Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.11.2015, Az. V ZR 284/14

5. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 2001

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Gegenstand

Anspruch eines Wohnungseigentümers auf erstmalige plangerechte Herstellung des Gemeinschaftseigentums: Erstmalige Herstellung einer Kellerinnenwand zur Abgrenzung von im Sondereigentum stehenden Kellerräumen; Anspruchsausschluss nach Treu und Glauben; Veräußerung des Wohnungeigentums und Beschränkung der Auflassung nach den von der Bauausführung vorgegebenen Grenzen


Leitsatz

1. Sondereigentum kann nur in den Grenzen entstehen, die sich aus dem zur Eintragung in das Grundbuch gelangten Aufteilungsplan ergeben.

2. Die erstmalige plangerechte Herstellung einer Wand, die zwei Sondereigentumseinheiten voneinander abgrenzt, ist unabhängig von der dinglichen Zuordnung der herzustellenden Wand Aufgabe aller Wohnungseigentümer und nicht nur der benachbarten Sondereigentümer.

3. Der Anspruch eines Wohnungseigentümers auf erstmalige plangerechte Herstellung des gemeinschaftlichen Eigentums kann nach dem Grundsatz von Treu und Glauben ausgeschlossen sein, wenn die tatsächliche Bauausführung nur unwesentlich von dem Aufteilungsplan abweicht.

4. Ist den Vertragsparteien bei der Veräußerung von Wohnungseigentum nicht bekannt, dass das Sondereigentum in größerem Umfang entstanden ist, als es die tatsächliche Bauausführung erkennen lässt, erlaubt eine vor Vertragsschluss erfolgte Besichtigung des Kaufobjekts nicht den Schluss, dass die Auflassung auf das Sondereigentum in den von der Bauausführung vorgegebenen Grenzen beschränkt worden ist.

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil der 1. Zivilkammer des [X.] vom 11. November 2014 aufgehoben.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 25. September 2013 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der letzte Halbsatz am Ende des Tenors (mit dem Wortlaut „und der Auftrag dem günstigen Anbieter erteilt wird“) entfällt.

Die Beklagten tragen die Kosten der Rechtsmittelverfahren.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Das zu der Anlage gehörige Wohngebäude wurde 1972 als Mietshaus für 18 Parteien errichtet. Bei dem Bau des [X.] wurde von den der Baugenehmigung zugrunde liegenden Bauplänen abgewichen, um einen Fensterzugang für den innenliegenden Kellerraum [X.] zu schaffen. Durch die hierfür erforderliche Verlegung einer Innenwand verkleinerte sich der nach den Plänen 8,43 qm große Kellerraum [X.] um eine Fläche von 3,94 qm.

2

Im Jahr 1984 erfolgte die Aufteilung in Wohnungseigentum. Für die Erstellung des [X.] wurden die ursprünglichen, der Baugenehmigung zugrunde liegenden Baupläne verwendet. Infolgedessen zeigt der im Grundbuch in Bezug genommene Aufteilungsplan nicht die tatsächliche Bauausführung der Kellerräume [X.] und [X.], sondern die ursprüngliche Planung. [X.] erwarb der Kläger nach vorheriger Besichtigung das Sondereigentum an der Wohnung [X.] sowie an dem Kellerraum [X.]. Von dem Aufteilungsplan nahm er erst nach dem Erwerb Kenntnis.

3

In der Eigentümerversammlung vom 17. April 2013 wurde der Antrag des [X.], den Kellerraum [X.] in den aus dem Aufteilungsplan ersichtlichen Grenzen herzustellen, mehrheitlich abgelehnt. Hiergegen wendet er sich mit der Anfechtungsklage. Zugleich verlangt er festzustellen, dass die dem Aufteilungsplan entsprechende Herstellung des Kellerraums [X.] auf Kosten der Wohnungseigentümergemeinschaft und die Erteilung des Auftrags an den günstigsten Anbieter beschlossen ist. Das Amtsgericht hat der Klage vollen Umfangs stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das [X.] das Urteil geändert und die Klage abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision will der Kläger die Zurückweisung der Berufung erreichen; die Beklagten beantragen die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

I.

