Bundesfinanzhof, Beschluss vom 08.12.2010, Az. I R 92/09

1. Senat | REWIS RS 2010, 612

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Gegenstand

Schweizer Altersrente unterfällt nicht dem Kassenstaatsprinzip - Abgrenzung zwischen Leibrente und Ruhegeld - Abkommensautonome Auslegung des Begriffs "Ruhegehalt" - Doppelbesteuerung - Billigkeitsmaßnahme durch Anrechnung von Quellensteuer


Leitsatz

Versorgungsleistungen einer Schweizer Pensionskasse an einen vormals im Schweizer öffentlichen Dienst tätigen Arbeitnehmer, die auch auf Beitragsleistungen des Arbeitnehmers beruhen, unterfallen nicht dem Kassenstaatsprinzip des DBA-Schweiz 1971/1992 .

Tatbestand

1

I. Streitpunkt ist, ob von der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) im Streitjahr 2003 bezogene Versorgungsleistungen einer [X.] Pensionskasse nach dem sog. Kassenstaatsprinzip des Abkommens zwischen der [X.] und der [X.]ischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 11. August 1971 ([X.] 1972, 1022, BStBl I 1972, 519) i.d.[X.] vom 21. Dezember 1992 ([X.] 1993, 1888, [X.], 928) --DBA-[X.] 1971/1992-- in [X.] nicht besteuert werden dürfen.

2

Die im Dezember 1923 geborene Klägerin hatte ihren Wohnsitz im Streitjahr in [X.]. Sie war seit 1950 bis zu ihrer Pensionierung zum 1. Mai 1984 in einem nach [X.] Recht öffentlich-rechtlichen Anstellungsverhältnis als medizinisch technische Angestellte beim vormaligen [X.][X.] beschäftigt, welches vom [X.] betrieben wurde. Die Klägerin und ihr Arbeitgeber leisteten während des Beschäftigungsverhältnisses Beiträge zur beruflichen Alters- und [X.] an Pensionskassen, zuletzt an die [X.] Bei diesen Pensionskassen handelte es sich um öffentlich-rechtliche Einrichtungen zur "beruflichen Vorsorge" der Arbeitnehmer von [X.], Kantonen, Gemeinden und anderen öffentlich-rechtlichen Arbeitgebern. Diese Form der Vorsorge war während der Beschäftigungszeit der Klägerin nicht gesetzlich vorgeschrieben; erst im [X.] führte die [X.] mit dem [X.]esgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge ([X.]) eine obligatorische berufliche Vorsorgeverpflichtung über ein System von Pensionskassen ein.

3

Im Streitjahr bezog die Klägerin von der [X.] eine Altersrente von 24.672,60 [X.], von der eine Quellensteuer in Höhe von 9 % (2.220,55 [X.]) einbehalten und an die [X.] Steuerverwaltung abgeführt wurde. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) unterwarf den mit 4.848,17 € bezifferten Ertragsanteil dieser Rente der Einkommensteuer. Die einbehaltene Quellensteuer rechnete das [X.] unter Bezugnahme auf § 34c Abs. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG 2002) im Betrag von 423 € auf die tarifliche Einkommensteuer an. Dabei ging es davon aus, dass die Klägerin während ihrer Beschäftigung Grenzgängerin gemäß Art. 15a DBA-[X.] 1971/1992 gewesen und deshalb nach Art. 19 Abs. 5 i.V.m. Art. 15a Abs. 1 Satz 3 DBA-[X.] 1971/1992 die anzurechnende Steuer auf 4,5 % der Rentenzahlung zu beschränken sei.

4

Die Klägerin ist der Auffassung, bei der von der [X.] gezahlten Altersrente handele es sich um ein Ruhegehalt i.S. des Art. 19 DBA-[X.] 1971/1992, das ausschließlich in der [X.] als Zahlstaat/Kassenstaat zu versteuern sei und in [X.] nur im Rahmen des [X.] berücksichtigt werden dürfe. Ihre Klage blieb ohne Erfolg; das Finanzgericht ([X.]) [X.], [X.], hat sie mit Urteil vom 24. September 2009  3 K 4130/08 (Entscheidungen der Finanzgerichte --E[X.]-- 2010, 780) als unbegründet abgewiesen.

5

Gegen das [X.]-Urteil richtet sich die Revision, mit der die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts geltend macht.

