Bundespatentgericht, Beschluss vom 15.11.2018, Az. 25 W (pat) 69/17

25. Senat | REWIS RS 2018, 1680

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "digitale zimmermappe (Wort-Bild-Marke)" – Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2013 055 456

hier Löschungsverfahren – [X.]/15 Lösch

hat der 25. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 15. November 2018 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.], der Richterin [X.] und des Richters Dr. Nielsen

beschlossen:

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss der Markenabteilung 3.4 des [X.] vom 6. März 2017 aufgehoben, soweit die Löschung der angegriffenen Marke in Bezug auf die Dienstleistungen der Klasse 35 „Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten“ und der [X.] „wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche Designerdienstleistungen; industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen“ angeordnet worden ist. In Bezug auf die vorgenannten Dienstleistungen wird der Löschungsantrag zurückgewiesen.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das am 17. Oktober 2013 angemeldete [X.]

Abbildung

2

ist am 11. Dezember 2013 unter der Nr. 30 2013 055 456 als Marke in das beim [X.] ([X.]) geführte Register eingetragen worden und genießt Schutz für die nachfolgenden Waren:

3

Klasse 9: Wissenschaftliche, Schifffahrts-, Vermessungs-, fotografische, Film-, optische, Wäge-, Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente; Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten; [X.], DVDs und andere digitale Aufzeichnungsträger; Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Registrierkassen, Rechenmaschinen, Hardware für die Datenverarbeitung, Computer; Computersoftware; Feuerlöschgeräte;

4

Klasse 35: Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten;

5

[X.]: Übermittlung von Informationen für Dritte über das [X.];

6

Klasse 42: wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche Designerdienstleistungen; industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen; Entwurf und Entwicklung von Computerhard- und -software.

7

Mit Schriftsatz vom 25. September 2015, eingegangen beim [X.] am 26. September 2015, hat die Löschungsantragstellerin gestützt auf § 50 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 – 3 [X.] die teilweise Löschung der beschwerdegegenständlichen Marke beantragt, nämlich für die nachfolgenden Waren:

8

Klasse 35: Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten;

9

[X.]: Übermittlung von Informationen für Dritte über das [X.];

Klasse 42: wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche Designerdienstleistungen; industrielle Analyse- und Forschungsarbeiten; Entwurf und Entwicklung von Computerhard- und -software.

Dem am 22. Oktober 2015 an den Markeninhaber per Empfangsbekenntnis zugestellten [X.] hat dieser mit Schriftsatz vom 12. November 2015, eingegangen beim [X.] am 13. November 2015, widersprochen.

