Bundespatentgericht, Beschluss vom 14.10.2014, Az. 27 W (pat) 17/13

27. Senat | REWIS RS 2014, 2240

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren – "Lottoland" – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2011 029 859, [X.]/12 Lösch

hat der 27. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 14. Oktober 2014 unter Mitwirkung der Richter [X.] und der Richterin Dorn

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1

Die Antragstellerin hat am 23. Februar 2012 beim [X.] gemäß §§ 50 Abs. 1, 54 Abs. 1 [X.] die teilweise Löschung der dort für die Antragsgegner seit dem 8. August 2011 als Kennzeichnung für die Dienstleistungen

2

Klasse 35:

3

Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten

4

Klasse 41:

5

Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten

6

Klasse 42:

7

Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche Designerdienstleistungen; industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen; Entwurf und Entwicklung von Computerhardware und -software

8

eingetragenen Wortmarke 30 2011 029 859

9

[X.]

beantragt, weil diese im Zusammenhang mit den Dienstleistungen der Klasse 41 „Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten“ entgegen § 8 [X.] eingetragen worden sei. Zur Begründung hat sie vorgetragen, der [X.] „Lotto“ stehe für ein bestimmtes Glücksspiel und sei in diesem Sinn für die geschützten Dienstleistungen „Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten“ rein beschreibend. Der Bestandteil „land“ weise auf die Erbringungsstätte der Dienstleistungen hin, insgesamt werde „[X.]“ daher von den angesprochenen Verkehrskreisen in seinem beschreibenden Sinn als Vertriebsstätte für [X.] verstanden. Außerdem bestehe ein Freihaltungsbedürfnis der Mitbewerber an der beschreibenden Verwendung der Bezeichnung „[X.]“ im inländischen Verkehr.

Der Antragsgegner hat der Löschung innerhalb der Frist des § 54 Abs. 2 S. 2 [X.] widersprochen und darauf hingewiesen, dass die Marke „[X.]“ in Bezug auf die angegriffenen Dienstleistungen ohne unzulässige Zergliederung keinen unmittelbar beschreibenden Zusammenhang, sondern einen phantasievollen Inhalt aufweise, der über die Summe der Bedeutung der ursprünglichen Wortbestandteile hinaus gehe.

Die Markenabteilung 3.4 des [X.]s hat am 12. Dezember 2012 die teilweise Löschung der Marke 30 2011 029 856 beschlossen. Zur Begründung hat die Markenabteilung ausgeführt, die angegriffene Marke sei außer für „Erziehung“ und „Ausbildung“ in Bezug auf die angegriffenen Dienstleistungen ohne Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]. Im Zusammenhang mit „Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten“ werde „[X.]“ nicht als betrieblicher Herkunftshinweis verstanden, weil sie einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt, mindestens einen engen funktionalen Bezug aufweise. Die angesprochenen allgemeinen und breiten Verbraucherkreise verstünden unter „[X.]“ in der Gesamtheit ohne weiteres einen Hinweis auf eine Erbringungsstätte für das Glückspiel „Lotto“. Dies sei eine allgemein bekannte Beschreibung eines Glückspiels. „land“ in Kombination mit einer Sachangabe sei eine übliche Bezeichnung für eine Erbringungsstätte von Dienstleistungen. Die bloße Zusammenfügung der beschreibenden Elemente erschöpfte sich in deren bloßer Summenwirkung.

Gegen den Löschungsbeschluss der Markenabteilung wendet sich der Antragsgegner mit der Beschwerde. Er ist der Ansicht, die angegriffene Marke beschreibe die gelöschten Dienstleistungen nicht. Selbst wenn man von der Eignung des Bestandteils „land“ zur Bezeichnung einer Erbringungstätte ausgehen wollte, gelte dies für körperlich besuchbare Geschäfte, nicht für Onlineangebote. Auf den Inhalt der Schriftsätze vom 25. Juli und 15. November 2013 und der Eingabe vom 21. Februar 2014 wird verwiesen.

Der Antragsgegner, der hilfsweise das Dienstleistungsverzeichnis für Klasse 41 beschränkt auf:

„Unterhaltung, nämlich Ermöglichen der Teilnahme an Glücksspielen über das [X.]; sportliche und kulturelle Aktivitäten, nämlich Ermöglichen der Teilnahme an Glücksspielen über das [X.]“.

beantragt,

I. Der Beschluss vom 12.12.2012 ([X.]. 30 2011 029 859.9 / 41 – [X.]/12 Lösch) wird aufgehoben, soweit die Marke [X.] 2011 029 859 teilweise gelöscht wurde.

II. Der Löschungsantrag wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie schließt sich der im Beschluss der Markenabteilung vertretenen Auffassung an; auf den Schriftsatz vom 2. September 2013 und die Eingaben vom 27. Januar und 10. April 2014 wird Bezug genommen.

II

Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners hat in der Sache keinen Erfolg. Die Markenabteilung hat zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat anschließt, die teilweise Löschung der angegriffenen Marke wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß §§ 54, 50 Abs. 1 i.V.m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] angeordnet.

Nach diesen Vorschriften ist eine eingetragene Marke auf Antrag wieder zu löschen, wenn ihr zum Eintragungszeitpunkt die erforderliche Unterscheidungskraft fehlte und dieses Schutzhindernis zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag noch besteht.

Unterscheidungskraft im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung als Unterscheidungsmittel für Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer. Die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (st. Rspr. [X.] [X.]. 2005, 1012 - BioID; [X.], 850, 854 - FUSSBALL WM 2006).

