Bundespatentgericht, Urteil vom 04.06.2013, Az. 4 Ni 16/11

4. Senat | REWIS RS 2013, 5368

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Gegenstand

Patentnichtigkeitsklageverfahren – „Vorrichtung zur Schwingungserregung“ - keine ausführbare Offenbarung


Leitsatz

1. Ist die mittels einer generalisierenden Formulierung beanspruchte Lehre – hier unmittelbare Leistungsübertragung der durch Reaktionsdrehmomente bewirkten Leistung (Blindleistung) unter Verwendung von Verstellmotoren – über die dem Fachmann in der Gesamtheit der Unterlagen an die Hand gegebene konkrete Lösung hinaus so weit verallgemeinert, dass sie nicht mehr durch den konkret aufgezeigten Lösungsweg repräsentiert wird – hier hydraulische Lösung ohne Überlagerungsgetriebe –, so geht der Patentschutz über den geleisteten Beitrag der Erfindung zum Stand der Technik hinaus und erfüllt nicht die Anforderungen an eine ausführbare Offenbarung der i.S.v. §§ 21 Abs. 1 Nr. 2, 22 Abs. 1 PatG.

2. Bei der insoweit gebotenen wertenden Betrachtung kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass für die vom Patentanspruch erfasste, aber nicht ausführbar aufgezeigte Ausführung – hier elektrotechnische Lösung – nicht nur einer eigenständigen technischen Entwicklung aus dem Stand der Technik bedarf, sondern dass dieser Ausführung wesentliche wirtschaftliche Bedeutung zukommt und die Patentinhaberin schon bei Abfassung der Anmeldung und Streitpatentschrift Veranlassung gesehen hat, auf eine derartige technische Ausführung ausdrücklich hinzuweisen und sie in einem Unteranspruch als alternative Lehre zu beanspruchen, ohne hierfür jedoch eine ausführbaren Weg zur Nacharbeit aufzuzeigen oder aufzeigen zu können.

Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das [X.] Patent 40 00 011

hat der 4. Senat (Nichtigkeitssenat) des [X.] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 5. März 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] sowie des Richters Dr. agr. [X.], der Richterinnen Dr. Mittenberger-[X.] und [X.]. [X.], sowie des Richters [X.]. Dorfschmidt

für Recht erkannt:

[X.] Das [X.] Patent 40 00 011 wird im Umfang der angegriffenen Patentansprüche 1 Alt. d), 53 und der Patentansprüche 2 - 42, 44, 45, 47 - 52 sowie 54 und 55, soweit sich diese nicht unmittelbar oder mittelbar auf die Patentansprüche 1 Alt. c (Fassung durch Urteil vom 8.2.2001), 43, 46 rückbeziehen, für nichtig erklärt.

I[X.] Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

II[X.] [X.] ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Vorrichtung zur Schwingungserregung betrifft.

2

Das am 9. Februar 1995 veröffentlichte und am 2. Januar 2010 durch Zeitablauf erloschene Streitpatent umfasst 55 Patentansprüche.

3

Die Patentansprüche 1 und 53 haben in der Fassung gemäß der Patentschrift 40 00 011 C2, geändert durch das Urteil des [X.] vom 8. Februar 2001 ([X.]. 2 Ni 62/98), folgenden Wortlaut:

4

1. Vorrichtung zum Erregen von Schwingungen eines Vorrichtungsgestells (100, 222, 300) in einer vorgegebenen Richtung (126), umfassend:

5

a) in dem Gestell gelagerte, durch wenigstens einen Antriebsmotor zum Umlauf antreibbare, synchron gegenläufige erste Unwuchtkörper (104, 105),

6

b) in dem Gestell gelagerte, durch wenigstens einen Antriebsmotor zum Umlauf antreibbare, synchron gegenläufige zweite Unwuchtkörper (107, 108), wobei die ersten und zweiten Unwuchtkörper im Betrieb synchron umlaufen, jedoch in ihrer relativen Winkellage während des Umlaufs gegeneinander verstellbar sind,

7

wobei

8

c) ein Überlagerungsgetriebe und ein einen Stator und einen Rotor aufweisender Verstellmotor (244), dessen Rotor mit mindestens einem der Unwuchtkörper in Verbindung steht und nach Abschluß einer Verstellung mit den [X.] synchron umläuft und dem Verstellmotor bei [X.] zum Aufrechterhalten hiervon durch Reaktionsdrehmomente bewirkte Leistung zugeführt oder von ihm abgeführt wird, vorgesehen sind,

9

oder

(d) mindestens zwei je einen Stator und einen Rotor aufweisende Verstellmotoren vorgesehen sind, deren Rotoren jeweils mit mindestens einem der ersten und zweiten Unwuchtkörper in Verbindung stehen und nach Abschluß einer Verstellung mit den [X.] synchron umlaufen und einem von diesen Verstellmotoren bei [X.] zum Aufrechterhalten hiervon durch Reaktionsdrehmomente bewirkte Leistung zugeführt und einem anderen abgeführt wird, wobei die Verstellmotoren gleichzeitig Antriebsmotoren sein können.

53. Rüttelvorrichtung mit mindestens vier angetriebenen Wellen (224, 226), die je einen Unwuchtkörper (214, 220) tragen und paarweise einander zugeordnet sind, mit den Merkmalen:

- die Wellen (224, 226) sind durch Antriebsmotoren zu beliebigen Arbeitsdrehzahlen antreibbar, und die Phasenwinkel (b) der Unwuchten zueinander sind regelbar, die Einstellung des [X.] erfolgt bei Umlauf der Wellen,

- die Wellen rotieren, bis auf die Verstellung, im Gleichlauf,

- die Einstellung des [X.] erfolgt durch zeitweilige Änderung der Umdrehungszahl mindestens einer Welle durch einen Verstellmotor, der Phasenwinkel ist unabhängig von der Drehzahl regelbar,

- mindestens einem Verstellmotor mit einem Stator und einem mit mindestens einer der Wellen gekoppelten Rotor wird bei [X.] zum Aufrechterhalten hiervon durch Reaktionsdrehmomente bewirkte Leistung zugeführt und mindestens einem weiteren Verstellmotor mit einem Stator und einem mit mindestens einer anderen der Wellen gekoppelten Rotor wird gleichzeitig durch Reaktionsdrehmomente bewirkte Leistung abgeführt,

- wobei die mindestens zwei Verstellmotoren zugleich Antriebsmotoren sein können.

