Bundessozialgericht, Urteil vom 27.06.2019, Az. B 5 R 36/17 R

5. Senat | REWIS RS 2019, 6005

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung - Witwe mit Wohnsitz in Polen seit 1982 - Zuständigkeit des polnischen Versicherungsträgers für die rentenrechtliche Berücksichtigung von vor dem 1.1.1991 zurückgelegten Versicherungszeiten


Leitsatz

Nach dem übereinstimmenden Verständnis der Vertragspartner der deutsch-polnischen Sozialversicherungsabkommen (juris: RV/UVAbk POL und SozSichAbk POL) entsprechend der Wiener Vertragsrechtskonvention (juris: VtrRKonv) ist für die rentenrechtliche Berücksichtigung von vor dem 1.1.1991 zurückgelegten Versicherungszeiten der polnische Versicherungsträger zuständig, wenn eine Hinterbliebene vor dem 1.1.1991 ihren Wohnsitz in Polen hatte und weiterhin dort ansässig ist.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des [X.] vom 6. Dezember 2017 und des [X.] (Oder) vom 1. März 2017 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander in allen Rechtszügen keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt eine höhere Witwenrente. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob das [X.] Sozialversicherungsabkommen von 1975 ([X.] 1975) Anwendung findet.

2

Die Klägerin ist 1949 geboren und [X.] Staatsangehörige. Sie ist keine anerkannte Vertriebene/Spätaussiedlerin und lebt nach einem Aufenthalt in der [X.] seit 1982 durchgehend in [X.].

3

Sie ist die Witwe des 1935 geborenen und 2015 verstorbenen [X.] (Versicherter). Dieser legte vom [X.] bis 25.11.1963 Versicherungszeiten nach [X.]m Rentenrecht zurück. Am [X.] reiste er als anerkannter Vertriebener/Spätaussiedler in die [X.] ein und erwarb ab dem 10.10.1966 Pflichtbeitragszeiten zur gesetzlichen Rentenversicherung. Vom [X.] bis 31.8.1984 legte der Versicherte erneut Beitragszeiten in [X.] zurück. Ab dem 1.9.1984 lebte und arbeitete er erneut in [X.]. Seit dem 1.1.1996 bezog er eine Altersrente, bei deren Berechnung das [X.] 1975 Anwendung fand. Nach seiner Rückkehr nach [X.] im November 2004 wurde der Altersrentenanspruch des Versicherten ab 1.12.2005 neu festgestellt (Bescheid vom 4.11.2005). Grundlage für die Neuberechnung war nunmehr die [X.] 1408/71.

4

Auf ihren Antrag bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom [X.] ab 1.9.2015 eine Witwenrente iHv 37,35 Euro. Der Berechnung zugrunde gelegt wurden ausschließlich die nach dem 31.12.1990 zurückgelegten [X.] Beitragszeiten. Die Abgeltung der vor dem [X.] liegenden [X.] Zeiten obliege dem [X.]n Versicherungsträger. Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit bestandskräftigem Widerspruchsbescheid vom [X.] zurück. Um eine Rentenleistung unter Anwendung des [X.] 1975 aus der [X.] Rentenversicherung erhalten zu können, müssten Antragsteller ua bis zum 31.12.1990 ihren Wohnort in [X.] begründet und dauerhaft beibehalten haben. Da sie durchgehend in [X.] gewohnt habe, komme europäisches Verordnungsrecht zur Anwendung mit der Folge, dass der [X.] Rentenversicherungsträger nur für nach dem 31.12.1990 in [X.] zurückgelegte Versicherungszeiten Rentenzahlungen leiste. Einen Überprüfungsantrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 14.9.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.10.2016 ab.

