Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.07.2015, Az. AnwZ (Brfg) 20/15

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2015, 8320

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS

AnwZ ([X.]) 20/15
vom

13. Juli 2015

in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache

wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
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2
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Der Bundesgerichtshof, [X.], hat
durch die Präsidentin des [X.] [X.], die Richter
Prof.
Dr. König und
Dr. Remmert

sowie
die Rechtsanwälte
Dr. [X.] und Dr. Kau

am
13. Juli 2015
beschlossen:

Der Antrag des [X.] auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Beantragung der Zu-lassung der Berufung wird zurückgewiesen.

Der Antrag des
[X.]
auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des 1. Senats des [X.]s des Landes [X.] vom 31. Oktober
2014
wird als unzulässig verwor-fen.

Der
Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert für das
Zulassungsverfahren wird auf 50.000

t-gesetzt.

Gründe:

I.

Die Beklagte widerrief mit [X.] vom 7. Juli 2014 die Zulassung des [X.] zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.]). Die hiergegen gerichtete Klage hat der [X.] mit dem Kläger am 24. Januar 2015 zugestelltem Urteil vom 31. Oktober 2014 [X.]
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sen. Mit Telefax-Schreiben
vom 25. Februar 2015 hat der Kläger beantragt, die Berufung gegen das Urteil vom 31. Oktober 2014
zuzulassen. Mit am gleichen Tag beim [X.] eingegangenem Schreiben vom 18. März 2015 hat der Kläger unter Bezugnahme auf seinen Antrag auf Zulassung der Beru-fung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.

II.

1.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist gemäß § 112e Satz 2 [X.] i.V.m. § 124a Abs. 5 Satz 1, § 125 Abs. 2 Satz 1 VwGO als unzulässig zu verwerfen, da der Kläger die Frist zur Beantragung der Zulassung der Beru-fung versäumt hat. Diese beträgt nach § 112e Satz 2 [X.] i.V.m. § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO einen Monat und beginnt mit der Zustellung des vollständigen Urteils, die hier am 24. Januar 2015 erfolgte. Die Frist ist damit am 24. Februar 2015 abgelaufen.

2.
Der Antrag auf Wiedereinsetzung bleibt ohne Erfolg.

Gemäß § 112e Satz 2 [X.] i.V.m. § 60 Abs. 1, § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt, wenn jemand oh-ne sein Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Der Kläger hat die Antragsfrist nicht ohne sein Verschulden versäumt.

Ein Rechtsanwalt kann zwar unter bestimmten Voraussetzungen die Be-rechnung von im Bürobetrieb häufig vorkommenden Fristen an qualifiziertes Büropersonal delegieren (BVerwG, NJW 1995, 2122, 2123; NJW 1992, 852; [X.]/[X.], VwGO, 20. Aufl., § 60 Rn. 21
m.w.[X.]; [X.]/[X.], 2
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VwGO, 14. Aufl., §
60 Rn. 17 m.w.[X.]). Wird ihm indes die Akte zur Vorbereitung der fristgebundenen Prozesshandlung, zum Beispiel auf Grund der notierten [X.] vorgelegt, muss er den Fristablauf selbst nachprüfen, auch wenn dies sonst Sache des [X.] ist ([X.], NJW 2002, 3014, 3015; BVerwG, NJW 1995, 2122, 2123; NJW 1991, 2096, 2097; [X.],
Beschlüsse vom 10.
Juni 2008 -
VI
ZB 2/08,
NJW 2008, 3439;
vom 11.
Februar 1992 -
VI
ZR 2/92,
NJW 1992, 1632; [X.]/[X.] aaO m.w.[X.]; [X.]/[X.] aaO; Bier in [X.]/[X.]/Bier, VwGO, § 60 [Oktober 2014]
Rn. 46; [X.]/[X.], ZPO, 30. Aufl., § 233 Rn.
23 "Fristenbehandlung").
Mit Eingang eines eine Rechtsbehelfsfrist auslösenden
Urteils muss der Rechtsanwalt in zuverlässiger Weise den Zustellungszeitpunkt ermitteln und eine Wiedervorlage so rechtzeitig sicherstellen, dass eine fristgerechte Einreichung des [X.] noch gewährleistet ist ([X.], NJW 1995, 711; MüKoZPO/[X.], 4. Aufl., §
233 Rn. 65).

Der Kläger
trägt zu seinem Wiedereinsetzungsantrag vor, ihm sei am Montag, den 26. Januar 2015, von einer sehr erfahrenen Mitarbeiterin die mit dem Eingangsdatum gestempelte Eingangspost mit den zugehörigen Akten vorgelegt worden, damit er die weiteren Verfügungen treffen könne. Die [X.] habe sich bei der Berechnung der Frist "vertan"
und als Datum der Zu-stellung durch den Eingangsstempel den 26. Januar 2015 ausgewiesen. [X.] habe er als [X.]en den 9. Februar 2015 und 16. Februar 2015 sowie
als Promptfrist den 25. Februar 2015 bestimmt. Den Umschlag mit dem Datum der Zustellung habe er nicht gesehen. Nach Wiedervorlage aus Anlass der no-tierten [X.]en hätten sowohl seine Mitarbeiterin als auch er nochmals [X.], ob die notierten Fristen richtig eingetragen worden seien. Mittels
des elektronisch geführten Fristenkalenders könnten anhand der Akten-Nummer die notierten Fristen abgerufen und überprüft werden. Am 24. Februar 2015 sei ihm 6
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sodann die Akte zur weiteren Veranlassung wieder vorgelegt worden mit dem Hinweis auf die am 25. Februar 2015 ablaufende Promptfrist, sodass er darauf-hin den Antrag auf Zulassung der Berufung verfügt habe. Am 25. Februar 2015 habe seine Mitarbeiterin diesen Antrag vorbereitet.