Wegen des Wortlauts der weiteren Patentansprüche wird auf die Streitpatentschrift Bezug genommen.

Mit ihrer Teilnichtigkeitsklage macht die Klägerin geltend, die unter Schutz gestellte Erfindung sei nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass der angesprochene Fachmann des Maschinenbaus sie nacharbeiten könne, § 21 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 22 Abs. 1 [X.]. Es werde lediglich die hydraulische Lösung des Antriebs mit den Verstellmotoren beschrieben, nicht jedoch die von der Lehre nach den Patentansprüchen 1d, 53 umfasste elektrotechnische Ausführungsform. Ferner ist sie der Ansicht, der insoweit beanspruchte Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig, § 21 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 22 Abs. 1 [X.]. Zum einen sei er nicht neu, da er durch die Druckschriften GSKH-11 ([X.] 28 42 844 [X.]) bzw. [X.] ([X.] 32 45 003 [X.]) neuheitsschädlich getroffen werde. Im Übrigen ergebe er sich für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik.

Sie beruft sich hierzu auf folgende vorveröffentlichte Druckschriften:

GSKH-7 [X.] 76 13 723 U

GSKH-8 [X.] 3 564 932 A

GSKH-9 EP 0 092 014 [X.]

GSKH-10 [X.] 37 09 112 C1

GSKH-11 [X.] 28 42 844 [X.]

GSKH-12 Werbeanzeige der Firma [X.], veröffentlicht 1986 in der Zeitschrift "Antriebstechnik"

GSKH-13 [X.] 1 278 155 B

[X.] [X.] 32 45 003 [X.]

GSKH-15 Artikel "[X.]; Arten, Eigenschaften, Anwendungen", veröffentlicht 1985 in der Zeitschrift "Antriebstechnik" Nr. 7, S. 45 ff.

GSKH-16 Beschluss des [X.] vom [X.]/10

GSKH-20 Telemecanique Techn. Heft [X.] vom Mai 1989 [X.] 5 Serie 45 Umrichter für Drehstrom-Asynchronmotoren

GSKH-21 Telemecanique Techn. Heft [X.] vom Februar 1989 [X.] 5 Serie 45 Bremsmodul

GSKH-22 Installationsanleitung der [X.] für Altivar 71 Frequenzumrichter

GSKH-24 Gutachten von Prof. Dr.-Ing. [X.] vom 15.2.2013

GSKH-26 Kurzanleitung der [X.], [X.] Antriebe für Werkzeugmaschinen, 2. Auflage, Februar 1984.

Die Klägerin beantragt,

das angegriffene Streitpatent im Umfang des Patentanspruchs 1 Alt. d) und den Patentanspruch 53 sowie der weiteren Patentansprüche für nichtig zu erklären, mit Ausnahme der Patentansprüche 43 und 46 sowie derjenigen Patentansprüche, die sich mittelbar oder unmittelbar auf die Patentansprüche 43 oder 46 rückbeziehen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie tritt den Ausführungen der Klägerin in allen Punkten entgegen und hält das Streitpatent für patentfähig. Sie ist insbesondere der Auffassung, die Klage sei bereits unzulässig, da nach Erlöschen des Streitpatents kein Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage bestehe. Es liege insbesondere ein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben in der unredlichen Verspätung der Rechtsausübung, da die Klägerin während des [X.] keine Nichtigkeitsklage erhoben, sondern sich - im Gegenteil - auf die Begründung des [X.] bezogen habe.

oder elektrisch betrieben werden könnten. Im Zeitpunkt der Erfindung sei die Synchronisierung grundsätzlich mittels eines mechanischen Überlagerungsgetriebes erfolgt. Erst das Streitpatent habe einen neuen Weg gewiesen, eine Synchronisation zur Aufrechterhaltung des eingestellten Relativstellwinkels ohne mechanisches Überlagerungsgetriebe zu erreichen, in dem mittels eines hydraulisch oder elektrisch betriebenen äußeren Regelkreises  die gleichzeitige Zu- und Abfuhr der aus [X.] bewirkten Leistungen durch [X.] bzw. Antriebsmotoren zugeführt und einem anderen abgeführt werde.

Der Senat hat den Parteien einen frühen gerichtlichen Hinweis nach § 83 Abs. 1 [X.] zugeleitet. Auf diesen Hinweis vom 8. Oktober 2012 ([X.] 174 ff. d. A.) und den ergänzenden Hinweis vom 21. Januar 2013 ([X.] 215 ff. d. A.) wird Bezug genommen.

Mit den Parteien wurde während der mündlichen Verhandlung vom 5. März 2013 der von der Klägerin - wie von ihr behauptet - nach dem Vorbild der GSKH-11 durchgeführte Nachbau einer Vorrichtung informationshalber in Augenschein genommen, bei dem es sich unstreitig nicht um eine im Verletzungsrechtsstreit befindliche Ausführungsform handelt.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestands auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien samt allen Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

Die auf Nichtigerklärung des Streitpatents gerichtete Klage, mit welcher die Nichtigkeitsgründe der mangelnden Patenfähigkeit und der fehlenden Offenbarung der Ausführbarkeit gem. §§ 21 Abs. 1 Nr. 1, [X.], 22 Abs. 1 [X.] geltend gemacht werden, ist zulässig.

Der Zulässigkeit der Klage steht nicht entgegen, dass das Streitpatent bereits vor Klageerhebung durch Zeitablauf am 2. Januar 2010 erloschen war. Denn das nach Erlöschen erforderliche Rechtsschutzbedürfnis liegt vor, weil die Klägerin aus dem Streitpatent von der Beklagten gerichtlich in Anspruch genommen wird und damit die Durchführung des Nichtigkeitsverfahrens der Wahrung ihrer Rechte dient (st. Rspr., vgl. nur [X.], Urt. [X.] [X.], [X.], 309 - Schussfädentransport; Urt. v. 30. April 2009 - [X.], [X.]Z 182, 1, 2 - Betrieb einer Sicherheitseinrichtung; Urt. v. 13.3.2012, [X.]). Insoweit ist im Übrigen eine großzügige Bewertung angezeigt. Das Rechtsschutzbedürfnis würde nur bei einer offensichtlich nicht schutzwürdigen Rechtsverfolgung bzw. objektiv sinnlosen Klagen fehlen ([X.]/[X.], [X.], 8. Auflage, § 81 Rn. 45; [X.]/Busse, [X.], 7. Auflage (2013), § 81 [X.]. 60).

