Bundesgerichtshof, Urteil vom 16.11.2020, Az. NotSt (Brfg) 2/19

Senat für Notarsachen | REWIS RS 2020, 1197

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Gegenstand

Disziplinarrechtliche Notarsache: Beurteilungsspielraum des Notars bei der Prüfung eines berechtigten Sicherungsinteresses für eine Hinterlegung von Geld auf einem Notaranderkonto


Leitsatz

1. Dem Notar steht bei der Prüfung der Frage, ob ein berechtigtes Sicherungsinteresse für eine Hinterlegung von Geld auf einem Notaranderkonto besteht, ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu.

2. Dementsprechend kommt ein Einschreiten der Dienstaufsicht nur in eindeutigen Fällen in Betracht, etwa wenn der Notar seinen Beurteilungsspielraum ersichtlich nicht ausgeübt oder überschritten hat oder sich allein von dem nicht berechtigten Wunsch der Beteiligten hat leiten lassen. Der Aufsichtsbehörde ist es verwehrt, ihr eigenes Beurteilungsermessen an die Stelle desjenigen des Notars zu setzen.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Senats für Notarsachen des Kammergerichts vom 14. Mai 2019 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Der Kläger ist seit 1986 als Rechtsanwalt zugelassen. Seit Anfang 1996 ist er Notar mit Amtssitz in Berlin.

2

Nach einer turnusmäßigen Prüfung seiner Amtsgeschäfte Anfang 2017 leitete die Präsidentin des [X.] ein Disziplinarverfahren gegen den Kläger ein. Gegenstand waren Beanstandungen im Zusammenhang mit verschiedenen vom Kläger übernommenen [X.]n.

3

Im Berufungsverfahren geht es noch um folgende Vorgänge:

4

1. Am 21. April 2016 beurkundete der Kläger zu [X.]. 393/2016 einen Vertrag über die Veräußerung einer damals in Abteilung III des Grundbuchs unbelasteten Eigentumswohnung nebst zweier - ebenso [X.] - Stellplätze zum Kaufpreis von insgesamt 780.000 €. Davon war ein "erster Kaufpreisteilbetrag" in Höhe von 50.000 € binnen 14 Tagen seit der Beurkundung auf einem [X.] des [X.] zu hinterlegen. Dieser Betrag sollte im [X.]punkt der (näher konkretisierten) Fälligkeit des - im Übrigen direkt zu zahlenden - [X.] auf ein Konto des Verkäufers gezahlt werden. In § 2 Nr. III Abs. 3 der Vertragsurkunde heißt es weiter:

"Zahlt der Käufer einen Kaufpreisteilbetrag bei jeweiliger Fälligkeit nicht, kann der Verkäufer vom Vertrag zurücktreten, wenn er dem Käufer erfolglos eine Frist von 7 Kalendertagen zur Zahlung bestimmt hat. (…) Sofern der Verkäufer aus diesem Grund vom Vertrag zurücktritt, hat er Anspruch auf einen pauschalen - und abschließenden - Schadensersatz in Höhe von 50.000,00 €. Der Notar wird von den Vertragsparteien - einseitig nicht widerruflich - angewiesen, in diesem Fall die bei ihm hinterlegte Anzahlung an den Verkäufer auszukehren."

5

2. Bereits am 11. Januar 2016 zu [X.]. 52/2016 hatte der Kläger in ähnlicher Weise einen Kaufvertrag über ein mit einem Mehrfamilienhaus bebautes Grundstück zum Preis von 2.150.000 € beurkundet, demzufolge ebenfalls ein "erster Kaufpreisteilbetrag" von 300.000 € auf einem [X.] des [X.] zu hinterlegen war, der bei Fälligkeit auszukehren war und im Fall eines berechtigten Rücktritts der Verkäuferin als pauschaler Schadensersatz verfallen sollte (§ 2 Ziffer [X.] der Vertragsurkunde).

6

3. Am 11. Juli 2016 beurkundete der Kläger zu [X.]. 713/2016 einen Vertrag über den Kauf und die Abtretung eines Gesellschaftsanteils an einer GmbH zu einem Kaufpreis von 4.025.000 €. Auch hier vereinbarten die Parteien die Abwicklung des Vertrags über ein [X.] des [X.]. In § 2 Abs. 2 der Urkunde ist Folgendes geregelt:

"Auf Verlangen des Verkäufers hat der Käufer den Kaufpreis bereits auf dem [X.] mit der Bezeichnung (…) zu treuen Händen des Notars hinterlegt, was der Notar hiermit bestätigt.

Der Notar wird von den Vertragsparteien unwiderruflich angewiesen, den Kaufpreis innerhalb von drei Bankarbeitstagen nach Unterzeichnung dieses [X.]vertrages auf das Konto (…) [Verkäufer] auszuzahlen."

7

Gemäß § 3 der Urkunde sollte die Abtretung des Geschäftsanteils aufschiebend bedingt auf den [X.] vom [X.] (Übertragungsstichtag) erfolgen.

8

4. Ferner beurkundete der Kläger in der [X.] zwischen August und Oktober 2015 im Zusammenhang mit verschiedenen Verträgen über die Veräußerung von Baugrundstücken nebst Miteigentumsanteilen an Gemeinschaftsflächen eine Reihe von - gleichzeitig abgeschlossenen - sogenannten "Erschließungsvereinbarungen" zwischen den Käufern der jeweiligen Grundstücke ("[X.]n") und einer mit der Verkäuferin verbundenen Gesellschaft ("[X.]in"). Darin verpflichtete sich die [X.]in, Maßnahmen zur Erschließung der Baugrundstücke (Verlegung von [X.], Hausanschlussleitungen, Telefonanschluss etc.) gegen ein jeweils vereinbartes Entgelt von 25.000 € zu erbringen. Im Gegenzug hatten die [X.] das für die Baumaßnahmen zu entrichtende Entgelt auf einem [X.] des [X.] zu hinterlegen. Die die Erschließungsverträge betreffenden Urkunden ([X.]. 759/15, 810/15, 894/15, 918/15, 920/15 und 967/15) enthalten jeweils folgende Passage:

"Der Notar belehrt darüber, dass der [X.] auch ohne Hinterlegung des Entgelts auf einem [X.] abgewickelt werden könnte. Weil der [X.] ein besonderes Interesse daran hat, dass die Erschließung seines Baugrundstücks alsbald erfolgt, und der [X.] zur Durchführung der [X.] nur bereit ist, wenn das Entgelt sichergestellt ist, wünschen die Parteien die Abwicklung über ein [X.]."

