Bundessozialgericht, Urteil vom 21.06.2011, Az. B 1 KR 15/10 R

1. Senat | REWIS RS 2011, 5615

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Krankenversicherung - Krankengeldanspruch - Erst- und Zweitkrankheit - Arbeitsfähigkeit - Beginn eines neuen Dreijahreszeitraums mit Eintritt der Arbeitsunfähigkeit wegen Zweitkrankheit auch bei späterem Hinzutritt der Erstkrankheit


Leitsatz

Für Versicherte, die Anspruch auf Krankengeld zunächst wegen einer ersten Krankheit und nach Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit sodann erneut wegen einer Zweitkrankheit haben, beginnt eine neue Blockfrist mit Eintritt der Arbeitsunfähigkeit wegen der Zweitkrankheit, auch wenn zu dieser später die Erstkrankheit hinzutritt und zwischendurch allein die Erstkrankheit Arbeitsunfähigkeit bedingt.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 24. Februar 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Krankengeld ([X.]) für die [X.] vom 11.6. bis zum [X.].

2

Die 1949 geborene Klägerin ist als Verkaufsstellenleiterin einer Drogeriefiliale bei der beklagten [X.] versichert. Sie bezog [X.] vom 6.4. bis 16.10.2004 und vom 5.4. bis 23.4.2005 wegen Arbeitsunfähigkeit ([X.]) auf Grund einer Herzkranzgefäßerkrankung. Wegen ärztlich festgestellter [X.] auf Grund einer Verletzung der linken Hand am [X.] erhielt sie zunächst Entgeltfortzahlung und anschließend fortlaufend [X.]. Der [X.]-Anspruch ruhte während einer vom 20.4. bis zum 11.5.2006 dauernden stationären orthopädischen Reha-Maßnahme. Aus dieser wurde die Klägerin mit [X.] wegen aufgetretener pektanginöser Beschwerden entlassen. Während der nachfolgenden Krankenhausbehandlung vom 12.5. bis 20.5.2006 erfolgte eine operative Myokardrevaskularisation. Nach einer [X.] vom 20.5. bis zum [X.] bestand [X.] wegen noch nicht abgeschlossener Wundheilung nach der [X.] und wegen Morbus [X.] der linken Hand. Die Beklagte beendete die [X.]-Zahlungen unter Hinweis auf die Erschöpfung des Anspruchs am [X.] aus Gründen des Vertrauensschutzes mit dem 10.6.2006. Maßgeblich sei hier die mit dem 6.4.2004 wegen der Herzkranzgefäßerkrankung beginnende Blockfrist zur Begrenzung der [X.]-Höchstbezugsdauer wegen derselben Krankheit für längstens 78 Wochen innerhalb von drei Jahren. Herzkranzgefäß- und Handerkrankung hätten nach dem [X.] zeitweise nebeneinander [X.] verursacht. In solchen Fällen sei die Blockfrist der früher [X.] auslösenden Krankheit zugrunde zu legen und die später zu [X.] führende Erkrankung als "hinzugetretene" anzusehen, die die [X.]-Höchstbezugsdauer nicht verlängere (Bescheid vom [X.], Widerspruchsbescheid vom 10.10.2006).

3

Die Klägerin hat - mit Blick auf die Wiederaufnahme ihrer Arbeit am [X.] - weiteres [X.] für die [X.] vom 11.6. bis zum [X.] gefordert. Das [X.] hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt (Urteil vom 12.6.2008). Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Das L[X.] hat ua ausgeführt, mit der Handverletzung am [X.] habe eine neue Blockfrist begonnen. Auf die mit dem 6.4.2004 wegen der Herzkranzgefäßerkrankung beginnende Blockfrist komme es nicht an. Die Erkrankung der Hand sei nämlich nicht zur Herzkranzgefäßerkrankung "hinzugetreten". Bei ihrem Eintritt habe weder zuvor noch zeitgleich eine [X.] wegen der Herzerkrankung bestanden, wie es der Wortlaut des § 48 Abs 1 Satz 2 [X.]B V verlange. Allein der Umstand, dass zwei Erkrankungen zu einem beliebigen [X.]punkt zeitgleich [X.] ausgelöst hätten, sei nicht geeignet, mit Blick auf frühere [X.]-[X.]en wegen der einen Erkrankung die [X.]-Höchstdauer zu verkürzen (Urteil vom 24.2.2010).