Etwas anderes ergibt sich vorliegend auch nicht aufgrund des von der Beklagten geltenden gemachten Einwandes der Verwirkung, der zwar als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben nach § 242 BGB in allen Rechtsgebieten und auch im Prozessrecht gilt, der jedoch eine "illoyale Verspätung" voraussetzt ([X.] BGB, 72. Aufl. (2013), § 242 [X.]. 87 und [X.]. 89), wozu insbesondere zwei Voraussetzungen erfüllt sein müssen: Einerseits muss seit der möglichen, aber unterlassenen Vornahme der Rechtshandlung eine lange Zeitspanne verstrichen sein (Zeitmoment). [X.] hinzukommen muss andererseits, dass sich aufgrund besonderer Umstände für den Gegner ein selbständiger prozessualer Vertrauensschutz ergibt, der das Interesse des Berechtigten an der sachlichen Überprüfung überwiegt ([X.], a. a. [X.], § 242 [X.]. 93-95; [X.]/[X.], a. a. [X.], [X.]eitung 379). Anhaltspunkte für das Vorliegen dieser Voraussetzungen sind nicht ersichtlich.

Die Klägerin hat im Übrigen zutreffend ausgeführt, dass nach dem Erlass des landgerichtlichen Urteils, in dem sie obsiegt hatte, für sie kein unmittelbarer Anlass für die Erhebung einer Nichtigkeitsklage bestand. Erst mit der anderslautenden Entscheidung des [X.] habe sich dies geändert. Da die Erhebung der Nichtigkeitsklage im Ermessen des [X.] steht, gibt es keinen "verpflichtenden" Zeitpunkt zur entsprechenden Klageerhebung. Es kann insoweit dahingestellt bleiben, ob es unter prozesstaktischen Gesichtspunkten nicht dennoch zweckmäßig gewesen wäre, die Nichtigkeitsklage zu einem deutlich früheren Zeitpunkt zu erheben.

Auch das rechtskräftige Urteil des [X.] im informationshalber beigezogenen Verfahren 2 Ni 62/98 vom 8.2.2001, durch welche das Streitpatent die geltende Fassung erhalten hat, steht der vorliegenden Klage nicht entgegen, da die dortige Klägerin nicht [X.] dieses Verfahrens ist und auch sonstige Gründe für eine subjektive Rechtskraftwirkung nach § 325 ZPO nicht geltend gemacht worden sind.

II.

Die zulässige Klage erweist sich auch als begründet, da das Streitpatent die in den angegriffenen, im [X.] wiedergegebenen Patentansprüchen beanspruchte Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann, §§ 22 Abs. 1, 21 Abs. 1 [X.] [X.]. Hierbei war der die [X.] und ihren jeweiligen Rückbezug nicht präzisierende Klageantrag auszulegen ([X.]/Busse, a. a. [X.], § 81 [X.]. 24) und zwar unter Berücksichtigung des im Prozessrecht geltenden Grundsatzes der wohlwollenden Auslegung nach § 133 BGB ([X.]/[X.], ZPO, 33. Aufl. (2012), [X.]. [X.] [X.]. 16; [X.]/Busse, a. a. [X.], Vor. § 73 [X.]. 46 ff.).

1. [X.] betrifft Vorrichtungen zur Schwingungserregung mit in einem Gestell gelagert angeordneten umlaufenden Unwuchten (Beschreibungseinleitung der [X.]). Der Umlauf der mehreren [X.] soll dabei derart zum Synchronlauf gezwungen werden, dass sich ihre Fliehkräfte in einer ersten Richtung aufheben und lediglich in einer zweiten Richtung, einer zur ersten Richtung senkrecht stehenden Richtung, wirksam sind ([X.]alte 1, Zeilen 6 - 12). Derartige in einer Achse wirkenden "[X.]" sind - kombiniert mit einem Schwingungsisolator - auch als Vibratoren bekannt ([X.]alte 1, Zeilen 13 - 17). Solche Vibratoren werden z. B. zum Einrammen von [X.] eingesetzt, wobei hierzu Antriebsmotoren mit beachtlichem Leistungsvermögen eingesetzt würden ([X.]alte 1, Zeile 17 ff.). Hierbei ist es wünschenswert, einerseits bei konstanter Antriebsdrehzahl der [X.] die [X.] zu variieren ([X.]alte 1, Zeilen 27 - 29), andererseits die von den Antriebsmotoren maximal abgebbare Leistung (maximale [X.]) bei unterschiedlich hohen Schwingungsfrequenzen in den Boden abgeben zu können ([X.]alte 1, Zeilen 32 - 35).

Da die einfachste Art der Erzeugung eines rotatorisch angetriebenen [X.]s der synchrone, gegenläufige Umlauf von zwei gleich großen [X.] ist, erfordert eine vorstehend genannte Steuerung der Richtschwingung zumindest zwei derartige "[X.]-Paare", die in der [X.] "[X.] erster Art" und "[X.] zweiter Art" genannt werden ([X.]alte 1, Zeilen 52 - 66). Diese beiden jeweils zueinander gegenläufig umlaufenden [X.]-Paare können dann unter Veränderung eines zwischen ihnen einstellbaren Verdrehwinkels derart "angeordnet" werden, dass sich in der einen Extremlage die Teil-Fliehmomente a[X.]itiv überlagern (Maximalwert) und in der anderen Extremlage sich die Teil-Fliehmomente gegenseitig aufheben ([X.]alte 1, Zeilen 40 - 51). In den Zwischenpositionen (Verdrehwinkel β der beiden [X.]-Paare zwischen 0° und 180°) sind die Fliehmomente und somit die [X.] in der Schwingungsachse zwischen maximalem Wert und Null (in erster Näherung) einstellbar.

Das aufgrund der resultierenden Fliehmomente schwingende Gestell weist in Abhängigkeit von Schwingungsfrequenz und -amplitude gegebenenfalls hohe [X.]eunigungswerte auf, die wiederum auf die rotierenden [X.] (zurück) einwirken. Je nach Lage der umlaufenden Massen bewirken diese [X.]eunigungen Kräfte bzw. Momente, die in der [X.] "dynamische Reaktionsdrehmomente" genannt werden ([X.]alte 2, Zeile 65). "Diese Reaktionsdrehmomente treten zwischen beiden [X.]n erster und zweiter Art wirkend dann auf" ([X.]alte 2, Zeile 66 bis [X.]alte 3, Zeile 2), wenn die [X.] und damit die Drehachsen in Richtung der [X.] beschleunigt oder abgebremst werden. Die [X.] können nach den weiteren Ausführungen in Abhängigkeit vom Verdrehwinkel β von erheblicher Größe sein, ihre Maximalwerte machen ein Mehrfaches des Arbeits-Drehmomentes aus, das zum Antrieb einer derartigen Vorrichtung aufzubringen ist ([X.]alte 3, Zeile 66 bis [X.]alte 4, Zeile 3).