6

Die Klägerin beantragt, das [X.]-Urteil aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für 2003 vom 13. April 2005 dahingehend zu ändern, dass die Bezüge aus der [X.] nicht der inländischen Besteuerung unterworfen werden.

7

Das [X.] beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung ([X.]O). Der [X.] hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die [X.]eteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Das [X.] hat zu Recht entschieden, dass der Ertragsanteil der von der Klägerin im Streitjahr empfangenen Altersrente der [X.] in [X.] zu versteuern ist.

9

1. Die Klägerin hat ihren Wohnsitz im Inland und ist deshalb hier unbeschränkt steuerpflichtig (§ 1 Abs. 1 Satz 1 EStG 2002). Der Ertragsanteil ihrer Altersrente gehörte im Streitjahr zu dem von ihr zu versteuernden Einkommen. Es handelt sich bei der Altersrente der [X.] um eine Leibrente i.S. von § 22 Nr. 1 Satz 3 EStG 2002 und nicht um Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Gestalt eines Ruhegeldes nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG 2002. Das [X.] hat das zutreffend daraus abgeleitet, dass die Altersrente aufgrund von während der [X.]eschäftigungszeit erbrachten [X.]eitragsleistungen der Klägerin und deren vormaligen Arbeitgebers gewährt wird, die im Zahlungszeitpunkt als gegenwärtiger Arbeitslohn der Klägerin zu qualifizieren waren. [X.] wird die Altersrente deshalb nicht aufgrund des Dienstverhältnisses gewährt (vgl. Urteile des [X.] vom 22. November 2006 [X.], [X.], 124, [X.], 402; vom 5. Juli 2007 [X.], [X.] 2007, 1876, jeweils m.w.N.). Das steht --soweit es das [X.] innerstaatliche Recht betrifft-- zwischen den [X.]eteiligten nicht in Streit und muss deshalb nicht näher ausgeführt werden.

2. Die [X.]esteuerung des Ertragsanteils der Altersrente wird durch das [X.] 1971/1992 nicht gehindert; dieses weist das [X.]esteuerungsrecht vielmehr ausschließlich der [X.]undesrepublik [X.] zu.

a) Die sog. [X.]regelung des Art. 19 [X.] 1971/1992 ist auf die Altersrente der Klägerin nicht anzuwenden. Nach Art. 19 Abs. 1 Satz 1 [X.] 1971/1992 können zwar Vergütungen, einschließlich der Ruhegehälter, die von einem Vertragstaat, [X.], [X.], [X.]ezirk, [X.], einer Gemeinde oder einem Gemeindeverband oder von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts dieses Staates unmittelbar oder aus einem Sondervermögen an eine natürliche Person für geleistete Dienste gewährt werden, nur in diesem Staat besteuert werden. [X.]ei der von der [X.] gezahlten Altersrente handelt es sich aber nicht um eine Vergütung i.S. dieser [X.]estimmung; insbesondere ist sie kein Ruhegehalt, das für geleistete Dienste gewährt wird.

aa) Der [X.]egriff des Ruhegehalts ist im [X.] 1971/1992 nicht näher definiert. Soweit das [X.] aus der fehlenden abkommensrechtlichen Definition indes schließt, es sei für die Auslegung auf die nach dem [X.]n innerstaatlichen Recht maßgebliche Zuordnung zu Leibrenten i.S. von § 22 Nr. 1 Satz 3 EStG 2002 oder zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (s. oben II.1.) abzustellen (vgl. auch [X.] in [X.]/[X.]/ Grotherr, Doppelbesteuerungsabkommen, Art. 18 [X.] Rz 25), pflichtet der [X.] dem nicht bei; für den [X.]egriff der Leibrenten folgt dies nach Maßgabe von Art. 19 Abs. 7 [X.] 1971/1992 schon daraus, dass Leibrenten und Ruhegehälter dort ausdrücklich nebeneinander gestellt werden. Ebenso wenig kann der Auffassung der Revision zugestimmt werden, wonach sich die Frage, welche Leistungen vom [X.]prinzip umfasst werden, ausschließlich auf der Grundlage des innerstaatlichen Rechts des [X.] beurteilt. Welche Zahlungen als Ruhegehalt i.S. des Art. 19 [X.] 1971/1992 gelten, muss vielmehr unter [X.]erücksichtigung des Wortlauts und des Zwecks des Art. 19 [X.] 1971/1992 sowie seines systematischen Zusammenhangs mit anderen Abkommensbestimmungen ermittelt werden (vgl. [X.]surteil vom 27. Januar 1972 [X.], [X.], 8, [X.] 1972, 459 --zum [X.] 1931 vom 15. Juli 1931 i.d.[X.] vom 20. März 1959, [X.] 1959, 1006--; [X.] in Debatin/[X.], Doppelbesteuerung, [X.] Art. 19 Rz 100 i.V.m. [X.] Art. 18 Rz 16; [X.] in [X.]/[X.], Doppelbesteuerungsabkommen, 5. Aufl., Art. 18 Rz 15 f.; [X.], Außensteuergesetz, Doppelbesteuerungsabkommen, 2009, Art. 18 [X.] Rz 10; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/ [X.]/Staringer, Arbeitnehmer im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen, 2003, [X.], 294; [X.]/[X.], ebenda, [X.], 322).