In der dem Wiedereinsetzungsantrag beigefügten eidesstattlichen Versi-cherung der Mitarbeiterin des [X.] wird ausgeführt, dass es eine dienstliche Anweisung gebe, die Eingangspost nach Durchsicht und Prüfung auf zu wah-rende und zu notierende Fristen mit den zugehörigen Akten dem Kläger zur
Kenntnisnahme, Prüfung und gegebenenfalls weitere Veranlassung vorzulegen. Dabei prüfe der Kläger auch die von ihr, der Mitarbeiterin, vorgeschlagenen Fristen. Am 25. Februar 2015 habe der Kläger ihr die Akte mit einem Eilvermerk gegeben, verbunden mit der Verfügung, den Antrag auf Zulassung der Beru-fung zu fertigen mit dem Zusatz "vorab per Telefax". Das von ihr in den Antrag eingesetzte Datum, den 24. Februar 2015
-
gemeint sein dürfte das im [X.] genannte zutreffende Zustellungsdatum 24.
Januar 2015
-

habe sie dem Umschlag entnommen, mit dem das Urteil zugestellt worden sei.

Dieser vom Kläger vorgetragene Sachverhalt vermag eine Wiedereinset-zung
in den vorigen Stand nicht zu begründen. Nach den vorgenannten Grundsätzen oblag es dem Kläger, den Zustellungszeitpunkt des Urteils des [X.]s und den Fristablauf für den Antrag auf Zulassung der Beru-fung anlässlich der Vorlage der betreffenden Akte an ihn selbst zu prüfen. Diese Pflicht traf ihn bereits anlässlich der erstmaligen Aktenvorlage nach der am 24.
Januar 2015 erfolgten Zustellung des Urteils des [X.]s. Denn der Grund für die
Vorlage war gerade die zutreffende Bestimmung der [X.]. Auch als dem Kläger anlässlich der für den 9. Februar 2015 und 16. [X.] 2015 notierten [X.]en und später am 24. Februar 2015 die Akte zur 7
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Vorbereitung des Antrags auf Zulassung der Berufung vorgelegt wurde, oblag ihm -
am 24. Februar 2015 sofort
-
eine eigene Nachprüfung des den [X.] betreffenden Fristablaufs. Dabei genügte nicht die Nachprüfung der notierten Fristen mittels Einsichtnahme in den elektronischen Fristenkalen-der. Denn hierdurch konnten Fristen, die aufgrund eines unzutreffend eingetra-genen [X.] fehlerhaft berechnet worden waren, nicht vollständig nachgeprüft werden.
Vielmehr oblag
dem Kläger, die Antragsfrist anhand der ihm jeweils vorgelegten Akte nachzuprüfen. Hierzu gehörte
die Kenntnisnahme von dem Umschlag, mit dem das Urteil des [X.]s
zugestellt und auf dem das zutreffende Zustellungsdatum, der 24. Januar 2015, vermerkt [X.] war. Mit Hilfe des
Umschlags
konnte das Zustellungsdatum sicher festge-stellt werden. Hierauf wies das "Vorblatt zur Zustellungssendung", auf das
die Mitarbeiterin des [X.] das unzutreffende Eingangsdatum gestempelt hatte, -
teilweise im Fettdruck -
ausdrücklich hin. Danach vermerkt der Zusteller den Tag der Zustellung auf dem Umschlag. Zugleich wird darum gebeten, den Um-schlag und das Vorblatt zusammen mit den darin enthaltenen Schriftstücken aufzubewahren. Dass der Umschlag sich nicht in der dem Kläger vorgelegten Akte befand, sondern separat aufbewahrt wurde, ist nicht ersichtlich und wird vom Kläger nicht vorgetragen.

Hätte der Kläger pflichtgemäß das auf dem Umschlag vermerkte Zustel-lungsdatum zur Kenntnis genommen, hätte er den Ablauf der Frist für den [X.] korrigieren und letzteren rechtzeitig einreichen können.
Sein entsprechendes
Unterlassen begründet ein Verschulden i.S.v. § 60 Abs. 1 VwGO.

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III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 [X.],
§ 154 Abs. 2 VwGO,
die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 2
Satz 1
[X.].

[X.]
König
Remmert

[X.]
Kau

Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 31.10.2014 -
1 [X.] 29/14 -

10

Meta

AnwZ (Brfg) 20/15

13.07.2015

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.07.2015, Az. AnwZ (Brfg) 20/15 (REWIS RS 2015, 8320)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 8320

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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