Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.11.2005, Az. XII ZR 137/05

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 1055

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[X.]BESCHLUSS [X.] ZR 137/05 vom 2. November 2005 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja G[X.] §§ 41, 45 a) Zum Streitwert einer vom Mieter erhobenen Klage, mit der ein Vermieter zur Kündigung des Mietverhältnisses mit einem störenden Mitmieter verpflichtet werden soll. b) Zur Identität des Streitgegenstandes bei einer Klage auf Zahlung von [X.] und einer Widerklage auf Feststellung des Nichtbestehens des Mietver-hältnisses ([X.] an [X.]sbeschluss vom 17. März 2004 - [X.]/00 - [X.], 423). [X.], Beschluss vom 2. November 2005 - [X.][X.]LG [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 2. November 2005 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und [X.], [X.], die Richterin [X.] und [X.] beschlossen: Der Streitwert für das Verfahren über die Nichtzulassungsbe-schwerde wird festgesetzt auf 50.862 •. Gründe: [X.] Die Parteien streiten über wechselseitige Ansprüche aus einem im Jahre 2000 abgeschlossenen Mietvertrag über Geschäftsräume zum Betrieb einer Anwaltskanzlei, der von beiden Parteien erstmals zum 15. Januar 2006 gekün-digt werden konnte. Zusätzlich bestand zwischen den Parteien ein Mietvertrag über zwei Pkw-Stellplätze. 1 Im Mai 2003 vermietete die Klägerin andere Räume in dem gleichen Mietobjekt an einen privaten Schulträger, der in diesen Räumen Umschulungen und Weiterbildungen durchführte. Seit Juli 2003 minderte der Beklagte die mo-natliche Miete um 50 % mit der Begründung, dass von dem Schulbetrieb unzu-mutbare Störungen ausgingen und sprach am 1. September 2003 die fristlose Kündigung aus. Die Klägerin hat mit der Klage gegen den in den Mieträumen verbliebenen Beklagten Mietrückstände für den [X.]raum von Juli 2003 bis [X.] in [X.] von 14.914,62 • geltend gemacht. Der Beklagte hat demgegenüber im Wege der Widerklage mit dem Hauptantrag die [X.] - 3 - lung beantragt, dass das Mietverhältnis durch die fristlose Kündigung vom 1. September 2003 beendet worden sei und mit einem Hilfsantrag begehrt, die Klägerin zu verurteilen, den Mietvertrag mit dem Schulträger zu beenden und die Schule aus dem Besitz der von ihnen gemieteten Räume zu setzen. Der Klage ist in beiden Vorinstanzen stattgegeben, die Widerklage in vollem [X.] abgewiesen worden. I[X.] [X.] für das Verfahren über die Nichtzulassungsbe-schwerde bemisst sich gemäß § 47 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 G[X.] nach dem Wert der vollen Beschwer des Beklagten. 3 1. Der Wert des [X.] aus der Klage beträgt 14.914,62 •. 4 2. Der Wert des mit der Widerklage geltend gemachten Feststellungsan-trages über die Beendigung des Mietverhältnisses durch die fristlose Kündigung vom 1. September 2003 beurteilt sich nach § 41 Abs. 1 G[X.]. 5 a) Hiernach ist der Betrag des auf die streitige [X.] entfallenden Entgelts maßgeblich, wenn nicht das einjährige Entgelt geringer ist. Bei einer Klage auf Feststellung, dass die zu einem bestimmten Termin ausgesprochene fristlose Kündigung durchgreift, kommt es für den Beginn der streitigen [X.] auf den [X.]-punkt der fristlosen Kündigung an, und zwar auch dann, wenn er vor der Rechtshängigkeit des [X.] liegt ([X.] Urteil vom 13. Mai 1958 - [X.] - NJW 1958, 1291; [X.] Urteil vom 17. März 2005 - [X.]/04 - NJW-RR 2005, 867, 868; [X.], ZPO, 22. Aufl., § 8 Rdn. 16; [X.]/[X.], 2. Aufl. § 8 Rdn. 17, jeweils zu § 8 ZPO). 6 - 4 - Da der Mietvertrag über die Kanzleiräume im vorliegenden Fall erst zum Januar 2006 durch ordentliche Kündigung hätte beendet werden können, be-trägt die streitige [X.] mehr als ein Jahr, so dass das einjährige Entgelt anzu-setzen ist. Dies gilt im Ergebnis auch für den Mietvertrag über die beiden Pkw-Stellplätze, obwohl dieser Mietvertrag auf den Schluss des folgenden Kalender-vierteljahres ordentlich gekündigt werden konnte. Zwar gilt in diesen Fällen der Grundsatz, dass bei einer Klage auf Feststellung der Wirksamkeit einer fristlo-sen Kündigung auf den [X.]punkt abzustellen ist, an dem diese als ordentliche Kündigung hätte wirksam werden können ([X.], aaO, Rdn. 17). Allerdings ist auch in diesen Fällen auf das einjährige Entgelt abzustellen, wenn der Mieter - wie im vorliegenden Fall - nach Ablauf der ordentlichen [X.] die Mietsache tatsächlich nicht zurückgibt (vgl. auch OLG Köln [X.]