Differenz der Reaktionsdrehmomente der Unwuchtkörper erster und zweiter Art gegenseitig direkt übertragen werden, so dass ein "Leistungsfluss" zwischen den Unwuchtkörpern zumindest teilweise erfolgen kann. Die Unwuchtkörper der ersten und zweiten Art müssen hierzu mit einem drehmomentübertragenden Element verbunden sein, so dass sich ein "in sich geschlossener Transportweg" von dem einen zum anderen Maschinenelement ergibt, wobei der sich hierbei ergebende Leistungsfluss in der [X.] als "

Aus dem in der Beschreibung des Streitpatents genannten Stand der Technik ([X.]alte 4, Zeilen 32 bis 47) nach der [X.] 3 564 932 A ([X.]) ist eine Vorrichtung zum Erregen von Schwingungen eines Gestells bekannt, die sich die Übertragung

2. Vor diesem Hintergrund liegt nach den Angaben in der [X.] der Erfindung die Aufgabe zugrunde, die Vorrichtung derart auszubilden, dass die aus der Übertragung der hohen Blindleistung resultierenden Belastungen der mechanischen Komponente in schonender Weise abgestützt werden ([X.]alte 4, Zeilen 48 - 53). Berücksichtigt man, dass das technische Problem durch Auslegung des Patentanspruchs aus dem zu entwickeln ist, was die Erfindung gegenüber dem Stand der Technik tatsächlich leistet (st. Rspr., vgl. [X.] Urt. [X.], [X.] = [X.], 602 - Gelenkanordnung; Urt. v. 11.11.1980, [X.] = GRUR 1981, 186 - [X.]), so ist diese Aufgabe an die von Patentanspruch 1 [X.] d) beanspruchte Lehre anzupassen. Diesem liegt die objektive Aufgabe zugrunde, die Vorrichtung derart auszubilden, dass die aus der Übertragung der hohen Blindleistung resultierenden Belastungen der mechanischen Komponente substituiert werden und die mechanische Übertragung der Blindleistung über Zahnräder auf eine andere Art und Weise zu realisieren ist. Insbesondere sollen dabei Verschleiß und Lärmemissionen reduziert werden ([X.]. 4 [X.] 43 - 47).

Patentanspruch 1 in der angegriffenen [X.] d) eine Vorrichtung mit folgenden gegliederten Merkmalen:

1.1 Vorrichtung zum Erregen von Schwingungen eines Vorrichtungsgestells (100, 222, 300) in einer vorgegebenen Richtung (126), umfassend:

1.2 (a) in dem Gestell gelagerte, durch wenigstens einen Antriebsmotor zum Umlauf antreibbare, synchron gegenläufige erste [X.] (104, 105),

1.3 (b) in dem Gestell gelagerte, durch wenigstens einen Antriebsmotor zum Umlauf antreibbare, synchron gegenläufige zweite [X.] (107, 108),

1.4 wobei die ersten und zweiten [X.] im Betrieb synchron umlaufen, jedoch in ihrer relativen Winkellage während des Umlaufs gegeneinander verstellbar sind, wobei

1.5 (d) mindestens zwei je einen Stator und einen Rotor aufweisende Verstellmotoren vorgesehen sind, deren Rotoren jeweils mit mindestens einem der ersten und zweiten [X.] in Verbindung stehen und nach Abschluss einer Verstellung mit den [X.]n synchron umlaufen und

1.6 einem von diesen Verstellmotoren bei [X.] zum Aufrechterhalten hiervon durch Reaktionsdrehmomente bewirkte Leistung zugeführt und einem anderen abgeführt wird, wobei

1.7 die Verstellmotoren gleichzeitig Antriebsmotoren sein können.

Patentanspruch 53 lehrt eine Rüttelvorrichtung, die sich in folgende Merkmale gliedern lässt:

53.1 Rüttelvorrichtung mit mindestens vier angetriebenen Wellen (224, 226), die je einen [X.] (214, 220) tragen und paarweise einander zugeordnet sind, mit den Merkmalen:

53.2 die Wellen (224, 226) sind durch Antriebsmotoren zu beliebigen Arbeitsdrehzahlen antreibbar,

53.3 die Wellen rotieren, bis auf die Verstellung, im Gleichlauf,

53.4 die Phasenwinkel (ß) der Unwuchten zueinander sind regelbar,

53.5 die Einstellung des [X.] erfolgt bei Umlauf der Wellen,

53.6 die Einstellung des [X.] erfolgt durch zeitweilige Änderung der Umdrehungszahl mindestens einer Welle durch einen Verstellmotor,

53.7 der Phasenwinkel ist unabhängig von der Drehzahl regelbar,

53.8 mindestens einem Verstellmotor mit einem Stator und einem mit mindestens einer der Wellen gekoppelten Rotor wird bei [X.] zum Aufrechterhalten hiervon durch Reaktionsdrehmomente bewirkte Leistung zugeführt und mindestens einem weiteren Verstellmotor mit einem Stator und einem mit mindestens einer anderen der Wellen gekoppelten Rotor wird gleichzeitig durch Reaktionsdrehmomente bewirkte Leistung abgeführt,

53.9 wobei die mindestens zwei Verstellmotoren zugleich Antriebsmotoren sein können.

4. Der für die objektive Problemlösung berufene Fachmann ist nach Auffassung des Senats ein Diplomingenieur oder Physiker mit Hochschulabschluss, der umfangreiche Kenntnisse und mehrjährige Erfahrungen in der Konstruktion, Entwicklung und der praktischen Anwendung von Unwucht-Schwingungssystemen besitzt. Er kennt dabei auch den theoretischen Hintergrund der technischen Schwingungslehre und arbeitet ggf. im Team mit einem Hydraulikspezialisten oder Elektroingenieur zusammen.