4

Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts (§§ 44, 48 Abs 1 [X.]B V). Versicherte mit [X.] wegen verschiedener Erkrankungen seien finanziell nicht besser zu stellen als Versicherte mit [X.] wegen einer einzigen schweren Erkrankung. Das müsse auch beim Hinzutreten einer bereits zu einem früheren [X.]punkt [X.] verursachenden Erkrankung gelten. Nur so lasse sich der Zielsetzung des § 48 Abs 1 [X.]B V entsprechend sicherstellen, dass die Höchstbezugsdauer des [X.] von 78 Wochen bei unterschiedlichen und wechselnden Krankheitsbildern nicht überschritten werde.

5

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des [X.] vom 24.Februar 2010 und des [X.] vom 12. Juni 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Die Klägerin hält die Entscheidung der Vorinstanz für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision der beklagten [X.] ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Die Vorinstanzen haben zu Recht die angefochtenen Bescheide vom 7.6. und 10.10.2006 aufgehoben und die Beklagte zur Zahlung von weiterem [X.] für die [X.] vom 11.6. bis [X.] verurteilt. Die [X.]lägerin hatte bis zu diesem [X.]punkt Anspruch auf [X.] (dazu 1.), insbesondere war der Anspruch bis zum [X.] noch nicht wegen Erreichens der Anspruchshöchstdauer (546 Tage) erschöpft (dazu 2.).

9

1. Rechtsgrundlage des [X.]-Anspruchs sind die §§ 44 ff [X.] Nach § 44 Abs 1 [X.] haben Versicherte Anspruch auf [X.], wenn die [X.]rankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf [X.]osten der [X.]rankenkasse stationär behandelt werden. Für den geltend gemachten [X.]-Anspruch ist dabei jeweils an den in Betracht kommenden Entstehenstatbestand anzuknüpfen, wie er zB allgemein in § 46 Satz 1 [X.] oder 2 [X.] geregelt ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats bestimmt allein das bei Entstehen eines [X.]-Anspruchs bestehende Versicherungsverhältnis, wer in welchem Umfang als "Versicherter" Anspruch auf [X.] hat (vgl zB BSG [X.]-2500 § 44 [X.] Rd[X.]2; [X.] in: [X.], Stand April 2011, § 44 [X.] Rd[X.]). Diese dargelegten Voraussetzungen für einen [X.]-Anspruch der [X.]lägerin vom 11.6. bis zum Ablauf des [X.] sind erfüllt.

2. Die [X.]lägerin hatte die [X.]-Anspruchshöchstdauer am 3.6. und am [X.] noch nicht erreicht. § 48 Abs 1 [X.] bestimmt zur Dauer des [X.]: "Versicherte erhalten [X.]rankengeld ohne zeitliche Begrenzung, für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben [X.]rankheit jedoch längstens für 78 Wochen innerhalb von je drei Jahren, gerechnet vom Tage des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an. Tritt während der Arbeitsunfähigkeit eine weitere [X.]rankheit hinzu, wird die Leistungsdauer nicht verlängert." Entgegen der Auffassung der Beklagten ist für die [X.]-Anspruchshöchstdauer von 78 Wochen hier nicht die Herzkranzgefäßerkrankung maßgeblich, sondern die Handverletzung. Diese ist auch keine weitere, im Rechtssinne hinzugetretene [X.]rankheit. Das folgt aus Wortlaut, Regelungssystem und dem Zweck des § 48 Abs 1 [X.], nur in besonderen Ausnahmefällen die [X.]-Dauer zu begrenzen.

