Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 31.07.2019, Az. 2 B 56/18

2. Senat | REWIS RS 2019, 4907

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Gegenstand

Disziplinarrechtliche Ahndung eines unerlaubten Fernbleibens vom Dienst; keine "Selbsthilfe" gegen unterwertige Beschäftigung und Mobbing


Gründe

1

[X.]ie auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 70 [X.]. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und des [X.] (§ 70 [X.]. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Beschwerde des [X.]n ist teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet.

2

1. [X.]er 1956 geborene [X.] steht als Regierungsdirektor (Besoldungsgruppe [X.]) im [X.]ienst des [X.]. Er war zuletzt als Referent ... tätig. Im Oktober 2013 leitete der Kläger ein [X.]isziplinarverfahren gegen den [X.]n wegen des unentschuldigten Fernbleibens vom [X.]ienst ein. [X.]er Kläger enthob den [X.]n mit Bescheid vom Januar 2014 vorläufig des [X.]ienstes. Auf die im Juni 2014 erhobene [X.] hat das Verwaltungsgericht den [X.]n aus dem [X.]ienst entfernt. [X.]ie Berufung des [X.]n ist erfolglos geblieben. [X.]as Oberverwaltungsgericht hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: [X.]er [X.] habe durch die Verletzung innerdienstlicher Pflichten ein schweres [X.]ienstvergehen begangen, das seine Entfernung aus dem [X.]ienst erfordere. Er sei im Zeitraum von September 2013 bis zur vorläufigen [X.]ienstenthebung im Januar 2014 an insgesamt 84 Tagen unerlaubt nicht zum [X.]ienst erschienen. Eine (vom Berufungsgericht als "augenscheinlich" bezeichnete) unterwertige oder in der Arbeitsmenge nicht auslastende Beschäftigung des [X.]n habe dessen [X.]ienstleistungspflicht nicht entfallen lassen. Angesichts der [X.]auer des Fehlverhaltens sei das Vertrauen in die Zuverlässigkeit des [X.]n vollständig zerstört. Es gebe keine entlastenden Gründe, die es rechtfertigten, von der [X.] abzusehen. Insbesondere sei der [X.] nicht von einem Mobbing durch seine [X.]ienstvorgesetzten betroffen gewesen. Weder habe es der [X.] vermocht, den Ausgangspunkt des vermeintlichen Mobbings darzutun, noch ergebe sich bei Berücksichtigung der Gesamtheit der vom [X.]n im Einzelnen angeführten Umstände, dass er einem systematischen Anfeinden, Schikanieren oder [X.]iskriminieren durch seinen unmittelbaren [X.]ienstvorgesetzten oder durch höhere [X.]ienstvorgesetzte ausgesetzt gewesen sei.

3

2. [X.]ie Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung gemäß § 70 [X.]. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, die der [X.] ihr zumisst.

4

Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist oder auf der Grundlage der bestehenden bundesgerichtlichen Rechtsprechung mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregelungen auch ohne [X.]urchführung eines Revisionsverfahrens eindeutig beantwortet werden kann (stRspr, vgl. [X.], Beschlüsse vom 24. Januar 2011 - 2 B 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 5, vom 9. April 2014 - 2 B 107.13 - [X.] 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 20 Rn. 9 und vom 20. Juni 2017 - 2 B 84.16 - juris Rn. 9).

5

a) [X.]en von der Beschwerde für klärungsbedürftig gehaltenen Fragen,

"Bleiben Beamte, denen auf unbestimmte Zeit keine amtsangemessene Beschäftigung im Sinne von Art. 33 Abs. 5 GG übertragen ist, dem [X.]ienst unerlaubt fern, wenn sie es ablehnen, eine offensichtlich nicht amtsangemessene Tätigkeit auszuüben?",

"Bleiben Beamte dem [X.]ienst unerlaubt fern, wenn ihnen auf unbestimmte Zeit offensichtlich weder hinsichtlich der Wertigkeit noch hinsichtlich des Umfangs der zugewiesenen Aufgaben eine amtsangemessene Beschäftigung im Sinne von Art. 33 Abs. 5 GG übertragen ist, sodass sie während eines großen Teils ihrer Arbeitszeit an dem für die [X.]ienstleistung bezeichneten Ort auf die Zuweisung dienstlicher Aufgaben warten müssen, obwohl Bereitschaftsdienst nicht zu ihren dienstlichen Aufgaben gehört und sie die offensichtlich qualitativ und quantitativ unzureichende Aufgabenzuweisung gegenüber dem [X.]ienstherrn beanstandet haben?"

kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. [X.]ie Rechtsfragen sind auch in Ansehung des Zulassungsbeschlusses des [X.]s vom 23. Oktober 2008 - 2 B 33.08 - (juris) in der Rechtsprechung des [X.] geklärt.

6

Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] knüpft der Begriff des nicht genehmigten Fernbleibens vom [X.]ienst an die formale [X.]ienstleistungspflicht des Beamten an. [X.]iese beamtenrechtliche Grundpflicht fordert vom Beamten in erster Linie, sich während der [X.] an dem vorgeschriebenen Ort aufzuhalten und dort die ihm übertragenen dienstlichen Aufgaben wahrzunehmen ([X.], Urteile vom 25. September 2003 - 2 [X.] 49.02 - [X.] 240 § 9 [X.] Nr. 26 S. 41 f., vom 11. Oktober 2006 - 1 [X.] 10.05 - [X.] 232 § 73 [X.] Nr. 30 Rn. 34, vom 27. Februar 2014 - 2 [X.] 1.13 - [X.]E 149, 117 Rn. 22 und vom 23. Juni 2016 - 2 [X.] 24.14 - [X.]E 155, 292 Rn. 15). Solange ein Beamter dienstunfähig ist, ist er von der [X.]ienstleistungspflicht befreit, weil er sie nicht erfüllen kann ([X.], Urteil vom 12. Oktober 2006 - 1 [X.] 2.05 - juris Rn. 32 m.w.[X.]). Ein dienstfähiger Beamter wird in der Regel nur durch eine wirksame Urlaubsbewilligung oder sonstige Freistellung vom [X.]ienst - sei es genehmigt oder kraft Gesetzes - von seiner [X.]ienstleistungspflicht entbunden (vgl. [X.], Beschluss vom 31. August 2001 - 1 [X.]B 23.01 - juris Rn. 7 m.w.[X.]). [X.]ie Verpflichtung zur [X.]ienstleistung wird dagegen nicht dadurch aufgehoben, dass der Beamte nicht amtsangemessen beschäftigt ist.

7

Richtig ist, dass der Beamte einen Anspruch auf Übertragung eines seinem Amt im statusrechtlichen Sinne entsprechenden funktionellen Amtes, eines "amtsangemessenen Aufgabenbereichs“, hat ([X.], Beschluss vom 3. Juli 1985 - 2 BvL 16/82 - [X.]E 70, 251 <266>; [X.], Urteile vom 11. Juli 1975 - 6 [X.] 44.72 - [X.]E 49, 64 <67 f.>, vom 5. Juni 2014 - 2 [X.] 22.13 - [X.]E 150, 1 Rn. 25 und vom 19. Mai 2016 - 2 [X.] 14.15 - [X.]E 155, 182 Rn. 23 m.w.[X.]). [X.]ementsprechend können Beamte verlangen, dass ihnen [X.], zum einen ein abstrakt-funktionelles und zum anderen ein [X.] Amt, d. h. ein entsprechender [X.]ienstposten, übertragen werden, deren Wertigkeit ihrem Amt im statusrechtlichen Sinne entspricht ([X.], Urteile vom 22. Juni 2006 - 2 [X.] 26.05 - [X.]E 126, 182 Rn. 9 und vom 18. September 2008 - 2 [X.] 8.07 - [X.]E 132, 31 Rn. 14). [X.]araus folgt aber nicht das Recht des Beamten, eine - auch offensichtlich - unterwertige Tätigkeit auf dem innegehaltenen [X.]ienstposten ohne weiteres zu verweigern. [X.]er Beamte ist grundsätzlich darauf beschränkt, seinen Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung geltend zu machen und damit eine unterwertige Beschäftigung abzuwehren, nötigenfalls durch Inanspruchnahme verwaltungsgerichtlichen (Eil-)Rechtsschutzes. Er darf nicht ohne weiteres im Wege der "Selbsthilfe" dem [X.]ienst fernbleiben (vgl. [X.], Urteil vom 10. Juni 1998 - 1 [X.] 39.96 - juris Rn. 30, s.a. Beschluss vom 22. Juni 1995 - 1 [X.]B 33.94 - n.v.). Gleiches gilt im Fall von in der Arbeitsmenge (offensichtlich) nicht auslastenden Beschäftigungen.