Art. 3 Abs. 2 [X.] 1971/1992 kommt insoweit nicht zur Anwendung ([X.] in Debatin/[X.], a.a.[X.], [X.] Art. 18 Rz 16; [X.] in [X.]/[X.], a.a.[X.], Art. 18 Rz 29b; [X.], a.a.[X.], Art. 18 [X.] Rz 10). Nach dieser [X.]estimmung hat bei Anwendung des Abkommens durch einen Vertragstaat, wenn der Zusammenhang nichts anderes erfordert, jeder nicht anders definierte Ausdruck die [X.]edeutung, die ihm nach dem Recht dieses Staates über die Steuern zukommt, welche Gegenstand des Abkommens sind (sog. lex-fori). Der [X.]egriff "Ruhegehalt" wird jedoch im [X.]n innerstaatlichen Einkommensteuerrecht als Terminus technicus lediglich in § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 EStG 2002 verwendet, wo das Ruhegehalt neben dem Witwen- und Waisengeld, den Unterhaltszahlungen und anderen [X.]ezügen und Vorteilen als Versorgungsbezug aufgrund von beamtenrechtlichen Vorschriften erwähnt wird. Der abkommensrechtliche [X.]egriff des Ruhegehalts kann hiermit nicht identisch sein; denn er findet sich außer in Art. 19 [X.] 1971/1992 auch in Art. 18 [X.] 1971/1992, der --weil er gegenüber Art. 19 [X.] 1971/1992 subsidiär ist-- gerade diejenigen Vergütungen betrifft, die nicht aus dem öffentlichen Dienst herrühren.

bb) Art. 19 Abs. 1 Satz 1 [X.] 1971/1992 beschreibt Ruhegehälter als Vergütungen, die von dem Arbeitgeber oder aus einem Sondervermögen "für erbrachte Dienste" gewährt werden. Das legt es nahe, dass solche Versorgungsleistungen nicht unter die [X.]estimmung fallen, die --ggf. auch nur anteilig-- wirtschaftlich vom Arbeitnehmer selbst durch [X.]eitragszahlungen veranlasst worden sind (vgl. [X.] in Debatin/ [X.], a.a.[X.], [X.] Art. 18 Rz 16 f.; [X.], a.a.[X.], Art. 18 [X.] Rz 13; [X.]/[X.] in [X.]/[X.]/[X.]/ [X.]/Staringer, a.a.[X.], [X.], 320 ff.; im Ergebnis auch [X.] in [X.]/[X.]/Grotherr, a.a.[X.], Art. 18 [X.] Rz 25; anderer Auffassung [X.] in [X.]/[X.], a.a.[X.], Art. 18 Rz 29).