4

Das Berufungsgericht meint, die Abgrenzung des Sondereigentums richte sich nicht nach dem Aufteilungsplan, sondern nach der tatsächlichen Bauausführung. Der teilende Eigentümer habe die Aufteilung offenkundig an den seit zwölf Jahren bestehenden baulichen Gegebenheiten ausrichten wollen und die veralteten Bauunterlagen aufgrund eines schlichten Versehens verwendet. Solche Fehler bei der planerischen Erfassung wirkten sich auf die Zuweisung des Sondereigentums nicht aus und dürften keine [X.] nach sich ziehen. Die für die Begründung von Wohnungseigentum an einem noch zu errichtenden Gebäude geltenden Grundsätze seien auf die Aufteilung eines bereits bestehenden Gebäudes nicht übertragbar. Zudem sei auch insoweit in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, dass bei unwesentlichen Abweichungen auf die tatsächliche Bauausführung abzustellen und der Aufteilungsplan entsprechend zu berichtigen sei. Um eine solche unwesentliche Abweichung gehe es hier, da nur ein Kellerraum betroffen sei und die Fläche des gesamten Sondereigentums lediglich um 6 % gemindert werde. Schließlich habe der Kläger die streitige Fläche nicht gutgläubig erworben. Die Unrichtigkeit des Grundbuchs sei ihm bekannt gewesen, weil er [X.]raum in seinem tatsächlichen Umfang vor dem Erwerb besichtigt habe.

II.

5

Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

6

1. Die Anfechtungsklage hat Erfolg. Der angefochtene Negativbeschluss entspricht nicht ordnungsmäßiger Verwaltung, weil der Kläger die [X.] Herstellung des [X.] von den Beklagten verlangen kann.

7

a) Im Ausgangspunkt stützt sich der geltend gemachte Anspruch auf § 21 Abs. 4 i.V.m. Abs. 5 Nr. 2 [X.]. Hiernach kann jeder Wohnungseigentümer von den übrigen Mitgliedern der Wohnungseigentümergemeinschaft grundsätzlich verlangen, dass das [X.]seigentum plangerecht hergestellt wird, da unter Instandsetzung auch die erstmalige Herstellung des [X.]seigentums zu verstehen ist. Beschließen die Wohnungseigentümer die [X.] Herrichtung der Wohnanlage auf Kosten der [X.] mehrheitlich nach § 21 Abs. 3 [X.], sind die hiervon betroffenen Wohnungseigentümer ab diesem Zeitpunkt nach § 14 Nr. 4 [X.] zur Duldung des Umbaus verpflichtet. § 22 [X.] steht dem nicht entgegen, weil die erstmalige [X.] Herrichtung keine bauliche Veränderung im Sinne der genannten Norm darstellt. Dies gilt im Grundsatz auch dann, wenn ein Gebäude planwidrig erstellt wurde und sodann die Planwidrigkeit behoben wird (vgl. zum Ganzen Senat, Urteil vom 14. November 2014 - [X.], NJW 2015, 2027 Rn. 20, vorgesehen zum Abdruck in [X.]).

8

b) Ob die vorhandene Trennwand planwidrig ist, richtet sich nach der Grundbucheintragung, und zwar nach der Teilungserklärung und dem dort in Bezug genommenen Aufteilungsplan.

9

[X.]) Bei der Auslegung von [X.], die der Senat in vollem Umfang überprüfen kann, ist vorrangig auf den Wortlaut und den Sinn der Eintragung sowie der darin in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung abzustellen, wie sie sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung des Eingetragenen ergeben. Umstände außerhalb dieser Urkunden dürfen zur Ermittlung von Inhalt und Umfang eines Grundstücksrechts nur insoweit mit herangezogen werden, als sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (st. Rspr., vgl. nur Senat, Urteil vom 30. Juni 1995 - [X.], [X.], 159, 166).