8

Keine andere Beurteilung rechtfertigt sich in Ansehung des Beschlusses des [X.]s vom 23. Oktober 2008 - 2 B 33.08 - (juris), mit dem die Revision zur Klärung der Frage zugelassen wurde, ob Beamte, denen auf unbestimmte Zeit keine amtsangemessene Beschäftigung im Sinne von Art. 33 Abs. 5 GG übertragen ist, dem [X.]ienst unerlaubt fernbleiben, wenn sie es ablehnen, eine offensichtlich nicht amtsangemessene vorübergehende Tätigkeit auszuüben. [X.]as [X.] 2 B 33.08 hatte nicht die vorliegende Fallkonstellation zum Gegenstand, in der ein Beamter - wie hier der [X.] als Referent - ein [X.] Amt innehat und in Streit steht, ob es sich dabei um einen amtsangemessenen [X.]ienstposten handelt und welche Pflichten und Rechte dem Beamten im Fall eines unterwertigen Aufgabenbereichs zustehen. [X.]ie Frage der Verletzung der [X.]ienstleistungspflicht, die mit einem übertragenen Amt im konkret-funktionellen Sinne verbunden ist, stellte sich in diesem Verfahren nicht. Es betraf die Sondersituation von Beamten, die einer Personal-Service-Agentur eines privaten Nachfolgeunternehmens der [X.]eutschen Bundespost zugewiesen sind. [X.]iese Beamten haben kein [X.] Amt mehr inne, weil ihnen die bisherigen [X.] entzogen worden sind, ohne ihnen eine andere, ihrem Status entsprechende Ämterstellung i.S.v. Art. 33 Abs. 5 GG zu übertragen (Beamte ohne Ämterstellung; vgl. [X.], Urteil vom 7. September 2004 - 1 [X.] 20.03 - [X.] 232 § 73 [X.] Nr. 28 S. 27). Allein vor diesem Hintergrund war die zur Zulassung der Revision führende Frage zu klären, ob die im "Zustand des Wartens und Bereithaltens" geführten "amtlosen" Beamten verpflichtet werden können, offensichtlich unterwertige vorübergehende Tätigkeiten aufzunehmen. Über diese Frage war im Übrigen nicht mehr zu entscheiden, nachdem die Revision zurückgenommen worden ist. [X.]as Revisionsverfahren wurde durch Beschluss vom 8. Juni 2009 - 2 [X.] 75.08 - eingestellt.