Mit Beschluss vom 6. März 2017 hat die Markenabteilung 3.4 des [X.] die Teillöschung der beschwerdegegenständlichen Wort-/Bildmarke im beantragten Umfang angeordnet. Zur Begründung ist ausgeführt, dass der Marke im Zusammenhang mit den angegriffenen Dienstleistungen die Unterscheidungskraft fehle, da sie in ihrem Wortbestandteil einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt aufweise. Unter einer „[X.]“ verstehe man eine Mappe, die in Hotelzimmern ausgelegt werde, um den Gast über das Hotel und weitere Themen zu informieren. Mit der Hinzufügung des Adjektivs „digital“ werde zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine [X.] in digitaler Form handle, bei der die Informationen über ein Tablet oder ein Smartphone zur Verfügung gestellt werden könnten. Darüber hinaus könnten in Hotels und Pflegeheimen mittels einer digitalen [X.] (in der Art einer elektronischen Akte) Informationen über [X.] und seine Bewohner gesammelt werden. Nach einer auf den Anmeldetag bezogenen Recherche der Markenabteilung sei die Wortfolge „digitale [X.]“ am Anmeldetag sowohl vom Anmelder als auch von verschiedenen Wettbewerbern in diesem Sinne sachbeschreibend verwendet worden. In Bezug auf die Dienstleistungen der Klasse 35 bringe die Bezeichnung „digitale [X.]“ zum Ausdruck, dass sich die Dienstleistungen auf die Ausgestaltung und Bearbeitung einer solchen Mappe bezögen. So könne die digitale [X.] beispielsweise für Werbung benutzt werden. Eine digitale [X.] könne auch Gegenstand der Dienstleistungen „Geschäftsführung“ und „Unternehmensverwaltung“ sein, die sich mit der Verwendung und den Inhalten einer solchen Mappe befassen könnten. Weiterhin seien zur Erstellung einer digitalen [X.] Büroarbeiten erforderlich. Eine digitale [X.] könne über das [X.] aktualisiert werden. Hierauf seien die Dienstleistungen der [X.] bezogen. Schließlich sei die Konzeptionierung, Entwicklung und Programmierung einer digitalen [X.] Gegenstand der Dienstleistungen der Klasse 42. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners gewinne die angegriffene Marke auch nicht durch ihre grafische Ausgestaltung das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft. Ihr Wortbestandteil sei grammatikalisch korrekt gebildet, unmittelbar verständlich und in einem solchen Maße beschreibend, dass ein betrieblicher Herkunftshinweis nur durch eine eigenständige, für sich genommen die Schutzfähigkeit begründende grafische Gestaltung erreicht werden könne. Dieses Maß erreiche die angegriffene Marke jedoch nicht. So sei der Wechsel der Schriftgröße und der Schriftart im Wortbestandteil nur bei sehr aufmerksamer Betrachtung zu bemerken. Die Gestaltung des Buchstabens „i“ in der Art des Piktogramms, das üblicherweise für den Begriff „Information“ verwendet werde, illustriere lediglich, dass mit der Mappe Informationen weitergegeben würden. Auch die Darstellung eines Blatt Papiers am unteren rechten Rand der Wort-/Bildmarke nehme auf die Blätter einer analogen [X.] Bezug.

Hiergegen wendet sich der Inhaber der angegriffenen Marke mit seiner Beschwerde. An die (teilweise) Löschung einer eingetragenen Marke seien erhöhte Anforderungen zu stellen, die vorliegend jedoch nicht gegeben seien. In diesem Zusammenhang seien insbesondere die Rechercheunterlagen der Markenstelle unzureichend. Die Wortkombination „digitale [X.]“ habe keinen ausreichend konkreten Bezug zu den angegriffenen Dienstleistungen. Das Wort „[X.]“ stehe nicht im [X.]. Die Recherchen des [X.] belegten auch nicht, dass es sich insoweit um einen feststehenden Begriff handle. Darüber hinaus sei der Begriff in der angegriffenen Marke optisch in seine Bestandteile „Zimmer“ und „Mappe“ getrennt. Der Verkehr werde daher ohne zusätzliche gedankliche Schritte keinen Sachzusammenhang zu den angegriffenen Dienstleistungen erkennen. Im Zusammenhang mit diesen sei die Wortfolge vage und unscharf. Der vom [X.] angenommene Sinngehalt im Sinne von „Mappe mit Informationen über ein Hotel- oder Pflegeheimzimmer“ ergebe sich erst bei einer analytischen Betrachtung. Weiterhin sei bei einem [X.] zu prüfen, ob dieses in seiner Gesamtheit den Anforderungen an die Unterscheidungskraft genüge. Vorliegend werde der ohnehin unklare bzw. zumindest nicht beschreibende Aussagegehalt der [X.] noch von der grafischen Komposition überlagert, so dass dem Zeichen zumindest in seiner Gesamtheit die Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden könne. Der Bildbestandteil der angegriffenen Marke enthalte Trennstriche, eine unterschiedliche Farbgebung und eine eigenwillige Groß- und Kleinschreibung. In diesem Zusammenhang sei insbesondere auf Entscheidungen des [X.] zu verweisen, bei denen in vergleichbaren Fällen die Unterscheidungskraft der Wort-/Bildmarken aufgrund der grafischen Ausgestaltung bejaht worden sei (BPatG 27 W (pat) 104/12 – Umwelt Jugendherberge; 26 W (pat) 514/13 – my Stadtwerk). Es bestehe zudem kein Freihaltebedürfnis, weil die angegriffene Kombinationsmarke einen unterscheidungskräftigen Überschuss aufweise, auf den sich ihr Schutz beschränke. Mitbewerber seien trotz der Eintragung der Marke nicht an der Benutzung der Bezeichnung „digitale (Zimmer)mappe“ gehindert.