[X.]) Danach ist für die Abgrenzung des Sondereigentums nicht die tatsächliche Bauausführung, sondern der Aufteilungsplan maßgeblich. Letzterer soll sicherstellen, dass dem Bestimmtheitsgrundsatz des Sachen- und Grundbuchrechts Rechnung getragen wird, indem er die Aufteilung des Gebäudes sowie die Lage und Größe des Sondereigentums und der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Gebäudeteile ersichtlich macht (§ 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 [X.]; vgl. Senat, Urteil vom 30. Juni 1995 - [X.], [X.], 159, 166 f.; Urteil vom 18. Juli 2008 - [X.], [X.], 338 Rn. 12; Urteil vom 15. Januar 2010 - [X.], [X.], 407 Rn. 7; Urteil vom 16. November 2012 - [X.], [X.], 153 Rn. 5 f.). Bei Grundstücken ergibt sich der Grenzverlauf aus der dem Liegenschaftskataster zugrundeliegenden Liegenschaftskarte (vgl. § 2 Abs. 2 GBO); hierauf erstreckt sich die Vermutung der Richtigkeit des Grundbuchs gemäß § 891 Abs. 1 [X.] (vgl. Senat, Urteil vom 2. Dezember 2005 - [X.], Rpfleger 2006, 181 f.; Urteil vom 8. November 2013 - [X.], [X.], 31 Rn. 11). Dieselbe sachenrechtliche Abgrenzungsfunktion wie das Liegenschaftskataster erfüllt bei der Aufteilung in Wohnungseigentum der Aufteilungsplan, der an die Stelle der Vermessung und katastermäßigen Erfassung tritt (vgl. Senat, Urteil vom 30. Juni 1995 - [X.], [X.], 159, 166 f.; Urteil vom 18. Juli 2008 – [X.], [X.], 338 Rn. 12). Dagegen hat der tatsächliche Besitzstand bei der Auslegung der Eintragung außer Betracht zu bleiben, weil er als Umstand außerhalb des Grundbuchs nicht für jedermann erkennbar ist (vgl. [X.], 1127, 1128; [X.], [X.] 2006, 103, 104).

cc) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist in diesem Zusammenhang unerheblich, in welchem Ausmaß die tatsächliche Bauausführung von dem Aufteilungsplan abweicht.

(1) Allerdings entspricht es der ganz überwiegenden Ansicht, dass Sondereigentum ausnahmsweise in den von der tatsächlichen Bauausführung vorgegebenen Grenzen entsteht, wenn diese nur unwesentlich von dem Aufteilungsplan abweicht (BayObLG, [X.], 973, 975; [X.], [X.] 1977, 467, 469; [X.], [X.] 1981, 106, 108; [X.], 1127, 1128; [X.], [X.], 30, 31; [X.], [X.] 2006, 103, 104; Armbrüster in [X.], [X.], 13. Aufl., § 2 Rn. 77; [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 3 Rn. 102, 105; Vandenhouten in [X.]/Kümmel/Vandenhouten, [X.], 11. Aufl., § 7 Rn. 35; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 3 Rn. 15; [X.], [X.] [2005], § 3 Rn. 78; Hügel/[X.], [X.], § 3 Rn. 90; [X.], [X.] 1991, 240, 242).

(2) Diese Auffassung teilt der Senat nicht. Sondereigentum kann nur in den Grenzen entstehen, die sich aus dem zur Eintragung in das Grundbuch gelangten Aufteilungsplan ergeben. Eine hiervon abweichende tatsächliche Bauausführung stellt unabhängig von ihrem Ausmaß einen Umstand außerhalb des Grundbuchs dar, der nicht für jedermann erkennbar ist. Hiervon zu trennen ist die Frage, ob auch geringfügige Abweichungen einen Anspruch einzelner Wohnungseigentümer auf Herstellung eines [X.]n Zustands bzw. auf Anpassung der Teilungserklärung und des [X.] begründen können.

dd) Für die Aufteilung eines bestehenden Gebäudes gilt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nichts anderes als bei der Errichtung von Bauwerken. Das Gesetz differenziert insoweit nicht. Der Aufteilungsplan ist auch dann maßgeblich, wenn er einen bereits vorhandenen Bestand aufgrund eines Versehens unzutreffend erfasst. Nichts anderes folgt aus der von der Revisionserwiderung herangezogenen Angabe in der Teilungserklärung, wonach ein bestehendes Gebäude aufgeteilt werden soll. Da der vorhandene Gebäudebestand aus dem Grundbuch nicht ersichtlich ist, ergeben sich die Einzelheiten der Aufteilung gerade nicht aus der Teilungserklärung, sondern aus dem darin in Bezug genommenen Aufteilungsplan.

c) Die Entstehung von Sondereigentum nach Maßgabe des [X.] wird grundsätzlich - und auch hier - nicht dadurch gehindert, dass die tatsächliche Aufteilung des errichteten Gebäudes von der nach dem Aufteilungsplan vorgesehenen abweicht.