9

5. Alle aufgeführten Verträge wurden problemlos abgewickelt.

II.

Wegen der dem Kläger angelasteten Dienstpflichtverletzungen - unter anderem wegen des Vorwurfs, Gelder zur Verwahrung entgegen genommen zu haben, ohne dass ein berechtigtes [X.] bestanden habe - erteilte ihm die Präsidentin des [X.] mit Disziplinarverfügung vom 17. April 2018 einen Verweis und verhängte eine Geldbuße von 3.500 €.

Dagegen richtet sich die Anfechtungsklage des [X.], mit der er - soweit im Berufungsverfahren noch von Bedeutung - dem Vorwurf, [X.] ohne berechtigtes [X.] vorgenommen zu haben, entgegentritt.

1. Er hat geltend gemacht, einem Notar stehe bei der Frage, ob im Einzelfall ein berechtigtes [X.] für ein Verwahrungsgeschäft vorliege, ein Beurteilungsspielraum zu, der nicht vollumfänglich überprüfbar sei. [X.] Maßnahmen seien nur dann zulässig, wenn der Notar formularmäßig und ohne berechtigtes [X.] Anderkonten verwende. Seine Standardvertragsmuster sähen jedoch generell Direktzahlungen vor. Eine Anderkontenregelung nehme er stets nur ausnahmsweise aufgrund der von den Parteien genannten besonderen Umstände des Einzelfalls in die Verträge auf. Dies ergebe sich auch aus dem Verhältnis zwischen der Anzahl der [X.] pro Jahr und den angelegten Anderkonten. In der Sache zu [X.]. 393/2016 sei die aus [X.] stammende Verkäuferin, die es aus ihrer Heimat gewohnt gewesen sei, dass die Zahlung bereits bei Vertragsschluss entweder direkt erfolge oder bei einem Treuhänder hinterlegt werde, äußerst misstrauisch gewesen. Die Vertragsparteien seien daher übereingekommen, dass die erste Teilzahlung von 50.000 € zur Sicherung der tatsächlichen Kaufpreiszahlung auf ein [X.] gezahlt werde. Durch den pauschalen Schadensersatz habe die Käuferin gleichfalls dazu angehalten werden sollen, den restlichen Kaufpreis zu zahlen, um die Anzahlung nicht zu verlieren. Ohne die vereinbarte, auf das [X.] zu leistende Teilzahlung wäre die Verkäuferin nicht bereit gewesen, weiteren Kaufinteressenten - die den gesamten Kaufpreis zu hinterlegen bereit gewesen seien - abzusagen. Der dem Kaufvertrag zu [X.]. 52/16 zugrundeliegende Sachverhalt sei [X.] gewesen.

Bei dem [X.] gemäß [X.]. 713/2016 habe sein erster Vertragsentwurf zwar kein [X.] vorgesehen. Die Beteiligten hätten sich jedoch auf die Hinterlegung des Kaufpreises verständigt. Trotz Hinweises auf die Kosten und den nicht erkennbaren Sicherungszweck hätten sie mitgeteilt, die Verkäuferin sei nicht bereit, den Kaufvertrag zu beurkunden, wenn nicht die Käuferin - die mit einem weit unterhalb des Kaufpreises liegenden Stammkapital ausgestattet gewesen sei - zuvor den Kaufpreis hinterlegt hätte.

Die Erschließungsverträge könnten nicht losgelöst von den jeweiligen Grundstückskaufverträgen betrachtet werden. Es sei eine schnellstmögliche Erschließung gewünscht worden, damit die Käufer die Grundstücke hätten bebauen können. Aus diesem Grund hätten auch die Kaufverträge eine Zahlung des Kaufpreises über ein [X.] und eine unmittelbare Übergabe der Grundstücke samt Nutzen- und Lastenübergang am Tag nach vollständiger Kaufpreishinterlegung vorgesehen. Beide Verträge hätten miteinander stehen und fallen sollen. Die grundsätzlich bestehende Endfälligkeit des [X.] nebst der erforderlichen Abnahme der Leistung besagten nichts darüber, ob und wie der Anspruch abgesichert werden dürfe.

2. Das [X.] hat unter Abweisung der weitergehenden Klage die Disziplinarverfügung des Beklagten teilweise dahin abgeändert, dass es die Geldbuße auf 2.000 € herabgesetzt hat. Der Vorwurf, der Kläger hätte Gelder zur Verwahrung entgegengenommen, ohne dass dafür ein berechtigtes [X.] bestanden habe, sei nicht begründet.

3. Mit der von der Vorinstanz zugelassenen Berufung verfolgt der Beklagte seinen Klagabweisungsantrag - soweit er erfolglos geblieben ist - weiter.

Das [X.] habe die den Beurkundungen zu [X.]. 52/2016 und 393/2016 zugrundeliegenden Sachverhalte nicht umfassend gewürdigt. In Bezug auf die Urkunde zu [X.]. 393/2016 habe es den Inhalt eines E-Mail-Schreibens der die Verkäuferin vertretenden Rechtsanwältin vom 3. April 2016 nicht berücksichtigt. Danach sei es der Verkäuferin nur um die Sicherung möglicher Schadensersatzansprüche gegangen und nicht um eine Anzahlung im Sinne einer teilweise vorgezogenen Erfüllung der Kaufpreisschuld. Die Anzahlung sichere zudem nicht die Zug-um-Zug-Abwicklung des Kaufvertrags, sondern allein die Interessen des Verkäufers für den Fall eines vertragswidrigen Verhaltens des Käufers. Das [X.] des Käufers entstehe erst durch das Verlangen des Verkäufers nach einer Anzahlung zur Sicherung von potentiellen Sekundäransprüchen. Bei dem Liegenschaftskaufvertrag zur [X.]. 52/2016 lägen die Dinge nicht anders. Die sogenannte Druckfunktion, die die Anzahlung für den Käufer hinsichtlich weiterer [X.] entfalte, könne die Hinterlegung nicht rechtfertigen.