Der Markeninhaber beantragt,

den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des [X.]s vom 6. März 2017 aufzuheben und den Löschungsantrag zurückzuweisen.

Die Löschungsantragstellerin beantragt,

die Beschwerde des Antragsgegners zurückzuweisen.

Die Löschungsantragstellerin ist der Auffassung, dass die Bezeichnung „digitale [X.]“ im Verkehr als rein sachbeschreibende Bezeichnung verstanden und benutzt werde. So hebe auch der Inhaber der angegriffenen Marke in der Werbung für seine Produkte hervor, dass die digitale [X.] die „herkömmliche [X.]“ ersetze. Insoweit sei die Auffassung des Inhabers der angegriffenen Marke wenig überzeugend, dass es sich bei „[X.]“ um keinen gebräuchlichen Begriff der [X.] handle. Mit der Bezeichnung „digitale [X.]“ würden alle beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen beschrieben. Die Produktion von Hardware, die Entwicklung von Software und die Übermittlung von Informationen für Dritte über das [X.] seien notwendige Entwicklungsschritte für die Herstellung einer digitalen [X.]. Auch in Bezug auf die Dienstleistungen „Geschäftsführung“, „Unternehmensverwaltung“ und „Büroarbeiten“ sei die angegriffene Marke beschreibend, da diese Dienstleistungen nicht nur von externen Dienstleistern angeboten würden. Gerade die Herstellung einer [X.] sei ausschließlich Büroarbeit. Darüber hinaus könne eine [X.] nicht nur in Hotels, sondern auch in den Büroräumen (bzw. Zimmern) von Unternehmen Verwendung finden. In einer solchen [X.] könnten z. B. allgemeine Arbeitsanweisungen, Informationen über Betriebsversammlungen oder die Speisepläne der [X.] abrufbar sein. Eine solche, unternehmensbezogene digitale [X.] sei ein nützliches Instrument der Unternehmensverwaltung. Die grafischen Elemente der angegriffenen Marke seien nur rudimentär ausgebildet und gestalterisch anspruchslos. Der Verkehr sei an entsprechende, einfache grafische Gestaltungen ausreichend gewöhnt, so dass er in diesen keinen betrieblichen Herkunftshinweis erkennen werde.

Die Beteiligten haben ihre schriftsätzlich gestellten wechselseitigen [X.] in der mündlichen Verhandlung vom 15. November 2018 zurückgenommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenabteilung 3.4, die Schriftsätze der Beteiligten, den [X.] des Senats vom 10. Oktober 2018 nebst Anlagen, das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 15. November 2018 sowie auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

Die nach § 66 Abs. 1 Satz 1 [X.] statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde des Markeninhabers hat in der Sache teilweise Erfolg.

1. Die angegriffene Marke ist trotz eines teilweise vorliegenden Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] auch insoweit eingetragen worden, so dass die Markenabteilung zu Recht auf den Antrag der Antragstellerin hin die Teillöschung der angegriffenen Marke angeordnet hat, § 50 Abs. 1 und 4 [X.] i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]. Dem [X.]

Abbildung

fehlt im Zusammenhang mit den Dienstleistungen

Klasse 35: Werbung;

[X.]: Übermittlung von Informationen für Dritte über das [X.];

Klasse 42: Entwurf und Entwicklung von Computerhard- und -software

die erforderliche Unterscheidungskraft.