[X.]) Die ausreichend eindeutige Abgrenzbarkeit kann auch gegeben sein, wenn eine vorgesehene Trennwand fehlt, aber ihre Lage nach dem Aufteilungsplan eindeutig feststellbar ist („Luftschranken“, näher Senat, Urteil vom 18. Juli 2008 - [X.], [X.], 338 Rn. 10 ff.). Daher scheidet die entsprechende Anwendung von Überbaurecht (§§ 912 ff. [X.]; hierfür [X.]/[X.], [X.] [2005], § 3 Rn. 78b ff.; Hügel/[X.], [X.], § 3 Rn. 92; [X.], [X.] 1991, 240, 242) auf Fallgestaltungen wie die vorliegende aus. Ein in dem Aufteilungsplan vorgesehenes Sondereigentum gelangt nur dann nicht wirksam zur Entstehung, wenn es gegen sonstiges Sondereigentum und gegen das [X.]seigentum nicht mehr eindeutig abgrenzbar ist (Senat, Urteil vom 5. Dezember 2003 - [X.], [X.], 1798, 1800; Urteil vom 18. Juli 2008 - [X.], [X.], 338 Rn. 9; Urteil vom 20. Mai 2011- [X.], NJW 2011, 3237 Rn. 19).

[X.]) Danach ist das Sondereigentum an [X.]räumen Nr. 3 und [X.] in den von dem Aufteilungsplan vorgegebenen Grenzen entstanden. Die Lage beider Räume ist nach dem Aufteilungsplan ohne weiteres identifizierbar; es befindet sich lediglich eine Trennwand an einer anderen Stelle als vorgesehen. Ob der Kläger die Divergenz zwischen Aufteilungsplan und Bauausführung kannte, ist in diesem Zusammenhang unerheblich, weil das Grundbuch nicht im Sinne von § 892 Abs. 1 Satz 1 [X.] unrichtig ist. Da auch der Eigentümer des Kellerraums [X.] sein Sondereigentum nur in den von dem Aufteilungsplan vorgegebenen Grenzen erworben hat, stehen dessen Rechte nicht entgegen.

d) Zu Recht verlangt der Kläger die dem Aufteilungsplan entsprechende Herstellung von den Beklagten; die Mitwirkung daran wird nicht allein von dem benachbarten Sondereigentümer des Kellerraums [X.] geschuldet. Die erstmalige [X.] Herstellung einer Wand, die zwei Sondereigentumseinheiten voneinander abgrenzt, ist unabhängig von der dinglichen Zuordnung der herzustellenden Wand Aufgabe aller Wohnungseigentümer, also auch dann, wenn - wie hier - eine nicht tragende Wand versetzt werden muss.

[X.]) Allerdings hat der Senat eine solche nicht tragende Trennwand in seinem Beschluss vom 21. Dezember 2000 ([X.]/00, [X.], 241, 248) als „gemeinsames Sondereigentum“ der beiden betroffenen Sondereigentümer angesehen (vgl. auch Senat, Urteil vom 18. Juli 2008 - [X.], [X.], 338 Rn. 11 [X.]). Dass Zwischenwände dieser Art im sogenannten „Nachbareigentum“ stehen, entspricht der ganz überwiegenden Ansicht; ermöglichen soll dies insbesondere eine entsprechende Anwendung der §§ 921, 922 [X.] im Verhältnis der Sondereigentümer zueinander ([X.], NJW-RR 2006, 297, 298; [X.], [X.] 2007, 620, 621 f.; [X.], Rpfleger 1987, 106; Armbrüster in [X.], [X.], 12. Aufl., § 3 Rn. 30 und § 5 Rn. 134; [X.]/[X.], [X.] [2005], § 3 Rn. 10 und § 5 Rn. 61; [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 3 Rn. 26; [X.]/[X.] in Riecke/[X.], [X.], 4. Aufl., § 3 Rn. 79; Hügel/[X.], [X.], § 5 Rn. 39 [X.]; [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 921 Rn. 18; [X.], [X.], 9. Aufl., § 5 Rn. 36; [X.], [X.] [2005], 145, 149; vgl. auch [X.]. 75/51, [X.]; [X.] in [X.]/Kümmel/Vandenhouten, [X.], 11. Aufl., § 3 Rn. 7; [X.], [X.] 2007, 622, 623 f.). In Betracht kommt allerdings nicht Mitsondereigentum, das das Wohnungseigentumsgesetz ebenso wenig vorsieht wie dinglich verselbständigte [X.] an einzelnen Gebäudeteilen (vgl. Senat, Urteil vom 30. Juni 1995 - [X.], [X.], 159, 168 f.; Urteil vom 21. Oktober 2011 - [X.], NJW-RR 2012, 85 Rn. 9), sondern allenfalls vertikal („lotrecht“) geteiltes Sondereigentum, wie es dem Eigentum an einer Grenzanlage im Sinne der §§ 921, 922 [X.] entspricht (näher hierzu Senat, Urteil vom 27. März 2015 - [X.], [X.], 364 Rn. 8 ff.).