Im Fall des Geschäftsanteilskauf- und -abtretungsvertrags zur [X.]. 713/2016 hätte die Abwicklung ebenso gut objektiv durch die auf die Kaufpreiszahlung aufschiebend bedingte Abtretung gesichert werden können. Es sei nicht um die sichere Abwicklung der gewollten Transaktion gegangen, sondern allein darum, dem Wunsch der Verkäuferin nach Hinterlegung des Kaufpreises Rechnung zu tragen. Der Aspekt, dass das Stammkapital der - vermutlich erst zur Durchführung des Geschäfts gegründeten - [X.] nicht ausreichend gewesen sei, sei nicht geeignet, die Durchführung des Vertrags als überdurchschnittlich unsicher erscheinen zu lassen. Die Höhe des Stammkapitals besage für sich genommen nichts über die Wahrscheinlichkeit der Kaufpreiszahlung.

Den [X.] habe eine besondere Konstellation zugrunde gelegen. Hätte sich hingegen die Verkäuferin - der der Wertzuwachs zugute gekommen wäre - den Käufern gegenüber selbst zur Erbringung der [X.] verpflichtet, wäre die Makler- und Bauträgerverordnung anwendbar gewesen. Hiernach hätte allenfalls für die letzte Kaufpreisrate ein berechtigtes [X.] bejaht werden können. Erst die Aufspaltung des beabsichtigten Geschäfts in den [X.] und den [X.] habe dazu geführt, dass die Makler- und Bauträgerverordnung nicht anzuwenden gewesen sei. Die Auszahlungsanweisungen trügen den berechtigten [X.]n der [X.] darüber hinaus nicht hinreichend Rechnung. Sie verkürzten - indem sie auf die Fertigstellung und nicht die Abnahme abstellten - deren Rechte für den Fall der nicht mangelfreien Herstellung des Werks.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des [X.]s die Klage gegen die Disziplinarverfügung der Präsidentin des [X.] Berlin vom 17. April 2018 - [X.]/17 - insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Akten des disziplinarrechtlichen Ermittlungsverfahrens sowie der Personalakten nebst [X.] verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung des [X.]n ist nicht begründet. Ein über die vom Kläger der Sache nach akzeptierten Vorwürfe hinausgehender weiterer schuldhafter Pflichtverstoß wegen der Entgegennahme von [X.] zur Verwahrung trotz fehlenden berechtigten [X.]s ist ihm nicht zur Last zu legen.

I.

Das [X.] (veröffentlicht in [X.] 2019, 492) hat - soweit für das Berufungsverfahren von Bedeutung - ausgeführt, bei dem nach objektiven Kriterien zu bestimmenden "berechtigten [X.]" handele es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Voraussetzungen der Notar eigenverantwortlich unter Abwägung der an ihn herangetragenen Wünsche der Beteiligten und einer Prognose der künftigen [X.] im jeweiligen Einzelfall zu prüfen habe. Dabei stehe ihm ein nur eingeschränkt nachprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Entgegen der Auffassung des [X.] seien disziplinarrechtliche Maßnahmen aber nicht auf solche Fälle beschränkt, in denen der Notar die Abwicklung über ein [X.] regelmäßig ohne berechtigtes [X.] vorsehe. Dass nach dem Willen des Gesetzgebers formularmäßige Abwicklungen über [X.] vermieden werden sollten, stehe der Ahndung einer amtspflichtwidrigen Verwahrung im Einzelfall nicht grundsätzlich entgegen. Bei den fraglichen [X.] habe jedoch ein berechtigtes [X.] bestanden. In den Fällen der [X.]. 393/2016 und 52/2016 habe die - jeweils auf das [X.] geleistete - Anzahlung nicht nur der Sicherung eines pauschalierten Schadensersatzanspruchs, sondern auch der Teilerfüllung der Hauptleistungspflicht des jeweiligen Käufers gedient. Es könne daher offengelassen werden, ob auch die Sicherung von [X.] die Verwahrung hätte rechtfertigen können. Nur für den Fall des Rücktritts des jeweiligen Verkäufers wegen nicht rechtzeitiger Zahlung des Kaufpreises habe nach erfolgloser Nachfristsetzung ein pauschalierter Schadensersatzanspruch entstehen sollen. Hätte der Vertrag hingegen aus von dem Verkäufer zu vertretenden Gründen nicht durchgeführt werden können, wäre dem jeweiligen Käufer ein - anderenfalls ungesicherter - Anspruch auf Rückzahlung der Anzahlung entstanden. Es sei daher naheliegend gewesen, die Hinterlegung der Anzahlung auf dem Anderkonto des [X.] vorzusehen. Ein berechtigtes [X.] im Zusammenhang mit dem [X.] zu [X.]. 713/2016 habe in dem - durch die geringe Kapitalausstattung der Erwerberin - begründeten Risiko gelegen, dass der Vertrag letztlich doch nicht durchgeführt werde. Dem Kläger könne auch in Bezug auf die von ihm beurkundeten Erschließungsvereinbarungen nicht vorgeworfen werden, dass kein berechtigtes [X.] für die Verwahrung der jeweiligen [X.] bestanden habe. Durch die Sicherheit werde die Vorleistungspflicht des Werkunternehmers nicht berührt. Der Kläger habe davon ausgehen dürfen, dass die gesetzlichen Regelungen dem [X.] der Erschließungsgeberin nur unvollkommen entsprochen hätten. Auch die dem Kläger erteilten Auszahlungsanweisungen wi[X.]prächen nicht dem gesetzlichen Leitbild des Werkvertrags.

[X.].

Diese Ausführungen halten einer Überprüfung im Ergebnis stand. Ein Dienstvergehen (§ 95 [X.]), das - zusammen mit den weiteren der Sache nach nicht angegriffenen Pflichtverletzungen - eine höhere Geldbuße als 2.000 € rechtfertigen würde, liegt nicht vor.