In Bezug auf die nachfolgenden Dienstleistungen können dagegen keine Schutzhindernisse im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 [X.] bejaht werden, so dass der Beschluss der Markenabteilung 3.4 insoweit aufzuheben und der Löschungsantrag insoweit zurückzuweisen war:

Klasse 35: Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten;

Klasse 42: wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche Designerdienstleistungen; industrielle Analyse- und Forschungsarbeiten.

Eine Marke ist auf Antrag und nach rechtzeitig erhobenem Widerspruch gegen den Löschungsantrag gemäß § 54 Abs. 2 Satz 2 [X.] – im Rahmen der gestellten Anträge – nach § 50 Abs. 1 [X.] wegen absoluter Schutzhindernisse nach §§ 3, 7, 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 9 [X.] zu löschen, wenn sie sowohl bezogen auf den Anmeldezeitpunkt – dahingehend wird der Wortlaut des § 50 Abs. 1 [X.] vom [X.] im Einklang mit der Rechtsprechung des [X.] seit einigen Jahren ausgelegt (vgl. [X.] GRUR 2013, 1143 Rn. 9 ff., Rn. 12 ff., insbesondere Rn. 15 – [X.] werden Fakten, mit zahlreichen Nachweisen) – als auch bezogen auf den Zeitpunkt der anstehenden Entscheidung über die Beschwerde gegen die Entscheidung der Markenabteilung vom 25. Januar 2016 (§ 50 Abs. 2 S. 1 [X.]) schutzunfähig war bzw. ist.

Soweit ein Löschungsantrag unter den rechtlichen Gesichtspunkten nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis Nr. 3 [X.] gestellt wird, kommt eine Löschung gemäß § 50 Abs. 2 Satz 2 [X.] nur in Betracht, wenn der Antrag innerhalb von zehn Jahren seit dem [X.] gestellt wird, was im vorliegenden Verfahren der Fall ist. Denn die Eintragung der angegriffenen Marke erfolgte am 11. Dezember 2013 und der [X.] ging am 26. September 2015 beim [X.] ein. Eine Löschung kann im Übrigen nur erfolgen, wenn das Vorliegen von [X.] zu den maßgeblichen Zeitpunkten zweifelsfrei feststeht. Die Löschungsantragstellerin trägt damit die Feststellungslast in Bezug auf die Feststellung der Schutzhindernisse.

Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. [X.] GRUR 2004, 428 Rn. 30, 31 – [X.]; [X.] GRUR 2006, 850 Rn. 17 – [X.]). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. [X.] 2006, 850 Rn. 19 – [X.]; [X.] GRUR 2004, 674 Rn. 86 – Postkantoor). Unterscheidungskraft fehlt ferner auch solchen Angaben, die aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr – etwa auch wegen eine entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. dazu [X.] GRUR 2014, 872 Rn. 21 – [X.]) bzw. die für sich genommen oder im Zusammenhang mit produktbeschreibenden Angaben lediglich Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art enthalten (siehe dazu [X.] GRUR 2013, 522 Rn. 9 – [X.] schönste Seiten). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu den betreffenden Produkten hergestellt wird ([X.] – [X.] a. a. O.).

1.1. Ein zumindest unter dem letztgenannten Gesichtspunkt relevanter bzw. hinreichend enger beschreibender Zusammenhang ist nach Auffassung des Senats zwischen der angegriffenen grafisch ausgestalteten Wortfolge und den Dienstleistungen „Werbung (Klasse 35); Übermittlung von Informationen für Dritte über das [X.] ([X.]); Entwurf und Entwicklung von Computerhard- und -software (Klasse 42)“ gegeben.

