Bundespatentgericht, Beschluss vom 11.09.2017, Az. 29 W (pat) 534/15

29. Senat | REWIS RS 2017, 5563

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "ILM Internationale Lederwarenmesse" – zu den Kennzeichnungsgewohnheiten in der Messebranche - Buchstabenfolge "ILM" ist im Verhältnis zur nachfolgenden Wortfolge "Internationale Lederwarenmesse" akzessorisch – Akronym nimmt beschreibenden Charakter an - Schutzunfähigkeit


Leitsatz

ILM Internationale Lederwarenmesse

Trotz in der Messebranche festzustellender Kennzeichnungsgewohnheiten, wonach bestimmte Anbieter Veranstaltungsnamen mit einer Abkürzung und einer erläuternden rein beschreibenden Wortfolge versehen, ist die vorangestellte Buchstabenfolge "ILM" im Verhältnis zur nachfolgenden Wortfolge "Internationale Lederwarenmesse" akzessorisch. Das Akronym nimmt daher einen beschreibenden Charakter an, was nach der Rechtsprechung zur Schutzunfähigkeit des Gesamtzeichens führen muss.

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2014 046 262.1

hat der 29. Senat ([X.]) des [X.] am 11. September 2017 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Mittenberger-Huber sowie die Richterinnen [X.] und Seyfarth

beschlossen:

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Wortfolge

2

[X.]

3

ist am 6. Mai 2014 zur Eintragung als Marke in das beim [X.] ([X.]) geführte Register für nachfolgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:

4

Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger; Schallplatten; CD-ROMs; [X.]; [X.]; DVDs; [X.]; [X.] und andere digitale Aufzeichnungsträger; Hardware für die Datenverarbeitung; Computer; elektronisch herunterladbare Publikationen, Bücher, Zeitschriften, Zeitungen, Broschüren, Texte, Bilder, Programme, Spiele, Musikstücke, Filme; Software;

5

Klasse 16: [X.], insbesondere Bücher, Kataloge, Zeitungen, Zeitschriften, Magazine, Karten, Broschüren; Kalender; Flyer; Kataloge; Prospekte; Abreißkalender; Plakate; Fotografien; Ansichtskarten für Kongress- und/oder [X.] oder zum Vertrieb auf oder anlässlich von Kongressen und Messen; Schreibwaren; Lehr- und Unterrichtsmittel [ausgenommen Apparate];

6

Klasse 18: Leder;

7

Klasse 25: Bekleidungsstücke; Schuhwaren; Kopfbedeckungen;

8

Klasse 28: Spiele; Spielzeug; Turn- und Sportartikel, soweit in Klasse 28 enthalten;

9

Klasse 35: Werbung; Planung von Werbemaßnahmen; Veröffentlichung und Herausgabe von [X.] und [X.]n für Werbezwecke in elektronischer Form, auch zum Abrufen mittels Datenfernübertragung; Layoutgestaltung für Werbezwecke; Veröffentlichung und Herausgabe von [X.] und [X.]n für Entwicklung von Messekonzepten; Konzeptionierung, Entwicklung und Durchführung von Werbekampagnen, verkaufsfördernden Maßnahmen und Promotion-Events [Verkaufsförderung]; Präsentationen von Unternehmen und deren Produkten und Dienstleistungen zu Werbezwecken sowie Verkaufsförderung für Dritte und Vermittlung von Wirtschaftskontakten auch im [X.]; Waren- und Dienstleistungspräsentationen; Werbung für von [X.] veranstaltete Kongresse und oder Messen und Kongress- und [X.]; Geschäftsführung, insbesondere im Hinblick auf Organisation und Durchführung von Messen, Ausstellungen und Präsentationen für gewerbliche oder wirtschaftliche oder werbliche Zwecke; Unternehmensberatung, insbesondere Beratung bei der Organisation und Durchführung derartiger Messen, Ausstellungen und Veranstaltungen in organisatorischer und betriebswirtschaftlicher Hinsicht, soweit in Klasse 35 enthalten; Messemanagement, nämlich Organisation von Messen für wirtschaftliche und Werbezwecke, Sonderschauen und Verkaufsveranstaltungen für gewerbliche oder wirtschaftliche oder werbliche Zwecke für Dritte, soweit in Klasse 35 enthalten; Organisation von Messeteilnahmen; Marktforschung und Marktanalyse für Kongress- und Messeveranstalter und -aussteller; Meinungsforschung auf bzw. anlässlich von Kongressen und Messen oder für Kongress- und Messeveranstalter und -teilnehmer; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Marketing [Absatzforschung]; Werbung und Vermittlung von Verträgen für Dritte über die Erbringung von Werbeleistungen, Anzeigenvermittlung; Merchandising [Verkaufsförderung]; Vermittlung von Handels- und Wirtschaftskontakten, auch im [X.]; Zusammenstellung und Pflege von Daten in Computerdatenbanken; Verteilung von Werbematerial [Flugblätter, Prospekte, Drucksachen, Warenproben]; Verteilung von Werbemitteln; Vermietung von Ausstellungs- und Messeständen und Verkaufsständen; Vermietung von Werbeflächen; Vermietung von Werbematerial;