§ 48 Abs 1 [X.] enthält drei unterschiedliche Regelungen: Er stellt zunächst den Grundsatz der [X.]-Gewährung ohne zeitliche Begrenzung auf: Anspruch auf [X.] besteht danach ohne abstrakte zeitliche Begrenzung, solange die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind (zutreffend [X.], [X.]rankengeld, 2004, [X.] RdNr 603). Nach diesem Grundsatz ist der streitbefangene [X.]-Anspruch der [X.]lägerin gegeben. Das verkennt auch die Beklagte nicht und beruft sich stattdessen auf die beiden weiteren Regelungen in § 48 Abs 1 [X.], die Ausnahmen von dem Grundsatz des § 48 Abs 1 Satz 1 Halbs 1 [X.] enthalten. Deren Voraussetzungen sind jedoch nicht erfüllt.

Nach der in § 48 Abs 1 Satz 1 Halbs 2 [X.] geregelten ersten Ausnahme führt es zur Rechtsfolge der Begrenzung der Leistungsdauer auf 78 Wochen, wenn "dieselbe [X.]rankheit" die [X.] bedingt (dazu a). Jede neue [X.]rankheit löst hier eine [X.]ette von Dreijahreszeiträumen mit entsprechenden Höchstbezugszeiten von 78 Wochen aus (Methode der starren Rahmenfrist; stRspr seit [X.] 31, 125, 130 = [X.] zu § 183 RVO; [X.] in: [X.], Handbuch der [X.]rankenversicherung, [X.], Stand 1.7.2010, § 48 [X.] Rd[X.]0; [X.] in: [X.], Stand April 2011, § 48 [X.] RdNr 5, jeweils mwN). Die zweite Ausnahme ist in § 48 Abs 1 Satz 2 [X.] geregelt und ein der ersten gleichgestellter weiterer Fall der Leistungsbegrenzung, nämlich dass während der [X.] aufgrund einer ersten Erkrankung eine weitere [X.]rankheit hinzutritt (dazu b). Zu Lasten der [X.]lägerin greift keine dieser Ausnahmefälle ein. Weitere Ausnahmen sieht das [X.] bewusst nicht vor (dazu c).

a) Die [X.]lägerin hatte aufgrund der [X.] wegen der Handverletzung ab [X.] bis zum Ablauf des [X.] noch nicht die [X.] für ihren [X.]-Anspruch ausgeschöpft. Der Leistungszeitraum umfasst - ungeachtet der [X.] im Einzelnen - vielmehr lediglich 406 [X.]alendertage. Nach § 48 Abs 3 [X.] werden bei der Feststellung der Leistungsdauer des [X.] [X.]en, in denen der Anspruch auf [X.] ruht oder für die das [X.] versagt wird, wie [X.]en des Bezugs von [X.] berücksichtigt. [X.]en, für die kein Anspruch auf [X.] besteht, bleiben unberücksichtigt. Die Dauer von 78 Wochen entspricht einer Gesamtdauer von 546 Tagen, da das [X.] für [X.]alendertage gezahlt wird (§ 47 Abs 1 Satz 6 [X.]). Die Leistungsdauer für den [X.]-Anspruch der [X.]lägerin umfasst die [X.] vom Beginn der [X.] am [X.] bis zum Ablauf des [X.]. Hierbei sind auch die [X.]en einbezogen, in denen das [X.] wegen der Leistung von Entgeltfortzahlung und Übergangsgeld ruhte (§ 49 Abs 1 [X.] und [X.] [X.]).