Ein [X.]eleg für diese Sichtweise ist, dass Renten aus gesetzlichen Sozialversicherungssystemen, die sich aus Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträgen speisen, nach früherer --auch zum Zeitpunkt des Abschlusses des [X.] 1971 im Jahr 1971-- einhelliger Auffassung nicht zu den [X.]. 18, Art. 19 des Musterabkommens der [X.] ([X.]) zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen ([X.]-MustAbk) gerechnet wurden (vgl. [X.] der [X.] zum [X.]-Musterabkommen --[X.]-MK--, Art. 18 Nr. 8; [X.] in [X.]/[X.], a.a.[X.], Art. 18 Rz 29b; [X.] in Debatin/[X.], a.a.[X.], [X.] Art. 18 Rz 18; [X.] in [X.]/[X.]/Grotherr, a.a.[X.], Art. 18 [X.] Rz 40). Dem entsprechend besteht auch zwischen den Finanzverwaltungen der [X.]undesrepublik [X.] und der [X.] bislang Einigkeit darüber, dass Leistungen aus der [X.]n gesetzlichen Rentenversicherung und solche aus der [X.]ischen Alters- und Hinterlassenenversorgung (AHV) keine Ruhegehälter i.S. der Art. 18, Art. 19 [X.] 1971/1992 sind (vgl. Verfügung der Oberfinanzdirektion --OFD-- [X.] vom 28. November 2003, Der [X.]etrieb --D[X.]-- 2004, 267; [X.] in Debatin/[X.], a.a.[X.], [X.] Art. 19 Rz 23; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], Doppelbesteuerungsabkommen [X.]-[X.], Art. 19 Rz 7; [X.] in [X.]/[X.]/ Grotherr, a.a.[X.], Art. 19 [X.] Rz 18; [X.]/Looser, Internationales Steuerrecht --IStR-- 2009, 652, 654 f.; [X.]/[X.]/von [X.]/[X.], Doppelbesteuerungsabkommen [X.]-[X.], [X.] 19.1 Nr. 7).

Soweit sich aus dem [X.]-Musterkommentar 2005 --abweichend von der früheren [X.]eurteilung-- ergibt, dass nunmehr unter bestimmten Voraussetzungen Leistungen aus der gesetzlichen Sozialversicherung als Ruhegehälter i.S. der Art. 18, Art. 19 [X.]-MustAbk anzusehen seien (vgl. [X.]-MK 2005 Art. 18 Nr. 24), kann dies für die Auslegung des [X.] 1971/1992 schon deshalb keine [X.]edeutung haben, weil die entsprechenden Ausführungen erst nach dem Zustandekommen des [X.] 1971/1992 und überdies erst nach dem Streitjahr in den Musterkommentar eingefügt worden sind (vgl. auch [X.] in [X.]/ [X.], a.a.[X.], Art. 18 Rz 29b).

cc) Nach dem Vorstehenden kann die der Klägerin im Streitjahr zugeflossene Altersrente nicht als Ruhegehalt i.S. des Art. 19 [X.] 1971/1992 angesehen werden (so zu den Rentenansprüchen aufgrund des [X.]ischen [X.]VG auch [X.] in Debatin/[X.], a.a.[X.], [X.] Art. 19 Rz 23; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], a.a.[X.], Art. 18 Rz 14; [X.] in [X.]/[X.]/Grotherr, a.a.[X.], Art. 19 [X.] Rz 21, 25; [X.]/Looser, [X.], 652, 653, 655; OFD [X.], Verfügung in D[X.] 2004, 267; allgemein für Pensionskassenleistungen, die auch durch Arbeitnehmerbeiträge getragen worden sind: [X.], a.a.[X.], Art. 18 [X.] Rz 16; [X.] in [X.]/[X.]/ [X.]/[X.]/Staringer, a.a.[X.], [X.], 297 ff.; [X.]/ [X.], ebenda, [X.], 322; anderer Ansicht [X.] in [X.]/ [X.], a.a.[X.], Art. 18 Rz 30). Denn sie beruht --insoweit ähnlich den Leistungen aus einer gesetzlichen Sozialversicherung-- auf Rentenansprüchen gegen die [X.], die die Klägerin auch aufgrund eigener [X.]eitragsleistungen erworben hat, so dass die Altersrente nicht als Vergütung für erbrachte Dienste beurteilt werden kann.

Dass die Vorsorge über die betrieblichen Pensionskassen in dem Zeitraum, in dem die [X.]eitragsleistungen im Streitfall erbracht worden sind, in der [X.] noch nicht gesetzlich vorgeschrieben war, sondern auf freiwilliger [X.]asis vorgenommen wurde, ändert an diesem [X.]efund ebenso wenig wie die von der Revision ins Feld geführte Steuerfreiheit der geleisteten Arbeitnehmerbeiträge nach [X.] Recht.

dd) Die von der Revision gegen das Abkommensverständnis des [X.]s vorgebrachten Einwendungen führen zu keinem anderen Ergebnis. So lässt der Umstand, dass Art. 19 [X.] 1971/1992 --entsprechend dem vormaligen Art. 19 [X.]-MustAbk 1963-- so aufgebaut ist, dass die Zuweisung des [X.]esteuerungsrechts zum Kassenstaat in [X.]ezug auf die Ruhegehälter in Abs. 1 integriert ist, während im [X.]-Musterabkommen seit 1977 die Regelungen betreffend die Ruhegehälter in Art. 19 Abs. 2 "ausgelagert" worden sind, einen Rückschluss auf unterschiedliche Definitionen des Tatbestandsmerkmals "Ruhegehälter" in beiden Regelungsvarianten nicht zu.