5

Auf ihre Klage hat das [X.] die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 14.9.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.10.2016 verpflichtet, den [X.] vom [X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom [X.] zu ändern und die Witwenrente ab Rentenbeginn unter Berücksichtigung der Anzahl der Entgeltpunkte zu gewähren, die zuletzt bei der Rentengewährung des Versicherten aufgrund seiner in der [X.] zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten berücksichtigt wurden. Die Beklagte sei auch für die Erbringung der Rentenleistung für die in [X.] zurückgelegten Beitragszeiten vom 10.10.1966 bis 31.12.1990 zuständig. Dies ergebe sich allerdings nicht bereits aus § 88 Abs 2 Satz 1 [X.]B VI. Bei den [X.]n SV-Abkommen handele es sich um § 88 Abs 2 [X.]B VI verdrängende Spezialregelungen. Ausgehend vom Wortlaut sowie Zweck und Ziel der im Jahr 1990 getroffenen Neuregelungen des [X.]n Sozialversicherungsabkommens 1990 ([X.] 1990) ergebe sich eine eindeutige Fortgeltung des [X.] 1975 nur für diejenigen Fälle der Renten wegen Todes, in denen bereits zum Stichtag des 31.12.1990 durch das Ableben des Versicherten eine Berechtigung, also mindestens eine Anwartschaft auf eine Hinterbliebenenleistung, bestanden habe. Zumindest in Fällen wie hier, in denen die Rente des Versicherten zu einem nach dem 31.12.1990 liegenden Zeitpunkt nicht mehr unter Anwendung des [X.] 1975 berechnet worden sei, bestehe keine Rechtsgrundlage für die erneute Anwendbarkeit dieses Abkommens auf die Hinterbliebenenrente. Art 27 Abs 2 [X.] 1990 gelte nur für "erworbene Ansprüche und Anwartschaften". Damit habe zum einen vermieden werden sollen, dass Berechtigte aufgrund der Neuregelung eine verfassungsrechtlich gesicherte Rechtsposition verlören. Zum anderen hätten aus Gründen des Verwaltungsaufwandes nicht hunderttausende Renten neu berechnet werden sollen. Nach dem Wortlaut und wohl dem Vertragszweck betreffe Art 27 Abs 2 [X.] 1990 nur einen Teil der Hinterbliebenen, nämlich die, bei denen der Leistungsfall "Ableben des Versicherten" bis zum Stichtag eingetreten sei. In den Fällen, in denen der Versicherte am 31.12.1990 (bzw 30.6.1991) noch gelebt habe, seien die zukünftigen Hinterbliebenen noch keine Berechtigten iS des Art 4 [X.] 1975 gewesen. Die erneute Anwendung des [X.] 1975 bringe für beide Vertragsstaaten einen Verwaltungsmehraufwand. Wegen des Grundsatzes der Parallelität von Beitragszahlung und hieraus entstehenden Ansprüchen und Anwartschaften stelle das (dem [X.] 1975 zugrundeliegende) [X.] gegenüber dem (im [X.] 1990 vereinbarten) [X.] eine abweichende, begründungsbedürftige Ausnahme dar. Die historischen Gründe für das [X.] (und damit für die Anwendung des [X.] 1975) seien zumindest zu guten Teilen weggefallen. Das [X.] entspreche auch dem Recht der Europäischen Union.

6

Die dagegen eingelegte Berufung hat das L[X.] mit Urteil vom 6.12.2017 zurückgewiesen und auf die Begründung des [X.] verwiesen. Ergänzend hat es ausgeführt, eine von Art 14 GG geschützte Anwartschaft auf Hinterbliebenenrente entstehe frühestens mit dem Ableben des Versicherten. Eine beizubehaltende Rechtsposition oder einen Rechtsstatus auf der Grundlage des [X.] 1975 habe die Klägerin in Bezug auf ihre Witwenrente zu keiner Zeit inne gehabt.

7

Mit ihrer vom L[X.] zugelassenen Revision wendet sich die Beklagte gegen die Entscheidungen des [X.] und des L[X.]. Es werde übersehen, dass es sich bei den [X.] 1975 und 1990 um zwischenstaatliche Regelungen handele, sodass ein [X.]r Rentenversicherungsträger selbst dann keine Leistungen zuerkennen und an eine im Gebiet der Republik [X.] wohnende Person auszahlen dürfe, wenn ein solcher Anspruch allein auf der Grundlage des innerstaatlichen Rechts an sich bestehe. Zudem seien beide Vertragsstaaten gehindert, das im [X.] 1975 verankerte [X.] einseitig im Wege innerstaatlicher Gesetzgebung zu erweitern oder einzuschränken. Tatsächlich werde in Fällen wie dem der Klägerin von beiden [X.]n das [X.] 1975 angewendet. Im Zeitraum von 2000 bis 2002 hätten Gespräche der Vertragsparteien über die Anwendung des Art 27 Abs 2 [X.] bei Hinterbliebenen stattgefunden. Die [X.] seien sich einig gewesen, dass das [X.] 1975 über Art 27 Abs 2 [X.] 1990 weiterhin für Berechtigte gelten solle, die vor dem [X.] ihren Wohnsitz in einem der beiden Vertragsstaaten genommen und seitdem diesen Wohnsitz beibehalten haben. Dass die Anwendung des [X.] 1975 nicht gegen Europarecht verstoße, habe das B[X.] mit Urteil vom 10.7.2012 - B 13 R 17/11 R - festgestellt. Den Ausführungen des B[X.] sei zu entnehmen, dass nicht auf einen Anspruch, sondern lediglich auf die Beibehaltung des Wohnortes abzustellen sei. Das ergebe sich auch bei einer Auslegung nach dem [X.] über das Recht der Verträge vom 23.5.1969.

8

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des [X.] vom 6. Dezember 2017 und des [X.] (Oder) vom 1. März 2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidungen des L[X.] und des [X.] für zutreffend und bezweifelt eine zwischen den [X.]n bestehende Übereinkunft.

Entscheidungsgründe

Die [X.] durch das [X.] statthafte Revision (§ 160 Abs 1 Halbsatz 1 [X.]G) der Beklagten ist auch im Übrigen zulässig und begründet. Die Urteile des [X.] und des [X.] waren aufzuheben. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf höhere Witwenrente.