5. Ausgehend hiervon bedarf es der Auslegung der angegriffenen Patentansprüche, für deren Verständnis durch den angesprochenen Fachmann auf eine sich am technischen Sinn und eine am Gesamtzusammenhang orientierende Betrachtung abzustellen ist ([X.], Urt. v. 18.11.2010, [X.] = [X.], 129, [X.]. 29 - [X.]; Urt. v. [X.], [X.] = [X.], 311, [X.]. 15 - Baumscheibenabdeckung). Insoweit ist vorliegend insbesondere im Hinblick auf die in Streit stehende Diskussion um die Ausführbarkeit der Lehre nach Patentanspruch 1 [X.] d) zu beachten, dass diese Lehre vom angesprochenen Fachmann nicht deshalb einschränkend verstanden wird, weil sie - wie noch auszuführen sein wird - sich nicht im beanspruchten Umfang als ausführbar erweist (vgl. bereits [X.]. v. 24.7.2012, 4 Ni 21/10 - Fixationssystem). Denn dem Patentanspruch darf nicht deshalb ein anderer Sinngehalt beigelegt werden, weil so die Schutzfähigkeit bejaht werden kann, wie auch die Heranziehung von Beschreibung und Aufgabe ([X.] Urt. [X.], [X.] = [X.], 602 - Gelenkanordnung) zur Auslegung der Lehre des Patentanspruchs nur soweit erfolgen darf, wie sie sich als dessen Erläuterung lesen lassen, und nicht im Widerspruch zum Wortlaut des Anspruchs stehen ([X.] Urt. v. 10.5.2011, [X.] = [X.], 701 - [X.]). Danach geht der Senat von folgendem Verständnis aus:

a. Die Beschreibung stellt grundsätzlich drei Betriebsversionen einer Vorrichtung zum Erregen von Schwingungen in einem Vorrichtungsgestell dar, wobei die Lösung nach Patentanspruch 1 [X.] d) nur die [X.] umfasst. Hierbei werden gemäß den Figuren 2a und 2b der als Stellmotor dargestellte

Hydraulikmotor (244) und das Überlagerungsgetriebe (256) "nicht benötigt" (s. Figur 2b; [X.]alte 14, Zeilen 57 ff.).

Im Ausführungsbeispiel nach Figur 2b sind die beiden "[X.] (270, 272) in die Regelstrecke eines Regelkreises" einbezogen (a. a. [X.]), so dass damit eine mechanische Kopplung durch das Überlagerungsgetriebe nicht mehr möglich ist. Entsprechendes gilt für die Figur 3. Die Betriebsversion 2 ([X.]alte 14, Zeilen 16 ff.) ist hingegen vom Gegenstand des Patentanspruchs 1, [X.] d) nicht umfasst, da hier der [X.] (auch) über Zahnräder erfolgt. Die angegriffene Alternative d) des Patentanspruchs 1 umfasst somit ausschließlich den [X.] über die "äußeren" Verstellmotoren - die gleichzeitig Antriebsmotoren sein können - und nicht über die "innere" mechanische Kopplung über beispielsweise Zahnräder.

Patentanspruch 1 in seiner angegriffenen [X.] d) betrifft im Einzelnen nach der Gesamtheit seiner Merkmale eine Vorrichtung zum Erregen von Schwingungen in einem Vorrichtungsgestell, wobei die Schwingungen in einer vorgegebenen Richtung ([X.]) erzeugt werden (Merkmal 1.1).

aa. Die Vorrichtung umfasst in dem Gestell gelagerte erste und zweite [X.], die durch jeweils wenigstens einen Antriebsmotor zum Umlauf antreibbar sind, wobei die

Diese "Invarianz" in der Synchronisation zwischen den beiden [X.]n erster Art (und entsprechend der zweiter Art) ergibt sich - neben der textlichen Semantik der Merkmale 1.2 und 1.3 - auch durch alle Varianten der Ausführungsbeispiele, wonach immer eine zahnradförmige Kopplung der jeweils synchron gegenläufig umlaufenden Massen vorliegt. Auch die Anwendung zum Einrammen von [X.] vermittelt dem Fachmann, dass die [X.]-Vorrichtung lediglich ausschließlich in der vorgesehenen Achse schwingt, so dass demnach eine Verstellung der [X.] - die sich durch eine entsprechende Phasenverschiebung ergeben würde - im Streitpatent nicht in Betracht gezogen wird.

bb. Gemäß Merkmal 1.4 laufen dabei

In diesem Zusammenhang erscheint aus der [X.] nicht immer klar hervorzugehen, was mit "[X.]-Paaren" gemeint ist: Einerseits gibt es "Unwuchtpaare" (zwei [X.]-Paare erster und zweiter Art, [X.]alte 2, Zeilen 3 ff.), woraus der Fachmann entnehmen könnte, dass beide [X.] erster Art (und entsprechend die der zweiten Art) diese Paare bilden. Im weiteren Verlauf der Beschreibung und insbesondere bei der Figurenbeschreibung wird allerdings dem Fachmann eindeutig offenbart, dass jeweils

cc. Nach Merkmal 1.4 ist jedoch diese Synchronisation insofern beschränkt, dass die synchron umlaufenden ersten und zweiten [X.] (

[X.]. Vorgesehen sind ferner nach der [X.] d) des Anspruchs 1 mindestens zwei Verstellmotoren, die jeweils einen Rotor und einen Stator aufweisen (Merkmal 1.5). Die Rotoren sind jeweils mit mindestens einem der ersten und zweiten [X.] (bzw. deren Wellen) verbunden, die jeweils zweiten können dabei - wie in den Ausführungsbeispielen ausgeführt - über Zahnräder direkt (und gegenläufig) miteinander gekoppelt sein. Die Rotoren laufen dabei synchron mit den [X.]n um, sofern die Verstellung der relativen Winkellage abgeschlossen ist und damit eine konstante (stationäre) Schwingungslage vorliegt. Letzteres soll im fachlichen Verständnis lediglich aussagen, dass nach Abschluss der Verstellung alle [X.] und die mindestens zwei Rotoren der Verstellmotoren (wieder) synchron umlaufen.

ee. Ein weiteres, für die vorliegende Vorrichtung entscheidendes Kriterium ist, dass bei konstant [X.] der dann synchron umlaufenden ersten und zweiten [X.] einem Verstellmotor durch resultierende Reaktionsdrehmomente bewirkte Leistung (Blindleistung) zugeführt und einem anderen (entsprechend) abgeführt werden soll (Merkmal 1.6). Um diesen temporären Leistungsüberschuss an einem [X.] einerseits zu nutzen, d. h. auf einen anderen, gegebenenfalls mit einem zur selben Zeit negativen Reaktionsmoment beaufschlagten [X.] zu übertragen und damit die Winkellage (tendenziell) aufrecht, d. h. konstant zu halten, wird "auf einem in sich geschlossenen Transportweg von dem wenigstens einen Maschinenelement zu dem wenigstens anderen Maschinenelement" ([X.]alte 5, Zeilen 34 bis 47) ein entsprechender Leistungsfluss, die "Blindleistung", vorgesehen.