Die angegriffene Wort-/Bildmarke besteht aus drei Wörtern bzw. [X.]n [X.]“ und „mappe“ und wird vom angesprochenen Verkehr naheliegend und unmittelbar im Sinne von „digitale [X.]“ erfasst und verstanden. Dabei handelt es sich auch ohne lexikalischen Nachweis, der bei zusammengesetzten Hauptwörtern sehr häufig nicht geführt werden kann, bei dem Begriff bzw. Kompositum „[X.]“ um ein gebräuchliches Wort der [X.]. Sogenannte „[X.]n“ werden vor allem in Hotels ausgelegt, um den Gast über die unterschiedlichsten Umstände zu informieren, die entweder das Hotel selbst oder andere touristische Angebote betreffen (wie etwa Frühstückszeiten, Wäscheservice, Telefonnummern örtlicher Taxiunternehmen, Sehenswürdigkeiten der Umgebung, Apothekennotdienste, etc.). Die Mappen enthalten gerichtsbekannt häufig auch über eine rein sachliche Information hinausgehende Werbung für eigene Zusatzangebote des Hotels oder die Angebote Dritter (z. B. Restaurants, Museen, Bergbahnen, die sich in der Nähe des Hotels befinden). Solche Informationen können auch digital zur Verfügung gestellt werden. Eine [X.] kann insoweit auch ein Gerät sein, das im Eigentum des Hotels steht (z. B. in Form eines Tablet-Computers) und auf das die oben genannten Informationen in digitaler Form aufgespielt werden. Entsprechende Informationen können auch über ein Hardwaregerät des Gastes (z. B. ein Smartphone) zur Verfügung gestellt werden, auch in der Form, dass die Informationen aus dem [X.] heruntergeladen werden können, z. B. über eine bestimmte App. Die Mappen bzw. deren Inhalt werden sowohl von dem betreffenden Hotel selbst als auch von dritten Dienstleistern entworfen, hergestellt und aktualisiert. Diese spezifisch auf [X.]n bezogene Dienstleistung wurde bereits im Anmeldezeitpunkt und wird auch gegenwärtig von verschiedenen Unternehmen angeboten (auf die Rechercheunterlagen des Senats, die den Beteiligten mit dem [X.] vom 10. Oktober 2018 übersandt worden sind, wird Bezug genommen). Insofern sind die [X.] der angegriffenen Marke für die Dienstleistungen der [X.] „Übermittlung von Informationen für Dritte über das [X.]“ unmittelbar beschreibend i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] und im Hinblick auf die Qualifizierung als im Vordergrund stehende produktbeschreibende Angabe auch nicht unterscheidungskräftig. Für die Dienstleistungen der Klasse 35 „Werbung“ ist insoweit zumindest ein enger beschreibender, die Unterscheidungskraft ausschließender beschreibender Zusammenhang gegeben, als herkömmliche wie auch digitale [X.]n in aller Regel Werbung enthalten. Diese Werbeinhalte können – wie oben dargelegt – zum einen von dem Hotel selbst, zum anderen aber auch von dritten Anbietern, vermarktet und redaktionell betreut werden. Damit kann zum einen das Hotel selbst der Anbieter der Dienstleistung „Werbung“ sein (soweit nicht nur Zusatzangebote des Hotels selbst beworben werden wie z. B. hauseigene Wellnessangebote). Zum anderen können auch die oben genannten spezialisierten Anbieter, die (digitale) [X.]n für Hotels erstellen, Werbetreibende sein. Darüber hinaus stellen bestimmte Anbieter von digitalen [X.]n Hotels dieses Produkt in Form von Hardware zur Verfügung, die speziell für die jeweiligen Bedürfnisse des Hotels konfiguriert werden kann. Die [X.]n werden dann auch für das jeweilige Hotel individuell programmiert. Insofern besteht auch im Zusammenhang mit der Dienstleistung „Entwurf und Entwicklung von Computerhard- und Software“ ein hinreichend enger, die Unterscheidungskraft ausschließender beschreibender Bezug (auf die Rechercheunterlagen des Senats, die den Beteiligten mit dem [X.] vom 10. Oktober 2018 übersandt worden sind, wird Bezug genommen). Auf die genaue Datierung der einzelnen Benutzungen kommt es nicht an, da zumindest der auch angesprochene und für sich genommen bereits ausreichend maßgebliche Fachverkehr, der [X.]n und die einzelnen zugehörigen Dienstleistungen kennt, auch zum Anmeldezeitpunkt am 17. Oktober 2013 sofort erfassen konnte, welcher Gegenstand mit der Wortfolge „digitale [X.]“ gemeint ist und welches Dienstleistungsangebot damit verbunden sein kann.