Der nach § 44 Abs 1 Satz 1 [X.]B X geltend gemachte Anspruch auf Rücknahme des bestands-kräftigen Bescheides und Gewährung höherer Witwenrente steht der Klägerin nicht zu. Nach § 44 Abs 1 Satz 1 [X.]B X ist ein nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der Bescheid vom [X.] ist rechtmäßig. Weder ist die Beklagte von einem "unrichtigen Sachverhalt" ausgegangen noch hat sie das "Recht unrichtig angewandt".

1. Rechtsgrundlage für eine Witwenrente der Klägerin ist § 46 Abs 2 [X.]B VI. Die Höhe der Witwenrente hat die Beklagte zutreffend unter Anwendung der [X.] Sozialversicherungsabkommen von 1990 und 1975 nur unter Berücksichtigung der nach dem 31.12.1990 vom Ehemann der Klägerin in [X.] zurückgelegten Versicherungszeiten berechnet. Für die Berücksichtigung der vor dem [X.] zurückgelegten Zeiten ist der [X.] Versicherungsträger zuständig.

Da die Klägerin im Ausland wohnt, richtet sich der Anwendungsbereich der [X.] nach den speziellen auslandsrentenrechtlichen Kollisionsregelungen in § 110 [X.]B VI, die gemäß § 37 Satz 1 und 2 [X.]B I Vorrang vor den allgemeinen Kollisionsvorschriften in § 30 Abs 1 und 2 [X.]B I haben (vgl B[X.]E 111, 184 = [X.]-5075 § 1 [X.], Rd[X.] 12; B[X.] [X.] 3-6960 Teil II Art 8 [X.]; zum Verhältnis des [X.] 1975 als speziellere Regelung zum [X.]: B[X.] [X.] 3-1200 § 30 [X.]; B[X.] [X.] 3-2600 § 71 [X.]: Art 22 [X.] 3 Abk Israel SozSich als lex specialis zu §§ 71 bis 74 [X.]B VI). Danach erhalten Berechtigte, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, Leistungen wie Berechtigte mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland (§ 110 Abs 2 iVm Abs 1 [X.]B VI), soweit nicht die nachfolgenden Vorschriften über Leistungen an Berechtigte im Ausland (§§ 111 bis 114 [X.]B VI) etwas anderes bestimmen oder soweit nicht nach über- und zwischenstaatlichem Recht etwas anderes bestimmt ist (§ 110 Abs 3 [X.]B VI). Der Vorrang von Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts ist in § 110 Abs 3 [X.]B VI in gleicher Weise wie in § 30 Abs 2 [X.]B I angeordnet (B[X.]E 111, 184 = [X.]-5075 § 1 [X.], Rd[X.] 12). Nach dem danach hier vorrangig geltenden zwischenstaatlichen Recht ist gemäß Art 27 Abs 2 [X.] 1990 auf die Ansprüche der Klägerin das [X.] 1975 anwendbar.

2. Beide Sozialversicherungsabkommen zählen zu dem nach § 110 Abs 3 [X.]B VI auch für die Höhe des [X.] anwendbaren zwischenstaatlichen Recht. Sie wurden durch Zustimmungsgesetze in innerstaatliches Recht transformiert (Gesetze vom 12.3.1976 <[X.] 393> und vom 18.6.1991 <[X.] 741>). Für die vor dem [X.] zurückgelegten Zeiten des Versicherten hat die Beklagte hier zutreffend das [X.] 1975 angewendet. Nach Art 4 dieses Abkommens sind entsprechend dem Eingliederungsprinzip vom Rentenversicherungsträger des Wohnsitzstaates auch die in dem anderen Staat zurückgelegten Zeiten zu berücksichtigen. Die Regelungen des [X.] 1975 sind hier nach Art 27 Abs 2 Satz 1 [X.] 1990 weiterhin zugrunde zu legen, weil die Klägerin seit 1982 unverändert in [X.] lebt. § 27 Abs 2 des [X.] 1990 bestimmt: "Die vor dem [X.] aufgrund des Abkommens vom 9.10.1975 zwischen der Bundesrepublik [X.] und der Volksrepublik [X.] über Renten- und Unfallversicherung ([X.]) von Personen in einem [X.]staat erworbenen Ansprüche und Anwartschaften werden durch dieses Abkommen nicht berührt, solange diese Personen auch nach dem 31.12.1990 ihren Wohnort im Hoheitsgebiet dieses [X.]staates beibehalten. Für die Ansprüche dieser Personen in der Renten- und Unfallversicherung gelten die Bestimmungen des [X.]; ...".