[X.]) Ob an der Anerkennung eines „[X.]“ in diesem Sinne festzuhalten ist, oder ob insbesondere die bei einer Unterteilung des Sondereigentums entstehenden Rechtsprobleme auch dann lösbar wären, wenn Außenwände des Sondereigentums als einheitliche Sachen im gemeinschaftlichen Eigentum stünden, bedarf keiner Entscheidung. Denn eine nicht tragende Trennwand muss jedenfalls dann wie gemeinschaftliches Eigentum behandelt werden, wenn es um ihre erstmalige [X.] Herstellung geht. Diese ist nicht allein Aufgabe der betroffenen Sondereigentümer ([X.], 491 ff.). Auch die §§ 921, 922 [X.] regeln nur bereits vorhandene Grenzanlagen (vgl. [X.]/[X.], [X.] [2009], § 921 Rn. 5; MüKo[X.]/Säcker, 6. Aufl., § 922 Rn. 8). Dagegen ist die erstmalige Verwirklichung der sachenrechtlichen Abgrenzung nach Maßgabe des [X.] von allen Wohnungseigentümern gleichermaßen zu gewährleisten. Dies gilt unabhängig davon, ob es um die Abgrenzung des Sondereigentums zum [X.]seigentum oder um die Abgrenzung der Sondereigentumseinheiten untereinander geht; auch kann in diesem Zusammenhang nicht entscheidend sein, ob eine tragende (und damit ohne weiteres im gemeinschaftlichen Eigentum stehende) oder eine nicht tragende Wand versetzt werden muss, um die Vorgaben des [X.] erstmals zu verwirklichen. Ebenso ist die Entfernung der vorhandenen Trennwand Aufgabe aller Wohnungseigentümer, selbst wenn diese infolge der planwidrigen Errichtung im Sondereigentum des [X.] stehen sollte.

e) Der Anspruch auf erstmalige Herstellung eines den Plänen entsprechenden Zustands ist nicht nach [X.] und Glauben (§ 242 [X.]) ausgeschlossen. Dies kommt allerdings in Betracht, wenn seine Erfüllung den übrigen Wohnungseigentümern nach den Umständen des Einzelfalls nicht zuzumuten ist.

[X.]) So kann es etwa liegen, wenn die [X.] Herstellung tiefgreifende Eingriffe in das Bauwerk erfordert oder Kosten verursacht, die auch unter Berücksichtigung der berechtigten Belange der von der abweichenden Bauausführung unmittelbar betroffenen Wohnungseigentümer unverhältnismäßig sind (vgl. Senat, Urteil vom 14. November 2014 - [X.], NJW 2015, 2027 Rn. 21, vorgesehen zum Abdruck in [X.]). Die Gewichtung der berechtigten Belange der unmittelbar betroffenen Wohnungseigentümer richtet sich nach dem Ausmaß der Abweichung und der damit verbundenen Beeinträchtigung. Infolgedessen kann der Herstellungsanspruch ausgeschlossen sein, wenn die tatsächliche Bauausführung nur unwesentlich von dem Aufteilungsplan abweicht. Dann sind die Wohnungseigentümer im Grundsatz verpflichtet, Teilungserklärung und Aufteilungsplan so zu ändern, dass diese der tatsächlichen Bauausführung entsprechen (vgl. Senat, Urteil vom 14. November 2014- [X.], NJW 2015, 2027 Rn. 21, vorgesehen zum Abdruck in [X.]). Bei geringfügigen Abweichungen können sich aber auch die mit einer Anpassung des [X.] verbundenen Kosten als unverhältnismäßig erweisen, so dass es im Ergebnis bei den bestehenden Verhältnissen bleiben muss.

[X.]) Hiernach ist den Beklagten die Herstellung des [X.]n Zustands zuzumuten. Weil das Kellerabteil Nr. 3 durch die tatsächliche Bauausführung nicht geringfügig verkleinert, sondern fast halbiert wird, handelt es nicht um eine unwesentliche Abweichung. Dass gemessen daran unverhältnismäßige Kosten durch die Versetzung der Wand verursacht werden, ist nicht ersichtlich. Insbesondere ist die Geltendmachung des Anspruchs auch nicht deshalb treuwidrig, weil eigene Belange des [X.] nicht berührt wären.