Während im Stand der Technik sowie auch in Ausführungsvarianten in der [X.] dies einerseits durch eine direkte Verbindung über Zahnräder erfolgen kann (s. Betriebsversion 2 mit dem dazugehörigen "Überlagerungsgetriebe"), erfolgt dieser "Leistungs- oder Energie-Transport" gemäß der Erfindung nach Merkmal 1.6 in Verbindung mit dem Merkmal 1.5 durch die Verstellmotoren. Dabei wird einem dieser Verstellmotoren zum Aufrechterhalten der eingehaltenen Winkellage diese durch Reaktionsmomente bewirkte Leistung zugeführt und einem anderen abgeführt.

Wie sich zwingend aus Merkmal 1.6 ergibt, hängt die Zu- und auch die entsprechende Abführung der übertragbaren Reaktionsdrehmomente und damit der Blindleistung gemäß der technischen Lehre - sowohl nach der im Stand der Technik bekannten Lösung der mechanischen Kopplung über Zahnräder, wie auch die streitpatente Lösung gemäß der hydraulischen Übertragung über die in Reihe geschalteten [X.] - von der

Die Übertragung der Reaktionsdrehmomente bzw. die Zu- und Abführung der (Blind-) Leistung sieht der Fachmann dabei - als Ausgangspunkt gilt die mechanische

ff. Gemäß Merkmal 1.7

gg. Der beanspruchte Patentschutz nach Anspruch 1 [X.] d) beinhaltet danach allgemein, was von der Patentinhaberin nicht in Abrede gestellt worden ist, jede Art einer durch Reaktionsdrehmomente unmittelbar bewirkten Leistungsübertragung der Blindleistung durch die Verwendung von Verstellmotoren, ohne diese auf eine dem Ausführungsbeispiel entsprechende Ausgestaltung einer "hydraulischen Lösung" zu beschränken. Sie umfasst insbesondere auch eine "elektrische Lösung". Dies bestätigt auch die Beschreibung des Streitpatents, welche ausdrücklich die Energiewandlung "elektrischer Energie ([X.]. 5 Zeile 21) anspricht.

Ferner wird dieses Verständnis auch dadurch bestätigt, dass Patentanspruch 2 f.) diese Lehre konkretisiert. Dort heißt es: "eine Energiewandlung von hydraulischer oder elektrischer Energie in mechanische Verstellenergie…".

Patentanspruchs 53 betrifft eine dem Gegenstand nach Patentanspruch 1 [X.] d) sehr ähnlich ausgebildete Rüttelvorrichtung mit mindestens vier angetriebenen Wellen. Jede von ihnen trägt einen Unwuchtkörper, die paarweise einander zugeordnet sind (Merkmal 53.1). Die "…mindestens vier angetriebenen Wellen (224, 226)…" gemäß Merkmal 53.1 und in Verbindung mit Merkmal 53.2 können, müssen jedoch nicht

Das Merkmal 53.3 ist in Bezug zu den Ausführungen der Beispiele und der gesamten Beschreibung offensichtlich nicht ganz korrekt formuliert, wonach "die Wellen - bis auf die Verstellung -

Im Unterschied zur Vorrichtung nach Patentanspruch 1 [X.] d) ist bei der Rüttelvorrichtung des Patentanspruchs 53 noch präzisiert, dass der Phasenwinkel ß der Unwuchten

Das Merkmal 53.8 beinhaltet analog zu Merkmal 1.6 des Anspruchs 1 [X.] d), dass "zum Aufrechterhalten der eingehaltenen Winkellage" die Blindleistung zu- und abgeführt werden muss. Dabei ist hier - im Unterschied zum Merkmal 1.6 - die

[X.].

Die erfindungsgemäße Lehre nach Anspruch 1 [X.] d) ist nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann.

1) Eine Erfindung ist ausführbar offenbart, wenn der angesprochene Fachmann aufgrund der Gesamtoffenbarung der Patentschrift in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen ohne erfinderisches Zutun und ohne unzumutbare Schwierigkeiten in die Lage versetzt wird, den angestrebten Erfolg zu erreichen ([X.] Urt. v. 5.4.2011, [X.], [X.], 707, [X.]. 20 - Dentalgeräteeinsatz; Urt. v. 13.7.2010, [X.], [X.], 916, [X.]. 17 - Klammernahtgerät). Es genügt insoweit nicht, dass die Lehre objektiv ausführbar ist, was vorliegend in dem zwischen den [X.]en anhängigen Verletzungsverfahren ebenfalls insoweit umstritten ist, als die danach allein maßgebliche Verletzungsform einer "elektrischen Lösung" die Frage nach einer anspruchsgemäßen, insbesondere die Voraussetzungen einer patentgemäßen unmittelbaren Leistungsübertragung, aufgeworfen hat.

2) Die Anerkennung ausreichend offenbarter Ausführbarkeit steht unter dem Vorbehalt dessen, was der Fachmann dem Patentanspruch als technische Lehre unter Berücksichtigung seines Fachwissens und der Beschreibung in seiner allgemeinsten Form tatsächlich (ausführbar) entnehmen kann (vgl. [X.] in: [X.]. [X.], 2006, [X.], 502). Als nicht ausführbar offenbart kann danach angesehen werden, wofür sich kein ausführbarer Beitrag in der Patentschrift finden lässt und was sich mangels genügender Informationen von dem nacharbeitenden Fachmann auch nicht mittels geläufiger Maßnahmen unter zumutbarem Aufwand ([X.], Urt. v. [X.] - Xa ZR 100/05, [X.], 414 - Thermoplastische Zusammensetzung; Urt. [X.], [X.], [X.], 916 - Klammernahtgerät), insbesondere ohne erfinderisches Zutun ([X.], Urt. v. 11.5.2010, [X.], [X.], 901 - Polymerisierbare Zementmischung), praktisch realisieren lässt.