Soweit die Revision vorbringt, nach dem geschilderten [X.]egriffsverständnis könne es in tatsächlicher Hinsicht überhaupt keine dem [X.]prinzip unterliegenden Ruhegehälter aus der [X.] geben, weil im dortigen öffentlichen Dienst die Altersvorsorge durchweg in gleicher Weise wie im privatrechtlichen [X.]ereich über die Versicherungssysteme des AHV und des [X.]VG organisiert sei und es dort Pensionszahlungen --wie für [X.] [X.] nicht gebe, mag das zutreffen. Es besteht aber kein Anhalt dafür, dass dieser Umstand beim Abschluss des [X.] 1971/1992 für einen der Vertragsschließenden erkennbar von [X.]edeutung gewesen ist und dass deshalb der [X.]egriff der Ruhegehälter abweichend vom seinerzeit üblichen abkommensrechtlichen Verständnis auszulegen sein könnte. Insbesondere lässt sich daraus nicht herleiten, dass aus übereinstimmender Sicht der Abkommensparteien die aus dem --zum Zeitpunkt des Abschlusses des [X.] 1971 in der [X.] noch nicht gesetzlich vorgeschriebenen-- Pensionskassensystem resultierenden Zusatzrenten öffentlich [X.]ediensteter --anders als deren Sozialversicherungsrenten nach dem AHV-- jedenfalls dem [X.]prinzip unterfallen sollten.

b) Da sonach kein Ruhegehalt im abkommensrechtlichen Sinne vorliegt, greifen im Streitfall weder die Zuweisung des [X.]esteuerungsrechts zum Ansässigkeitsstaat nach Art. 18 [X.] 1971/1992 noch die Zuweisung zum Kassenstaat nach Art. 19 Abs. 1 [X.] 1971/1992. Damit ist die Auffangnorm des Art. 21 [X.] 1971/1992 einschlägig, nach der die in den vorstehenden Artikeln nicht ausdrücklich erwähnten Einkünfte einer in einem Vertragstaat ansässigen Person nur in diesem Staat --im Streitfall [X.]-- besteuert werden können.

3. Zutreffend hat das [X.] zudem entschieden, dass im vorliegenden Verfahren eine Anrechnung der von der [X.] einbehaltenen und an die [X.] Steuerverwaltung abgeführten Quellensteuer auf die Einkommensteuer nicht möglich ist.

a) Nach Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 [X.] 1971/1992 wird bei den aus der [X.] stammenden Einkünften die in Übereinstimmung mit diesem Abkommen erhobene und nicht zu erstattende [X.] Steuer nach Maßgabe der Vorschriften des [X.]n Rechts über die Anrechnung ausländischer Steuern auf den Teil der [X.]n Steuer angerechnet, der auf diese Einkünfte entfällt. Die Anrechnung nach dieser [X.]estimmung scheitert im Streitfall daran, dass die Abführung der Quellensteuer an die [X.] Steuerverwaltung nach der Rechtsauffassung des [X.]s nicht in Übereinstimmung mit dem [X.] 1971/1992 geschehen ist. Denn Art. 21 [X.] 1971/1992 weist der [X.]undesrepublik [X.] das ausschließliche [X.]esteuerungsrecht an den von dieser Vorschrift umfassten Einkünften zu; ein Quellenbesteuerungsrecht der [X.] besteht danach nicht. Vielmehr hat die [X.] die gemäß Art. 21 [X.] 1971/1992 dem [X.]esteuerungsrecht der [X.]undesrepublik [X.] unterfallenden Einkünfte von der [X.]esteuerung in der [X.] auszuschließen ([X.] in Debatin/[X.], a.a.[X.], [X.] Art. 21 Rz 36, m.w.N.). Die sonach abkommenswidrig abgeführte Quellensteuer kann nicht angerechnet werden ([X.]surteile vom 15. März 1995 [X.]/94, [X.]FHE 177, 269, [X.] 1995, 580; vom 1. Juli 2009 [X.]/08, [X.] 2009, 1992, m.w.N.).