1. Nach § 54a Abs. 2 Nr. 1 [X.] (in der Fassung des [X.] und anderer Gesetze vom 31. August 1998, [X.] I S. 2585, 2595 [a.F.]; jetzt [inhaltlich unverändert] § 57 Abs. 2 Nr. 1 [X.], eingefügt durch Art. 2 Nr. 17 des [X.] und zur Einrichtung des elektronischen Urkundenarchivs bei der [X.] sowie zur Änderung weiterer Gesetze vom 1. Juni 2017, [X.] I S. 1396, 1407 [n.F.]) darf der Notar Geld zur Verwahrung nur entgegennehmen, wenn hierfür ein berechtigtes [X.] der am Verwahrungsgeschäft beteiligten Personen besteht. Hierdurch sollte einer "formularmäßig" vorgesehenen - kostenpflichtigen - Verwahrung entgegengewirkt und die Zahl der [X.] reduziert werden (Begründung des Entwurfs des [X.] und anderer Gesetze vom 21. März 1996, [X.]. 13/4184, S. 37 f; [X.] in [X.] 2008, 142 mwN; [X.] in [X.]/[X.]/[X.] [X.], 8. Aufl., § 23 Rn. 49). Bis zum Erlass dieser Regelung bestand vor allem im norddeutschen Raum eine weit verbreitete, aber beträchtlichen Haftungsrisiken unterliegende Praxis, [X.] unterschiedslos über [X.] abzuwickeln. Dies sollte unterbunden und die direkte Abwicklung als Standardmodell implementiert werden (vgl. zB BNotK - Rundschreiben 1/1996 vom 11. Januar 1996 [zum Regierungsentwurf der später in [X.] getretenen Textfassung des § 54a [X.]], abgedruckt bei [X.]/Gassen/[X.], [X.], 13. Aufl., Anhang 5; bestätigt durch Rundschreiben 31/2000 vom 4. September 2000; vgl. auch Verlautbarung der [X.] und des Präsidenten des [X.], u.a. abgedruckt in [X.], 137 f; [X.], [X.] 2011, 367, 371; [X.], BeckRS 2014, 16741 Rn. 101; [X.] aaO S. 145; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 57 Rn. 5). Die Frage des berechtigten [X.]s ist daher vor allem beim Grundstückskauf von Bedeutung, kann sich aber auch in anderen Konstellationen stellen ([X.] in [X.]/[X.], Bundesnotarordnung, 5. Aufl., § 57 [X.] Rn. 23; [X.] aaO).

a) Ob ein berechtigtes [X.] besteht, ist nach objektiven Kriterien zu bestimmen ([X.]. 13/4184 aaO; [X.] aaO; [X.] aaO Rn. 6; [X.]. in [X.]/[X.]/[X.], Handbuch der [X.], 4. Aufl., Rn. 1569; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.] und Dienstordnung für Notarinnen und Notare, 8. Aufl., § 57 [X.] Rn. 9; [X.], [X.], 419; jeweils mwN; abweichend: [X.], [X.], 605; Tröder, [X.], 462 f; [X.], [X.] 1999, 393, 395). Es steht mithin nicht zur Disposition der Beteiligten ([X.] in [X.]/[X.]/[X.] aaO).

Ein berechtigtes [X.] ist anzunehmen, wenn eine Absicherung der Beteiligten allein durch die notarielle Verwahrung gewährleistet ist oder diese gegenüber der Direktzahlung zumindest deutlich erleichtert, die Verwahrung mithin ein "Plus an Sicherheit" bietet (vgl. zB [X.] in [X.]/[X.] aaO Rn. 7; [X.]. in [X.]/[X.]/[X.] aaO Rn. 1568; [X.] in [X.]/[X.]/[X.] aaO § 57 [X.] Rn. 10). Dies ist etwa der Fall, wenn bei einer direkten Abwicklung eine Absicherung der Beteiligten nur durch Gewährung von Sicherheiten außerhalb des Vertragsobjekts oder durch Einschaltung eines anderen Treuhän[X.] möglich wäre ([X.] in [X.]/[X.]/[X.] aaO). Das [X.] fehlt, wenn das Geschäft ebenso gut ohne die Einschaltung eines Notars im Wege der Direktzahlung abgewickelt werden könnte ([X.]. 13/4184 aaO; [X.] aaO sowie BeckRS 2010, 22387, unter [X.] 2a; [X.] jeweils aaO; [X.], [X.], 19. Aufl., § 57 Rn. 10; [X.] aaO). Der demgegenüber vertretenen Auffassung, eine Abwicklung über ein [X.] sei auch dann zulässig, wenn es eine nur "gleichwertige Sicherheit" biete (etwa [X.] aaO; allgemein kritisch zur Direktzahlung [X.] aaO S. 606), ist schon deswegen nicht zu folgen, weil anderenfalls dem Anliegen des Gesetzgebers, die Zahl der [X.] zu reduzieren, nicht hinreichend Rechnung getragen werden würde.

Allein der einvernehmliche Wunsch der Beteiligten nach einer Verwahrung genügt daher nicht (so auch Verlautbarung der [X.] und des Präsidenten des [X.] aaO; Handreichung der [X.] zur ordnungsgemäßen Durchführung von [X.]n gemäß §§ 54a - 54e [X.], Stand: Mai 2002; [X.] in [X.]/[X.] aaO Rn. 6; [X.]. in [X.]/[X.]/[X.] aaO; [X.] aaO; [X.], in [X.], [X.], [X.], § 57 Rn. 7; [X.] in Kilian/[X.], [X.], 3. Aufl., § 13 Rn. 17; [X.] in [X.] 1999, 381, 384; [X.], [X.], 5. Aufl., § 54a Rn. 2; abweichend zB [X.] aaO; einschränkend auch [X.] aaO Rn. 5 f; Blaeschke, [X.] 2005, 330, 349). Dies schließt indessen nicht von vornherein aus, dass bei der Bestimmung des objektiven [X.]s auch subjektive Elemente (etwa Geschäftsungewandtheit, Alter, Krankheit oder Ortsabwesenheit) eine Rolle spielen können (vgl. Handreichung der [X.] aaO; [X.] aaO Rn. 8).