(1) Da die [X.] Herstellung des gemeinschaftlichen Eigentums im Grundsatz ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, kann sie ohnehin jeder Wohnungseigentümer verlangen. Im Einzelfall kann es sich aber als treuwidrig erweisen, wenn ein von der Abweichung nicht unmittelbar betroffener Wohnungseigentümer einen solchen Anspruch geltend macht, obwohl sich die eigentlich betroffenen Wohnungseigentümer dem widersetzen.

(2) Der Kläger ist von der abweichenden Bauausführung jedoch unmittelbar betroffen, weil er (auch) das Sondereigentum an dem planwidrig abgetrennten Teil des [X.] erworben hat.

(a) Allerdings hat das Berufungsgericht - wenn auch in anderem Zusammenhang - festgestellt, dass der Kläger [X.] vor Vertragsschluss besichtigt und von dem Aufteilungsplan keine Kenntnis gehabt habe; darüber hinaus habe bis zum [X.] niemand eine Umbaumaßnahme in Erwägung gezogen. Demnach gingen die Parteien des [X.] geschlossenen Kaufvertrags bei Vertragsschluss davon aus, dass (nur) der besichtigte verkleinerte Kellerraum Teil des Sondereigentums war.

(b) Dem Eigentumserwerb des [X.] steht dies aber nicht entgegen; die Auflassung hat sich insgesamt auf das Sondereigentum an dem Kellerraum Nr. 3 erstreckt. Es liegt keine versehentliche Falschbezeichnung vor, die dazu führte, dass das Sondereigentum nur in den Grenzen der tatsächlichen Bauausführung aufgelassen worden wäre.

([X.]) Nach den getroffenen Feststellungen hat der Kläger einen Miteigentumsanteil von 674/10.000 verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung Nr. 3 nebst zugehörigem Kellerraum erworben. Allerdings gelten auch bei einer notariellen Urkunde die allgemeinen Regeln für die rechtliche Behandlung einer Falschbezeichnung. Danach kann ein übereinstimmender tatsächlicher Wille der Vertragsparteien den Inhalt des Rechtsgeschäfts bestimmen und dem Wortlaut der Vereinbarung vorgehen (vgl. Senat, Urteil vom 7. Dezember 2001- [X.], [X.], 1038, 1039; Urteil vom 2. Dezember 2005 - [X.], Rpfleger 2006, 181 f.; Urteil vom 18. Januar 2008 - [X.], [X.], 1658 Rn. 12; Urteil vom 18. Juli 2008 - [X.], [X.], 338 Rn. 18).

([X.]) An einem solchen übereinstimmenden Willen fehlt es. Ist den Vertragsparteien - wie hier - bei der Veräußerung von Wohnungseigentum nicht bekannt, dass das Sondereigentum in größerem Umfang entstanden ist, als es die tatsächliche Bauausführung erkennen lässt, erlaubt eine vor Vertragsschluss erfolgte Besichtigung des [X.] nicht den Schluss, dass die Auflassung auf das Sondereigentum in den von der Bauausführung vorgegebenen Grenzen beschränkt worden ist. Andernfalls wäre die Auflassung nämlich insgesamt unwirksam; da unzweifelhaft der gesamte Miteigentumsanteil übereignet werden sollte, hätte sie die gemäß § 6 Abs. 1 [X.] unzulässige Entstehung eines isolierten Sondereigentumsanteils zur Folge (hier in Gestalt des durch die Wand abgetrennten Kellerteils; vgl. [X.] 1987, 390, 395 f.). Dieses Ergebnis liefe den vernünftigen Interessen beider Parteien zuwider, die eine wirksame Eigentumsübertragung erzielen wollen. Nichts anderes lässt sich dem Urteil des Senats vom 18. Juli 2008 ([X.], [X.], 338 Rn. 17 ff.) entnehmen; dieses betraf eine Auflassung durch Insichgeschäft des teilenden Eigentümers unter Befreiung von den Vorgaben des § 181 [X.].

