Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.09.2007, Az. XII ZR 198/05

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 1947

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 19. September 2007 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja BGB § 550 Regeln die Parteien die Fälligkeit des Mietzinses abweichend von den gesetzli-chen Bestimmungen, gehört diese Vereinbarung zu den wesentlichen Vertrags-bedingungen und bedarf der Schriftform. [X.], Urteil vom 19. September 2007 - [X.] - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 19. September 2007 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und die Richter [X.], Prof. Dr. [X.], [X.] und Dr. [X.] für Recht erkannt: Die Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des [X.] vom 5. Oktober 2005 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen. Von Rechts wegen
Tatbestand: Die Parteien streiten darüber, ob sich ein zwischen ihnen bestehendes Mietverhältnis aufgrund einer [X.] über den 14. Juni 2004 hinaus fortgesetzt hat und ob ggf. die [X.] den Mietvertrag wegen eines Formfehlers in gesetzlicher Frist wirksam kündigen konnte. 1 Der Rechtsvorgänger der Klägerin vermietete mit schriftlichem Vertrag vom 26. Mai 1992 der [X.]n Geschäftsräume im Einkaufszentrum [X.] Als jährlicher Mietzins wurden 205.500 DM (monatlich somit 17.125 DM) zuzüg-lich gesetzlicher MWSt vereinbart. Nach § 2 Nr. 3 des Vertrages sollte der jähr-liche Mietzins in vierteljährlichen Raten jeweils zum 15. des zweiten Monats eines Quartals entrichtet werden. In § 3 des [X.] heißt es: 2 "1. Das Mietverhältnis beginnt am 15.06.92 und läuft 12 Jahre– - 3 - 2. ... 3. Nach Ablauf der Mietzeit (einschließlich der [X.]) ver-längert sich das Mietverhältnis jeweils um drei Jahre, falls es nicht seitens einer Vertragspartei spätestens 12 Monate vor seiner Been-digung gekündigt wird. 4. Der Mieter erhält das Recht, das Mietverhältnis durch einseitige Er-klärung um 3 x 3 Jahre zu verlängern. Die Erklärung ist in einer Frist von sechs Monaten vor dem jeweiligen Ablauf per Einschreiben dem Vermieter zuzustellen." Mit Schreiben vom 17. November 2003 kündigte die [X.] das Miet-verhältnis zum 14. Juni 2004, ersatzweise zum nächstmöglichen Termin. Die Klägerin widersprach der Kündigung. Die [X.] zahlte den vereinbarten Mietzins für Juni 2004 anteilig und räumte die gemieteten Flächen. Die Klägerin hat die in Rede stehenden Geschäftsräume ab 15. September 2004 bis zum 31. Dezember 2004 allerdings nur gegen Zahlung von pauschalen monatlichen Betriebskosten weitervermietet. Die Klägerin verlangt von der [X.]n für die Zeit von Juni bis einschließlich Dezember 2004 insgesamt 55.276,59 • nebst Zinsen. Die [X.] begehrt widerklagend die Feststellung, dass das Mietver-hältnis zwischen den Parteien zum 15. Juni 2004 geendet habe und nicht bis zum 15. Juni 2007 fortbestehe. 3 Das [X.] hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Auf die Berufung der [X.]n hat das [X.] das erstgerichtliche Urteil geändert und die [X.] lediglich zur [X.] der restlichen Miete für Juni 2004 in Höhe von 5.416,95 • nebst Zinsen verurteilt. Weiterhin hat es auf die Widerklage festgestellt, dass das Mietver-hältnis zwischen den Parteien mit Ablauf des 30. Juni 2004 geendet habe und 4 - 4 - nicht bis zum 14. Juni 2007 fortbestehe. Im Übrigen hat es Klage und [X.] abgewiesen. Gegen dieses Urteil richtet sich die vom [X.] zu-gelassene Revision der Klägerin, mit der sie die Wiederherstellung des landge-richtlichen Urteils erstrebt. Entscheidungsgründe: Die Revision hat keinen Erfolg. 