Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.09.2016, Az. 9 AZR 735/15

9. Senat | REWIS RS 2016, 5327

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Gegenstand

Arbeitnehmerüberlassung - Abgrenzung zur Tätigkeit aufgrund eines Dienstvertrags


Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 3. September 2015 - 14 Sa 1941/14 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen seit dem 1. Januar 2010 ein Arbeitsverhältnis besteht.

2

Die Beklagte, eine öffentlich-rechtliche Stiftung, betreibt das [X.]. Seit ihrer Gründung im Jahr 2001 vergibt die Beklagte Leistungen im Bereich „[X.]“, wie Einlass- und Ticketkontrolle, [X.], Garderobenbetreuung, Ausgabe von Gruppenführungsgeräten, Audioguides usw., im Wege von Ausschreibungen an externe Dienstleister. Dabei verfolgt sie ein von der klassischen [X.]aufsicht abweichendes, sog. integrales [X.]-Konzept, das die proaktive Kommunikation zwischen dem Gastgeber ([X.]) und Gast in den Vordergrund stellt und darüber hinaus Service, Objektschutz und Gastsicherheit verbindet.

3

Spätestens seit Mitte des Jahres 2004 ließ die Beklagte die Aufgaben im Bereich „[X.]“ von der [X.] erledigen, einem Unternehmen, das Bewachungsaufgaben für verschiedene Auftraggeber wahrnimmt und bis zum 28. Februar 2006 eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung hatte.

4

Auf der Grundlage eines Arbeitsvertrags vom 30. Juni/14. Juli 2004 trat die Klägerin mit Wirkung vom 2. Juni 2004 in die Dienste der [X.]. [X.] sah eine Beschäftigung der Klägerin als gewerbliche Mitarbeiterin „für das Projekt [X.] im [X.]“ in Teilzeit zu einem Bruttostundenlohn iHv. zunächst 7,50 Euro vor.

5

In dem zwischen der Beklagten und der [X.] unter dem 25./30. März 2009 geschlossenen „Dienstleistungsvertrag“ heißt es ua. wie folgt:

        

§ 1 - Vertragsgegenstand

        

Der Auftraggeber überträgt dem Auftragnehmer die [X.] für das [X.].

        

Der Auftragnehmer hat die [X.] durch eigenes Personal zu leisten. …

        

§ 2 - Vertragsbestandteile

        

Die nachfolgend genannten Anlagen und Bestimmungen sind Bestandteil des Vertrages:

        

1.    

Leistungsverzeichnis inkl. Preise gem. Ausschreibung (Anlage 1)

        
        

…       

                 
        

§ 3 - Leistungen des Auftragnehmers

        

Der Auftragnehmer stellt täglich in der Zeit

        

a)    

21 [X.]s pro Schicht

1. Schicht: 9.00 Uhr bis 15.00 Uhr

        
                          

2. Schicht: 14.30 Uhr bis 20.30 Uhr

        
                          

montags 14.30 Uhr bis 22.30 Uhr

        
        

b)    

1 [X.]

tägl. nach Bedarf des AG ab 8.30 h für ca. 6 Stunden

        
        

…       

        

zur Verfügung.

        

…       

        

Der Auftragnehmer benennt einen Projektkoordinator, der die [X.]s und [X.]en während der Dauer des Vertrages betreut und ihnen Weisungen erteilt … Die Weisungsbefugnis vor Ort wird entsprechend der Dienstanweisung des Auftragnehmers in Absprache mit den Seniorhosts des Auftraggebers ausgeübt.

        

Die Aufgabenbeschreibung und die Positionsverteilung im Museum erfolgt nach gegenseitiger Absprache mit dem Auftraggeber. Der Einsatzplan (Dienstpläne der [X.]s) ist dem Auftraggeber rechtzeitig, mindestens aber für die Dauer der folgenden [X.] vorzulegen.

        

…       

        

§ 7 - Haftung

        

Der Auftragnehmer haftet für Schäden, die durch ihn bzw. seine Erfüllungsgehilfen im Zusammenhang mit der Durchführung der [X.] verursacht werden, insbesondere für Garderobenbeaufsichtigung.

        

Er verpflichtet sich, eine Haftpflichtversicherung abzuschließen …

        

…       

        

§ 11 - Schulungen und Einweisungen des Auftraggebers

        

Das vom Auftragnehmer zur Verfügung gestellte Personal wird verpflichtet, an den vom Auftraggeber veranstalteten Schulungen und Einweisungen teilzunehmen. …

        

...     

        

§ 16 - Vertragsausfertigung

        

Die Anlagen 1 und 2 sind untrennbare Bestandteile des Dienstleistungsvertrages. …“

6

Die „Anlage 1 zum Dienstleistungsvertrag ‚[X.]‘“ (im Folgenden Anlage 1 zum Vertrag) enthält ua. folgende Regelungen:

        

Anforderungen an die [X.]s und [X.]en

        
        

…       

        
        

-       

Sämtliche zum Einsatz kommende Kräfte haben an Qualitätsschulungen und Weiterbildungsmaßnahmen des Auftraggebers teilzunehmen. Diese Schulungen (Evakuierungs-, Motivationsschulungen etc.) werden von dem Auftraggeber organisiert und finanziert.

        

…       

        
        

Anforderungen an die Senior [X.]s

        
        

...     

