Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.08.2009, Az. IX ZR 58/06

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 2124

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] ZR 58/06 Verkündet am: 13. August 2009 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf das am 15. Juli 2009 ge-schlossene schriftliche Verfahren durch [X.] Ganter, [X.], Prof. Dr. [X.], [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des [X.] vom 1. Februar 2006 insoweit aufgehoben, als das beklagte [X.] verurteilt worden ist, dem Klä-ger Auskunft darüber zu erteilen, welche Zahlungen auf [X.] die Schuldnerin an das beklagte [X.] in dem [X.] vom 1. Januar 2002 bis zum 18. Dezember 2002 wann, in welcher Höhe und ob per Barzahlung, per Überweisung oder per Scheck erbracht hat. Im Umfang der Aufhebung wird die Klage abgewiesen. Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens, das beklagte [X.] die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zu tragen. Von den außer-gerichtlichen Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbe-schwerde und den übrigen Kosten des Rechtsstreits trägt der Klä-ger 2 %, das beklagte [X.] 98 %. Von Rechts wegen

- 3 - Tatbestand: 1 Der Kläger ist Verwalter in dem am 19. Dezember 2002 eröffneten Insol-venzverfahren über das Vermögen der T.

GmbH (künftig: [X.]). Das Finanzamt [X.]erhielt von der Schuldnerin zwischen dem 31. Ja-nuar 2001 und dem 2. November 2001 Zahlungen auf [X.] von insgesamt 55.973,05 •. Im Frühjahr 2002 zahlte die Schuldnerin weitere 6.725,63 •. Der Kläger focht die Zahlungen an, erhielt aber lediglich den Betrag von 6.725,63 • erstattet. Er hat deshalb das [X.] S.

