Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.11.2016, Az. AnwZ (Brfg) 5/16

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2016, 2898

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:071116BANWZ.BRFG.5.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
AnwZ
([X.]) 5/16

vom

7. November 2016

in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache

wegen Akteneinsicht-

2

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Der [X.], [X.], hat durch die Präsidentin des [X.]s
Limperg, die [X.]in [X.], den [X.] [X.] sowie die Rechtsanwältin Schäfer und den Rechtsanwalt Dr. Lauer

am
7. November 2016
beschlossen:

Der Antrag der [X.] auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Berufungsbegründung wird abgelehnt.

Die Berufung der [X.]
gegen das Urteil des 1. Senats des [X.] für das [X.] vom 30.
Oktober 2015 wird als unzulässig verworfen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Der Wert des Berufungsverfahrens wird auf

Gründe:

I.

Der Kläger ist im Bezirk der [X.] zur Rechtsanwaltschaft zugelas-sen. Er verlangt Einsicht in seine Personalakte. Der [X.] hat die Beklagte unter Aufhebung eines ablehnenden Bescheides verurteilt, dem Klä-ger Einsicht in seine vollständige Personalakte einschließlich sämtlicher Sach-
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und Disziplinarakten zu gewähren, unabhängig davon, ob sie in Papierform
oder in elektronischer Form geführt würden, und hat die Berufung zugelassen.

Das Urteil des [X.] vom 30. Oktober 2015 ist der Beklag-ten
am 30. Dezember 2015 zugestellt worden. Die Berufung ist am 28. Januar 2016 beim [X.] eingegangen. Am 1. März 2016 ist beim [X.] ein Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist eingegangen. Die Beklagte ist darauf hingewiesen worden, dass der Antrag nach Ablauf der Frist zur Berufungsbegründung eingegangen ist. Am 16. März 2016 hat die Beklagte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Eine Berufungsbegründung war diesem Antrag nicht beigefügt. Die Beklagte ist [X.] hingewiesen worden, dass die versäumte Begründung innerhalb der [X.] nachgeholt werden müsse. Am 31. März 2016 hat die [X.] die Berufung begründet.

II.

Der Senat entscheidet in seiner geschäftsplanmäßigen Besetzung. Der anwaltliche Beisitzer Rechtsanwalt Dr. L.

ist nicht gemäß § 112c Abs.
1 Satz 1 [X.], § 54 Abs. 2 VwGO von der Ausübung des Amtes als ehrenamtli-cher [X.] ausgeschlossen. An dem Verwaltungsverfahren über das Gesuch des [X.] auf Akteneinsicht war er nicht beteiligt. Ein Ausschlussgrund nach § 112c Abs.
1 Satz 1 [X.], § 54 Abs. 1 VwGO, § 41 ZPO ist ebenfalls nicht gegeben. Ein Ablehnungsgesuch gemäß § 112c Abs.
1 Satz 1 [X.], § 54 Abs. 1 VwGO, § 44 ZPO wurde nicht gestellt. Die Voraussetzungen einer Ab-lehnung nach § 42 ZPO, die gegebenenfalls von Amts wegen zu [X.] wären, sind nicht erfüllt. Es liegt kein Grund vor, der geeignet ist, Misstrau-2
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en gegen die Unparteilichkeit des [X.]s zu rechtfertigen. Der Umstand, dass Rechtsanwalt Dr. L.

bis 2007 Mitglied des Vorstandes der [X.] war, reicht insoweit nicht aus. Das Akteneinsichtsgesuch, um welches es hier geht, stammt aus dem Jahre 2014.
Konkrete Vorgänge, an denen der [X.] in [X.] als Mitglied des Vorstands der [X.] beteiligt gewesen sein könnte und die nun Gegenstand der Akteneinsicht sein könnten, haben
weder der [X.] noch der Kläger benannt.

III.

Die Berufung ist unzulässig, weil sie nicht in der Frist des § 112e Satz 2 [X.], § 124a Abs. 3 VwGO begründet worden ist. Ist die Berufung

wie hier

vom [X.] zugelassen worden, ist sie innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Da das Urteil am Mitt-woch,
den 30. Dezember 2015 zugestellt worden ist, endete die Frist von zwei Monaten am Montag, den 29. Februar 2016. Eine nach Monaten bestimmte Frist endet im Falle des § 187 Abs. 1 BGB mit dem Ablauf desjenigen Tages des letzten Monats, welcher durch seine Zahl dem Tage entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt des Fristbeginns (hier: der [X.]) fällt. Fehlt bei einer nach Monaten bestimmten Frist in dem letzten Monat der für ih-ren Ablauf maßgebende Tag, so endet die Frist gemäß §
188 Abs. 3 BGB mit dem Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

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IV.