        
        

Der Auftraggeber hat das Weisungsrecht gegenüber dem Projektkoordinator des Auftragnehmers entsprechend der allgemeinen Dienstanweisung des Auftragnehmers an seine Mitarbeiter.

        
        

Aufgaben der [X.]en

        
        

...     

        
        

-       

Der Besucherdienst (Senior [X.]s - Auftraggeber) ist dem [X.] gegenüber weisungsbefugt.

                 
        

…“    

        

7

Die vertraglich zugesagten Leistungen erbrachte die [X.] in den Räumen der Beklagten. Hierbei setzte sie mit Handlungsvollmacht ausgestattete [X.] ein, die dem Geschäftsführer der [X.] unterstellt waren. Die [X.] waren den sog. „Senior [X.]s“ vorgesetzt, diese wiederum den von der [X.] beschäftigten „[X.]s“.

8

In den Jahren 2010 und 2011 setzte die [X.] die Klägerin sowohl im [X.] als auch bei der [X.] ein. Soweit sie in den Jahren 2010 bis 2012 im [X.] tätig wurde, arbeitete sie überwiegend als [X.]in und im Übrigen als [X.]. Zu den Aufgaben der Klägerin als [X.]in gehörte die Betreuung der Gruppengäste in allen Eingangs- und Lobbybereichen des [X.]. Als [X.] oblag es der Klägerin, die Gäste des [X.] zu betreuen, diese beispielsweise willkommen zu heißen und ihnen Auskünfte zu erteilen.

9

Im Jahr 2010 wurde die Klägerin Mitglied des bei der [X.] bestehenden Betriebsrats. Ab dem 13. November 2012 befand sich die Klägerin im Mutterschutz, im [X.] hieran bis zum 5. Januar 2014 in Elternzeit. Mit Schreiben vom 28. Januar 2014, das der Beklagten Ende Januar 2014 zuging, machte die Klägerin gegenüber der Beklagten erfolglos geltend, zwischen ihnen bestehe ein „unbefristetes Arbeitsverhältnis als [X.] ([X.]in) im [X.]“. Seit dem 1. August 2014 setzte die [X.] die Klägerin nicht mehr im Museum ein.

Mit Schreiben vom 2. April 2015 erklärte die Beklagte die Kündigung des von der Klägerin behaupteten Arbeitsverhältnisses vorsorglich zum 30. Juni 2015, hilfsweise zum nächstmöglichen Termin. Die Klägerin begehrte daraufhin mit einer am 17. April 2015 beim Arbeitsgericht eingegangenen, der Beklagten am 24. April 2015 zugestellten Klage Kündigungsschutz. Der Rechtsstreit wird von den Parteien derzeit nicht betrieben.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die [X.] habe sie spätestens seit dem 1. Januar 2010 der Beklagten ohne Erlaubnis als Arbeitnehmerin überlassen. Sie hat behauptet, sowohl als [X.] als auch als [X.]in habe sie den Weisungen der bei der Beklagten beschäftigten Herren Dr. R und I unterstanden. Soweit die bei der [X.] beschäftigten Senior [X.]s ihr während ihres Einsatzes als [X.] Weisungen erteilt hätten, seien sie als Vertreter der bei der Beklagten beschäftigten Senior [X.]s tätig geworden.

Soweit die Klägerin zunächst Auskunft über die für einen vergleichbaren Arbeitnehmer geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen begehrt hat, haben die Parteien den Rechtsstreit in der Berufungsinstanz in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass zwischen den Parteien seit dem 1. Januar 2010 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis als [X.] und [X.]in im [X.] im Umfang von 37,63 Arbeitsstunden je Woche besteht.

Die Beklagte hat die Abweisung der Klage ua. mit der Begründung beantragt, der Feststellungsantrag sei mangels hinreichender Bestimmtheit unzulässig. Die Verträge zwischen ihr und der [X.] seien nicht auf die Überlassung von Arbeitnehmern, sondern auf die Erbringung von Dienstleistungen seitens der [X.] gerichtet gewesen. Die Klägerin habe ausschließlich den disziplinarischen und fachlichen Weisungen der bis zu neun Senior [X.]s und mindestens vier [X.] unterstanden, die sämtlich von der [X.] beschäftigt worden seien. Die [X.] hätten zu Beginn jeder Schicht nicht nur das pünktliche Erscheinen der [X.]s überprüft, sondern auch fachliche und disziplinarische Anweisungen erteilt sowie die Einhaltung der Kleiderordnung der [X.] sichergestellt. Der Annahme, sie habe ein überwiegendes Weisungsrecht ausgeübt, stehe nicht zuletzt entgegen, dass sie ihre Mitarbeiter im Bereich des [X.] zeitgleich lediglich von montags bis freitags im Umfang von 39 Stunden beschäftige, die von der [X.] gestellten [X.]s jedoch 84,25 Stunden pro Woche an 360 Tagen im Jahr im Museum tätig seien. Schließlich habe die Klägerin ihr Recht, sich auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zu berufen, verwirkt und übe es treuwidrig aus.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet. Mit der von ihm gegebenen Begründung durfte das [X.] die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts nicht zurückweisen. Ob zwischen den [X.]en seit dem 1. Januar 2010 ein Arbeitsverhältnis mit der von der Klägerin geltend gemachten Arbeitszeit besteht, kann der Senat auf der Grundlage der Feststellungen des [X.]s nicht entscheiden. Die Sache war deshalb nach § 563 Abs. 1 ZPO an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

I. Die Revision ist nicht schon deshalb zurückzuweisen, weil - wie die [X.] meint - bereits die Berufung mangels ausreichender Begründung unzulässig ist.