Die [X.] für den [X.]-Anspruch war nicht mit Blick auf § 48 Abs 1 Satz 1 Halbs 2 [X.] ausgeschöpft. Die [X.]-[X.]en vom 6.4. bis 16.10.2004 und vom 5.4. bis [X.] beruhten nicht auf "derselben [X.]rankheit" wie die [X.]-[X.]en ab [X.]. In einem solchen Falle wäre die Blockfrist vom 6.4.2004 bis 5.4.2007 maßgeblich gewesen. Herzkranzgefäßerkrankung und Handverletzung sind aber nicht "dieselbe [X.]rankheit" im Rechtssinne. Bei im [X.]ablauf nacheinander auftretenden Erkrankungen handelt es sich im Rechtssinne um dieselbe [X.]rankheit, wenn der regelwidrige [X.]örper- oder Geisteszustand, der die [X.]rankheitsursache bildet, auf ein medizinisch nicht ausgeheiltes Grundleiden zurückzuführen ist (vgl [X.] 83, 7, 9 = [X.]-2500 § 48 [X.]). Dies kann zB bei wiederholt in unterschiedlicher Ausprägung auftretenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Fall sein (vgl [X.]-2500 § 48 [X.] Rd[X.]5 mwN). Hierbei ist eine stark verfeinernde, eng fachmedizinisch-diagnostische Sichtweise zu vermeiden, die die Gefahr begründet, dass dem Merkmal im [X.]ontext des § 48 Abs 1 [X.] letztlich gar keine eigenständige rechtliche Bedeutung mehr zukommt, obwohl das Gesetz damit gerade eine Einengung des zeitlichen Umfangs der [X.]rankengeldgewährung bezweckt (vgl [X.]-2500 § 48 [X.] Rd[X.]5; [X.] vom 7.12.2004 - B 1 [X.]R 10/03 R mwN, jeweils [X.]urzwiedergabe in [X.], 572 = [X.] 2005, 333 = Die Leistungen Beilage 2005, 173). Gleiches hat der erkennende Senat erwogen, wenn ein Versicherter etwa bei einem schweren, sich in einem Sekundenbruchteil realisierenden Unfallereignis zusammenhanglos Gesundheitsschäden in mehreren [X.]örperregionen erleidet. Nichts anderes gilt bei Versicherten, bei denen wegen des [X.] verschiedener gravierender akuter oder chronischer Leiden von Anfang an eine Multi- oder Polymorbidität bzw Polypathie besteht. Denn in Bezug auf die Anspruchsdauer des [X.] behandelt das Gesetz den Versicherten, der von vornherein an mehreren [X.]rankheiten leidet und der deshalb arbeitsunfähig ist, nicht anders als denjenigen, bei dem "nur" ein einziges Leiden die [X.] auslöst (vgl zum Ganzen [X.]-2500 § 48 [X.] Rd[X.]1 mwN).

Die dargestellte Begrenzung der Leistungsdauer des [X.] beruht maßgeblich auf der Erwägung, dass es in erster Linie der gesetzlichen Rentenversicherung obliegt, bei dauerhaft eingetretener Erwerbsminderung des Versicherten Entgeltersatzleistungen zur Verfügung zu stellen, während die gesetzliche [X.]rankenversicherung typischerweise nur für den Ausgleich des entfallenden laufenden Arbeitsentgelts bei vorübergehenden, dh behandlungsfähigen Gesundheitsstörungen eintritt ([X.]-2500 § 48 [X.] Rd[X.]0; [X.] 94, 26 = [X.]-2500 § 51 [X.], Rd[X.]3 mwN; [X.] 97, 378, 386 = [X.]-2500 § 48 [X.] f). [X.] hat auch beim Fehlen von Rentenansprüchen und -anwartschaften nicht die Funktion, dauerhafte [X.] bzw eine Erwerbsminderung finanziell abzusichern (vgl zur Systementscheidung über die Zuordnung der Lohnersatzleistungen [X.] vom 28.09.2010 - B 1 [X.]R 31/09 R - zur Veröffentlichung in [X.] 106, 296 = [X.]-2500 § 50 [X.] vorgesehen, Rd[X.]5 mwN; zur insoweit fehlenden [X.] des [X.] vgl schon [X.] 97, 378, 386 = [X.]-2500 § 48 [X.] f).

[X.]eine der dargelegten Voraussetzungen des § 48 Abs 1 Satz 1 Halbs 2 [X.] sind erfüllt. Herzkranzgefäßerkrankung und Handverletzung der [X.]lägerin sind nicht Ausdruck eines einheitlichen Grundleidens. Sie stehen weder in einem ursächlichen Zusammenhang noch lassen sie sich als [X.]rankheitsbündelung iS von multiplen Unfallverletzungen oder Multimorbidität begreifen.