Entgegen der Annahme der Revision kann der [X.]esteuerungszugriff der [X.] nicht aufgrund des Art. 3 Abs. 2 [X.] 1971/1992 als abkommensgemäß angesehen werden. Denn wie unter [X.] ausgeführt, beruht das Verständnis des in Art. 18 und Art. 19 [X.] 1971/1992 verwendeten [X.]egriffs "Ruhegehälter" durch den [X.] nicht auf einem auf Art. 3 Abs. 2 [X.] gestützten Rückgriff auf das innerstaatliche Recht, sondern auf einer abkommensautonomen Auslegung, für die weder das [X.] noch das [X.] innerstaatliche Recht von entscheidender [X.]edeutung sind.

b) Eine Anrechnung der Quellensteuer nach § 34c Abs. 1 Satz 1 EStG 2002 scheidet ebenfalls aus. Zwar ist danach bei unbeschränkt Steuerpflichtigen, die mit ausländischen Einkünften in dem Staat, aus dem die Einkünfte stammen, zu einer der [X.]n Einkommensteuer entsprechenden Steuer herangezogen werden, die festgesetzte und keinem Ermäßigungsanspruch mehr unterliegende ausländische Steuer auf die [X.] Einkommensteuer anzurechnen, die auf die Einkünfte aus diesem Staat entfällt. Jedoch ist § 34c Abs. 1 Satz 1 EStG 2002 im Streitfall nicht anwendbar. Gemäß § 34c Abs. 6 Satz 1 EStG 2002 sind die Abs. 1 bis 3 des § 34c EStG 2002 nämlich nicht anzuwenden, wenn die ausländischen Einkünfte aus einem Staat stammen, mit dem ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung besteht. Diese Voraussetzung ist mit dem [X.] 1971/1992 gegeben. Da im Streitfall die [X.] Quellensteuer auf aus der [X.] stammende Einkünfte erhoben wurde, ist eine Anrechnung nach § 34c Abs. 1 EStG 2002 nicht möglich (vgl. [X.]surteil in [X.] 2009, 1992).

c) Auch auf § 34c Abs. 6 Satz 4 EStG 2002 kann eine Anrechnung nicht gestützt werden. Nach dieser Vorschrift sind die Abs. 1 und 2 des § 34c EStG 2002 auch bei [X.]estehen eines Abkommens anzuwenden, wenn die Doppelbesteuerung nach den Vorschriften des Abkommens nicht beseitigt wird. Dieser Fall ist jedoch nicht gegeben, da nach Art. 21 [X.] 1971/1992 das [X.]esteuerungsrecht in [X.]ezug auf die von diesem Artikel umfassten Einkünfte ausschließlich dem Ansässigkeitsstaat zusteht. Entscheidend sind insoweit die abstrakten Abkommensvorschriften ([X.]surteile in [X.]FHE 177, 269, [X.] 1995, 580, und in [X.] 2009, 1992).

d) Soweit das [X.] im Streitfall gleichwohl eine teilweise Anrechnung der abgeführten Quellensteuer vorgenommen hat, ist das als [X.]illigkeitserweis i.S. von § 163 der Abgabenordnung zu verstehen (vgl. auch OFD [X.], Verfügung in D[X.] 2004, 267). Dieser ist nicht Gegenstand des streitgegenständlichen Festsetzungsverfahrens.

4. Der [X.] teilt die Auffassung der Vorinstanz, wonach die im Streitfall faktisch gegebene Doppelbesteuerung des Ertragsanteils der Altersrente nicht aufgrund der gemeinschaftsrechtlichen Diskriminierungsverbote oder Grundfreiheiten in Verbindung mit dem [X.] zwischen der [X.] und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der [X.]ischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit ([X.]G[X.]l II 2001, 810) von der [X.]undesrepublik [X.] zu beseitigen ist. Auf die diesbezüglichen Ausführungen im [X.]-Urteil, denen die Revision nicht entgegengetreten ist, wird [X.]ezug genommen.

Meta

I R 92/09

08.12.2010

Bundesfinanzhof 1. Senat

Beschluss

vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 24. September 2009, Az: 3 K 4130/08, Urteil

§ 22 Nr 1 S 3 EStG 2002, Art 3 Abs 2 DBA CHE, Art 18 DBA CHE, Art 19 Abs 1 S 1 DBA CHE, Art 21 DBA CHE, § 19 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG 2002, § 163 AO, Art 39 EG, § 34c EStG 2002, EGFreizügAbk CHE

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 08.12.2010, Az. I R 92/09 (REWIS RS 2010, 612)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 612

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