1. Die Zulässigkeit der Berufung ist Prozessvoraussetzung für das gesamte weitere Verfahren nach Einlegung der Berufung und deshalb vom Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen. Genügt die Berufungsbegründung nicht den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO, verwirft das [X.] die Berufung aber nicht als unzulässig, sondern weist sie in der Sache zurück, hat das Revisionsgericht die Revision des [X.] mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Berufung als unzulässig verworfen wird. Dass das Berufungsgericht das Rechtsmittel für zulässig gehalten hat, ist ohne Bedeutung ([X.] 19. Februar 2013 - 9 [X.] - Rn. 11).

2. Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG sind die Vorschriften der ZPO über die Begründung der Berufung auch im [X.] vor den Gerichten für Arbeitssachen anwendbar. Erforderlich ist eine hinreichende Darstellung der Gründe, aus denen sich die Rechtsfehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung ergeben soll. Die Regelung des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO soll gewährleisten, dass der Rechtsstreit für die Berufungsinstanz durch eine Zusammenfassung und Beschränkung des Rechtsstoffs ausreichend vorbereitet wird. Deshalb hat der Berufungsführer die Beurteilung des Streitfalls durch den [X.] zu überprüfen und darauf hinzuweisen, in welchen Punkten und mit welchem Grund er das angefochtene Urteil für unrichtig hält ([X.] 15. März 2011 - 9 [X.] 813/09 - Rn. 11).

3. An diesem Maßstab gemessen hat die Klägerin ihre Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts ausreichend begründet. Unter konkreter Bezugnahme auf das Argument des Arbeitsgerichts, § 2 Abs. 2 und Abs. 3 des [X.] zwängen zu der Annahme eines Dienstvertrags, legt die Klägerin in der Berufungsbegründung - wenn auch knapp - dar, diese Begründung des Arbeitsgerichts sei rechtlich unzutreffend. Dazu verweist sie auf eine Reihe von vertraglichen Bestimmungen, namentlich die Bindung an das integrale Hostkonzept, die Inbezugnahme der Positionsbeschreibung und die Gestellungsverpflichtung. Das reicht aus, um die Angriffsrichtung der Berufung, nämlich die Rüge, das Arbeitsgericht habe den [X.] unter Außerachtlassung wesentlicher vertraglicher Bestimmungen im Ergebnis unzutreffend ausgelegt, hinreichend deutlich erkennen zu lassen.

II. Das [X.] ist zutreffend davon ausgegangen, dass die von der Klägerin erhobene Klage zulässig ist.

1. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] kann ein Arbeitnehmer mit der allgemeinen Feststellungsklage das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zu einem Entleiher auf Grundlage der Vorschriften des [X.] geltend machen ([X.] 23. Juni 2015 - 9 [X.] 261/14 - Rn. 15, [X.]E 152, 59).

2. Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis zwischen ihr und der [X.]n ab dem 1. Januar 2010 besteht und damit auch für einen vergangenen [X.]raum. Nach § 256 Abs. 1 ZPO muss eine Feststellungsklage grundsätzlich den gegenwärtigen Bestand eines Rechtsverhältnisses betreffen. Dies steht der Zulässigkeit der Klage allerdings nicht entgegen. Trotz des Vergangenheitsbezugs des Antrags besteht das besondere Feststellungsinteresse nämlich dann, wenn sich - wie im Streitfall - aus ihm Rechtsfolgen für die Gegenwart und Zukunft, insbesondere mögliche Ansprüche auf Vergütung ergeben können ([X.] 23. Juni 2015 - 9 [X.] 261/14 - Rn. 16, [X.]E 152, 59).

3. Der Feststellungsantrag ist entgegen der Ansicht der [X.]n ausreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Klageantrag bezeichnet hinreichend deutlich die Arbeitsvertragsparteien, den [X.] (vgl. hierzu [X.] 17. März 2015 - 9 [X.] 702/13 - Rn. 34), die Art der Arbeitsleistung sowie deren zeitlichen Umfang und damit die [X.] eines Arbeitsvertrags. Dies reicht in jedem Falle aus (vgl. [X.] 25. Juni 2014 - 7 [X.] 847/12 - Rn. 22, [X.]E 148, 299).

4. Die Kündigungsschutzklage, die die Klägerin im April 2014 vor dem Arbeitsgericht ua. mit dem Antrag erhoben hat festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den [X.]en fortbesteht, steht unter dem Gesichtspunkt der doppelten Rechtshängigkeit einer Entscheidung des [X.] nicht entgegen.

Gemäß § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO kann die Streitsache während der Dauer der Rechtshängigkeit von keiner [X.] anderweitig anhängig gemacht werden. Die anderweitige Rechtshängigkeit stellt ein Prozesshindernis dar, das von Amts wegen - auch noch in der Revisionsinstanz - zu berücksichtigen ist. Die in § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO angeordnete Rechtsfolge betrifft allein die später rechtshängig gewordene, nicht aber die zu diesem [X.]punkt bereits rechtshängige Streitsache. Unabhängig davon, dass allenfalls von einer Teilidentität der Streitgegenstände auszugehen ist, war die hiesige Streitsache zu dem [X.]punkt, zu dem die Klägerin Kündigungsschutzklage erhob, bereits rechtshängig. § 261 ZPO berührt daher den vorliegenden Rechtsstreit nicht.