a) Art 27 Abs 2 Satz 1 [X.] 1990 ist nicht infolge des Beitritts [X.]s zur [X.] ([X.]) am 1.5.2004 durch europarechtliche Regelungen verdrängt worden. Als überstaatlichem Recht iS des § 110 Abs 3 [X.]B VI kommt auch ihnen Vorrang vor den nationalen Bestimmungen zu. Zwar war mit dem Wirksamwerden des Beitritts [X.]s zur [X.] die [X.] auch im Verhältnis zu [X.] anzuwenden. Nach Art 6 der [X.] (vom [X.], [X.] vom [X.], [X.] in der konsolidierten Fassung, [X.] EG [X.] L 28 vom [X.], zuletzt geändert durch VO 592/2008 vom [X.], [X.] EG [X.] L 177/1 vom [X.]) traten grundsätzlich die Regelungen des Gemeinschaftsrechts an die Stelle der [X.]. Nach Art 7 Abs 2 Buchst c dieser Verordnung blieben aber die in [X.] aufgeführten Bestimmungen der [X.] anwendbar. Unter [X.] 84a des [X.] der [X.] war das "Abkommen vom 9.10.1975 über Renten- und Unfallversicherung, unter den in Art. 27 Abs. 2 bis 4 des Abkommens vom 8.12.1990 über [X.] Sicherheit festgelegten Bedingungen" als gemäß Art 7 Abs 2 Buchst c weiterhin geltende Bestimmung als [X.] aufgeführt.

Auch Art 8 Abs 1 Satz 1 der [X.] 883/2004 (vom [X.], [X.] [X.] [X.] L 166/1 vom 30.4.2004), die seit dem [X.] (Art 91 Satz 2 VO 883/2004 iVm Art 97 VO 987/2009) die [X.] abgelöst hat (Art 90 Abs 1 Satz 1 [X.] 883/2004), enthält die Bestimmung, dass diese Verordnung an die Stelle aller zwischen den Mitgliedstaaten geltenden [X.] tritt. Einzelne Regelungen der [X.] gelten jedoch fort, sofern sie für die Berechtigten günstiger sind oder sich aus besonderen historischen Umständen ergeben und ihre Geltung zeitlich begrenzt ist. Um weiterhin Anwendung zu finden, müssen diese Bestimmungen in [X.] II [X.] 883/2004 aufgeführt sein (Art 8 Abs 1 Satz 2 und Satz 3 [X.] 883/2004). Letzteres ist hier der Fall. In [X.] II (eingefügt durch Art 1 [X.] 20 iVm [X.]ang Buchst B [X.] 988/2009 vom [X.], [X.] <[X.]> [X.] L 284, 43) ist unter der Überschrift "Bestimmungen von Abkommen, die weiter in [X.] bleiben und gegebenenfalls auf Personen beschränkt sind, für die diese Bestimmungen gelten (Artikel 8 Absatz 1)" im Abschnitt [X.] [X.] unter Buchst a das "[X.] über Renten- und Unfallversicherung, unter den in Artikel 27 Absätze 2 bis 4 des Abkommens über [X.] Sicherheit vom 8. Dezember 1990 festgelegten Bedingungen (Beibehaltung des Rechtsstatus auf der Grundlage des [X.] der Personen, die vor dem 1. Januar 1991 ihren Wohnsitz auf dem Hoheitsgebiet [X.]s oder [X.]s genommen hatten und weiterhin dort ansässig sind; vgl dazu Bouraul/[X.]/[X.], Soziale Sicherheit in [X.] - Rentenversicherung, [X.] 883/2004, Art 8, [X.])" aufgeführt.

Die Fortgeltung des [X.] 1975 für diejenigen, die bereits vor dem [X.] ihren Wohnsitz in [X.] oder [X.] hatten und weiterhin dort ansässig sind, beruht iS der [X.] von Art 8 Abs 1 Satz 2 [X.] 883/2004 auf den besonderen historischen Umständen, die [X.] und [X.] veranlasst haben, zur Bewältigung der als Folge des [X.] entstandenen Lage im Jahr 1975 hinsichtlich der rentenrechtlichen Ansprüche der in [X.] oder [X.] lebenden Bürger das Eingliederungsprinzip, dh die Eingliederung der [X.] und [X.]n Beitragszeiten in das System des Wohnsitzstaates, zugrunde zu legen und auch nach den Umwälzungen im Jahr 1990 für die genannte Personengruppe beizubehalten (B[X.]E 111, 184 = [X.]-5075 § 1 [X.], Rd[X.] 35, 50 f). Durch das Abkommen sollte den in [X.] lebenden Versicherten erstmals ein vertraglich abgesicherter Rechtsanspruch auf die Einbeziehung in das [X.] Sozialversicherungssystem und das Recht auf Anrechnung ihrer im Bereich des [X.] zurückgelegten Versicherungszeiten verschafft werden, wenn auch im Rahmen des [X.]n Systems (B[X.]E 111, 184 = [X.]-5075 § 1 [X.], Rd[X.] 50 unter Hinweis auf [X.] 53, 164, 180 f = [X.] 2200 § 1318 [X.] 5 S 14 mwN). Ziel der Vereinbarung war es außerdem, angesichts der Unterschiede in den Wirtschafts- und Lebensverhältnissen sowie der Sozialversicherungssysteme [X.] Spannungen zu vermeiden und ein gerechteres Ergebnis zu erzielen als dies ein Export von Rentenleistungen hätte gewährleisten können. Die [X.] Delegation hatte im Laufe der [X.]verhandlungen deutlich gemacht, dass [X.] unter diesem Gesichtspunkt eine unterschiedliche Behandlung von [X.] und [X.] auf seinem Staatsgebiet nicht zulassen könne (B[X.]E 111, 184 = [X.]-5075 § 1 [X.], Rd[X.] 50 mwN insbesondere [X.] [X.]-1100 Art 3 [X.] 33 Rd[X.] 18). Das Abkommen sollte nach dem übereinstimmenden Willen [X.]s und [X.]s aus denselben Gründen für diejenigen Personen fortgelten, die bereits vor dem Stichtag [X.] in einem der beiden Länder wohnten, solange sie dort ansässig bleiben und damit dem Einkommens- und Preisniveau dieses Landes unterliegen (B[X.]E 111, 184 = [X.]-5075 § 1 [X.], Rd[X.] 51; [X.], ZFSH/[X.]B 2002, 515, 519).