Wiedereinsetzung in die versäumte Frist kann der [X.] nicht ge-währt werden. Gemäß §
112c Abs.
1 Satz 1 [X.], § 60
Abs. 1
VwGO ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand oh-ne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Die Tatsa-chen zur Begründung des Antrags sind gemäß § 112c Abs.
1 Satz 1 [X.], §
60 Abs. 2 Satz 2 VwGO bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag
glaubhaft zu machen. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass die [X.] der Berufungsbegründungsfrist nicht auf ein Verschulden ihres Ge-schäftsführers zurückzuführen ist.

1. Nach glaubhaft gemachter Darstellung der [X.] hat die Sachbe-arbeiterin, eine erfahrene und stets zuverlässige Rechtsanwaltsfachgehilfin, die Begründungsfrist falsch berechnet und notiert und es zudem weisungswidrig unterlassen, die Fristberechnung vom Geschäftsführer der [X.], einem Rechtsanwalt, abzeichnen zu lassen. Der Sachbearbeiterin sind danach Fehler unterlaufen. Diese werden der [X.] jedoch nicht zugerechnet. Das [X.] von nicht vertretungsbefugten Bediensteten wird einer Behörde nicht zugerechnet ([X.],
NJW 1994, 1299, 1300; [X.]/[X.], VwGO, 22. Aufl., § 60 Rn. 23). Anhaltspunkte dafür, dass die Sachbearbeiterin nicht sorgfältig ausgewählt, hinreichend angeleitet und hinreichend überwacht [X.] ist, liegen nicht vor.

2. Das Verschulden ihres Geschäftsführers, der sie in dieser [X.] vor dem [X.] vertreten hat, muss sich die Beklagte dagegen zurechnen lassen
(§ 112c
Abs. 1
Satz 1 [X.], § 173 Satz 1 VwGO, § 85 Abs.
2 ZPO). An den Geschäftsführer, der Rechtsanwalt ist, können keine ge-5
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ringeren Anforderungen gestellt werden als an einen sonstigen Prozessbevoll-mächtigten einer Partei. Ein Verschulden des Geschäftsführers kann nach dem Vorbringen der [X.] und dem Inhalt der eidesstattlichen Versicherungen des Geschäftsführers und der Sachbearbeiterin nicht ausgeschlossen werden.

Die Sachbearbeiterin hatte eine Vorfrist auf den 26. Februar 2016 notiert. Weder sie noch der Geschäftsführer haben
erklärt, dass die Akte nicht an [X.] vorgelegt worden sei. Der Geschäftsführer mag nicht gehalten gewe-sen sein, die Akte sofort am Tag der Vorfrist zu bearbeiten. Es gereicht einem Rechtsanwalt nicht zum Verschulden, wenn er
bei Vorlegung einer ausdrücklich als Vorfristsache gekennzeichneten Akte sowohl die Bearbeitung als auch die gebotene Prüfung, ob das Fristende richtig ermittelt und festgehalten ist, nicht bereits am Tag der Vorlage, sondern erst am nächsten Tag vornimmt ([X.], Beschluss vom 17.
Juni 1999 -
IX
ZB
32/99, NJW
1999, 2680; vom 5. Oktober 1999

[X.], [X.], 365, 366 unter [X.]). Dazu, was mit der Akte nach der Vorlage beim Geschäftsführer geschehen ist, hat sich
die Beklagte jedoch nicht
erklärt. Hätte der Geschäftsführer die Akte
unbearbeitet und ohne weitere Verfügung zurückgegeben, hätte er seinen Prüfungspflichten jedenfalls nicht genügt (vgl. [X.], Beschluss vom
17. Juni 1999, aaO). Seiner eigenen eidesstattlichen Erklärung zufolge hat der
Geschäftsführer
die Akte jedoch im Zeitraum zwischen der Vorlage am 26. Februar 2016 und dem Fristablauf am 29. Februar 2016 bearbeitet. Er hat sich nämlich darauf berufen, die Sachbear-beiterin habe
"den besprochenen Fristverlängerungsantrag"
erst am 1. März 2016 zur Unterschrift vorgelegt. Die gebotene eigenverantwortliche Prüfung, ob das Fristende richtig ermittelt worden ist (vgl. hierzu auch [X.], Beschluss vom 17. Februar 2009

[X.], juris Rn. 9), hat er jedoch unterlassen. Sollte der Geschäftsführer vom 26. Februar 2016 bis zum 1. März 2016 untätig ge-blieben sein, entlastet ihn dies ebenfalls nicht.
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V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c
Abs. 1 Satz 1 [X.], § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 [X.], §
52 Abs.
2 GKG.

Limperg
[X.]
Remmert

Schäfer
Lauer
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 30.10.2015 -
1 [X.] 24/15 -

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Meta

AnwZ (Brfg) 5/16

07.11.2016

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.11.2016, Az. AnwZ (Brfg) 5/16 (REWIS RS 2016, 2898)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 2898

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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