III. Das [X.] ist in seiner [X.] rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, für die Entscheidung des Rechtsstreits komme es auf den Inhalt der Dienstverträge zwischen der [X.]n und der [X.] nicht an. Soweit es seine Auffassung damit begründet, die Klägerin habe keine Tatsachen vorgetragen, die eine Würdigung rechtfertigten, der zufolge die Klägerin der [X.]n zur Arbeitsleistung überlassen war, verkennt es die Darlegungs- und Beweislast. In seiner Hilfsbegründung, in deren Rahmen es einige der im Dienstvertrag vom 25./30. März 2009 enthaltenen Klauseln rechtlich würdigt, missachtet es allgemeine Auslegungsregeln.

1. § 10 Abs. 1 Satz 1 [X.] fingiert das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses bei Fehlen einer Erlaubnis des Verleihers zur Arbeitnehmerüberlassung. Nach dieser Vorschrift gilt ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zu dem zwischen dem Entleiher und dem Verleiher für den Beginn der Tätigkeit vorgesehenen [X.]punkt als zustande gekommen, wenn der [X.] und Leiharbeitnehmer nach § 9 Nr. 1 [X.] unwirksam ist. Gemäß § 9 Nr. 1 [X.] sind Verträge zwischen Verleihern und [X.] sowie zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern unwirksam, wenn der Verleiher nicht die nach § 1 [X.] erforderliche Erlaubnis hat.

a) Eine Überlassung zur Arbeitsleistung iSd. § 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 [X.] liegt vor, wenn einem Entleiher Arbeitskräfte zur Verfügung gestellt werden, die in dessen Betrieb eingegliedert sind und ihre Arbeit nach Weisungen des Entleihers und in dessen Interesse ausführen. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ist nicht jeder drittbezogene Arbeitseinsatz eine Arbeitnehmerüberlassung iSd. [X.]. Diese ist vielmehr durch eine spezifische Ausgestaltung der Vertragsbeziehungen zwischen Verleiher und Entleiher einerseits (dem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag) und zwischen Verleiher und Arbeitnehmer andererseits (dem Leiharbeitsvertrag) sowie durch das Fehlen einer arbeitsvertraglichen Beziehung zwischen Arbeitnehmer und Entleiher gekennzeichnet. Notwendiger Inhalt eines [X.] ist die Verpflichtung des Verleihers gegenüber dem Entleiher, diesem zur Förderung von dessen Betriebszwecken Arbeitnehmer zur Verfügung zu stellen. Die Vertragspflicht des Verleihers gegenüber dem Entleiher endet, wenn er den Arbeitnehmer ausgewählt und ihn dem Entleiher zur Verfügung gestellt hat.

Von der Arbeitnehmerüberlassung zu unterscheiden ist die Tätigkeit eines Arbeitnehmers bei einem [X.] aufgrund eines Werk- oder Dienstvertrags. In diesen Fällen wird der Unternehmer für einen anderen tätig. Er organisiert die zur Erreichung eines wirtschaftlichen Erfolgs notwendigen Handlungen nach eigenen betrieblichen Voraussetzungen und bleibt für die Erfüllung der in dem [X.] oder für die Herstellung des geschuldeten Werks gegenüber dem Drittunternehmen verantwortlich. Die zur Ausführung des Dienst- oder Werkvertrags eingesetzten Arbeitnehmer unterliegen den Weisungen des Unternehmers und sind dessen Erfüllungsgehilfen. Der [X.] kann jedoch, wie sich aus § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB ergibt, dem Werkunternehmer selbst oder dessen Erfüllungsgehilfen Anweisungen für die Ausführung des Werks erteilen. Entsprechendes gilt für Dienstverträge. Solche Dienst- oder Werkverträge werden vom [X.] nicht erfasst.

Über die rechtliche Einordnung des Vertrags zwischen dem [X.] und dem Arbeitgeber entscheidet der Geschäftsinhalt und nicht die von den [X.]en gewünschte Rechtsfolge oder eine Bezeichnung, die dem tatsächlichen Geschäftsinhalt nicht entspricht. Die Vertragschließenden können das Eingreifen zwingender Schutzvorschriften des [X.] nicht dadurch vermeiden, dass sie einen vom Geschäftsinhalt abweichenden Vertragstyp wählen (vgl. [X.] 15. April 2014 - 3 [X.] 395/11 - Rn. 20 f.).

b) Das [X.] hat zu Unrecht angenommen, auf den Inhalt der Verträge zwischen der [X.]n und der [X.] komme es nicht an. Denn der Inhalt der Rechtsbeziehung zwischen dem Vertragsarbeitgeber und dem [X.] ist sowohl auf der Grundlage der ausdrücklichen Vereinbarungen der Vertragsparteien als auch unter Berücksichtigung der praktischen Durchführung des Vertrags zu bestimmen (vgl. [X.] 15. April 2014 - 3 [X.] 395/11 - Rn. 21). Von diesem Rechtssatz ist das [X.] zunächst auch ausgegangen, hat ihn dann aber unangewendet gelassen. Soweit sich das [X.] dabei auf insgesamt drei Entscheidungen des [X.] (15. April 2014 - 3 [X.] 395/11 -; 18. Januar 2012 - 7 [X.] 723/10 -; 30. Januar 1991 - 7 [X.] 497/89 - [X.]E 67, 124) bezieht, verkennt es, dass keine dieser Entscheidungen einer Prüfung der vertraglichen Vereinbarungen zwischen der [X.]n und der [X.] entgegensteht.