Die Fortgeltung des [X.] 1975 ist dadurch "zeitlich begrenzt", dass dessen Bestimmungen an Stelle der europarechtlichen Koordinierungsregelungen nur noch so lange Anwendung finden, wie die davon betroffenen Personen ihren bisherigen Wohnsitz in [X.] oder [X.] beibehalten. Sobald diese von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch machen und ihren Wohnsitz in ein anderes Land verlegen, werden die allgemeinen Regelungen des in den [X.] bzw [X.] 883/2004 vereinbarten [X.] auch für sie wirksam (B[X.]E 111, 184 = [X.]-5075 § 1 [X.], Rd[X.] 36; vgl [X.], Anmerkung zum Urteil des [X.] vom 18.12.2007 , [X.], 40, 44).

b) Die im [X.] (Art 8 iVm [X.] II [X.] 883/2004) für eine bestimmte Personengruppe verankerte Weitergeltung des [X.] 1975 ist auch mit den im [X.] [X.]recht allen Unionsbürgern garantierten Grundfreiheiten vereinbar (B[X.]E 111, 184 = [X.]-5075 § 1 [X.] 193, Rd[X.] 37). Der allenfalls einschlägige Grundsatz der Freizügigkeit (Art 20 Abs 2 Satz 2 Buchst a iVm Art 21 A[X.]V, s auch Art 45 iVm Art 52 Abs 2 Charta der Grundrechte der [X.] ), der jedem Unionsbürger das Recht verleiht, "sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vorbehaltlich der in den Verträgen und in den Durchführungsvorschriften vorgesehenen Beschränkungen und Bedingungen frei zu bewegen und aufzuhalten" (Art 21 Abs 1 A[X.]V), ist nicht verletzt. Von der Fortgeltung des [X.] 1975 und des darin verankerten Eingliederungsprinzips sind nur Personen betroffen, die ihren vor dem [X.] begründeten Wohnsitz in [X.] oder [X.] weiterhin beibehalten, mithin davon, dass sie von der Freiheit, sich als Unionsbürger in einen anderen Mitgliedstaat zu begeben und sich dort aufzuhalten, gerade noch keinen Gebrauch gemacht haben (vgl B[X.]E 111, 184 = [X.]-5075 § 1 [X.], Rd[X.] 39). Ungeachtet dessen wäre eine Einschränkung der Freizügigkeit durch die Weitergeltung des [X.] 1975 gemeinschaftsrechtlich durch objektive Erwägungen des Allgemeininteresses gerechtfertigt. Der [X.] hat bereits entschieden, dass der Wille, den außerhalb des betreffenden Staates wohnenden Begünstigten eine angemessene Leistung unter Berücksichtigung des Niveaus der Lebenshaltungskosten und der im Wohnsitzstaat gezahlten Sozialleistungen zu gewähren, Rechtfertigung dafür sein kann, die Freizügigkeit durch die Voraussetzungen oder die Modalitäten für die Zahlung von Leistungen zu berühren ([X.] vom 4.12.2008 - [X.]/07 - , Slg 2008, [X.] Rd[X.] 38 f). Entsprechende Erwägungen liegen auch der Anordnung der Weitergeltung des Eingliederungsprinzips zugrunde (vgl B[X.]E 111, 184 = [X.]-5075 § 1 [X.], Rd[X.] 40).

3. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art 27 Abs 2 Satz 1 [X.] 1990 für die Anwendung des [X.] 1975 liegen vor.

a) Die Vorinstanzen haben zu Recht für die Auslegung der [X.] das [X.] über das Recht der Verträge vom [X.] (auch: [X.] <[X.]>) herangezogen. Dieses Abkommen ist maßgeblich für die Auslegung völkerrechtlicher Verträge, zu denen auch die Sozialversicherungsabkommen zählen. Gemäß Art 31 Abs 1 [X.] erfolgt die Auslegung eines völkerrechtlichen Vertrages nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seinen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung und im Lichte seines Ziels und Zwecks (vgl B[X.]E 118, 110 = [X.]-3300 § 34 [X.] 2, Rd[X.] 23; B[X.]E 110, 194 = [X.]-1100 Art 3 [X.] 69, Rd[X.] 24; B[X.] [X.]-1500 § 158 [X.] 4 Rd[X.] 16; B[X.]E 107, 185 = [X.]-2600 § 1 [X.] 6, Rd[X.] 22 mwN; ohne die [X.] zu nennen B[X.] [X.]-6480 Art 27 [X.] 1 Rd[X.] 27 und Art 22 [X.] 2 Rd[X.] 35: Wortlaut und Wille der [X.]parteien; vgl [X.] 123 mwN). Für die Auslegung eines [X.] bedeutet gemäß Art 31 Abs 2 [X.] der Zusammenhang außer dem [X.]wortlaut samt Präambel und Anlagen a) jede sich auf den Vertrag beziehende Übereinkunft, die zwischen allen [X.]parteien anlässlich des [X.]abschlusses getroffen wurde; b) jede Urkunde, die von einer oder mehreren [X.]parteien anlässlich des [X.]abschlusses abgefasst und von den anderen [X.]parteien als eine sich auf den Vertrag beziehende Urkunde angenommen wurde. Nach Art 31 Abs 3 [X.] sind außer dem Zusammenhang jede spätere Übereinkunft zwischen den [X.]parteien über die Auslegung des [X.] oder die Anwendung seiner Bestimmungen zu berücksichtigen (a) sowie jede spätere Übung bei der Anwendung des Vertrages, aus der die Übereinstimmung der [X.]parteien über seine Auslegung hervorgeht (b). Die [X.] ist für die Bundesrepublik [X.] seit dem [X.] in [X.] (vgl [X.] 1987, 757).

b) Nach der an Art 31 [X.] orientierten Auslegung ist Art 27 Abs 2 [X.] 1990 so zu [X.], dass es maßgeblich auf den unveränderten Wohnsitz derjenigen Person ankommt, die einen konkreten Anspruch auf Rentenleistungen geltend macht. Erfasst werden damit auch Hinterbliebene.

aa) Hinterbliebene werden in Art 27 Abs 2 des [X.] 1990 zwar nicht ausdrücklich genannt. Die Rede ist vielmehr neutral von "Personen". Art 3 [X.] 1990 schreibt indes ausdrücklich die Geltung des Abkommens vor für die versicherten "Personen" sowie deren Hinterbliebenen, die ihre Rechte von diesen "Personen" ableiten. Hinsichtlich des Geltungsbereichs des [X.] 1990 werden damit Personen und ihre Hinterbliebenen zwar unterschieden, jedoch in gleicher Weise in den Geltungsbereich des Abkommens einbezogen.

bb) Bereits in der Denkschrift zum [X.] 1990 findet sich zu Art 27 als "zentraler Bestimmung des Anwendungsbereichs des Abkommens" keine Differenzierung zwischen Versicherten und Hinterbliebenen. Zu Art 27 ist ausgeführt, das neue Abkommen gelte "für alle Ansprüche aus Versicherungszeiten <…>, die nach dem 31.12.1990 in den [X.]staaten zurückgelegt werden" (BT-Drucks 12/470 vom 3.5.1991 [X.]3 f). Weiterhin sollte es für die Ansprüche der Personen gelten, die nach dem 31.12.1990 ihren Wohnsitz in das Hoheitsgebiet des anderen Staates verlegen. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers erwarben nach dem [X.] 1975 noch Ansprüche und Anwartschaften Personen, die bereits vor dem [X.] in einen [X.]staat eingereist waren und sich dort seither ununterbrochen aufhielten und zwar Personen, die im Zeitpunkt des Versicherungsfalles in diesem [X.]staat wohnten. Im Bericht des [X.] wird ausgeführt, das Abkommen enthalte aus Gründen des Vertrauensschutzes umfassende Bestandsschutzregelungen für diejenigen Personen, die bereits aufgrund der bisherigen Rechtslage Ansprüche und Anwartschaften erworben haben (BT-Drucks 12/445 S 4).

cc) Aus den von der Beklagten vorgelegten Materialien ist ersichtlich, dass die [X.]partner übereingekommen sind, Art 27 Abs 2 [X.] 1990 auch auf Hinterbliebene anzuwenden, die bis zum 31.12.1990 geboren sind.