Klasse 36: Vermietung von Nutzflächen in Hallen und im [X.] [X.] und an der Durchführung von Kongressen oder Messen beteiligte Firmen; Vermittlung von Versicherungen an Kongress- und Messeveranstalter sowie Kongress- und [X.];

Klasse 38: Telekommunikation; Telekommunikation mittels Plattformen im [X.], insbesondere für die Durchführung von virtuellen Messen; Bereitstellung des Zugriffs auf elektronische Kommunikationsnetze, insbesondere auf das [X.] und Intranets; Email-Dienste; elektronische Nachrichten- und Bildübermittlung; Bereitstellung des Zugriffs auf Datenbanken in Computernetzwerken, insbesondere interaktive Datenbanken mit Informationen über Konsumgüter und Industrieerzeugnisse; Vermieten von Zugriffszeit auf eine Website zum Betrachten von Veranstaltungen [Telekommunikationsdienstleistung];

Klasse 39: Lagerung von für Kongress- und [X.] benötigten Waren, Möbeln, Leergut; Vermietung von Garagen und Parkplätzen an Kongress- und [X.] und Kongress- und Messebesucher;

Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche Aktivitäten; kulturelle Aktivitäten; Organisation und Durchführung von Kongressen, Konferenzen, Tagungen, Symposien, Podiumsdiskussionen, Vortragsveranstaltungen, Lesungen, Seminaren, Kolloquien, Workshops [Ausbildung], Schulungen, Kursen und Versammlungen für kulturelle und Unterrichtszwecke; Organisation von Kongressteilnahmen; Organisation und Veranstaltung von Ausstellungen und Präsentationen für kulturelle oder Unterrichtszwecke; Organisation und Durchführung von kulturellen Veranstaltungen, Empfängen und Feiern (Unterhaltung); Dienstleistungen eines Kongress-, Kultur- und Veranstaltungszentrums, Kongressbüros, Tagungsbüros und einer Kongressagentur [soweit in Klasse 41 enthalten]; Kongressmanagement, nämlich Organisation und Durchführung von Kongressen; Entwicklung von Konzepten für Veranstaltungen, Konferenzen, Kongresse, Symposien, Seminare, Kolloquien, Workshops, Events (Unterhaltung) und Mitarbeiterschulungen; Herausgabe von [X.] und [X.]n [ausgenommen für Werbezwecke] in elektronischer Form, auch zum Abrufen mittels Datenfernübertragung; Dienstleistungen einer Redaktion; Herausgabe von Zeitschriften und Publikationen im Zusammenhang mit der Organisation und Durchführung von Ausstellungen und Messen;

Klasse 42: Entwurf und Entwicklung von Software, gespeichert auf [X.], [X.], [X.], soweit in Klasse 42 enthalten; Erstellung und Pflege von [X.]-Webpages; Erstellung und Wartung von Software für Datenbanken; Beratung bei der Organisation und Durchführung von Messen, Ausstellungen, Veranstaltungen, Lehrschauen, Sonderveranstaltungen und Verkaufsveranstaltungen gewerblicher Art für Dritte in technischer Hinsicht;