b) Die Handverletzung ist auch keine zur Herzkranzgefäßerkrankung "hinzugetretene [X.]rankheit". § 48 Abs 1 Satz 2 [X.] stellt die hinzutretende [X.]rankheit bezüglich der Rechtsfolge der Leistungsbegrenzung dem Fall "derselben [X.]rankheit" rechtlich gleich (vgl [X.] 71, 290, 292 = [X.]-2500 § 48 [X.] S 14). Das Hinzutreten einer weiteren [X.]rankheit zu einer fortbestehenden und fortlaufend [X.] verursachenden Erkrankung führt weder zur Entstehung eines gänzlich neuen [X.]-Anspruchs noch bewirkt es die Verlängerung der schon in Ansehung der ersten [X.]rankheit maßgeblichen (begrenzten) Leistungsdauer (vgl [X.] 83, 7, 9 = [X.]-2500 § 48 [X.]). Die Regelungen des § 48 Abs 1 [X.] wollen auf diese Weise sicherstellen, dass die gesetzliche Höchstbezugsdauer bei [X.] sowohl bei identischen [X.]rankheiten als auch bei bestimmten unterschiedlichen und wechselnden [X.]rankheitsbildern nicht überschritten wird (vgl zum Ganzen [X.]-2500 § 48 [X.] Rd[X.]9 mwN).

Ein "Hinzutreten während der Arbeitsunfähigkeit" iS von § 48 Abs 1 Satz 2 [X.] liegt unter Berücksichtigung von Wortlaut, Systematik sowie nach Sinn und Zweck der Regelung auch dann vor, wenn zeitgleich mit dem Vorliegen oder Wiedervorliegen einer zur [X.] führenden ersten Erkrankung unabhängig von dieser [X.]rankheit zugleich eine weitere [X.]rankheit die Arbeitsunfähigkeit des Versicherten bedingt. Es reicht insoweit aus, dass die [X.]rankheiten zumindest an einem Tag zeitgleich nebeneinander bestanden haben ([X.]-2500 § 48 [X.] Rd[X.]6; so im Ergebnis auch: [X.] Urteil vom 15.5.2001 - L 5 [X.]R 77/00 = [X.]/258; vgl ferner zB [X.] in: [X.], Handbuch der [X.]rankenversicherung, [X.], Stand 1.7.2010, § 48 [X.] RdNr 46; [X.], [X.] 1985, 36, 38; [X.], [X.]rankengeld, 2004, [X.] RdNr 622; noch offen lassend [X.] in: Wannagat, § 48 [X.] RdNr 9, Stand März 2005). § 48 Abs 1 Satz 2 [X.] setzt deshalb nicht voraus, dass zwei [X.]rankheiten bei dem Versicherten im Falle bestehender [X.] in der Weise aufeinander treffen, dass eine zweite [X.]rankheit einer schon zuvor eingetretenen und fortbestehenden ersten [X.]rankheit zeitlich nachfolgt (vgl zum Ganzen [X.]-2500 § 48 [X.] Rd[X.]6).

§ 48 Abs 1 Satz 2 [X.] fordert für eine "hinzugetretene" [X.]rankheit, dass sie bereits "während" des Bestehens "der Arbeitsunfähigkeit" infolge der ersten [X.]rankheit aufgetreten ist. Diese vom Wortlaut der Norm gezogene Grenze darf nicht unter Berufung auf den dargelegten Regelungszweck unberücksichtigt bleiben, wie es bei Einnahme des [X.] der Beklagten der Fall wäre. Deshalb hat die Rechtsprechung schon bisher betont, dass eine [X.]rankheit nicht mehr hinzutritt, sondern in ihren Rechtsfolgen eigenständig zu beurteilen ist, wenn sie erst am Tage nach Beendigung der bisherigen [X.] oder noch später auftritt (vgl [X.]-2500 § 48 [X.] Rd[X.]3; [X.] 83, 7, 10 = [X.]-2500 § 48 [X.]; [X.] 71, 290, 292 = [X.]-2500 § 48 [X.] S 14 f; BSG [X.] Nr 40 zu § 183 RVO = US[X.] 6950). Das ist auch in der Literatur weitgehend unumstritten (vgl zB Vay in: [X.], Soziale [X.]rankenversicherung - Pflegeversicherung, Stand März 2011, § 48 [X.] RdNr 9; [X.] in: [X.]/[X.], [X.], Stand Mai 2011, [X.] § 48 RdNr 5; [X.] in: [X.], Handbuch der [X.]rankenversicherung, [X.], Stand 1.7.2010, § 48 [X.] RdNr 46; [X.] in: von [X.], G[X.]-[X.], Stand Oktober 2002, § 48 RdNr 7; [X.] in: [X.], Stand April 2011, § 48 [X.] RdNr 7a; [X.]norr/[X.]rasney, Entgeltfortzahlung - [X.]rankengeld - Mutterschaftsgeld, 7. Aufl, Stand Mai 2011, § 48 [X.] Rd[X.]6 [X.] mwN; [X.] in: [X.]/[X.]/[X.]/[X.]/Zipperer, Stand April 2011, G[X.]V-[X.]omm [X.], § 48 RdNr 7; [X.], [X.] 1966, 195, 198 f). Daran fehlt es.