9

Ebenso wenig besteht im Hinblick auf das Urteil des [X.]s vom 18. September 2008 (2 [X.] 126.07 - [X.]E 132, 40) Anlass, die in der Rechtsprechung des [X.] (Urteil vom 10. Juni 1998 - 1 [X.] 39.96 - juris Rn. 30) beantwortete Rechtsfrage nochmals zur Erörterung zu stellen. In dem der Entscheidung vom 18. September 2008 zugrundeliegenden Verfahren hat der [X.] entschieden, dass Beamte, die Vivento (Personal-Service-Agentur der [X.]eutschen Telekom AG als Nachfolgeunternehmen der [X.]eutschen Bundespost) zugewiesen sind und die ihren Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung geltend gemacht hatten, nicht weiter verpflichtet sind, sich auf freie Stellen zu bewerben; in der Weigerung, Bewerbungsaufforderungen Folge zu leisten, liegt keine [X.]ienstpflichtverletzung. Zur Begründung hat der [X.] im Wesentlichen ausgeführt, dass Art. 33 Abs. 5 GG das Nachfolgeunternehmen verpflichtet, den Anspruch eines Vivento zugewiesenen Beamten auf amtsangemessene Beschäftigung zeitnah zu erfüllen, wenn er ihn geltend gemacht hat. [X.]em Beamten darf weder entgegenhalten werden, er habe die Zuweisung nicht mit Rechtsmitteln angefochten, noch darf er auf den Verwaltungsrechtsweg und die rechtskräftige Feststellung seines Anspruchs verwiesen werden. Sobald der Beamte seinen Beschäftigungsanspruch geltend macht, trifft den [X.]ienstherrn eine Bringschuld, deren Erfüllung er nicht unter Verweis auf die Regelungen für Beamte ohne amtsangemessene Beschäftigung, d.h. im "amtlosen" Zustand, hinausschieben darf (vgl. [X.], Urteil vom 18. September 2008 - 2 [X.] 126.07 - [X.]E 132, 40 Rn. 13, 15). Mit diesen in Bezug genommenen Aussagen des [X.] zeigt die Beschwerde keine erneute Klärungsbedürftigkeit der als rechtsgrundsätzlich bezeichneten Fragen auf. [X.]ie Ausführungen des [X.] haben keine Bedeutung für die Frage der [X.]ienstleistungspflicht eines Beamten auf einem innegehaltenen, aber nicht amtsangemessenen [X.]ienstposten (Amt im konkret-funktionellen Sinne). Sie betreffen allein die Sondersituation von Beamten ohne Ämterstellung und die Geltendmachung ihres Beschäftigungsanspruchs.

b) [X.]en von der Beschwerde weiter aufgeworfenen Fragen,

"Erfordert ein unerlaubtes Fernbleiben vom [X.]ienst während eines Zeitraums von mehreren Monaten, jedenfalls während eines Zeitraums von vier Monaten, regelmäßig die Entfernung aus dem [X.]ienst, wenn dieses Verhalten dadurch motiviert war, dass der Beamte sich einer offensichtlich rechtswidrigen Behandlung durch den [X.]ienstherrn, z.B. durch nicht amtsangemessene Beschäftigung oder 'Mobbing' entziehen wollte?"

"Erfordert ein unerlaubtes Fernbleiben vom [X.]ienst während eines Zeitraums von mehreren Monaten, jedenfalls während eines Zeitraums von vier Monaten, regelmäßig die Entfernung aus dem [X.]ienst, wenn dieses Verhalten des Beamten durch den Umstand motiviert war, dass er auf unbestimmte Zeit auf einem im Sinne von Art. 33 Abs. 5 GG hinsichtlich der Wertigkeit der übertragenen Aufgaben offensichtlich nicht amtsangemessenen [X.]ienstposten eingesetzt war, auf dem zugleich so wenige Aufgaben anfielen, dass er in erheblichem Ausmaß an dem für die [X.]ienstleistung bezeichneten Ort auf die Zuweisung dienstlicher Aufgaben warten musste, obwohl Bereitschaftsdienst nicht zu seinen dienstlichen Aufgaben gehört und er diese Verwendung gegenüber dem [X.]ienstherrn beanstandet hat?"

kommt ebenso wenig grundsätzliche Bedeutung zu.