Klasse 43: Verpflegung und Vermittlung der Beherbergung von Kongress- und Messebesuchern und Kongress- und [X.]n; Zimmerreservierung für Kongress- und Messebesucher und –teilnehmer.

mit Ausnahme der oben fett Gedruckten. Zur Begründung ist ausgeführt, dass die Wortfolge im zurückgewiesenen Umfang einen so stark im Vordergrund stehenden beschreibenden Sinngehalt aufweise, dass der Gedanke an einen betrieblichen Herkunftshinweis fern liege. „[X.]“ werde als Bezeichnung für eine weltweit agierende internationale Lederwarenmesse verstanden; auch die vorangestellten Buchstaben „[X.]“ könnten die Schutzfähigkeit des Zeichens nicht begründen. Die Buchstabenfolge erkläre sich durch die nachfolgenden Worte. Der angesprochene Verkehr werde das angemeldete Zeichen daher nur als inhalts- und themenbeschreibenden Sachhinweis dahingehend verstehen, dass diese Waren und Dienstleistungen im Rahmen bzw. Zusammenhang mit einer internationalen Lederwarenmesse angeboten und erbracht würden.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie beantragt,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des [X.]es vom 11. Mai 2015 aufzuheben, soweit die Anmeldung teilweise zurückgewiesen wurde.

Sie ist der Auffassung, dass der Begriff „Messe“ nicht als bloße Bezeichnung für eine Ausstellung – national oder international – von Warenmustern verstanden werde, sondern immer auch auf den jeweiligen Veranstalter der Messe hinweise, ohne dessen Existenz die Durchführung einer solchen nicht denkbar wäre; im allgemeinen Sprachgebrauch stehe „die“ Messe daher nicht nur für die Veranstaltung an sich, sondern werde auch mit der dahinterstehenden Organisation gedanklich verbunden. Dies werde vorliegend gerade dadurch deutlich gemacht, indem nicht lediglich die Wortfolge „[X.]“ zur Anmeldung gebracht worden sei, sondern diese ergänzt um die Abkürzung „[X.]“. Aus drei Buchstaben bestehende Abkürzungen - wie [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.] u. a. - seien typischerweise Bezeichnungen für Unternehmen, Organisationen und Verbände und besäßen damit in jedem Falle die Eignung zum Herkunftshinweis. Es möge sein, dass [X.] auch als Abkürzung für die nachfolgende Angabe herhalten könne, hierfür böten sich aber auch andere Buchstabenkombinationen wie beispielsweise [X.], [X.], [X.] oder [X.] an. Damit sei der Abkürzung [X.] nicht lediglich die Bedeutung der nachgestellten Wortfolge mit dem darin verkörperten beschreibenden Begriffsinhalt beizumessen. Die Sicht des [X.] sei insofern zu eng und werde den vielfältig möglichen Bedeutungen dieses Begriffs nicht gerecht. Der angesprochene Verkehr werde das Anmeldezeichen nicht nur als beschreibenden Inhalts- und Themenhinweis verstehen, so dass ihm weder die erforderliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden könne noch ein Freihaltebedürfnis vorliege.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die nach §§ 66, 64 Abs. 6 [X.] zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Eintragung der angemeldeten Buchstaben-/Wortfolge für die verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen steht das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entgegen, so dass die Markenstelle die Anmeldung insoweit zu Recht zurückgewiesen hat (§ 37 Abs. 1 und Abs. 5 [X.]).

1. Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet ([X.] GRUR 2010, 228 Rn.  33 - [X.]/ [X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.], 608 Rn. 66 f. - [X.]; [X.], 934 Rn. 9 - [X.]; [X.], 173, 174 Rn. 15 - for you; [X.], 731 Rn. 11 - [X.]; [X.], 1396 – [X.]). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten ([X.] a. a. [X.] - [X.]/ [X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.] a. a. [X.] – [X.]; a. a. [X.] – for you). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.] a. a. [X.] - [X.]; a. a. [X.] - for you). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen ([X.] [X.], 428 Rn. 53 - [X.]; [X.] a. a. [X.] Rn. 10 – [X.]; a. a. [X.] Rn. 16 - for you). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt ([X.] [X.], 1143, 1144, Rn. 15 - Aus Akten werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist ([X.] [X.], 411 Rn. 24 - Matratzen Concord/[X.]; [X.], 943 Rn. 24 - SAT 2; [X.] WRP 2014, 449 Rn. 11 - grill meister).

Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen ([X.] GRUR 2004, 674, Rn. 86 - Postkantoor; [X.] [X.], 1143 Rn. 9 – [X.]; [X.], 270 Rn. 11 - Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden ([X.] GRUR 2014, 872 Rn. 21 - [X.]; GRUR 2010, 1100 Rn. 20 - [X.]!). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen ([X.] GRUR 2014, 1204 Rn. 16 – [X.]; a. a. [X.] Rn. 16 - [X.]; a. a. [X.] Rn. 23 - [X.]!).

2. Zumindest unter dem letztgenannten Gesichtspunkt fehlt dem angemeldeten Zeichen im Zusammenhang mit den verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen die erforderliche Unterscheidungskraft.

Internationale“, „Lederwaren“ und „-messe“ sowie den Majuskeln „[X.]“, die der Wortfolge vorangestellt sind und die Anfangsbuchstaben der Wörter aufgreifen. Besteht eine Marke - wie vorliegend - aus mehreren Wortelementen, ist bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von der Gesamtheit der Marke auszugehen (vgl. [X.] GRUR 2014, 1204 Rn. 9 - DüsseldorfCongress); gleichwohl ist es bei solchen aus mehreren Bestandteilen kombinierten Marken zulässig, zunächst die Bestandteile getrennt zu betrachten, sofern die Beurteilung des Schutzhindernisses auf einer sich anschließenden Prüfung der Gesamtheit dieser Bestandteile beruht (vgl. [X.] [X.], 943 Rn. 28 - SAT.2; [X.], 229 Rn. 11 - BioID).

[X.]“ gibt im verfahrensgegenständlichen Umfang einen bloßen sachbezogenen Hinweis.

aa) Den Begriffsinhalt der einzelnen Wörter sowie der daraus gebildeten Wortkombination hat die Markenstelle zutreffend herausgearbeitet und dargestellt. „Messe“ bezeichnet eine „große [internationale] Ausstellung von Warenmustern eines oder mehrerer Wirtschaftszweige“, der Begriff wird vorliegend [X.] konkretisiert durch die Angabe „Lederwaren“; hierbei handelt es sich um „aus Leder gefertigte Erzeugnisse“. Das vorangestellte Adjektiv „international(e)“ bedeutet „zwischen mehreren [X.] bestehend; zwischenstaatlich“ bzw. „über den Rahmen eines Staates hinausgehend, nicht national begrenzt; mehrere [X.] betreffend; überstaatlich, weltweit“, und macht deutlich, dass die Messe nicht nur regional oder bundesweit ausgerichtet ist, sondern Aussteller, Fachkreise und auch interessierte Messebesucher aus dem Ausland beteiligt bzw. angesprochen sind (vgl. jeweils zu den Einzelbegriffen [X.], www.duden.de).

Die sprachüblich zusammengesetzte Wortfolge „[X.]“ ist für den hier teilweise angesprochenen Fachverkehr ebenso wie für Endverbraucher ohne weiteres verständlich; sie bezeichnet (irgend)eine international ausgerichtete Messe, auf der Lederprodukte ausgestellt werden bzw. auf der es im weitesten Sinne um diese Warenmuster geht. Die Wortfolge wird und wurde zudem bereits vor dem hier maßgeblichen Anmeldezeitpunkt als Hinweis auf Messeveranstaltungen sachbeschreibend verwendet; so wird die seit 1962 zweimal jährlich in [X.] stattfindende Messe [X.] – [X.] [X.] in [X.] und –[X.] als [X.] beschrieben (vgl. z. B. unter www.expodatabase.de).

bb) In der zuvor dargelegten Bedeutung gibt die Wortfolge „[X.]“ in schlagwortartiger Weise einen (unmittelbar) beschreibenden Hinweis auf Art und Ausrichtung der Dienstleistungen bzw. darauf, in welchem Rahmen und auf welchem Themengebiet die hier relevanten Waren und Dienstleistungen angeboten und/oder erbracht werden sollen.