Auch die grafische Gestaltung der angegriffenen Marke ist nicht geeignet, eine andere Beurteilung zu rechtfertigen. Zwar können schutzunfähige [X.] durch eine besondere bildliche Ausgestaltung einen schutzbegründenden „Überschuss“ erhalten. Jedoch sind dabei an den bildlichen „Überschuss“ umso höhere Anforderungen zu stellen, je deutlicher der beschreibend-werbliche Charakter der fraglichen Angabe selbst hervortritt. Die grafische Ausgestaltung muss eine den schutzunfähigen Charakter der übrigen Markenteile aufhebende, kennzeichnungskräftige Verfremdung des Gesamteindrucks der Marke bewirken (vgl. [X.] GRUR 1998, 394, 396 – Motorrad Active Line; [X.], 634 – [X.]; [X.], 1153 – antiKALK). Dies ist vorliegend offensichtlich nicht der Fall. Die grafische Gestaltung erschöpft sich in der Verwendung von Fettdruck bei dem Wort „zimmer“, durchgängiger Kleinschreibung der [X.] angeordneten [X.], zwei Unterstreichungen, einem blauen Buchstaben bei dem Wort „zimmer“ und einer leichten Schattierung, die als „Blatt“ erfasst werden kann. Die jeweiligen Gestaltungselemente sind für sich genommen [X.] und auch in der Kombination nicht ungewöhnlich und deshalb nicht geeignet, die Unterscheidungskraft zu begründen.

Soweit sich der Inhaber der angegriffenen Marke auf die Entscheidungen des [X.] vom 1. Oktober 2013, [X.]. 27 W (pat) 104/12 – Umwelt Jugendherberge und vom 4. Juni 2014, [X.]. 26 W (pat) 514/13 – my Stadtwerk, beruft, gibt auch dies zu keiner anderen Entscheidung Anlass. Nach Auffassung des Senats unterscheiden sich die dortigen [X.] in ihrer grafischen Ausgestaltung nicht unerheblich von dem vorliegenden, so dass die Fallgestaltungen bereits deswegen nicht miteinander vergleichbar sind. Zum anderen ist der 27. Senat in der oben genannten Entscheidung davon ausgegangen, dass bereits der Wortbestandteil der dort angegriffenen Marke vage und unbestimmt sei, wovon hier gerade nicht auszugehen ist.