Die Handerkrankung ist nicht bereits "während des Bestehens der [X.]" infolge der Herzkranzgefäßerkrankung aufgetreten. Nach den mit zulässigen [X.] nicht angegriffenen und daher für den Senat bindenden Feststellungen des [X.] (§ 163 SGG) wurde die [X.]lägerin aufgrund der Handverletzung vom [X.] arbeitsunfähig, nachdem die vorangegangene [X.] wegen der koronaren Zweigefäßerkrankung vom 6.4. bis 16.10.2004 und ab 5.4.2005 seit dem [X.] beendet war.

c) Weitergehende Ausnahmen vom Grundsatz der unbegrenzten Leistungsdauer sieht § 48 [X.] auch bei wechselnden [X.]rankheitsbildern nicht vor. Eine weitere Ausnahmen begründende Analogie kommt nicht in Betracht. Die Norm ist nämlich bewusst abschließend gefasst. Das folgt aus dem aufgezeigten Wortlaut, Regelungssystem und -zweck sowie der Entstehungsgeschichte (vgl Entwurf eines Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen der Fraktionen der [X.] und [X.] , BT-Drucks 11/2237 [X.]). Dementsprechend beurteilt sich die in der Gemeinsamen Verlautbarung des [X.], des AO[X.]-Bundesverbandes und des VdA[X.] (jetzt vdek) vom [X.] unter 2.3.1 (in: Die Leistungen 2008, [X.], 23; abweichend das bisher maßgebliche Rundschreiben der Spitzenverbände der [X.]rankenkassen vom 6.10.1993, Sonderdruck, unter 2.3.1) aufgeworfene Frage nach der Berücksichtigung von [X.] allein nach dem durch § 48 Abs 1 Satz 1 und 2 [X.] vorgegebenen Regel-Ausnahme-Schema.

3. Die [X.]ostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Meta

B 1 KR 15/10 R

21.06.2011

Bundessozialgericht 1. Senat

Urteil

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Kiel, 12. Juni 2008, Az: S 3 KR 195/06, Urteil

§ 44 Abs 1 SGB 5, § 48 Abs 1 S 1 Halbs 1 SGB 5, § 48 Abs 1 S 1 Halbs 2 SGB 5, § 48 Abs 1 S 2 SGB 5

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 21.06.2011, Az. B 1 KR 15/10 R (REWIS RS 2011, 5615)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 5615

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

B 1 KR 7/12 R (Bundessozialgericht)

Sozialgerichtliches Verfahren - Rechtsschutzbedürfnis bei Erfüllungseinwand - Zulässigkeit der Anfechtungs- und Leistungsklage - Krankenversicherung - …


B 1 KR 31/13 R (Bundessozialgericht)

Krankenversicherung - Krankengeld - Antrag nach Aufforderung zur Antragstellung auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation - …


B 1 KR 17/13 R (Bundessozialgericht)

Krankenversicherung - Krankengeld - Aufrechterhaltung der Mitgliedschaft als Beschäftigter über das Ende des Beschäftigungsverhältnisses - …


B 1 KR 25/14 R (Bundessozialgericht)

Krankenversicherung - Krankengeld - rechtzeitige ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit - Erforderlichkeit einer persönlichen Untersuchung - …


B 3 KR 22/15 R (Bundessozialgericht)

Krankenversicherung - Anspruch auf Krankengeld nach dem bis 22.7.2015 geltenden Recht - Notwendigkeit der ärztlichen …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.