aa) Der Dritte Senat des [X.] hat in seiner Entscheidung vom 15. April 2014 (- 3 [X.] 395/11 -) unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Siebten [X.] (13. August 2008 - 7 [X.] 269/07 -) angenommen, ein Arbeitnehmer, der die vertraglichen Vereinbarungen zwischen seinem Vertragsarbeitgeber und dem [X.] nicht kenne, müsse Tatsachen vortragen, die eine Würdigung rechtfertigen, wonach der Arbeitnehmer einem Entleiher zur Arbeitsleistung überlassen ist. Es sei dann Aufgabe des [X.], die Tatsachen darzulegen, die gegen das Vorliegen des Überlassungstatbestands sprechen.

bb) Die tatsächlichen Voraussetzungen, an die die Rechtsprechung die abgestufte Darlegungs- und Beweislast knüpft, liegen im Streitfall nicht vor. Denn die Klägerin hat von den vertraglichen Absprachen zwischen der [X.]n und der [X.] Kenntnis. Die [X.] hat eine Kopie des „Dienstleistungsvertrags“ vom 25./30. März 2009 zur Akte gereicht, von dem die Klägerin eine Abschrift erhalten hat.

2. Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO).

a) Soweit das [X.] in einer Hilfsbegründung zu dem Ergebnis gelangt ist, der [X.] spreche gegen die Annahme, die [X.] habe der [X.]n die Klägerin zur Arbeitsleistung überlassen, ist dies mit wesentlichen Auslegungsgrundsätzen nicht zu vereinbaren (vgl. zu den Grundsätzen der Vertragsauslegung [X.] 25. April 2013 - 8 [X.] 453/12 - Rn. 22).

aa) Die Auslegung atypischer Verträge ist grundsätzlich den [X.] vorbehalten. Sie kann in der Revision nur darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln verletzt hat oder gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen, wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen oder eine gebotene Auslegung unterlassen hat ([X.] 17. März 2015 - 9 [X.] 702/13 - Rn. 31).

bb) Auch diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält das Urteil des [X.]s nicht stand. Wesentliche Vertragsbestimmungen belegen, dass die [X.] und die [X.] unter dem 25./30. März 2009 keinen Dienstvertrag, sondern einen auf die Überlassung von Arbeitnehmern gerichteten Vertrag geschlossen haben.

(1) Hinsichtlich des zeitlich überwiegenden Einsatzes der Klägerin als Gruppenkoordinatorin hat das [X.] die in der Leistungsbeschreibung (Anlage 1 zum Vertrag) enthaltenen, unter der Überschrift „Aufgaben der Gruppenkoordinatoren“ aufgeführten Vertragsbestimmungen unzureichend beachtet. Diese sind Bestandteil des die Rechtsbeziehungen zwischen der [X.]n und der [X.] regelnden [X.] (§ 2 Nr. 1, § 16 des [X.]). Dort ist ua. geregelt, dass der Besucherdienst der [X.]n den Gruppenkoordinatoren gegenüber weisungsbefugt ist (Anlage 1 zum Vertrag, „Aufgaben der Gruppenkoordinatoren“). Das der [X.]n eingeräumte Weisungsrecht ist in keinerlei Hinsicht, weder zeitlich noch sachlich, beschränkt. Die Übertragung eines umfassenden Weisungsrechts auf einen [X.], im Streitfall die [X.], ist geradezu kennzeichnend für einen auf die Überlassung von Arbeitnehmern gerichteten Vertrag. Denn es ist die Einräumung dieses Weisungsrechts, das den Entleiher befähigt, einen Leiharbeitnehmer so einzusetzen, als stände dieser zu ihm in einer arbeitsvertraglichen Beziehung.

(2) Hinsichtlich des zeitlich geringeren Einsatzes der Klägerin als Host hat das [X.] übersehen, dass die [X.] der Klägerin, wenn auch nicht unmittelbar, so doch mittelbar über die von der [X.] gestellten Projektkoordinatoren Weisungen zu erteilen berechtigt war. Das Weisungsrecht der [X.]n gegenüber den Projektkoordinatoren folgt aus der Anlage 1 zum Vertrag („Anforderungen an die Senior Hosts“). Zwar richtet sich diese Befugnis nach „der allgemeinen Dienstanweisung des Auftragnehmers an seine Mitarbeiter“. Abhängig vom Inhalt der Dienstanweisung kann sich das übertragene Weisungsrecht damit auf allgemeine oder auch konkrete Weisungen, auf Weisungen bestimmter oder jeglicher Art beziehen. Der Inhalt der Dienstanweisung ist hingegen nicht entscheidungserheblich, da die Klägerin der [X.]n zumindest hinsichtlich ihrer Tätigkeit als Gruppenkoordinatorin als Arbeitnehmerin auch in einem [X.]raum überlassen worden ist, in dem die [X.] keine Erlaubnis zur Überlassung besaß.