1.2. Eine andere Beurteilung ist entgegen der Auffassung der Markenstelle 3.4 des [X.]s und der Löschungsantragstellerin für die mit dem Löschungsantrag angegriffenen Dienstleistungen: „Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten (Klasse 35); wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche Designerdienstleistungen; industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen (Klasse 42)“ angezeigt. Insoweit ist ein ausreichend enger und spezifischer Zusammenhang zwischen den [X.]n der angegriffenen Marke und den angegriffenen Dienstleistungen nach Auffassung des Senats nicht gegeben. Die Tatsache, dass es zwischen den oben beschriebenen digitalen [X.]n und der Dienstleistung „industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen“ keine Berührungspunkte gibt, liegt auf der Hand. Die Markenstelle hat im angegriffenen Beschluss insoweit auch keine Feststellungen getroffen bzw. Tatsachen recherchiert und sich auf eine pauschale Begründung beschränkt. Soweit im angegriffenen Beschluss ausgeführt wird, dass zur Erstellung einer digitalen [X.] Büroarbeiten erforderlich seien bzw. die entsprechenden Unternehmen, die [X.]n anbieten, auch geführt bzw. verwaltet werden müssten, ist insoweit ein die Unterscheidungskraft ausschließender beschreibender Zusammenhang aus Rechtsgründen zu verneinen. Im markenrechtlichen Sinne werden die Dienstleistungen „Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten“ nicht dadurch erbracht, dass der Inhaber der Marke sein eigenes Unternehmen verwaltet oder die in seinem Geschäftsbetrieb anfallenden Büroarbeiten erledigt. [X.] sind diese Tätigkeiten nur relevant, wenn sie als solche von spezifischen Anbietern für Dritte erbracht werden. So gibt es Anbieter, die in einem anderen Unternehmen als Außenstehende die Geschäftsführung übernehmen (häufig als Interimsgeschäftsführung). Ebenso können „Büroarbeiten“ in der Weise von [X.] erbracht werden, dass diese nur insoweit und für diese spezielle Aufgabe in die Arbeitsabläufe des sie beauftragenden Unternehmens eingebunden sind. Die Tatsache, dass die eigenständige redaktionelle Erstellung von [X.]n auch in einem gewissen Maß mit „Bürotätigkeiten“ verbunden ist, rechtfertigt nicht den Schluss, beide Dienstleistungen gleichzusetzen. Ebenso wenig ist die Werbung für ein bestimmtes, mit einer Marke gekennzeichnetes Produkt mit der rechtserhaltenden Benutzung der Marke für die Dienstleistung „Werbung“ gleichzusetzen, soweit diese beansprucht wird. Der Senat hat bei seiner Recherche keine spezialisierten Dienstleistungsanbieter im Bereich „Büroarbeiten“ auffinden können, die sich auf die Erstellung von „digitalen [X.]n“ spezialisiert bzw. beschränkt haben. Soweit die Löschungsantragstellerin vorbringt, dass digitale [X.]n auch in Unternehmen Verwendung finden könnten, bleibt dieses Vorbringen spekulativ. Im Übrigen wäre die Erstellung solcher [X.]n für die Verwaltung des eigenen Unternehmens zwar möglicherweise hilfreich. Gleichwohl ist die Dienstleistung „Unternehmensverwaltung“ (für Dritte) – wie oben dargelegt – nicht mit allen möglichen Produkten gleichzusetzen, die bei der Verwaltung eines Unternehmens erforderlich oder nützlich sein könnten. Entsprechendes gilt für alle weiteren vorstehend bezeichneten Dienstleistungen („wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche Designerdienstleistungen“), für welche der Senat ein Schutzhindernis nicht als gegeben ansieht.

2. Soweit vorstehend ein Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zu bejahen ist, können Ausführungen zu einem möglichen Freihaltebedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben. Soweit der Beschluss der Markenstelle 3.4 des [X.]s aufgehoben worden ist, beschreibt der Wortbestandteil der angegriffenen Marke diese Dienstleistungen aus den oben genannten Gründen nicht unmittelbar.

3. Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung vom 15. November 2018 nur [X.] gestellt und die [X.] zurückgenommen. Gründe für eine Kostenauferlegung nach § 71 Abs. 1 Satz 1 [X.] sind bei der vorliegenden Sachlage ohnehin nicht gegeben. In ständiger Rechtsprechung kommt eine Kostenauferlegung nur in Betracht, wenn ein Verfahrensbeteiligter in einer nach anerkannten [X.] aussichtslosen oder zumindest kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation sein Interesse am Erhalt oder am Erlöschen des Markenschutzes durchzusetzen versucht (vgl. [X.]/ Hacker/Thiering, [X.], 12. Aufl., § 71 Rn. 12 und Rn. 15 für das Widerspruchsbeschwerdeverfahren). Hiervon war im vorliegenden Verfahren und bei der konkreten Fallgestaltung offensichtlich nicht auszugehen. Im Übrigen haben die Beteiligten mit ihrem Löschungsantrag bzw. mit ihrer Beschwerde jeweils einen Teilerfolg erzielt.

Meta

25 W (pat) 69/17

15.11.2018

Bundespatentgericht 25. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 15.11.2018, Az. 25 W (pat) 69/17 (REWIS RS 2018, 1680)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 1680

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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