Sachverhalt rüge.

5

c) Es ist nicht nachvollziehbar, dass sich die Erhebung einer Sachrüge in diesem Fall nicht einmal durch Auslegung aus dem Vortrag des Beschwerdeführers hat ermitteln lassen. Der Beschwerdeführer hat in der Begründung seiner [X.]echtsbeschwerde deutlich ausgeführt, dass und warum er die Ablehnung seiner Eingruppierung in eine bestimmte Vergütungsstufe als einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG erachte. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gebietet, dass die Anforderungen an eine Sachrüge, die auch lediglich in allgemeiner Form erhoben werden kann (vgl. [X.], in: [X.]., [X.], 3. Auflage 2011, § 118 [X.]n. 4; [X.]/[X.], in: [X.]/[X.], [X.], 6. Auflage 2012, § 118 [X.]n. 8; [X.], in: [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 12. Auflage 2015, Abschn. [X.] [X.]n. 104; [X.], in: [X.], [X.], § 118 [X.]n. 10 (März 2016); [X.], Beschluss vom 30. Juli 2008 - 4 Ws 73/08 ([X.]), 4 [X.] ([X.]) -, juris, [X.]n. 9; [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 18. März 2015 - 2 Bv[X.] 1111/13 -, juris, [X.]n. 23), nicht überspannt werden (vgl. zur Auslegung des Vorbringens [X.], Beschluss vom 2. November 2007 - 3 [X.] -, Beck[X.]S 2009, 08544; da § 118 Abs. 2 [X.] insoweit § 344 Abs. 2 St[X.]O entspricht, vgl. zur [X.]evision etwa [X.]St 25, 272 <275>; [X.], Beschluss vom 21. August 1991 - 3 St[X.] 296/91 -, juris, [X.]n. 4; [X.], in: [X.], [X.] Kommentar zur Strafprozessordnung, 7. Auflage 2013, § 344 [X.]n. 25 f.).

6

d) Auch aus der vom [X.] als Beleg für seine [X.]echtsauffassung zitierten Entscheidung des [X.] folgt nichts anderes. Dort heißt es zu den Anforderungen an das [X.]evisionsvorbringen, dass sich daraus eindeutig ergeben müsse, dass die Nachprüfung des Urteils in sachlich-rechtlicher Hinsicht begehrt werde. Nicht unbedingt erforderlich sei, dass die [X.]üge als Sachrüge bezeichnet werde. Es genüge, wenn sich das Begehren auf Nachprüfung des Urteils in sachlicher Hinsicht aus dem Zusammenhang des Vorbringens ergebe (vgl. [X.], Beschluss vom 20. August 1997 - 2 St[X.] 386/97 -, juris, [X.]n. 3).

7

2. Gleichwohl ist die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung anzunehmen, da deutlich abzusehen ist, dass der Beschwerdeführer, auch bei einer Zurückverweisung an das Ausgangsgericht mit seinem Begehren - der Eingruppierung in die [X.] im Sinne der [X.] - keinen Erfolg haben wird (vgl. [X.] 90, 22 <25 f.>; [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 5. April 2012 - 2 Bv[X.] 211/12 -, juris, [X.]n. 16; Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 23. Oktober 2013 - 2 Bv[X.] 1541/13 -, juris, [X.]n.  9). Insbesondere ist eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG nicht dargelegt.

8

3. Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 [X.]G abgesehen.

9

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

2 BvR 2438/15

01.02.2017

Bundesverfassungsgericht 2. Senat 2. Kammer

Nichtannahmebeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend OLG Frankfurt, 26. November 2015, Az: 3 Ws 813/15 (StVollz), Beschluss

Art 19 Abs 4 GG, § 109 StVollzG, § 109ff StVollzG, § 118 Abs 2 S 1 StVollzG, StVollzVergV HE

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 01.02.2017, Az. 2 BvR 2438/15 (REWIS RS 2017, 16333)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 16333

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