5 I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Das Mietverhältnis zwischen den Parteien habe nicht gemäß § 3 Nr. 1 des [X.] mit Ablauf des 14. Juni 2004 sein Ende gefunden. Vielmehr habe es sich entsprechend § 3 Nr. 3 des [X.] um drei Jahre verlängert, weil es nicht seitens einer Vertragspar-tei spätestens zwölf Monate vor seiner Beendigung "gekündigt" worden sei. Zwar sei die genannte [X.] nicht eindeutig. Aus ihr gehe im Gegensatz zur Meinung der [X.]n aber nicht hervor, dass es zu einer au-tomatischen Vertragsverlängerung nur komme, wenn der Mieter wenigstens eines der drei in § 3 Nr. 4 des [X.] eingeräumten Optionsrechte aus-geübt habe. Vielmehr spreche für das Eingreifen der [X.] [X.] nach Ablauf der regulären Mietzeit von 12 Jahren, dass unter dem Ablauf der Mietzeit, an den § 3 Nr. 3 des [X.] anknüpfe, vertragssystema-tisch das reguläre Mietende verstanden würde. Auch habe das Nebeneinander von automatischer Vertragsverlängerung einerseits und Optionsrecht des [X.] andererseits durchaus Sinn. Insbesondere könne der Mieter einer zunächst 6 - 5 - fristgerechten Kündigungserklärung des Vermieters bis sechs Monate vor [X.] der Mietzeit durch Ausübung der Option noch die vertragsbeendigende Wir-kung nehmen. Mit der Gewährung von [X.] bringe der Vermieter dem Mieter ein wesentlich größeres Vertrauen entgegen als mit der bloßen Vereinbarung einer automatischen Vertragsverlängerung. [X.] man diese schon nach dem Ende der regulären Mietzeit an, so stehe dies nicht in offen-sichtlichem Widerspruch zu den Mieterinteressen. Im Übrigen habe die [X.] durch ihr eigenes Verhalten, nämlich dadurch, dass sie mit Schreiben vom 17. November 2003 den Vertrag "gekündigt" habe, ein deutliches Zeichen dafür gesetzt, dass sie selbst von einer automatischen Vertragsverlängerung [X.]. Das Mietverhältnis habe jedoch aus anderen Gründen mit dem 30. Juni 2004 geendet. Der [X.] habe den Vertrag zu diesem Zeitpunkt mit seinem Schreiben vom 17. November 2003 in gesetzlicher Frist wirksam gekündigt. Die Parteien hätten nämlich, wie die Klägerin unwidersprochen vorgetragen habe, die Zahlungsweise der Miete "mündlich bzw. konkludent" von quartalsweise auf monatlich umgestellt. Damit sei die nach § 566 BGB a.F. bzw. § 550 BGB er-forderliche Schriftform nicht mehr gewahrt gewesen. Auch betreffe diese Ver-tragsänderung nicht lediglich einen unwesentlichen Punkt. Dies zeige sich dar-an, dass von der Fälligkeitsregelung der Miete das Recht des Vermieters zur außerordentlichen fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB abhänge. Ob etwa das Vertragsverhältnis schon im zweiten Monat der Nichtzahlung der Miete oder erst im zweiten Quartal vom Vermieter mit sofortiger Wirkung einseitig beendet werden könne, mache - auch für einen potentiellen Grundstückserwerber - einen großen Unterschied. Die vorgenommene Änderung hinsichtlich des Zeitpunkts der Mietzahlungen sei auch weder auf ein Jahr beschränkt gewesen noch habe sie von einem der [X.] einseitig widerrufen werden können. Die ordentliche Kündigung 7 - 6 - des Mietverhältnisses durch die [X.] verstoße auch nicht gegen [X.] und Glauben, da die Änderung die [X.] nicht einseitig begünstigt habe.