auf Rückzah-lung der übrigen Beträge und Auskunft verklagt, welche Zahlungen die Schuld-nerin auf [X.] im [X.]raum vom 1. Januar 2002 bis zum 18. [X.] an das beklagte [X.] erbracht hat, und zwar wann, in welcher Höhe und ob per Barzahlung, per Überweisung oder per Scheck. Zur [X.] hat er ausgeführt, die Schuldnerin habe im fraglichen [X.]raum über die bereits erwähnten 6.725,63 • hinaus weitere anfechtbare Zahlungen erbracht. Die genauen [X.]punkte und Beträge könne er aber nicht nennen, weil [X.] aus dem [X.] nicht vorhanden und Geschäftsführer wie Gesellschafter zu näheren Angaben nicht in der Lage seien. Die Klage hat in erster Instanz keinen, in zweiter Instanz vollen Erfolg gehabt. Mit seiner vom Senat nur insoweit zugelassenen Revision wendet sich das beklagte [X.] ge-gen die Verurteilung zur Auskunft.
Entscheidungsgründe: Die Revision hat Erfolg. 2 - 4 - [X.] 3 Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Nachdem zwischen den Parteien ein Rückgewährschuldverhältnis bestehe, sei auch der Auskunftsanspruch des [X.] aus § 143 [X.] i.V.m. § 242 BGB gegeben. Der Kläger habe dargelegt, dass in der [X.] vom 1. Januar 2002 bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens weitere Zahlungen erfolgt seien, über deren Höhe und Art und Weise er aber wegen nicht auffindbarer Geschäftsunterlagen aus dem [X.] keine Kennt-nis habe. Die Schuldnerin sei wegen der fehlenden Unterlagen und des [X.]ab-laufs zur Auskunft nicht in der Lage. Der Kläger sei daher in entschuldbarer Weise im Ungewissen über den Umfang des Anspruchs. I[X.] Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand. 4 1. Die Insolvenzordnung sieht einen Auskunftsanspruch des [X.] gegen Gläubiger, die im Wege der Insolvenzanfechtung in Anspruch genommen werden sollen, nicht vor ([X.], [X.]. v. 7. Februar 2008 - [X.] ZB 137/07, [X.], 565 Rn. 9). 5 2. Das beklagte [X.] ist auch nicht nach [X.] und Glauben (§ 242 BGB) zur Auskunft verpflichtet. 6 Eine Verpflichtung, Leistungen so zu bewirken, wie [X.] und Glauben es erfordern, gibt es nur im Rahmen bereits bestehender Rechtsbeziehungen. Der [X.] hat einen Auskunftsanspruch des Konkurs- bzw. [X.] - 5 - verwalters gegen Gläubiger des Insolvenzschuldners wegen möglicher Anfech-tungsansprüche deshalb in ständiger Rechtsprechung davon abhängig [X.], dass ein Anfechtungsanspruch dem Grunde nach feststeht und es nur noch um die nähere Bestimmung von Art und Umfang des Anspruchs geht. [X.] ein Rückgewährschuldverhältnis nicht feststeht, hat sich der Verwalter wegen aller benötigten Auskünfte an den Schuldner zu halten ([X.]Z 74, 379, 381 f; [X.], Urt. v. 18. Januar 1978 - [X.], NJW 1978, 1002; v. 15. Januar 1987 - [X.] ZR 4/86, NJW 1987, 1812, 1813; v. 21. Januar 1999 - [X.] ZR 429/97, NJW 1999, 1033, 1034; so auch schon [X.], 42, 46). Dies entspricht der im Schrifttum ganz herrschenden Auffassung (MünchKomm-[X.]/Kirchhof, 2. Aufl. § 143 Rn. 14; [X.]/[X.], [X.] § 143 Rn. 165; HK-[X.]/[X.], 5. Aufl. § 129 Rn. 93; FK-[X.]/[X.], 5. Aufl. § 143 Rn. 43; [X.]/[X.], [X.] 12. Aufl. § 143 Rn. 45; [X.] in [X.], [X.] § 143 Rn. 73; HmbKomm-[X.]/[X.], 3. Aufl. § 143 Rn. 88; Graf-Schlicker/[X.], [X.] § 143 Rn. 4; [X.], [X.] in der [X.]. Rn. 355; [X.]/[X.]/[X.] DStR 2002, 1910 f). Im [X.] Fall ist diese Voraussetzung nicht gegeben. Für den [X.]raum, auf den sich das Auskunftsbegehren des [X.] bezieht, sind, abgesehen von der be-reits erstatteten Zahlung in Höhe von 6.725,63 •, anfechtbare Rechtshandlun-gen nicht festgestellt. Solche werden vom Kläger nur vermutet. Gegenüber Per-sonen, die lediglich im Verdacht stehen, sie könnten etwas vom [X.] in anfechtbarer Weise erworben haben, besteht jedoch kein [X.] ([X.], Urt. v. 21. Januar 1999 aaO Seite 1034). Dies gilt auch dann, wenn sich der Verdacht - wie hier - auf die Feststellung anderer an-fechtbarer Vermögensverfügungen gründet. Denn jede selbständige [X.] Rechtshandlung begründet einen besonderen [X.] ([X.], Urt. v. 15. Januar 1987 aaO). - 6 - 3. Das am 1. November 2008 in [X.] getretene Informationszugangsge-setz [X.] vom 19. Juni 2008 (GVBl. LSA 2008, 242) gibt auch [X.] unter bestimmten Voraussetzungen ein Recht auf Zugang zu amtlichen In-formationen. Auf dieses Gesetz kann das Auskunftsbegehren des [X.] aber schon deshalb nicht gestützt werden, weil das nach § 7 Abs. 1, § 9 Abs. 3 [X.] LSA vorgeschriebene Verwaltungsverfahren nicht durchgeführt worden ist (vgl. [X.], [X.]. v. 19. Dezember 1995 - [X.]/94, NVwZ-RR 1997, 204, 205; Urt. v. 16. November 2001 - [X.], NJW 2001, 1067, 1068). 8 4. Der Kläger kann einen Anspruch auf Auskunftserteilung auch nicht aus dem Rechtsverhältnis herleiten, das zwischen der Insolvenzschuldnerin und dem Finanzamt besteht. Die Abgabenordnung regelt einen Auskunftsanspruch nicht. Der [X.] hat zwar unter bestimmten Voraussetzungen einen Auskunftsanspruch aus dem Rechtsstaatsprinzip in Verbindung mit dem Grund-recht der Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG und dem Prozessgrundrecht des Art. 19 Abs. 4 GG angenommen ([X.], 32). Ob diese Voraussetzungen vorliegen, kann jedoch offen bleiben. Denn der Kläger verlangt die Auskunft nicht, um steuerliche Rechte der Insolvenzschuldnerin zu wahren (§ 80 Abs. 1 [X.]), sondern um zugunsten der Gesamtheit der Gläubiger Zahlungen der 9 - 7 - Schuldnerin im Wege der Anfechtung zur Insolvenzmasse zu ziehen. Hierfür ist allein das Rechtsverhältnis zwischen ihm und dem beklagten [X.] maßgeblich (vgl. [X.] ZIP 2009, 732). [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom [X.][X.], Entscheidung vom 01.02.2006 - 5 U 146/05 -

Meta

IX ZR 58/06

13.08.2009

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.08.2009, Az. IX ZR 58/06 (REWIS RS 2009, 2124)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 2124

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