f) Der Grundsatz von [X.] und Glauben gemäß § 242 [X.] greift auch nicht unter dem - von Amts wegen zu prüfenden (vgl. [X.], Urteil vom 10. November 1965 - [X.], NJW 1966, 343, 345) - Gesichtspunkt der Verwirkung ein. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, und deswegen die verspätete Geltendmachung gegen [X.] und Glauben verstößt (st. Rspr., vgl. nur Senat, Urteil vom 8. Mai 2015 - [X.], [X.], 731 Rn. 12 mwN). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, ohne dass es darauf ankäme, ob und unter welchen Voraussetzungen eine eingetretene Verwirkung den Kläger als Rechtsnachfolger binden kann (offen gelassen durch Senat, Urteil vom 8. Mai 2015 - [X.], [X.]O Rn. 14). Die Beklagten konnten nicht darauf vertrauen, dass der fortwährende Widerspruch zwischen tatsächlicher Bauausführung und Grundbuchinhalt auch in der Zukunft von allen Seiten hingenommen werden würde. Sie hätten es ihrerseits in der Vergangenheit in der Hand gehabt, die Situation durch eine einvernehmliche Anpassung des [X.] an die tatsächlichen Verhältnisse zu beheben.

2. Auch die Beschlussersetzungsklage gemäß § 21 Abs. 4, Abs. 8 [X.] ist im Wesentlichen begründet. Wie ausgeführt, kann der Kläger die [X.] Herstellung der Trennwand verlangen. Allerdings bedarf es keines Ausspruchs über die Erteilung des Auftrags an den günstigsten Anbieter.

a) Da die Beschlussersetzung nach § 21 Abs. 8 [X.] in die Privatautonomie der Wohnungseigentümer eingreift, dürfen Maßnahmen nur insoweit angeordnet werden, als dies zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes unbedingt notwendig ist. Es ist daher stets zu prüfen, ob und ggf. auf welche Weise es den Wohnungseigentümern ermöglicht werden kann, noch selbst in [X.] eine Entscheidung zu treffen. Ist - wie hier - nur das „Ob“ einer Maßnahme umstritten und nichts dafür ersichtlich, dass die Wohnungseigentümer ihrer grundsätzlichen Verpflichtung nach rechtskräftiger Klärung nicht nachkommen werden, genügt es in der Regel, wenn das Gericht nach § 21 Abs. 8 [X.] die entscheidende Richtung vorgibt (näher Senat, Urteil vom 24. Mai 2013 - [X.], [X.], 219 Rn. 31).

b) Daran gemessen ist die Beschlussfassung über die Durchführung der Maßnahme ausreichend. Der Verwalter ist gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 [X.] verpflichtet, den Beschluss umzusetzen, indem er Vergleichsangebote einholt, diese prüft und den Auftrag erteilt. Er ist zwar in aller Regel gehalten, den günstigsten Anbieter zu wählen; auch können ihm die Wohnungseigentümer eine dahingehende Weisung erteilen. Zwingend ist dies jedoch nicht. Es kann im Einzelfall triftige Gründe dafür geben, einen teureren Anbieter zu beauftragen (vgl. [X.] 1995, 287 f.; [X.] [X.], 739 f.; so für die Auswahl des Verwalters Senat, Urteil vom 22. Juni 2012 - [X.], [X.], 654 Rn. 11; Urteil vom 27. Februar 2015 - [X.], NJW 2015, 1378 Rn. 10).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, § 49 Abs. 1 [X.]. Es entspricht billigem Ermessen im Sinne von § 49 Abs. 1 [X.], die Prozesskosten den Beklagten aufzuerlegen, da diese eine Beschlussfassung abgelehnt haben. Dass der Senat bei der Abfassung des Tenors hinsichtlich der Beschlussersetzung von seinem Ermessen Gebrauch gemacht und in einem Nebenpunkt nicht dem Antrag des [X.] entsprochen hat, ändert hieran nichts.

Stresemann                   [X.]t-Räntsch                           Brückner

                     Göbel                                 [X.]

Meta

V ZR 284/14

20.11.2015

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Dortmund, 11. November 2014, Az: 1 S 332/13

§ 3 WoEigG, § 6 Abs 1 WoEigG, § 8 WoEigG, § 21 Abs 4 WoEigG, § 21 Abs 5 Nr 2 WoEigG, § 242 BGB, § 925 Abs 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.11.2015, Az. V ZR 284/14 (REWIS RS 2015, 2001)

Papier­fundstellen: NJW 2016, 473 REWIS RS 2015, 2001

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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