(3) Für einen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag spricht zudem § 11 des [X.]. Danach ist das von der [X.] „gestellte Personal“ verpflichtet, an den vom Auftraggeber veranstalteten Schulungen und Einweisungen teilzunehmen. Die „Stellung von Personal“ ist nicht für einen Dienstvertrag, sondern vielmehr für einen auf die Überlassung von Arbeitnehmern gerichteten Vertrag kennzeichnend. Hinzu tritt, dass das für die [X.] erforderliche Fachwissen nach dieser Vertragsbestimmung nicht durch die [X.] als Vertragsarbeitgeberin, sondern durch die [X.] selbst vermittelt werden soll. Eine solche Zuweisung von Schulungsmaßnahmen ist für einen Dienstvertrag ungewöhnlich. Dies gilt umso mehr, als die Schulungskosten nicht von der [X.], sondern von der [X.]n zu tragen sind (Anlage 1 zum Vertrag, „Anforderungen an die Hosts und Gruppenkoordinatoren“). Üblicherweise fällt dem Dienstnehmer die Aufgabe zu, sein Personal auf seine Kosten zu schulen.

(4) Die Bestimmungen in § 3 des [X.] stehen der Annahme, die [X.] habe das ihr als Arbeitgeberin zukommende Weisungsrecht während des Einsatzes der Klägerin im Museum auf die [X.] übertragen, nicht entgegen. Wie oben ausgeführt, unterstehen die Projektkoordinatoren der [X.], denen § 3 Abs. 3 des [X.] ein - durch die Mitsprache der [X.]n zudem eingeschränktes - Weisungsrecht gegenüber den Hosts und Gruppenkoordinatoren zuweist, ihrerseits dem Weisungsrecht der [X.]n, das diese entsprechend der allgemeinen Dienstanweisung der [X.] an ihre Mitarbeiter auszuüben berechtigt ist (Anlage 1 zum Vertrag, „Anforderungen an die Senior Hosts“). Unabhängig davon, ob infolgedessen die gesetzliche Fiktionswirkung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 [X.] auch die Projektkoordinatoren erfasst, steht die Vertragsklausel nicht der Annahme entgegen, dass die [X.] arbeitsrechtliche Weisungen, vermittelt über die Projektkoordinatoren, sowohl den Hosts als auch den Gruppenkoordinatoren im Allgemeinen und der Klägerin im Speziellen zu erteilen befugt war.

(5) Auch § 7 des [X.] gibt ein abweichendes Ergebnis nicht zwingend vor. Zwar kann eine derartige Haftungsregelung verbunden mit der Pflicht, eine Haftpflichtversicherung abzuschließen, im Einzelfall als Indiz für das Vorliegen eines Dienstvertrags zu werten sein (vgl. [X.] 18. Januar 2012 - 7 [X.] 723/10 - Rn. 37). Zu beachten ist jedoch, dass es den [X.]en eines [X.] frei steht, die Haftung des Verleihers, die sich in der Regel auf ein Auswahlverschulden hinsichtlich der von ihm gestellten Arbeitnehmer beschränkt, im [X.] zu erweitern und auf eine Haftung für schuldhafte Schlechtleistungen der von ihm überlassenen Arbeitnehmer auszudehnen (vgl. [X.] 11/2013 [X.]. 1). Von dieser vertraglichen Gestaltungsmöglichkeit haben die [X.] und die [X.] Gebrauch gemacht.

(6) Die Art und Weise, in der die [X.]en den Vertrag tatsächlich durchgeführt haben, ist für die Entscheidung des vorliegenden Falls ohne Bedeutung.

(a) Widerspricht die tatsächliche Durchführung des Vertrags den ausdrücklichen Vereinbarungen der Vertragsparteien, so ist grundsätzlich die tatsächliche Durchführung des Vertrags maßgebend. Dies gilt allerdings nur dann, wenn die tatsächliche Durchführung von dem Willen der am Abschluss der vertraglichen Vereinbarung beteiligten [X.]en umfasst war. Denn die Berücksichtigung der praktischen Vertragsdurchführung dient der Ermittlung des wirklichen Geschäftsinhalts, also der Rechte und Pflichten, von denen die Vertragsparteien bei Vertragsabschluss ausgegangen sind. Die Vertragspraxis lässt aber nur dann Rückschlüsse auf den wirklichen Geschäftswillen der Vertragspartner zu, wenn die zum Vertragsabschluss berechtigten Personen die vom Vertragswortlaut abweichende Vertragspraxis kennen und sie zumindest billigen (vgl. [X.] 15. April 2014 - 3 [X.] 395/11 - Rn. 21). Die zum Vertragsabschluss berechtigten Personen auf Seiten der [X.]n hatten, wie die [X.] im Berufungsverfahren eingeräumt hat, von der Durchführung des Vertrags keine Kenntnis.

(b) Soweit die [X.] geltend macht, aufgrund der Vielzahl der Aufgaben, die sie Herrn Dr. R und [X.] zugewiesen habe, sei es den beiden unmöglich gewesen, die Tätigkeit der Klägerin und der übrigen Hosts bzw. Gruppenkoordinatoren durch Weisungen näher zu bestimmen, verkennt sie, dass es für die Abgrenzung zweier Vertragstypen allein auf die Rechte ankommt, die die Vertragschließenden einander einräumen. Dabei spielt es keine Rolle, ob eine Vertragspartei infolge eigener Organisationsentscheidungen nicht in der Lage ist, die ihr eingeräumten Vertragsrechte in der betrieblichen Praxis tatsächlich auszuüben.

b) Die Klägerin hat das Recht, sich auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses mit der [X.]n zu berufen, nicht verwirkt. Es bedarf im Streitfall keiner Entscheidung, ob das Recht, sich auf den Bestand eines Arbeitsverhältnisses zu berufen, verwirken kann (so [X.] 30. Januar 1991 - 7 [X.] 239/90 - zu II 1 der Gründe; offengelassen von [X.] 17. Januar 2007 - 7 [X.] 23/06 - Rn. 26). Denn die Voraussetzungen für die Verwirkung sind nicht erfüllt. Es fehlt am Umstandsmoment.