(a) Zur Frage, welches Verständnis die [X.]partner von Art 27 Abs 2 [X.] 1990 im Hinblick auf Hinterbliebene haben, hat die Beklagte eine Niederschrift über die [X.] Regierungsvereinbarungen über Soziale Sicherheit aus Juni 2000 vorgelegt. Unter Punkt 5.4 der behandelten Fragen findet sich: "Art. 27 Abs. 2 des [X.]: Einigung auf einen gemeinsamen Standpunkt zur Gewährung von Hinterbliebenenrenten (welches Abkommen findet Anwendung: von 1975 oder von 1990)". Hierzu enthält die Anlage den Beschluss, die Behandlung dieser Fragen den zuständigen Verbindungsstellen der Rentenversicherung zu übertragen, damit diese anhand von konkreten Fällen Lösungen ausarbeiten und die zuständigen Behörden unterrichten. Im Protokoll der [X.] Regierungsverhandlungen über die Durchführung der Sozialversicherungsabkommen im Mai 2002 wird unter Punkt 4.2 das Thema "Anwendung der [X.] [X.] und 1990 in Rentenfällen für Hinterbliebene" aufgeführt. Dazu ist in der Anlage festgehalten, dass beide Seiten mit den Ergebnissen der Gespräche der Verbindungsstellen im Oktober 2001 einverstanden seien. Für diese Besprechung der [X.] und [X.]n Verbindungsstellen und Träger der Rentenversicherung zur praktischen Durchführung der Abkommen zwischen der Bundesrepublik [X.] und der Republik [X.] über Renten- und Unfallversicherung ist unter [X.] 25: "Abkommensanwendung in besonderen Fällen der [X.] unter Berücksichtigung der Ereignisse, die erst nach dem 31.12.1990, dh nach dem Inkrafttreten des Abkommens aufgetreten sind bzw eventuell erst auftreten werden" aufgeführt. Hierzu ist protokolliert: "Die [X.] (Sozialversicherungsanstalt Warschau)-Vertreter haben den Vorschlägen der [X.] Versicherungsträger über die Abgrenzung der Anwendung der [X.] [X.] und 1990 über die Hinterbliebenenrente zugestimmt. Es wurden folgende neue Verfahrensgrundsätze in diesen Angelegenheiten festgelegt:

1) Anwendung eines der [X.] Abkommen je nach Verlegung oder Beibehaltung des Wohnsitzes des berechtigten Familienmitgliedes des Verstorbenen.

2) In Bezug auf die berechtigten Familienmitglieder des Verstorbenen, die nach dem 31. Dezember 1990 geboren wurden, wird ausschließlich das [X.] angewandt."

In einem Schreiben der [X.] vom [X.] an den [X.]n Sozialversicherungsträger im Vorfeld des [X.] wurde ein Konzept zur Abgrenzung der Rechtsanwendung zwischen den beiden Abkommen bei Hinterbliebenenrenten vorgestellt. Dabei wurde eine Reihe von Fallkonstellationen mit der von [X.] Seite angestrebten Lösung mit der Bitte um Stellungnahme der [X.]n Seite aufgeführt, über die eine Einigung herbeigeführt werden sollte. Unter anderem findet sich unter "Beispiel 12" eine Fallkonstellation, bei der eine Frau am 31.12.1990 ihren Wohnsitz in [X.] hat und ihn dort auch beibehält, während der Ehemann (Eheschluss November 1990) den Wohnsitz im August 1992 wechselt und im August 2000 verstirbt. In einem solchen Fall sollte das [X.] 1975 zur Anwendung kommen, weil zum Stichtag bereits eine Rechtsbeziehung zum Ehemann bestanden habe und damit eine Anwartschaft erworben worden sei (Lösung 12a). Im Antwortschreiben vom 11.5.2001 hat die [X.] Seite hierzu ausdrücklich ihr Einverständnis erklärt.

(b) Die Auffassung der Vorinstanzen, Art 27 Abs 2 [X.] 1990 könne nach seinem Wortlaut nur die Konstellationen betreffen, in denen der Leistungsfall im Sinne des Ablebens des Versicherten bei gleichzeitigem Vorliegen der weiteren versicherungsrechtlichen Voraussetzungen bis zum 31.12.1990 eingetreten sei, weil die Hinterbliebene erst dann eine Anwartschaft erworben habe, greift zu kurz und berücksichtigt nicht hinreichend die Besonderheiten der Abkommen. Dieser Auslegung, die auch nach den Feststellungen des [X.] erkennbar nicht mit dem Konsens der [X.]parteien übereinstimmt, liegt ein Verständnis der Begriffe "Ansprüche" und "Anwartschaften" zugrunde, das dem [X.] Recht entspricht. Danach kann eine Anwartschaft oder ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente erst mit dem Ableben des Versicherten entstehen. Zuvor besteht nur eine Aussicht auf eine Leistung (vgl [X.] 97, 297 = [X.] 3-2940 § 58 [X.] f). Art 27 [X.] 1990 lag aber ein anderes Begriffsverständnis zugrunde. Wie sich aus dem zitierten Schriftverkehr der Verbindungsstellen ergibt, ging das übereinstimmende Verständnis der [X.]partner dahin, dass für die Anwendung des Art 27 Abs 2 [X.] 1990 bei Hinterbliebenen darauf abzustellen war, ob die hinterbliebene Person zum Stichtag in einer Rechtsbeziehung zum Versicherten stand. Als ausreichend für die Begründung einer Anwartschaft wurde es - wie im dargestellten Beispielsfall - angesehen, dass etwa aufgrund der Eheschließung die begründete Aussicht bestand, im Fall des Todes eines Versicherten Hinterbliebenenrente beanspruchen zu können.