b) Ein berechtigtes [X.] an einer Verwahrung ist unter Berücksichtigung dieser Grundsätze in Anlehnung an die von der [X.] (Rundschreiben 1/1996) und einigen [X.] ([X.] aaO; [X.] aaO) entwickelten Fallgruppen, denen sich auch die Vertreter der Literatur (vgl. zB [X.] aaO Rn. 53; [X.] aaO Rn. 14; [X.] in [X.]/[X.] aaO Rn. 9 ff; [X.] aaO Rn. 13 ff) und die obergerichtliche Rechtsprechung (vgl. [X.] 2005, 430, 431; [X.] 2005, 428, 429) - von Abweichungen im Detail abgesehen - im Wesentlichen angeschlossen haben, in folgenden (nicht abschließenden) Konstellationen regelmäßig zu bejahen: Verringerung des Vorleistungsrisikos einer Vertragspartei, Sicherung einer Mehrheit von Grundpfandgläubigern, die zu einer Abstimmung untereinander nicht bereit sind, freihändige Veräußerung eines Grundstücks während eines Zwangsversteigerungsverfahrens, Einbehalt eines Teils der Gegenleistung als Sicherheit oder Fälle, in denen von vornherein Probleme bei der Abwicklung, verbunden mit der Gefahr des Scheiterns des Vertrags, zu erwarten sind (vgl. zB Handreichung der [X.] aaO; Verlautbarung der [X.] und des Präsidenten des [X.] aaO; [X.] aaO S. 388 ff; [X.]. in [X.] 1990, 615 ff, 621; [X.] aaO Rn. 16 ff; [X.] aaO Rn. 12 ff; [X.] in [X.]/[X.]/[X.] aaO Rn. 14).

Demgegenüber rechtfertigen die typischerweise bei der Abwicklung eines jeden ([X.] bestehenden allgemeinen Risiken regelmäßig keine notarielle Verwahrung (vgl. zB [X.] aaO Rn. 13). Beim Grundstückskaufvertrag wird ein [X.] daher grundsätzlich zu verneinen sein, wenn das verkaufte Grundstück lastenfrei ist, die Belastungen vom Käufer übernommen oder sie vom Verkäufer mit eigenen Mitteln zur Löschung gebracht werden, wenn der Käufer den Kaufpreis aus eigenen Mitteln aufbringen kann oder nur ein finanzierender und/oder ein abzulösender Gläubiger vorhanden ist (vgl. zB BNotK, Rundschreiben 1/1996 aaO [X.], [X.], [X.] 1999 S. 386 f; [X.] aaO Rn. 54; [X.] in [X.]/[X.]/[X.] aaO Rn. 1590).

c) Fehlt ein berechtigtes [X.] hat der Notar die Amtspflicht, die Verwahrungstätigkeit abzulehnen ([X.] aaO S. 383; [X.] aaO Rn. 10; an[X.] zB [X.] aaO Rn. 5 f).

Allerdings steht dem Notar bei der Auslegung des Begriffs des "berechtigten [X.]" - ein unbestimmter Rechtsbegriff (vgl. zB [X.] aaO Rn. 52; [X.] in [X.]/[X.]/[X.] aaO Rn. 10) - ein aufgrund der sachlichen Unabhängigkeit seiner Amtsführung (§ 1 [X.]) von der Dienstaufsicht nur beschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu (vgl. Senat, Beschlüsse vom 14. Dezember 1992 - [X.] 3/91, [X.] 1993, 465, 467 und vom 13. Dezember 1971 - [X.] 2/71, [X.], 351, 354; [X.], [X.] 2011 S. 371; [X.], aaO, § 57 [X.] Rn. 8; [X.] aaO Rn. 22; [X.] aaO). Insoweit hat er in jedem Einzelfall die vorhandenen Interessen abzuwägen und zu bewerten sowie eine Prognose der künftigen [X.] vorzunehmen (vgl. [X.], [X.] 2000, 164, 166; [X.] aaO). Da die in der Praxis auftretenden Konstellationen und die möglichen Motive für die gewählte Vertragsgestaltung ganz unterschiedlich sein können, darf die Dienstaufsicht einen Verstoß gegen § 54a Abs. 2 Nr. 1 [X.] a.F./§ 57 Abs. 2 Nr. 1 [X.] n.F. nur in eindeutigen Fällen beanstanden ([X.], [X.] 2008 S.145, [X.]. in [X.]/[X.]/[X.] aaO Rn. 22; [X.] aaO S. 167; [X.] aaO). Ein Pflichtverstoß wird vor allem - aber nicht ausschließlich - dann in Betracht zu ziehen sein, wenn sich Anzeichen für eine formularmäßig systematische Vorgehensweise wegen einer atypisch häufig vorkommenden Verwahrungstätigkeit ergeben (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/[X.] aaO Rn. 1571; [X.]. in [X.]/[X.] aaO Rn. 8) oder es sich um eine sonstige eindeutige Fallgestaltung handelt, in der eine Verwahrung keine bessere Absicherung der Beteiligten bedeutet. Solche Umstände werden üblicherweise nahelegen, dass der Notar den ihm zukommenden Beurteilungsspielraum nicht genutzt oder ihn überschritten hat. Der Aufsichtsbehörde ist es aber verwehrt, ihr eigenes Beurteilungsermessen an die Stelle desjenigen des Notars zu setzen (Rack, [X.] 2008, 474, 478). Hat der - mit dem Einzelfall und den Beteiligten vertraute - Notar daher auf der Basis einer von ihm vorgenommenen Risikoprognose das Vorliegen eines berechtigten [X.]s bejaht, ist ein rational nachvollziehbares Ergebnis als Ausdruck notarieller Unabhängigkeit zu akzeptieren (vgl. auch [X.] vom 4. September 2000; Verlautbarung der [X.] und des Präsidenten des [X.], aaO S. 137; Rack aaO). Selbst wenn ein Fall vorliegt, in dem normalerweise eine Abwicklung ohne [X.] angezeigt ist, kann daher nicht von vornherein unterstellt werden, der Notar habe keine - seinem Beurteilungsspielraum unterfallende - Prüfung vorgenommen ([X.] aaO).

Entgegen der Auffassung des [X.] wird es dem eindeutigen Wortlaut und dem Sinn und Zweck der Vorschrift des § 54a Abs. 2 Nr. 1 [X.] a.F. (§ 57 Abs. 2 Nr. 1 [X.] n.F.) jedoch nicht gerecht, die Annahme eines Dienstvergehens allein auf die Fälle zu beschränken, in denen der betroffene Notar in seiner Praxis eine standardisierte ("formularmäßige") Einrichtung von [X.] bei der Abwicklung von ([X.] vornimmt. Dies würde zudem die Gefahr in sich bergen, dass die gebotene Beurteilung des Einzelfalls - ungeachtet der ohnehin bestehenden [X.] - durch eine abstrakte Betrachtung der Anzahl der [X.] ersetzt werden würde.

2. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann dem Kläger im Ergebnis ein disziplinarrechtlicher Vorwurf nicht gemacht werden.

Anhaltspunkte für eine systematische Verwendung von [X.] lassen sich in Bezug auf das vom Kläger geführte Notariat - mit einem regelmäßigen Geschäftsanfall von mehr als 1.000 Urkunden pro Jahr - nicht feststellen. Die beanstandeten [X.] betreffen im Verhältnis zu dem gesamten Geschäftsvolumen des [X.] nur wenige Fälle, in denen zudem streitig ist, ob der Kläger das berechtigte [X.] der Beteiligten zu Recht bejaht hat oder nicht. Aber auch die - drei unterschiedliche Konstellationen betreffenden - konkret beanstandeten Fälle lassen keine eindeutigen beziehungsweise keine schuldhaften Verstöße gegen das Erfordernis des berechtigten [X.]s erkennen.

a) [X.] ([X.]n. 393/2016 und 52/2016):

aa) Der der Beurkundung vom 21. April 2016 ([X.]. 393/2016) zugrundeliegende Sachverhalt zeichnete sich dadurch aus, dass die verkaufte Eigentumswohnung - ebenso wie die Stellplätze - in Abteilung [X.]I des Grundbuchs lastenfrei war. Bei dieser Konstellation stand nach den oben aufgezeigten Grundsätzen der direkten Abwicklung des Kaufvertrags an sich nichts im Wege. Allerdings hatten die Beteiligten eine - binnen einer Frist von 14 Tagen nach der Beurkundung zu leistende und damit von der Eintragung der Auflassungsvormerkung unabhängige - Anzahlung der Käuferin auf den Kaufpreis vereinbart, weshalb insoweit für die Käuferin zumindest zeitweilig die Gefahr einer ungesicherten Vorleistung bestand (vgl. dazu auch [X.], [X.] 2008, [X.]). Wie das [X.] zu Recht angenommen hat, erfolgte die Verwahrung daher ungeachtet des Wunsches der Verkäuferin, zugleich eine etwaige zukünftige Schadensersatzforderung abzusichern, gerade auch zugunsten der Käuferin. Eine solche Anzahlung zu vereinbaren, stand zur Disposition der Beteiligten. Dass es sich dabei im Ergebnis um ein - rechtlich zulässiges - wirtschaftliches Druckmittel des Verkäufers handelte, das den Käufer zu ordnungsgemäßer Vertragserfüllung anhalten sollte, stand der Hinterlegung nicht entgegen, sondern begründete gerade ein Interesse daran.

Die Vorinstanz hat insoweit zu Recht offengelassen, ob die Sicherung etwaiger Sekundäransprüche ein berechtigtes Interesse an einer notariellen Verwahrung begründen kann. Dass die Klausel - wie der [X.] behauptet - tatsächlich nicht der Sicherung der Anzahlung auf die Kaufpreisschuld, sondern allein des (pauschalisierten) Schadensersatzanspruchs zugunsten der Verkäuferin dienen sollte, lässt sich auch unter Berücksichtigung des in Bezug genommenen [X.] nicht feststellen. Dagegen spricht nicht nur die Bezeichnung der zu hinterlegenden Anzahlung als "erster Kaufpreisteilbetrag", sondern auch, dass das Interesse der [X.] üblicherweise vorrangig auf eine erfolgreiche Abwicklung des geschlossenen Vertrages gerichtet sein wird. Soweit in dem E-Mail-Schreiben der die Verkäuferin vertretenden Rechtsanwältin vom 3. April 2016 der Wunsch formuliert worden ist, im Fall der nicht ordnungsgemäßen Vertragserfüllung möglicherweise entstehende Schäden durch die Hinterlegung der ersten Kaufpreisrate abzusichern, steht dies dem gleichzeitigen Bedürfnis der Beteiligten - insbesondere der Käuferin -, die Anzahlung abzusichern, nicht entgegen. Im Übrigen hat die Käuferin - selbst wenn es der Verkäuferin subjektiv nur um den Schadensersatzanspruch gegangen wäre - objektiv auf den Kaufpreis gezahlt.

Der Frage, ob die Verwendung der Vertragsklausel durch den Kläger, soweit sie auch der Sicherung einer pauschalen Schadensersatzleistung in beträchtlicher Höhe für den Fall des Rücktritts des Verkäufers wegen Zahlungsverzugs des Käufers diente, eine Verletzung seiner Amtspflichten aus § 17 Abs. 1 [X.], § 14 Abs. 2 und 3 [X.] begründete, braucht der Senat nicht weiter nachzugehen. Denn solche Verstöße sind nicht Gegenstand der angefochtenen Disziplinarverfügung.

bb) Der Hinterlegung der Anzahlung im Zusammenhang mit dem Geschäft zu [X.]. 52/2016 vom 11. Januar 2016 über ein in [X.] belegenes und mit einem Mehrfamilienhaus bebautes Grundstück zum Kaufpreis von 2.150.000 € lag ein vergleichbarer Sachverhalt zugrunde, für den die vorstehenden Erwägungen entsprechend gelten.

cc) Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger unabhängig von der konkreten Situation bei der Beurkundung ähnlicher Verträge regelmäßig und ohne Einzelfallprüfung entsprechende Anzahlungsklauseln nebst Hinterlegung vorgesehen hat, was die Gefahr der systematischen Begünstigung von institutionellen Verkäufern gegenüber den - häufig in einer schlechteren Verhandlungsposition befindlichen - (nicht gewerblichen) Käufern, die auf diese Weise von der Rückabwicklung eines Vertrages abgehalten werden könnten, in sich bergen könnte, gibt es nicht.

b) Gesellschaftsanteilskaufvertrag ([X.]. 713/2016):

In Bezug auf den Anteilskauf- und -abtretungsvertrag über einen Gesellschaftsanteil an einer GmbH zum Preis von rund 4 Mio. € war - ungeachtet grundsätzlich bestehender Zweifel - die Annahme eines objektiv berechtigten [X.]s an der Hinterlegung des Kaufpreises auf der Grundlage nachfolgender Umstände von dem Beurteilungsspielraum des [X.] gedeckt: Die Kaufvertragsverhandlungen hatten sich - wie auch den Handakten zu entnehmen ist - über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr hingezogen. Für den Unternehmenskauf gab es mehrere Interessenten. Das Stammkapital der Käufergesellschaft lag deutlich unter dem Kaufpreis. Eine Finanzierungszusage einer Bank gab es nicht.