Wie unter 2. a) ausgeführt, ist in der Rechtsprechung des [X.] geklärt, dass ein Fall des unentschuldigten Fernbleibens vom [X.]ienst auch vorliegt, wenn ein Beamter eine unterwertige oder nicht auslastende Beschäftigung im Wege der "Selbsthilfe" abwehrt, anstatt dagegen (Eil-)Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen. Weiter ist geklärt, dass unentschuldigtes Fernbleiben vom [X.]ienst im Sinne von § 96 Abs. 1 Satz 1 [X.], der dem § 61 Abs. 1 Satz 1 LBG Bbg entspricht, über einen Zeitraum von mehreren Monaten regelmäßig geeignet ist, das für das Beamtenverhältnis erforderliche Vertrauensverhältnis zwischen dem [X.]ienstherrn und dem Beamten zu zerstören. Aufgrund der Bedeutung und der leichten Einsehbarkeit der Pflicht, überhaupt zum [X.]ienst zu erscheinen, offenbart das Fernbleiben über einen derart langen Zeitraum ein besonders hohes Maß an Verantwortungslosigkeit und Pflichtvergessenheit. [X.]aher ist in diesen Fällen die Entfernung aus dem [X.]ienst grundsätzlich Ausgangspunkt der Bestimmung der angemessenen [X.]isziplinarmaßnahme ([X.], Urteile vom 7. November 1990 - 1 [X.] 33.90 - juris Rn. 31 m.w.[X.], vom 22. April 1991 - 1 [X.] 62.90 - [X.]E 93, 78 <80 f.> und vom 6. Mai 2003 - 1 [X.] 26.02 - juris Rn. 54 f.). [X.]ies gilt auch im vorliegenden Fall des Fernbleibens vom [X.]ienst im Wege der "Selbsthilfe" (vgl. [X.], Urteil vom 10. Juni 1998 - 1 [X.] 39.96 - juris Rn. 27 und 30 zu einer Fehlzeit von mehr als 15 Wochen). [X.]ie von der Schwere des [X.]ienstvergehens ausgehende Indizwirkung entfällt nur dann, wenn im Einzelfall gewichtige Entlastungsgründe zugunsten des Beamten zu berücksichtigen sind ([X.], Urteile vom 12. Oktober 2006 - 1 [X.] 2.05 - juris Rn. 51 und vom 25. Januar 2007 - 2 A 3.05 - [X.] 235.1 § 52 B[X.]G Nr. 4 Rn. 42; Beschlüsse vom 23. Januar 2013 - 2 [X.] - juris Rn. 11 und vom 31. Juli 2017 - 2 B 30.17 - juris Rn. 13). [X.]abei zählen nach der ständigen Rechtsprechung des [X.]s Beeinträchtigungen der Persönlichkeit durch Mobbing zu den subjektiven Beweggründen, die in die Zumessungsentscheidung nach § 13 Abs. 1 B[X.]G, der dem § 13 Abs. 1 L[X.]G Bbg entspricht, zugunsten des Beamten einzustellen sind (Beschluss vom 29. Juli 2009 - 2 B 15.09 - NVwZ-RR 2009, 815 Rn. 9; zu § 13 B[X.]G allgemein: Urteil vom 20. Oktober 2005 - 2 [X.] 12.04 - [X.] 235.1 § 13 B[X.]G Nr. 1 Rn. 21 und 25).

Zudem wirft die auch vom Berufungsgericht zu treffende Bemessungsentscheidung keine Fragen von rechtsgrundsätzlicher Bedeutung auf. [X.]enn es handelt sich bei der dem [X.]isziplinargericht obliegenden Bemessung der [X.]isziplinarmaßnahme nach Maßgabe des § 13 L[X.]G BbG um eine Einzelfallentscheidung. [X.]ie [X.]isziplinargerichte sind verpflichtet, die [X.]isziplinarmaßnahme unter Berücksichtigung aller konkreten be- und entlastenden Umstände zu bestimmen ([X.], Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 [X.] 63.11 - [X.]E 147, 229 Rn. 13 m.w.[X.]).

3. [X.]ie Revision ist auch nicht wegen eines Verfahrensfehlers (§ 70 L[X.]G Bbg, § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen. [X.]er Vorwurf einer Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO verletzenden Überraschungsentscheidung trifft nicht zu.

[X.]er Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs soll sicherstellen, dass ein Verfahrensbeteiligter Einfluss auf den Gang des gerichtlichen Verfahrens und dessen Ausgang nehmen kann. Zu diesem Zweck muss er Gelegenheit erhalten, sich zu allen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten zu äußern, die entscheidungserheblich sein können. Zwar korrespondiert mit diesem [X.] keine umfassende Frage-, Aufklärungs- und Hinweispflicht des Gerichts. Vielmehr kann regelmäßig erwartet werden, dass die Beteiligten von sich aus erkennen, welche Gesichtspunkte Bedeutung für den Fortgang des Verfahrens und die abschließende Sachentscheidung des Gerichts erlangen können, und entsprechend vortragen. Jedoch verlangt der Schutz vor einer Überraschungsentscheidung, dass das Gericht nicht ohne vorherigen Hinweis auf einen rechtlichen Gesichtspunkt abstellt, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger [X.] selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen braucht (stRspr, vgl. [X.], Beschluss vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - [X.]E 86, 133 <144 f.> sowie Kammerbeschluss vom 15. Februar 2011 - 1 BvR 980/10 - NVwZ-RR 2011, 460 Rn. 13 m.w.[X.]).