II. 8 Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung in den wesentlichen Punkten stand. 1. Das [X.] hätte allerdings feststellen müssen, ob es sich bei der [X.] und der [X.] in § 3 Nr. 3 und 4 des [X.] um, wie von der [X.]n behauptet, von der Klägerin gestellte Allge-meine Geschäftsbedingungen oder, wie von der Klägerin behauptet, um [X.] handelte. Insbesondere stand der Annahme Allgemeiner Geschäftsbedingungen nicht entgegen, dass die Klauseln von der Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerin nur einmal verwendet werden sollten. Denn die Klä-gerin hat vorgetragen, dass sie die Klauseln aus einem mit der T.-Gruppe ab-geschlossenen Mietvertrag, bei dem diese die Vertragsbedingung gestellt habe, übernommen habe. In diesem Fall aber wären die Klauseln im Sinne von § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert. Als Allgemeine Geschäftsbedingungen aber hätten die Klauseln z.T. nach anderen Regeln ausgelegt werden müssen als den vom Berufungsgericht angewandten. Da die Auslegung der [X.] - wovon auch das Berufungsgericht aus-geht - zu keinem eindeutigen Ergebnis führt, wäre § 305 c Abs. 2 BGB an-wendbar. Dies hätte zur Folge, dass zu Lasten der Klägerin die Auslegung vor-zuziehen wäre, nach der sich das Vertragsverhältnis erst mit Ende einer Opti-onszeit verlängert hätte (vgl. zur Auslegung entsprechender Klauseln in [X.] - 7 - meinen Geschäftsbedingungen Senatsurteile vom 14. Dezember 2005 - [X.] ZR 236/03 - [X.], 266 und - [X.] ZR 241/03 - [X.], 137). 10 Für das vorliegende Revisionsverfahren kann jedoch dahinstehen, ob es sich bei den genannten Klauseln um Allgemeine Geschäftsbedingungen [X.] oder nicht. Denn Revision hat nur die Klägerin eingelegt, zu deren Lasten sich die mangelnden Feststellungen des [X.]s jedoch nicht [X.]. Darüber hinaus ist das [X.] zutreffend davon ausgegan-gen, dass die Kündigung der [X.]n vom 17. November 2003 das Vertrags-verhältnis zwischen den Parteien jedenfalls zum 30. Juni 2004 beendet hat. 2. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist es zur Wahrung der Schriftform des § 550 BGB grundsätzlich erforderlich, dass sich die wesentli-chen Vertragsbedingungen - insbesondere Mietgegenstand, Mietzins sowie Dauer und Parteien des Mietverhältnisses - aus der Vertragsurkunde ergeben (Senatsurteile vom 2. November 2005 - [X.] ZR 212/03 - NJW 2006, 139, 140; vom 18. Dezember 2002 - [X.] ZR 253/01 - NJW 2003, 1248; [X.] 142, 158, 161; ebenso [X.]/[X.]/[X.] Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts 9. Aufl. [X.]. 95 ff.; [X.] in [X.]/[X.] Mietrecht 3. Aufl. § 550 [X.]. 14; [X.]/[X.]. § 550 [X.]. 10). Für [X.] gelten dieselben Grundsätze wie für den [X.]. Sie bedür-fen deshalb ebenfalls der Schriftform, es sei denn, dass es sich um unwesentli-che Änderungen handelt ([X.]/[X.] Miete 2. Aufl. § 550 [X.]. 41; [X.]/[X.]/[X.] aaO [X.]. 113; [X.]/Sonnenschein Miete 9. Aufl. § 550 [X.]. 19; a.[X.][X.] Mietrecht 9. Aufl. § 550 [X.]. 41, nach dessen Meinung es bei einem Mietvertrag keine unwesentlichen Abreden gibt). 11 - 8 - Das Berufungsgericht hat eine wesentliche Änderung des Vertrages dar-in gesehen, dass die Parteien "mündlich oder konkludent" die Zahlungsweise der Miete von quartalsweise auf monatlich umgestellten hätten. 12 13 In diesem Zusammenhang rügt die Revision, dass keine Partei in ihrem Vortrag auch nur angedeutet habe, die Mietvertragsparteien hätten sich auf ei-ne monatliche Zahlungsweise in Abänderung des ursprünglichen [X.]