Ein eindeutiger Verstoß, der ein Einschreiten der Dienstaufsicht geboten hätte, ergibt sich trotz des in § 3 des [X.]es vereinbarten durch die Kaufpreiszahlung aufschiebend bedingten Übergangs der Gesellschaftsanteile vor diesem Hintergrund nicht. Der [X.] bestreitet diesbezüglich zu Unrecht, dass der Verkäufer unter den geschilderten Umständen nicht bereit war, den [X.] abzuschließen. Dieses - in der gegebenen Situation nachvollziehbare - Verlangen ergibt sich schon aus dem Urkundeninhalt (§ 2 Abs. 2 der Urkunde: "Auf Verlangen des Verkäufers hat der Käufer den Kaufpreis <…> bereits hinterlegt <…>"). Wenn der Kläger unter Berücksichtigung dieser konkreten Einzelfallumstände eine gesteigerte Gefahr des Scheiterns des Vertrages bejaht hat, ist dies ausnahmsweise nicht zu beanstanden. In einem solchen Fall kann sich die subjektive Weigerung eines [X.] zu einem objektiven [X.] verdichten, etwa wenn - trotz entsprechender Belehrung - kein Vertragsschluss möglich ist, weil der Beteiligte vermeintliche Gefahren sieht (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/[X.] aaO Rn. 1587). Dass die Dienstaufsicht die Sach- und Rechtslage nunmehr an[X.] bewertet als der Kläger, macht sein Vorgehen nicht dienstpflichtwidrig.

Die vor Vertragsschluss und damit ohne [X.] erfolgte Entgegennahme von [X.], die von dem [X.]n mit der Disziplinarverfügung ebenfalls beanstandet worden ist (Masse 20/2016), ist hingegen nicht mehr Teil des Berufungsverfahrens.

c) Erschließungsvereinbarungen ([X.]. 759/15, 810/15, 894/15, 918/15, 920/15 und 967/15):

Es kann im Ergebnis offenbleiben, ob die Bejahung eines berechtigten [X.]s auch in diesen Fällen vom Beurteilungsspielraum des [X.] gedeckt war. Jedenfalls kann dem Kläger insoweit ein Verschulden nicht zur Last gelegt werden.

aa) Die - jeweils gleichzeitig mit den dazu gehörigen [X.]n - beurkundeten Erschließungsvereinbarungen wiesen die Besonderheit auf, dass die [X.] nicht von der Verkäuferin, sondern von einer mit ihr zwar verbundenen, aber nicht identischen Gesellschaft (Erschließungsgeberin) erbracht werden sollten. Da die formelle Planreife (§ 33 Abs. 1 Nr. 1 BauGB) zwar erwartet wurde, aber noch ausstand, war den Käufern unter bestimmten Voraussetzungen ein Rücktrittsrecht gegenüber der Verkäuferin eingeräumt worden. Von dem Bestand des jeweiligen Kaufvertrages sollten auch die damit korrespondierenden Erschließungsvereinbarungen abhängen. Bis zu einer - noch nicht absehbaren - Eintragung der Käufer als Eigentümer kamen die [X.] ausschließlich der Verkäuferin zugute. Die Erschließungsnehmer, denen der Besitz an dem jeweiligen Grundstück zum Zwecke des Baubeginns vorzeitig übergeben werden sollte, waren gleichwohl an einer alsbaldigen Erschließung der Baugrundstücke interessiert.

bb) In dieser Situation war es grundsätzlich nachvollziehbar, dass die Erschließungsgeberin das mit ihrer Vorleistungspflicht (§ 631 Abs. 1, § 641 BGB) verbundene Risiko, das vereinbarte Entgelt nicht zu erhalten, absichern wollte, zumal sie, solange die Erschließungsnehmer nicht Eigentümer des jeweiligen Grundstücks waren, von diesen weder - jedenfalls nach damaliger Gesetzeslage einen Wertzuwachs beim Auftraggeber erfordernde - Abschlagszahlungen (§ 632a BGB in der bis 31. Dezember 2017 gültigen Fassung gemäß Art. 1 Nr. 2 des [X.] von [X.] und zur verbesserten Durchsetzung von Forderungen vom 23. Oktober 2008, [X.] I S. 2022) noch die Einräumung einer Sicherungshypothek gemäß § 648 Abs. 1 BGB (in der bis 31. Dezember 2017 gültigen Bekanntmachung der Neufassung des Bürgerlichen Gesetzbuchs vom 2. Januar 2002; jetzt: § 650e BGB in der Fassung des [X.], zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung, zur Stärkung des zivilprozessualen Rechtsschutzes und zum maschinellen Siegel im Grundbuch- und Schiffsregisterverfahren vom 28. April 2017, [X.] I S. 969) an dem Baugrundstück verlangen konnte.

cc) Ob Bedenken gegen die materiell-rechtliche Wirksamkeit der Klauseln bestehen und ihre Verwendung durch den Kläger etwaig einen Verstoß gegen seine sich aus § 17 Abs. 1 [X.], § 14 Abs. 2 [X.] ergebenden Amtspflichten darstellte, betrifft eine andere - dem Verwahrungsgeschäft vorgelagerte - Fragestellung.

Der [X.] macht insoweit nunmehr einen Verstoß gegen § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB geltend, weil die verwendeten Klauseln mit den wesentlichen Grundgedanken des Werkvertragsrechts - insbesondere der Vorleistungspflicht des Werkunternehmers - nicht in Einklang stünden. Ist eine Klausel unwirksam, muss der Notar die Beurkundung des Vertrages jedenfalls dann ablehnen, wenn er dies eindeutig erkennen kann (vgl. [X.] aaO § 14 Rn. 122). Eine solche unwirksame Klausel beurkundet zu haben, war jedoch nicht Gegenstand des disziplinarrechtlichen Vorwurfs in der angefochtenen Verfügung.