3) Danach ist vorliegend eine ausführbare Offenbarung der Erfindung im Hinblick auf die von Patentanspruch 1d) nach Merkmal 1.6 allgemein beanspruchte Lehre einer unmittelbaren Leistungsübertragung durch Verstellmotoren zu verneinen. Denn diese beschränkt sich weder auf die ausführbar im Streitpatent beschriebene "hydraulische Lösung" noch kann der Fachmann mittels geläufiger Maßnahmen unter zumutbarem Aufwand die beanspruchte Lehre auf andere Weise realisieren. Dies gilt insbesondere für die im Streitpatent angesprochene, aber nicht ausführbar beschriebene "elektrische Lösung", welche zwischen den [X.]en auch die im Verletzungsstreit allein maßgebliche Ausführungsform ist. Damit ist die dem angesprochenen Fachmann anhand der Gesamtheit der Unterlagen ausführbar an die Hand gegebene "hydraulische" Lösung soweit und unzulässig verallgemeinert, dass der Patentschutz über den tatsächlich geleisteten Beitrag der Erfindung zum Stand der Technik hinausgeht. ([X.], a. a. [X.], [X.]. 28 - Neurale Vorläuferzellen).

a) Eine "unangemessene Anspruchsbreite" füllt zwar für sich gesehen keinen gesetzlichen [X.] aus ([X.] Urt. v. 24.9.2003, [X.], GRUR 2004, 47, [X.]. 36 - blasenfreie Gummibahn  I), wie es auch für die Annahme einer ausführbaren Lehre nicht erforderlich ist, dass alle denkbaren unter den Wortlaut eines Patentanspruchs fallenden Ausgestaltungen ausgeführt werden ([X.], Urt. v. 1.10.2002, [X.], [X.], 223 - Kupplungsvorrichtung II). Anerkannt ist auch, dass es ausreichend ist, wenn das Patent dem angesprochenen Fachmann zumindest einen Lösungsweg zur Nacharbeit der beanspruchten Erfindung offenbart ([X.] Urt. v. 24.9.2003, [X.], GRUR 2004, 47, [X.]. 32 - blasenfreie [X.]; Urt. v. 3.5.2001, [X.], 813 - [X.]; [X.]. v. 16.6.1998 - [X.], [X.], 899, 900 - Alpinski), insbesondere in Fällen der "generischen" Beanspruchung eines bestimmten Verfahrensschritts, weil bei wertender Betrachtung das generische Merkmal in seiner allgemeinen Bedeutung zur Problemlösung gehört ([X.] Urt. v. 27.11.2012, [X.], [X.], 272, [X.]. 28 - Neurale Vorläuferzellen [X.], a. a. [X.], [X.]. 23 - Thermoplastische Zusammensetzung).

b) Der Patentschutz auch eines erteilten Patents (vgl. hierzu [X.] a. a. [X.] [X.]. 23 - Thermoplastische Zusammensetzung) muss allerdings dann auf den konkret offenbarten Weg beschränkt bleiben, wenn eine generalisierende Formulierung im Patentanspruch bei wertender Betrachtung nicht Teil einer der Allgemeinheit zugänglich gemachten allgemeinen Problemlösung ist, sondern sich als eine Verallgemeinerung eines vom Erfinder nur konkret aufgezeigten [X.] und Beitrags zur Technik darstellt, durch den die beanspruchte allgemeine Lehre nicht mehr repräsentiert wird.

So wäre auch vorliegend der Patentschutz für die allgemeine Lehre einer durch Reaktionsdrehmomente bewirkten unmittelbaren Leistungsübertragung bei der Verwendung von Verstellmotoren nach Patentanspruch 1, [X.] d) ohne Beschränkung auf ihre konkrete technische Umsetzung nur dann im Hinblick auf die nach §§ 21 Abs. 1 Nr. 1, 22 Abs. 1 [X.] geforderte Ausführbarkeit gerechtfertigt und würde eine angemessene Belohnung der erfinderischen Leistung darstellen ([X.] a. a. O - [X.]), wenn das Streitpatent dem Fachmann aufzeigen würde, dass der konkret aufgezeigte Lösungsweg einer "hydraulischen Lösung" exemplarisch - und nicht nur partiell (vgl. auch B[X.] Urt. v. 24.7.2012, 4 Ni 21/10 - Fixationssystem) - die allgemeinere Lehre des Patentanspruchs und den vom Erfinder erbrachten Beitrag zur Technik ausführbar repräsentiert.

c. Diesen Anforderungen wird die Gesamtoffenbarung der Patentschrift nicht gerecht.

oder elektrischer Energie in mechanische Verstellenergie die Rede ist. Dieser erteilte Anspruch 2 war auf den erteilten Anspruch 1 rückbezogen und sollte nach dem Willen des Erfinders dessen mit den damaligen Merkmalen a) bis c) beschriebene allgemeine Lehre weiter bilden, nach welcher der Verstellmotor lediglich als Stator und Rotor aufweisendes Konstrukt in allgemeinster Form - für Hydromotoren und Elektromotoren gleichermaßen gültig - gekennzeichnet worden war (vgl. Merkmal c) des erteilten Anspruchs 1). Die Ausführung der Lehre einer Leistungsübertragung mittels elektrischer Verstellmotoren ist aber selbst für einen Elektroingenieur keine Selbstverständlichkeit.

In der allgemeinen Beschreibung der erfindungsgemäßen Lösung der definierten Aufgabe findet sich noch ein - einziger - Hinweis darauf, dass die Energieumwandlung von hydraulischer oder elektrischer Energie in die mechanische Stellenenergie zwischen dem Rotor und dem das Reaktionsmoment des Rotors aufnehmenden Stator des [X.] stattfindet ([X.]. 5, [X.] 21 - 25), wobei diese [X.] dann ihren Niederschlag in Patentanspruch 2 als alternative Variante des Merkmals f) gefunden hat. Ansonsten fehlt es an jedem weiteren Hinweis auf eine elektronische Umsetzung. Im Gegenteil weist die Beschreibung darauf hin, dass Vorrichtungen zur Schwingungserregung für jedwede Mittel zur Durchführung der Regelfunktion ein denkbar ungünstiges Umfeld böten, in welchem insbesondere elektrotechnische Komponenten stark gefährdet seien ([X.]. 6, [X.] 49 - 53). Hinzu komme, dass Schwingungserregungsvorrichtungen im praktischen Einsatz über sehr lange Leitungen zur [X.] bzw. der [X.] verbunden seien, weshalb ohnehin in der Regel hydraulische Antriebsmotoren für derartige Geräte vorgesehen seien und es sich deshalb empfehle, die komplette Regeleinrichtung hydraulisch zu betreiben ([X.]. 6, [X.] 58 - 63).