Dass nicht an die Rechtslage für den Versicherten angeknüpft wurde, entspricht im Übrigen dem Umstand, dass es sich bei der Hinterbliebenenrente nach [X.] Recht rechtstechnisch nicht um eine von der Versichertenrente abgeleitete Leistung handelt. Sie wird vielmehr davon unabhängig nach den §§ 63 ff [X.]B VI ermittelt, wenngleich aus dem [X.] des Verstorbenen (vgl B[X.] [X.]-2600 § 88 [X.] 3 Rd[X.] 17). Dabei können die Grundlagen für die Berechnung der Leistung für Versicherte und Hinterbliebene unterschiedlich sein.

Da die Rente von Hinterbliebenen bei Eintritt des Versicherungsfalles stets neu berechnet werden muss, steht auch das vom [X.] angeführte Argument der Verwaltungsvereinfachung der Anwendung des [X.] 1975 nicht entgegen.

4. Zu einer solchen Übereinkunft waren die [X.]partner auch berechtigt. Nach der Rechtsprechung des [X.] ermächtigt die parlamentarische Zustimmung zu einem völkerrechtlichen Vertrag die Regierung zur Fortentwicklung dieses Vertrages (vgl [X.] 118, 244, 259; 104, 151, 209; 89, 155, 188; 58, 1, 37). Die konkrete Ausfüllung und Entwicklung des im Vertrag niedergelegten Programms fällt in den Aufgabenbereich der Regierung. Der Gestaltungsspielraum der Exekutive ist insofern begrenzt, als nicht wesentlich von der [X.]grundlage abgewichen oder die Identität des Vertrages betreffende Änderungen vorgenommen werden dürfen, die von dem ursprünglichen Zustimmungsgesetz nicht mehr gedeckt sind ([X.] 118, 244, 260 mwN). Das ist erst dann der Fall, wenn die konsensuale Fortentwicklung gegen wesentliche Strukturentscheidungen des [X.]werks verstößt und den Boden des dort festgelegten politischen Programms verlässt (vgl [X.] 118, 244, 260, 261 mwN).

Dementsprechend enthält Art 4 des [X.] zum [X.] 1990 ([X.] 741) eine Ermächtigung der Bundesregierung, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Vereinbarungen zur Durchführung des Abkommens in [X.] zu setzen oder in Ermangelung solcher Vereinbarungen das Nähere zu regeln. Als Gegenstände, über die Regelungen getroffen werden können, werden exemplarisch ("insbesondere") das Verfahren beim Erbringen von Geld- und Sachleistungen und die Zuständigkeit der Versicherungsträger genannt. Der Konsens der [X.]partner über die Anwendung von Art 27 Abs 2 [X.] 1990 steht auch im Einklang mit den Prinzipien des Abkommens. Die Beteiligten haben die Regelung zur Anwendung der Abkommen je nach Verlegung oder Beibehaltung des Wohnortes des berechtigten Familienmitgliedes als neuen Verfahrensgrundsatz gesehen. In der Sache haben die Partner eine Regelung über die Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers getroffen. Sie haben damit weder die grundsätzliche Geltung des Leistungsexportprinzips statt des Eingliederungsprinzips in Frage gestellt noch einen Berechtigten im Sinne des Abkommens von Ansprüchen ausgeschlossen. Die Anknüpfung an den konkreten Familienangehörigen entspricht der grundsätzlichen Geltung der [X.] auch für Familienangehörige und der Anwendung der jeweiligen Leistungsprinzipien auf jede individuelle Person. Die Stichtagsregelung wurde nicht verändert.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 [X.]G.

Meta

B 5 R 36/17 R

27.06.2019

Bundessozialgericht 5. Senat

Urteil

Sachgebiet: R

vorgehend SG Frankfurt (Oder), 1. März 2017, Az: S 29 R 520/16, Urteil

§ 30 Abs 1 SGB 1, § 30 Abs 2 SGB 1, § 37 SGB 1, § 46 Abs 2 SGB 6, § 110 Abs 1 SGB 6, § 110 Abs 2 SGB 6, § 110 Abs 3 SGB 6, Art 6 EWGV 1408/71, Art 7 Abs 2 Buchst c EWGV 1408/71, Anh 3 EWGV 1408/71, Art 8 Abs 1 S 1 EGV 883/2004, Art 8 Abs 1 S 2 EGV 883/2004, Art 8 Abs 1 S 3 EGV 883/2004, Anh 2 EGV 883/2004, Art 45 EUGrdRCh, Art 52 Abs 2 EUGrdRCh, Art 20 Abs 2 S 2 Buchst a AEUV, Art 21 AEUV, Art 3 SozSichAbk POL, Art 27 Abs 2 SozSichAbk POL, Art 4 SozSichAbkPOLG, Art 4 RV/UVAbk POL, Art 31 VtrRKonv

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 27.06.2019, Az. B 5 R 36/17 R (REWIS RS 2019, 6005)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 6005

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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