[X.]aran gemessen war das Berufungsgericht nicht gehalten, den [X.]n darauf hinzuweisen, dass es bei der Würdigung seines Vorbringens zum Mobbing auch auf die Aussagen der Zeugen in dem Klageverfahren vor dem [X.] (Oder) [X.] abstellt. [X.]ie Beteiligten müssen zur Gewährung rechtlichen Gehörs zwar Gelegenheit haben, zu allen Tatsachen und Beweisergebnissen Stellung zu nehmen. [X.]as Gericht ist aber nicht verpflichtet, seine Beweiswürdigung den Beteiligten vorab mitzuteilen, solange nur auf Grundlage der vorhandenen Tatsachen mit einer solchen Beweiswürdigung zu rechnen war. Alle Tatsachen, die dem Berufungsurteil zugrunde liegen, waren dem [X.]n und seinem Prozessbevollmächtigten entweder aus eigener Kenntnis oder aus den Akten bekannt. Gegenstand des Verfahrens war auch die in Kopie vorliegende Gerichtsakte des Verfahrens [X.]. [X.]er anwaltlich vertretene [X.] musste in Betracht ziehen, dass im Berufungsverfahren auch eine andere Bewertung der tatsächlichen Umstände die Berufungsentscheidung tragen könnte. Insbesondere musste er im Hinblick auf den gegen die [X.]ienstvorgesetzten erhobenen [X.] damit rechnen, dass das Berufungsgericht in die Gesamtwürdigung der Umstände gerade auch die Zeugenaussagen der [X.]ienstvorgesetzten im Klageverfahren [X.] einbezieht, das einen Beurteilungsstreit zwischen dem [X.]n und seinen [X.]ienstvorgesetzten betraf. Er hätte sich mit den Aussagen inhaltlich auseinandersetzen und sie angreifen müssen, wenn er eine erneute Beweiserhebung im gerichtlichen [X.]isziplinarverfahren hätte erreichen wollen. [X.]aran fehlt es. [X.]as Berufungsgericht durfte die Zeugenaussagen seiner Entscheidung gemäß § 66 Abs. 1 i.V.m. § 58 Abs. 2 L[X.]G Bbg zugrunde legen.

[X.]ies gilt auch für die Aussage des ehemaligen Leiters der Abteilung 1 des .... [X.]er [X.] hat diese Aussage ihrem Inhalt nach nicht bestritten und ihre Würdigung durch das Gericht nicht substanziiert angegriffen. Er hat sich in der Berufungsbegründung gegen die Beweiswürdigung der Vorinstanz mit der Rüge gewandt, es sei nicht berücksichtigt worden, dass der ehemalige Leiter der Abteilung 1 des ... sowohl bei seiner Aussage im erstinstanzlichen Verfahren als auch bei seiner Aussage im Beurteilungsstreitverfahren [X.] erklärt habe, bei "08/15-Aufgaben" sei es nicht möglich, Höchstleistungen zu zeigen und Höchstnoten zu erlangen. [X.]amit hat der [X.] aber die Wertung des [X.] nicht in substanziiert in Frage gestellt, dass in der nicht amtsangemessenen und nicht auslastenden Beschäftigung zwar ein fehlerhaftes Verhalten liege, das jedoch nicht mit einem systematischen, gegen ihn gerichteten, ihn schikanierenden oder diskriminierenden Handeln gleichzusetzen oder Teil eines solchen sei. [X.]eshalb war das Berufungsgericht auch nicht gemäß Art. 103 Abs. 1 GG sowie § 108 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 VwGO gehalten, auf das Vorbringen des [X.]n in den Gründen der Berufungsentscheidung inhaltlich einzugehen. [X.]er Zeuge hat bei verständiger Würdigung seiner Aussagen der Sache nach lediglich zum Ausdruck gebracht, dass bei der Beurteilung, wie ein Beamter die sich aus dem [X.] ergebenden Anforderungen erfüllt, auch der Schwierigkeitsgrad zu berücksichtigen ist, der sich aus den Aufgaben ergibt, die mit dem übertragenen [X.]ienstposten verbunden sind. [X.]er von dem Zeugen gewählte Begriff "08/15-Aufgaben" weist keine abfällige oder negative Konnotation auf, die auf ein schikanierendes oder diskriminierendes Verhalten deutet. [X.]er Ausdruck "08/15" ist eine alltagssprachliche Redewendung, die in dem hier verwendeten Kontext im Sinne von "keine besonders" schwierige Aufgabe oder "ganz gewöhnliche", "durchschnittlich" schwierige Aufgabe zu verstehen ist, ohne dass damit die Aufgabe an sich abgewertet wird. Sie beschreibt umgangssprachlich die Aufgabenanforderung nach ihrem Schwierigkeitsgrad.