/Büro 1990, 646; [X.] aaO, Rdn. 25). 7 b) Bei der Bemessung der [X.] bleiben die als Vorauszahlung zu leistenden Abschläge auf die Betriebskosten hier außer Betracht (§ 41 Abs. 1 Satz 2 G[X.]), dafür ist die auf die Miete zu zahlende Mehrwertsteuer zu berück-sichtigen ([X.] Grundeigentum 2005, 916). 8 Vom [X.] des § 41 G[X.] werden grundsätzlich alle Leistungen umfasst, die der Mieter, Pächter oder Nutzer von Gesetzes wegen oder auf-grund vertraglicher Vereinbarung für die Gebrauchsüberlassung zu erbringen hat (BT-Drucks. 15/1971, [X.]; [X.], G[X.], 6. Aufl., § 41 Rdn. 14). Ist der Mieter vertraglich zur Zahlung von Mehrwertsteuer verpflichtet worden, ist der [X.] nach allgemeiner Ansicht als unselbständiger Teil des als Gegenleistung für die Gebrauchsgewährung zu zahlenden Entgelts anzusehen ([X.] Urteil vom 10. Oktober 2003 - [X.] - [X.], 156 m.w.N.). 9 - 5 - Der Wert des [X.] beträgt daher 46.599,72 • (= 12 x 3.883,31 •). 10 11 3. Der Hilfsantrag des Beklagten, die Klägerin zur Beendigung des [X.] mit dem Schulträger zu verpflichten, ist in entsprechender An-wendung des § 41 Abs. 5 Satz 1, 2. Halbs. G[X.] mit 25.567,92 • zu bewerten. 12 Für die auf Durchführung von Instandsetzungsmaßnahmen gerichtete Klage des Mieters enthält der im Zuge des [X.] in das Gesetz eingefügte § 41 Abs. 5 Satz 1, 2. Halbs. G[X.] eine besonde-re Wertvorschrift, die auf den Jahresbetrag einer angemessenen [X.] abstellt. Diese Vorschrift gilt - ebenso wie die gleichfalls neu eingeführte [X.] für die Klage des Vermieters auf Duldung von Modernisierungs- und Er-haltungsmaßnahmen (§ 41 Abs. 5 Satz 1 3. Halbs. G[X.]) - auch für die Ge-schäftsraummiete; weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus der Begründung des Gesetzes lässt sich eine Beschränkung auf die Wohnraummiete herleiten. Zwar ist nach der Begründung des Gesetzentwurfes die Neufassung des § 41 Abs. 5 G[X.] zuvorderst dadurch motiviert worden, dass es auf der Grundlage von [X.] nicht selten zu Klagen des Mieters auf In-standsetzung seiner Mieträume oder des Vermieters auf Duldung der [X.] von Modernisierungs- oder Erhaltungsmaßnahmen gekommen sei, bei denen die Bemessung des Streitwertes seit langer [X.] in der gerichtlichen Pra-xis zu Streit geführt habe. Maßgebend für die Neufassung des § 41 Abs. 5 G[X.] seien sozialpolitische Erwägungen, wie sie in vergleichbarer Weise schon im alten Recht insbesondere in § 16 Abs. 1 und Abs. 2 G[X.] a.F. Ausdruck gefun-den hätten (BT-Drucks. aaO, [X.] f.). Diese Vorschriften gelten indes auch für die [X.]; auch im Weiteren lässt sich aus der Begründung 13 - 6 - nichts dafür entnehmen, dass der Gesetzgeber eine Regelung nur für den Be-reich der Wohnraummiete vornehmen wollte. 14 Durch die Neufassung des Gesetzes soll in erster Linie vermieden wer-den, dass eine Festsetzung des Streitwertes nach den Kosten einer Instandset-zungsmaßnahme erfolgt (BT-Drucks. aaO, [X.]). Es liegt wegen der ver-gleichbaren Interessenlage nahe, § 41 Abs. 5 Satz 1 2. Halbs. G[X.] entspre-chend auch auf andere Sachverhalte anzuwenden, in denen der Mieter im We-ge der Mangelbeseitigung von dem Vermieter eine ungestörte Gewährung des [X.] verlangt. Der mögliche Anspruch des Mieters gegen seinen Vermieter, einem anderen Mieter zu kündigen, wenn nur dadurch die von [X.] Mitbewohner ausgehenden Störungen abgestellt werden können, stellt sich als ein solcher Anspruch auf Wiederherstellung des vertragsgemäßen Zu-standes (§ 535 Abs. 1 Satz 2 BGB) und damit als Maßnahme zur Beseitigung eines Sachmangels dar ([X.]