bb) Auch können die in der Patentschrift angegebenen Wege zur hydraulischen Verwirklichung des [X.] für den Fachmann, selbst wenn er sich im Team gemeinsam mit einem Elektroingenieur der beanspruchten Problemlösung zuwendet, kein Vorbild für eine Ausführung auf elektrotechnischer Basis bieten. Aus diesem Grunde kann der Elektroingenieur aus den gezeigten hydraulischen Schaltbildern als [X.] auch keine Hinweise auf eine Ausführung mit elektrotechnischen Mitteln entnehmen oder den aufgezeigten Lösungsweg als eine punktuelle Offenbarung oder Ausgestaltung ansehen, welche zugleich die "elektrische Lösung" repräsentiert (hierzu [X.] [X.], 901, [X.]. 36 - Polymerisierbare Zementmischung). Eine Ausführung auf elektrotechnischer Basis bedurfte vielmehr einer eigenständigen technischen Entwicklung aus dem Stand der Technik, wie auch der im Verfahren geführte Schriftwechsel und die Erörterung mit den [X.]en zur Ausführung und Patentfähigkeit einer derartigen Lösung bestätigt hat.

cc) Im Ergebnis ist deshalb festzustellen, dass der geschützte Gegenstand im Patentanspruch 1 [X.] d) durch die generalisierende Formulierung über die dem Fachmann in der Gesamtheit der Unterlagen an die Hand gegebene Lösung hinaus so weit verallgemeinert wird, dass der Patentschutz über den geleisteten Beitrag der Erfindung zum Stand der Technik hinausgeht und die Anforderungen an eine ausführbare Offenbarung der Erfindung nicht erfüllt sind ([X.], a. a. O, [X.]. 28 - Neurale Vorläuferzellen; a. a. O, [X.]. 36 - Polymerisierbare Zementmischung; a. a. O, [X.]. 23 - Thermoplastische Zusammensetzung).

Bei der insoweit gebotenen wertenden Betrachtung kann nach Überzeugung des Senats auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass die vom Gegenstand und Schutzbereich des Patentanspruchs 1 [X.] d) umfasste "elektrische Lösung" nicht nur einer eigenständigen technischen Entwicklung bedurfte, sondern dass dieser Lösung zudem wesentliche wirtschaftliche Bedeutung zukommt, wie der Verletzungsstreit belegt, und dass die Patentinhaberin selbst schon bei Abfassung der [X.] Veranlassung gesehen hat, auf eine derartige technische Lösung hinzuweisen und sie sogar in einem Unteranspruch ausdrücklich als alternative Lösung zu monopolisieren, ohne hierfür jedoch den Beitrag einer ausführbaren Lehre zu erbringen bzw. erbringen zu können.

IV.

Dass der Fachmann die nach Patentanspruch 1 [X.] d) beanspruchte Lehre auch nicht mittels geläufiger Maßnahmen unter zumutbarem Aufwand dem Stand der Technik entnehmen konnte, belegt im Übrigen auch die zwischen den [X.]en auch im Streit stehende Frage der Patentfähigkeit, welche ebenfalls in besonderem Maße die "elektrische Lösung" betrifft. So hätte der Senat eine neuheitsschädliche Vorwegnahme der Erfindung nach Patentanspruch 1 [X.] d) beispielsweise durch die GSKH-11 nicht gesehen, anders als die Klägerin argumentiert hat. Entsprechend der Auslegung des Patentanspruchs 1 [X.] d) sind aus der GSKH-11 bereits die Merkmale 1.2 bis 1.4 nicht bekannt, darüber hinaus ist [X.] der Erfindung - das Merkmal 1.6 - für einen Fachmann nicht offenbart. Denn der in der GSKH-11 lediglich beiläufig offenbarte [X.] mit einstellbarer Amplitude (Patentanspruch 6; Seite 4, Absatz 5) ist nicht weiter ausgebildet und offenbart dem Fachmann bereits nicht, wie eine entsprechende Vorrichtung aufgebaut ist und ob sie eine mechanische ("innere") Kopplung gegebenenfalls aufweist oder nicht.

Auch würde der Fachmann unter Hinzuziehung der GSKH-12 oder der GSKH-15 nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 [X.] d) gelangen, da auch eine dort gegebenenfalls entnehmbare Einspeisung der "Überschussleistung" in einen Zwischenkreis und die Entnahme der erforderlichen Leistung aus diesem nicht unmittelbar entsprechend ("dieselbe Leistung") erfolgt und zudem eine "gleichzeitige" Aufnahme und Abgabe der Leistung nicht gegeben ist. Bei einem Phasenwinkel von 180° (nach Figur 2a, maximale [X.]) wird beim Gegenstand des Streitpatents keine Blindleistung übertragen, während im Falle des jedenfalls ungeregelten elektrischen Zwischenkreises die [X.] I. und II. Art gegebenenfalls jeweils

V.

Damit erweisen sich auch die weiteren angegriffenen Patentansprüche als nicht ausführbar, da sich auch der auf eine Rüttelvorrichtung gerichtete Patentanspruch 53, in welchem nach Merkmal 53.8 ausdrücklich ein gleichzeitiger Leistungsaustausch beansprucht ist, aus den für Patentanspruch 1 [X.] d) genannten Gründen als nicht ausführbar erweist; ebenso wie die angegriffenen abhängigen Patentansprüche, soweit sie nicht bereits von den nicht angegriffenen Patentansprüchen 1 c, 43 und 46 in der Fassung des Urteils 2 Ni 62/98 vom [X.] getragen werden.

VI.

Als Unterlegene hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits gemäß §§ 84 Abs. 2 [X.] i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 99 Abs. 1 [X.], 709 ZP[X.]

Meta

4 Ni 16/11

04.06.2013

Bundespatentgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: Ni

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Urteil vom 04.06.2013, Az. 4 Ni 16/11 (REWIS RS 2013, 5368)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 5368


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. X ZR 88/13

Bundesgerichtshof, X ZR 88/13, 10.11.2015.


Az. 4 Ni 16/11

Bundespatentgericht, 4 Ni 16/11, 04.06.2013.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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