Ohne Erfolg bleibt die Rüge der Beschwerde, der Anspruch des [X.]n auf rechtliches Gehör sei verletzt, weil das Berufungsgericht bei der Würdigung des Vorbringens zum Mobbing ohne vorherigen Hinweis auf die Aussage des [X.], unmittelbarer [X.]ienstvorgesetzter des [X.]n, im erstinstanzlichen Verfahren abgestellt habe. [X.]ie Beschwerde geht nicht darauf ein, dass die Berufungsentscheidung nicht ausschließlich auf diese Zeugenaussage gestützt ist, sondern maßgeblich auf die eigene Einlassung des [X.]n zu seinem Verhältnis zu seinem unmittelbaren [X.]ienstvorgesetzten ([X.] f.). [X.]as Berufungsgericht hat angenommen, der geäußerte [X.] sei nicht plausibel, weil der [X.] selbst betont habe, dass kein Spannungsverhältnis zwischen ihm und seinem unmittelbaren [X.]ienstvorgesetzten bestanden habe, das Verhältnis vielmehr geschäftlich angenehm gewesen sei und es menschlich keine Probleme gegeben habe.

Schließlich wird kein Verfahrensfehler in Form der Verletzung des § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO in einer den [X.]arlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Weise gerügt, soweit die Beschwerde meint, das Berufungsgericht hätte sich bei der Beurteilung der Frage, ob der [X.] einem Mobbing ausgesetzt war, nicht allein auf die Bekundungen einiger Zeugen zu dienstlichen Leistungen des [X.]n stützen dürfen. [X.]as Vorbringen geht an der Entscheidung des [X.] vorbei. [X.]as Berufungsgericht hat den [X.] als nicht erfüllt angesehen, weil es bereits an einem Anhalt für den Ausgangspunkt des vermeintlichen Mobbings fehle. Es hat im Einzelnen dargestellt, dass weder greifbare Umstände dargetan noch dafür erkennbar seien, dass - wie vom [X.]n behauptet - der Minister und die [X.] erfolglos versucht hätten, ihn zu veranlassen, eine Gegenleistung für in Aussicht gestellte Unterstützung in seinem beruflichen Fortkommen anzubieten, und ihm seither Schaden zufügen. Erst im [X.] an diese Erwägungen hat das Berufungsgericht ausgeführt, dass sich auch bei Berücksichtigung der Gesamtumstände keine andere Beurteilung ergebe, und in diesem Zusammenhang auf die von den [X.]ienstvorgesetzten abgegebenen Leistungseinschätzungen abgestellt.

[X.]ie Kostenentscheidung folgt aus § 78 Abs. 4 [X.]. § 154 Abs. 2 VwGO.

Einer Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren bedarf es nicht, weil für das Beschwerdeverfahren gemäß § 79 Abs. 1 L[X.]G Bbg Festgebühren in entsprechender Anwendung des Gebührenverzeichnisses der Anlage zu § 78 des Bundesdisziplinargesetzes erhoben werden.

Meta

2 B 56/18

31.07.2019

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, 19. April 2018, Az: OVG 81 D 1.17, Urteil

§ 96 Abs 1 S 1 BBG, § 13 Abs 1 BDG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 31.07.2019, Az. 2 B 56/18 (REWIS RS 2019, 4907)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 4907

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