Mit der Verwirkung wird ausgeschlossen, Rechte illoyal verspätet geltend zu machen. Sie dient dem Vertrauensschutz und verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn der Gläubiger sich längere [X.] nicht auf seine Rechte berufen hat ([X.]moment). Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckt haben, dass er sein Recht nicht mehr wahrnehmen wolle, so dass sich der Verpflichtete darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment) (vgl. [X.] 21. April 2016 - 2 [X.] 609/15 - Rn. 24). Wenn die [X.] ohne weitere Begründung meint, auf das Umstandsmoment verzichten zu können, so steht dies im Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des [X.] (vgl. 21. April 2016  2 [X.] 609/15 - Rn. 24; 10. März 2015 - 3 [X.] 56/14 - Rn. 70; 11. Dezember 2014 - 8 [X.] 838/13 - Rn. 25; 10. Dezember 2014 - 4 [X.] 991/12 - Rn. 22; 25. September 2013 - 5 [X.] 936/12 - Rn. 15).

c) Die Klägerin verhält sich entgegen der Ansicht der [X.]n auch nicht widersprüchlich, wenn sie geltend macht, ab dem 1. Januar 2010 bestehe zwischen ihr und der [X.]n ein Arbeitsverhältnis.

aa) Aus § 242 BGB folgt ua. der Grundsatz des Verbots widersprüchlichen Verhaltens (sog. „venire contra factum proprium“). Als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben bildet dieses Verbot eine allen Rechten, Rechtslagen und Rechtsnormen immanente Inhaltsbegrenzung. Ein Verhalten wird ua. dann als rechtsmissbräuchlich angesehen, wenn sich der Anspruchsteller mit der Geltendmachung einer Forderung in Widerspruch zu eigenem vorausgegangenen Verhalten setzt und dadurch beim Anspruchsgegner ein schutzwürdiges Vertrauen erweckt hat oder anderweitige Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen. Wann dies der Fall ist, ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden (vgl. [X.] 12. März 2009 - 2 [X.] 894/07 - Rn. 16 f., [X.]E 130, 14).

bb) Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor. Obwohl das [X.] - von seinem Rechtsstandpunkt aus konsequent - in Bezug auf das Verbot widersprüchlichen Verhaltens keinerlei Feststellungen getroffen hat, kann der Senat darüber abschließend befinden. Selbst wenn man zugunsten der [X.]n unterstellt, die Klägerin habe für die Monate März bis Mai 2014 bei der zuständigen [X.] einen Antrag auf Insolvenzgeld gestellt und einem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die [X.] widersprochen, hat sie hierdurch nicht den Eindruck erweckt, sie werde gegenüber der [X.]n ein Arbeitsverhältnis nicht geltend machen. Denn bereits vor dem Leistungszeitraum respektive vor dem Widerspruch nach § 613a Abs. 6 BGB hat die Klägerin mit Schreiben vom 28. Januar 2014 die [X.] darüber in Kenntnis gesetzt, ihrer Rechtsansicht nach bestehe zwischen den [X.]en ein Arbeitsverhältnis.

IV. Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO). Auf der Grundlage der Feststellungen des [X.]s und des zwischen den [X.]en unstreitigen Sachverhalts vermag der Senat nicht zu beurteilen, mit welcher Wochenstundenzahl das Arbeitsverhältnis zwischen den [X.]en besteht. Bei der erneuten Verhandlung und Entscheidung wird das [X.] des Weiteren zu berücksichtigen haben, dass die [X.] das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 2. April 2015 zum 30. Juni 2015 vorsorglich gekündigt hat.

1. Das [X.] hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus konsequent - nicht geprüft, in welchem zeitlichen Umfang das Arbeitsverhältnis zwischen den [X.]en besteht. Die regelmäßige Arbeitszeit der Klägerin wird es unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben des § 10 Abs. 1 Satz 3 [X.] zu bestimmen haben.