Es kann daher dahinstehen, ob es sich bei den in allen Erschließungsvereinbarungen verwendeten Klauseln um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelte (vgl. dazu zB [X.] aaO Rn. 114) und ob die Klauseln die Erschließungsnehmer als Verbraucher unangemessen benachteiligten oder möglicherweise ein Umgehungsgeschäft im Sinne von § 306a BGB - bezogen auf das Leistungsverweigerungsrecht aus § 320 BGB (vgl. dazu etwa [X.], Urteil vom 11. Oktober 1984 - V[X.] ZR 248/83, NJW 1985, 852 unter d) oder wegen einer künstlichen Aufspaltung eines anderenfalls als Bauträgervertrag zu bewertenden Geschäfts - vorlag.

Selbst wenn die Klauseln über die Hinterlegung aus materiell-rechtlichen Gründen unwirksam wären und man deswegen ein berechtigtes [X.] an einer darauf beruhenden Verwahrung verneinen wollte, würde sich insoweit nur ein bereits auf [X.] des [X.] begangener Fehler fortsetzen, dem in Bezug auf das dem Vollzug dienende - und insoweit akzessorische - Verwahrungsgeschäft kein eigenständiges disziplinarisches Gewicht mehr zukäme.

dd) Ob unabhängig von vorstehenden Erwägungen die oben beschriebene Interessenlage der Beteiligten die Annahme eines berechtigten [X.]s unter Berücksichtigung des dem Kläger zustehenden [X.] rechtfertigte, braucht ebenfalls nicht abschließend entschieden werden. Denn jedenfalls wäre dem Kläger insoweit ein Verschulden nicht vorzuwerfen.

Die Rechtsanwendung durch den Notar bei der Auslegung einer Rechtsvorschrift - wie der des § 54a Abs. 2 Nr. 1 [X.] a.F./§ 57 Abs. 2 Nr. 1 [X.] n.F. - fällt in den Schutz der Unabhängigkeit des Amts. Daher darf der Vorwurf einer schuldhaften Amtspflichtverletzung nicht bereits deshalb erhoben werden, weil ein Gericht - oder wie hier die Dienstaufsicht - eine andere Ansicht vertreten hat (vgl. Senat, Beschluss vom 20. Juli 2015 - [X.]([X.]) 3/15, [X.] 2016, 72 Rn. 19). Bei einer lediglich fehlerhaften Rechtsanwendung darf die Dienstaufsicht erst dann einschreiten, wenn dem Notar eine schuldhafte Pflichtverletzung vorgeworfen werden kann (Senat, Beschluss vom 13. Dezember 1971, [X.] 2/71, [X.], 351, 354). Es fehlt an einem Verschulden des Notars, wenn die von ihm vorgenommene Gesetzesauslegung zwar möglicherweise objektiv unrichtig, aber nach gewissenhafter Prüfung der zu Gebote stehenden Hilfsmittel auf vernünftige Erwägungen gestützt ist. Dies ist etwa dann der Fall, wenn es sich um eine Bestimmung handelt, die für die Auslegung Zweifel in sich trägt und bei der die Zweifelsfragen noch nicht ausgetragen sind (vgl. Senat, Beschluss vom 20. Juli 2015 aaO; siehe auch Senat, Beschluss vom 13. Dezember 1971 aaO S. 355).

Die Übernahme der jeweiligen [X.] durch den Kläger war jedoch - wie die obige Erörterung zeigt - von vernünftigen Erwägungen getragen. Dass die Auslegung der Vorschrift des § 54a Abs. 2 Nr. 2 [X.] a.F./§ 57 Abs. 2 Nr. 2 [X.] n.F. - von eindeutigen Ausnahmefällen abgesehen - (einzelfallabhängige) Zweifel beinhaltet, ergibt sich schon aus der von der Einschätzung der Dienstaufsicht abweichenden Bewertung der Diensthandlungen des [X.] durch den mit zwei Berufsrichtern und einem Notar besetzten fachkundigen Senat für Notarsachen des [X.]s, der die Beurteilung des [X.]s durch den Kläger gebilligt und sein Vorgehen als amtspflichtgemäß erachtet hat. Der Begriff des "berechtigen [X.]s" hat bisher noch wenig Ausformung durch die Rechtsprechung erfahren, woran der Kläger sich hätte orientieren können. Eindeutige Judikate zu vergleichbaren Fallgestaltungen wie denjenigen, die den Beurkundungen des [X.] zugrunde lagen, gab es nicht. Auch die von der [X.] und den [X.] entwickelten und in der Literatur diskutierten Fallgruppen boten keine eindeutige, in eine bestimmte Richtung weisende Entscheidungshilfe für die Einschätzung des berechtigten [X.]s in den hier gegebenen Konstellationen, sondern ließen Raum für die vom Kläger vorgenommene Einzelfallbewertung.

ee) Die Gestaltung der Auszahlungsvoraussetzungen (vgl. § 54a Abs. 2 Nr. 2 [X.] a.F., § 57 Abs. 2 Nr. 2 [X.] n.F.) in der [X.], die der [X.] beanstandet, betrifft schließlich wiederum eine von dem Vorliegen eines berechtigten [X.]s zu unterscheidende Frage, die ebenfalls nicht Gegenstand der angefochtenen Disziplinarverfügung war.

[X.]I.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 109 [X.], § 96 Abs. 1 [X.], § 77 [X.], § 154 Abs. 2 VwGO. Eine Streitwertentscheidung ist nicht veranlasst (vgl. Senat, Beschluss vom 28. August 2019 - [X.]([X.]) 1/18, juris Rn. 134, insoweit nicht abgedruckt in [X.]Z 223, 335; BVerwG NVwZ-RR 2010, 166; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 78 Rn. 3).

Herrmann     

      

Roloff     

      

Böttcher

      

Brose-Preuß     

      

[X.]     

      

Meta

NotSt (Brfg) 2/19

16.11.2020

Bundesgerichtshof Senat für Notarsachen

Urteil

Sachgebiet: False

vorgehend KG Berlin, 14. Mai 2019, Az: Not 6/18, Urteil

§ 54a Abs 2 Nr 1 BeurkG vom 31.08.1998, § 57 Abs 2 Nr 1 BeurkG vom 01.06.2017

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 16.11.2020, Az. NotSt (Brfg) 2/19 (REWIS RS 2020, 1197)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 1197

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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