/Eisenschmid, Mietrecht, 8. Aufl., § 536 BGB, Rdn. 96). Es kann hier deshalb der Jahresbetrag einer angemes-senen Mietminderung angesetzt werden, die in Ermangelung anderer [X.] nach § 287 ZPO zu schätzen ist. Macht der Mieter wegen des Sach-mangels, dessen Beseitigung er von dem Vermieter begehrt, bereits eine Miet-minderung geltend, so ist in der Regel dieser Betrag maßgeblich. Da der [X.] im vorliegenden Fall die Miete seit Juli 2003 um monatlich 2.130,66 • kürzt, ergibt sich ein Jahresbetrag von 25.567,92 •. 4. Die Einzelwerte sind gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 G[X.], § 5 ZPO zu ad-dieren, soweit sich nicht aus § 45 Abs. 1 G[X.] etwas anderes ergibt. 15 a) Das Berufungsgericht hat in der Sache sowohl über den Hauptantrag als auch über den Hilfsantrag der Widerklage entschieden. Der Wert des [X.] wird daher gemäß § 45 Abs. 1 Satz 2 G[X.] mit dem Wert des [X.] - 7 - [X.] zusammengerechnet, wenn nicht beide Ansprüche denselben Ge-genstand betreffen (§ 45 Abs. 1 Satz 3 G[X.]). Im letzteren Falle soll es den Prozessparteien gebührenrechtlich zugute kommen, dass das Gericht zwar [X.] mehrere Anträge entscheiden muss, sich dafür aber im Wesentlichen auf die Beurteilung des gleichen Streitstoffes beschränken kann und dadurch [X.] erspart wird. Nach diesem Maßstab betreffen der auf Feststellung der Wirksamkeit der fristlosen Kündigung gerichteten Hauptantrag und der auf Mangelbeseitigung gerichteten Hilfsantrag den gleichen Gegenstand. Denn in beiden Fällen hängt die Entscheidung maßgeblich von der Beurteilung der [X.] ab, ob in dem Schulbetrieb des Mitmieters ein Sachmangel der von dem [X.]n gemieteten Räume zu sehen ist. Der [X.] hat bereits ausgesprochen, dass eine Identität des Streitgegenstandes im Sinne von § 45 Abs. 1 Satz 3 G[X.] vorliegt, wenn sich der Mieter auf der Grundlage des gleichen streitigen Mangels verschiedener Gewährleistungsansprüche - Minderung und Schaden-ersatz - berühmt ([X.]sbeschluss vom 17. März 2004 - [X.]/00 - [X.], 423). Nichts anderes gilt unter den hier obwaltenden Umständen, in de-nen der Mieter wegen des gleichen Mangels die Berechtigung anderer [X.] Ansprüche - Erfüllung und Recht zur fristlosen Kündigung - zur [X.] Überprüfung stellt. Maßgebend ist daher nur der höhere Wert des auf Beendigung des Mietverhältnisses gerichteten [X.]. b) Auch zwischen dem Antrag des Beklagten, die Beendigung des [X.] durch die fristlose Kündigung vom 1. September 2003 festzustel-len und dem Antrag der Klägerin auf Zahlung rückständiger Miete für den [X.]-raum September 2003 bis Januar 2004 besteht eine (Teil-)Identität des [X.] (§ 45 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 G[X.]). 17 Es besteht der allgemeine Grundsatz, dass Nämlichkeit des [X.] anzunehmen ist, wenn eine Klage auf vertragliche Leistung mit [X.] - 8 - ner Widerklage zusammentrifft, mit der diese vertragliche Verpflichtung geleug-net werden soll (vgl. [X.] Beschluss vom 30. Januar 1992 - [X.] - NJW-RR 1992, 1404; [X.] VersR 1996, 521; [X.], [X.], 35. Aufl., § 45 G[X.], Rdn. 15; [X.]/Winter/Hellstab, Kommentar zum G[X.], [X.] 7.0 Stichwort 'Widerklage', [X.]). Daraus wird hergeleitet, dass der Streitgegenstand einer Klage auf Zahlung von [X.] und einer Widerkla-ge auf Feststellung des Nichtbestehens des die Zahlungsansprüche [X.] identisch sind ([X.] 1975, 848, [X.] aaO; [X.] aaO, § 45 Rdn. 13; vgl. auch [X.]sbeschluss vom 17. März 2004 aaO), wenn und soweit die streitigen [X.]räume sich überschneiden. Dies ist unter den hier obwaltenden Umständen für den [X.]raum von September 2003 bis Januar 2004 der Fall, so dass der geringere Wert des klägerischen [X.] mit einem Teilbetrag von [X.] • (2.130,66 • x 5 Mona-te) außer Betracht bleibt. - 9 - Da der Wert des [X.] aus diesem Grunde nur noch mit 4.261,32 • ins Gewicht fällt, beträgt der Streitwert insgesamt 50.861,04 • (4.261,32 • + 46.599,72 •). 19 [X.] Vézina Dose
Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 12.11.2004 - 2 O 488/03 - [X.] in [X.], Entscheidung vom 01.07.2005 - 24 U 234/04 -

Meta

XII ZR 137/05

02.11.2005

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.11.2005, Az. XII ZR 137/05 (REWIS RS 2005, 1055)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 1055

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