a) Die in § 10 Abs. 1 Satz 1 [X.] angeordnete Rechtsfolge, das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer, kompensiert den Verlust, den der Leiharbeitnehmer andernfalls infolge der Regelung in § 9 Nr. 1 [X.] erlitte. Ohne die Regelung in § 10 Abs. 1 Satz 1 [X.] arbeitete der Leiharbeitnehmer, der von seinem Vertragsarbeitgeber entgegen § 1 Abs. 1 Satz 1 [X.] ohne Erlaubnis einem [X.] überlassen wird, ohne arbeitsvertragliche Grundlage. Seine Ansprüche, die sich allein gegen den Verleiher richteten, wären nach den Grundsätzen über das faktische Arbeitsverhältnis und der Schadensersatzbestimmung des § 10 Abs. 2 [X.] zu ermitteln. Dem wirkt § 10 Abs. 1 Satz 1 [X.] entgegen, indem es ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer fingiert. Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 [X.] gilt die zwischen dem Verleiher und dem Entleiher im Überlassungsvertrag für den Arbeitnehmer vorgesehene Arbeitszeit als vereinbart. Indem es nicht auf die vertraglichen Regelungen im Verhältnis zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer abstellt, sondern die Bestimmungen des Überlassungsvertrags für maßgeblich erklärt, schützt das Gesetz den Entleiher, der nur in dem Umfang, den der Überlassungsvertrag für den Einsatz des Leiharbeitnehmers vorsieht, mit einem Arbeitsverhältnis belastet wird (vgl. [X.]. VI/2303 S. 13 f.). Hierin weicht die gesetzliche Regelung von der Konzeption des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB ab, der im Falle eines Betriebsübergangs die Kontinuität der arbeitsvertraglichen Absprachen zwischen [X.] und Arbeitnehmer dadurch sichert, dass er den Betriebserwerber anstelle des [X.]s in den Arbeitsvertrag mit dem Arbeitnehmer eintreten lässt. Nachteile, die dem Leiharbeitnehmer dadurch entstehen, dass die regelmäßige Arbeitszeit in dem neuen Arbeitsverhältnis hinter der in dem alten Arbeitsverhältnis zurückbleibt, kann der Leiharbeitnehmer nur im Wege des Schadensersatzes nach § 10 Abs. 2 Satz 1 [X.] gegenüber dem Verleiher geltend machen (vgl. [X.]. VI/2303 S. 14). Der Umfang der vorgesehenen Überlassung kann sich zum einen aus einer ausdrücklichen Bestimmung im Überlassungsvertrag selbst, zum anderen aus dem Umfang der tatsächlichen Überlassung des Leiharbeitnehmers ergeben.

b) Der Senat kann auf der Grundlage der Feststellungen des [X.]s keine abschließende Entscheidung treffen.

aa) Der Vertrag zwischen der [X.]n und der [X.] vom 25./30. März 2009 sieht keine ausdrückliche Regelung iSd. § 10 Abs. 1 Satz 3 [X.] vor. Denn er bezeichnet in seinem § 3 Abs. 1 lediglich das Arbeitsvolumen, das durch eine zahlenmäßig umschriebene Anzahl namentlich nicht genannter Mitarbeiter der [X.] zu erbringen ist. Eine konkrete Arbeitszeit enthält der Vertrag im Hinblick auf die Klägerin nicht.

bb) Das [X.] hat keinerlei Feststellungen hinsichtlich des Umfangs getroffen, in dem die [X.] der [X.]n die Klägerin zur Arbeitsleistung tatsächlich überlassen hat. Dies wird es nachzuholen haben. Um den Umfang der Überlassung unter Ausschluss zufälliger Abweichungen nach oben oder unten zu bestimmen, wird das [X.] in Ausübung des ihm zustehenden tatrichterlichen Ermessens einen geeigneten Referenzzeitraum auswählen müssen, der für den Umfang der Überlassung repräsentativ ist. Dabei kann es [X.]räume, in denen es infolge von längerer Krankheit (vgl. [X.] 17. April 2013 - 10 [X.] 272/12 - Rn. 34, [X.]E 145, 26) oder infolge von Elternzeit nicht zu einer Überlassung kam, außer Betracht lassen.

2. Das [X.] wird bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen haben, dass die [X.] das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 2. April 2015 vorsorglich zum 30. Juni 2015 gekündigt hat. Soweit der [X.]raum ab dem 1. Juli 2015 in Rede steht, ist der vor dem Arbeitsgericht anhängige Kündigungsrechtsstreit gegenüber dem vorliegenden Verfahren vorgreiflich.

Nach § 148 ZPO kann das Gericht, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder teilweise von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits auszusetzen ist. Das Gesetz stellt die Aussetzung in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts. Eine Aussetzung muss nur dann erfolgen, wenn sich das Ermessen des Gerichts auf null reduziert hat. Gegenüber dem vorrangigen Zweck einer Aussetzung, einander widersprechende Entscheidungen zu verhindern, sind insbesondere die Nachteile einer langen Verfahrensdauer und die damit einhergehenden Folgen für die [X.]en abzuwägen. Im Rahmen dieser Abwägung ist der Beschleunigungsgrundsatz des § 9 Abs. 1 ArbGG ebenso zu berücksichtigen wie die Vorschriften zum Schutz vor überlanger Verfahrensdauer, § 9 Abs. 2 Satz 2 ArbGG, §§ 198 ff. [X.] ([X.] 16. April 2014 - 10 [X.] 6/14 - Rn. 5).

V. Das [X.] wird auch darüber zu entscheiden haben, wer die Kosten des Rechtsstreits - einschließlich der Revision - zu tragen hat.

        

    Brühler    

        

    Zimmermann    

        

    Suckow    

        

        

        

    Vogg    

        

    Anthonisen    

                 

Meta

9 AZR 735/15

20.09.2016

Bundesarbeitsgericht 9. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Berlin, 4. September 2014, Az: 33 Ca 3755/14, Urteil

§ 1 Abs 1 S 1 AÜG, § 9 Nr 1 AÜG, § 10 Abs 1 S 3 AÜG, § 10 Abs 1 S 1 AÜG, § 10 Abs 2 S 1 AÜG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.09.2016, Az. 9 AZR 735/15 (REWIS RS 2016, 5327)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 5327

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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