Die Neuheit eines Zeichens oder einer Wortkombination begründet für sich gesehen noch keine hinreichende Unterscheidungskraft. Für die Annahme des Schutzhindernisses der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist daher kein lexikalischer oder sonstiger Nachweis erforderlich, dass die Angabe bereits bekannt ist oder verwendet wird ([X.] GRUR 2004, 1027, 1029, Rn. 39 ff. - [X.] DDR BEQUEMLICHKEIT; [X.]. 2005, 1012, 1015 - BioID). Vielmehr ist einer Bezeichnung die Eintragung als Marke wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft zu versagen, wenn sie einen beschreibenden Begriffsinhalt aufweist, der für die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen ohne weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verbraucher sie als Unterscheidungsmittel versteht ([X.], 417, 418 - [X.]). Mehrdeutigkeit oder Interpretationsbedürftigkeit einer Bezeichnung können zwar die für eine Eintragung als Marke erforderliche Unterscheidungskraft begründen. Ob eine schutzbegründende Bedeutungsvielfalt vorliegt, ist allerdings nicht abstrakt lexikalisch zu beurteilen, sondern muss im Zusammenhang mit den jeweils beanspruchten Waren oder Dienstleistungen gesehen werden. Das kann zur Folge haben, dass sich die lexikalisch in Betracht kommenden Begriffsinhalte auf einen im Vordergrund stehenden Sinngehalt reduzieren. Nach diesen Grundsätzen kommt der Bezeichnung „[X.]" die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] erforderliche Unterscheidungskraft nicht zu.

Die Prüfung der Schutzfähigkeit einer Marke, wie der vorliegend angegriffenen, verlangt eine Berücksichtigung der Gesamtwirkung, mithin sämtlicher Wortbestandteile in ihrer Beziehung zueinander. Dem steht aber nicht entgegen, dass zunächst der Bedeutungsgehalt der (einzelnen) Wortelemente untersucht und erst danach - sofern diesen eine beschreibende Bedeutung zu entnehmen ist - der Frage nachgegangen wird, ob sich in der Gesamtwirkung ein kennzeichnungskräftiger Überschuss ergibt, der über die Zusammenfassung nicht unterscheidungskräftiger [X.] hinaus geht.

Bezüglich der allein beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen „Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten“ entbehrt die angemeldete Bezeichnung in ihrer Gesamtheit jeglicher Unterscheidungskraft. Wie der [X.] in der von der Markenabteilung zitierten Lotto-Entscheidung ([X.], 760) festgestellt hat, handelt es sich bei „[X.]" um die allgemein bekannte Beschreibung eines Glücksspiels, das für sich betrachtet als reine Sachangabe für die Ware „Lotteriespiele“ sowie für die Dienstleistungen „Organisation, Veranstaltung und Durchführung von Lotterien und anderen Geld- und Glücksspielen; Verteilung von Lotterielosen und sonstigen Teilnahmeunterlagen; Organisation von Rundfunk- und Fernseh- und sonstigen Unterhaltungsveranstaltungen, Veranstaltung von sportlichen Wettbewerben und sonstigen kulturellen Aktivitäten (im Zusammenhang mit der Veranstaltung von Lotterien und deren Durchführung)“ ([X.], Beschluss vom 19. Januar 2006 – [X.] –, BPatGE 2008, 283) nicht schutzfähig ist.

Der Bestandteil „land“ wird in [X.] vom Verkehr in Verbindung mit Waren und Dienstleistungen in der Werbesprache, worauf bereits die Markenstelle hingewiesen hat, als Hinweis auf eine Verkaufsstätte bzw. eine Erbringungsstätte von Waren und Dienstleistungen verstanden. Die von dem Anmelder in diesem Zusammenhang erwähnte Entscheidung des [X.] vom 18. März 1999, [X.], 989, 990 - HOUSE OF [X.] – bezieht sich auf § 8 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 [X.] und ist inzwischen von der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] überholt worden. Für eine Schutzversagung reicht es nunmehr aus, wenn ein Wortzeichen in nur einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der beanspruchten Dienstleistungen bezeichnen kann (vgl. [X.] GRUR 2003, 58, 59 (Rn. 21) - [X.]; [X.] 2003, 450, 453 (Rn. 32) - [X.], [X.] 2004, 99, 109 (Rn. 97) - Postkantoor; [X.] 2004, 111, 115 (Rn. 38) – [X.]; GRUR 2010 534 (Rn. 46) -PRANAHAUS). Auch der [X.] hat den produktbezogenen Charakter von vergleichbaren Bezeichnungen anerkannt (vgl. [X.] GRUR 2012, 276 – [X.]; GRUR 2012, 272 – [X.]). Es werden z.B. in größeren Freizeit- und Erlebnisparks einzelne Bereiche in Themenländer eingeteilt und entsprechend bezeichnet. Gleiches gilt entgegen der Ansicht des Antragsgegners bei Onlineangeboten. Auch hier ist der Aussagegehalt von „[X.]“ klar dahin zu verstehen, dass ein [X.]angebot thematisch sich mit Glückspiel beschäftigt und entsprechende Angebote zusammengefasst in einer Erbringungswebsite, eben dem [X.], enthält. In der Wortgesamtheit gilt also nichts anderes, da der durch die Verbindung bewirkte Gesamteindruck über die bloße Zusammenfügung der beschreibenden Elemente nicht hinaus geht, sondern sich in deren bloßen Summenwirkung erschöpft. Da damit die Dienstleistungen des hilfsweise eingeschränkten Verzeichnisses mit dem Begriff „[X.]“ ebenfalls beschrieben sind, war der Beschwerde auch mit diesem der Erfolg versagt.

Meta

27 W (pat) 17/13

14.10.2014

Bundespatentgericht 27. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 14.10.2014, Az. 27 W (pat) 17/13 (REWIS RS 2014, 2240)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 2240

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