. Zu der abweichenden Handhabung sei es gekommen, weil die [X.] den Mietzins - ohne jede Absprache mit dem damaligen Vermieter - monatlich überwiesen und der damalige Vermieter dies hingenommen habe. Jedenfalls aber sei eine etwaige rechtlich erhebliche Absprache, wonach der Mietzins mo-natlich zu zahlen sei, von jeder Mietvertragspartei frei widerrufbar. Dem ist jedoch nicht zu folgen. Die Klägerin hat unwidersprochen bereits in der Klageschrift und später mit Schriftsatz vom 27. September 2004 vorge-tragen, die Parteien hätten die ursprünglich im Mietvertrag vorgesehene Rege-lung der vierteljährlichen Mietzahlung einvernehmlich auf monatliche [X.] umgestellt. Von diesem Vortrag ist die Klägerin vor den Instanzgerichten nicht abgerückt. [X.] ist es daher nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht hinsichtlich der Zahlungsweise der Miete von einer bindenden Vertragsänderung ausgegangen ist. Nach Abschluss der Tatsacheninstanzen ist der Revision das Nachschieben neuen Sachvortrags verwehrt. 14 Das Berufungsgericht hat bei der ihm obliegenden Beurteilung, ob die vorliegende Änderung der Zahlungsweise wesentlich ist oder nicht, darauf [X.], dass sich hierdurch die Kündigungsmöglichkeit wegen [X.] zugunsten der Klägerin änderte. Wie die Revision einräumt, hätte die Klä-gerin, wenn die [X.] die Miete nicht mehr bezahlt hätte, das Mietverhältnis infolge der Änderung bereits nach zwei Monaten kündigen können, während 15 - 9 - dies bei der ursprünglichen vierteljährlichen Zahlungsverpflichtung erst nach fünf Monaten der Fall gewesen wäre (vgl. § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB). Dass das [X.] die Änderung der Zahlungsweise deshalb als wesentlich bewertet hat, liegt im Rahmen seines tatrichterlichen [X.], ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden und entspricht auch der Auffassung des Senats. Da die Vereinbarung nicht schriftlich niedergelegt ist, leidet der Mietvertrag an einem Formmangel, weshalb er gemäß § 550 BGB als auf [X.] geschlossen gilt und nach § 580 a Abs. 2 BGB ordentlich ge-kündigt werden konnte. Im Gegensatz zur Meinung der Revision verstößt die [X.] nicht ge-gen [X.] und Glauben (§ 242 BGB), wenn sie sich auf diesen Formmangel be-ruft. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, handelt treuwidrig, wer eine später getroffene Abrede, die lediglich ihm vorteilhaft ist, allein deshalb, weil sie nicht die schriftliche Form wahrt, zum Anlass nimmt, sich von einem ihm inzwi-schen lästig gewordenen Mietvertrag zu lösen (vgl. [X.] 65, 49, 55). Diese Voraussetzungen lagen hier nicht vor. Die Umstellung der Zahlungsweise hat 16 - 10 - der [X.]n keinen rechtlichen Vorteil gebracht, auch wenn die geänderte Zahlungsweise für die [X.] "praktischer" gewesen sein sollte. Hahne [X.] Prof. Dr. [X.] ist [X.] verhindert zu unterschreiben.

Hahne [X.] [X.]
Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 30.12.2004 - 10 O 327/04 - [X.], Entscheidung vom 05.10.2005 - 3 U 24/05 -

Meta

XII ZR 198/05

19.09.2007

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.09.2007, Az. XII ZR 198/05 (REWIS RS 2007, 1947)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 1947

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

30 U 121/05 (Oberlandesgericht Hamm)


XII ZR 241/03 (Bundesgerichtshof)


XII ZR 236/03 (Bundesgerichtshof)


XII ZR 78/17 (Bundesgerichtshof)

Gewerberaummiete: Ausübung der Verlängerungsoption gegenüber dem Zwangsverwalter; Schriftformerfordernis


XII ZR 65/13 (Bundesgerichtshof)

Gewerberaummiete: Formularmäßige Vereinbarung eines einseitigen Vermieteranpassungsrechts für Nebenkostenvorauszahlungen und Schriftformerfordernis bei Ausübung dieses Rechts


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.