Auf Messeveranstaltungen präsentieren Aussteller in der Regel ihre Produkte bzw. Produktneuerungen, Dienstleistungen und Beratungsangebote rund um ein bestimmtes Messethema, vorliegend konkret im Bereich der Lederwaren. Vielfach runden verschiedene Präsentationen (hier z. B. zur Lederproduktion und –bearbeitung) und Workshops im Showbereich das Angebotsspektrum ab.

Zu berücksichtigen ist zunächst, dass der beschreibende Charakter eines Veranstaltungsnamens nicht nur die Durchführung der Veranstaltung betrifft, sondern auch die hierfür eingesetzten Hilfsmittel und -leistungen umfasst. Auch wenn die Angabe die betroffenen Waren und Dienstleistungen oder einen Teil davon selbst nicht unmittelbar beschreiben mag, so wird durch sie doch ein „enger beschreibender Bezug“ zu den Waren/Dienstleistungen hergestellt (vgl. [X.] in [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., § 8 Rn. 261 ff. m. w. N.).

Danach werden die hier angesprochenen Verkehrskreise die Wortfolge „[X.]“ im hier relevanten Umfang als bloßen sachbezogenen Hinweis verstehen.

Denn die verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen betreffen zum einen unmittelbar die Konzeptionierung, Organisation und Durchführung einer solchen Messeveranstaltung, vgl. die Dienstleistungen der Klasse 35 „

Zum anderen handelt es sich um typische Dienstleistungen für eine Messe bzw. im Zusammenhang mit einer Messe oder um entsprechende Hilfsdienstleistungen. So stehen in unmittelbarem funktionellen Zusammenhang mit der Veranstaltung einer Messe die Dienstleistungen der Klasse 36 „

Ein enger funktioneller Zusammenhang besteht auch zu den übrigen Dienstleistungen aus der Klasse 41 „

In Bezug auf die verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen der Klasse 38 „

Auch in Bezug zu den übrigen verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen bleibt die Angabe „[X.]“ stets nur ein Hinweis auf die Art und das Thema der Veranstaltung als solche, nicht aber auf den Anbieter einer so gekennzeichneten Ware oder Dienstleistung. Die verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen des Marketings bzw. der Werbe- und darauf bezogenen Verteilungs- und Vermietungsdienstleistungen der Klasse 35, der übrigen Beratungs-, Verwaltungs-, Vermittlungs- und Informationsdienstleistungen spielen im Bereich der Messedienstleistungen eine nicht unmaßgebliche Rolle oder beschäftigen sich im weitesten Sinne damit, auch insoweit, als sie notwendiger Bestandteil der Vorbereitung solcher Messen sind und spezifisch für solche Messen erbracht werden, was sich zum Teil wiederum ausdrücklich aus der konkreten Verzeichnisformulierung ergibt (vgl. „

Bei den Waren der Klasse 18 „

Ebenfalls nicht als Hinweis auf den Hersteller der so beschrifteten Waren wird der Verkehr das Anmeldezeichen auch dann auffassen, wenn der Begriff zur Kennzeichnung der übrigen Waren der Klasse 16 (z. B. „

Der [X.] „[X.]“ stellt nach alledem eine Sachaussage für die verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen dar und ist somit nicht geeignet, als betrieblicher Herkunftshinweis zu dienen.

[X.]“ die Schutzfähigkeit des Zeichens nicht begründen kann.

aa) Das Wort „[X.]“ bzw. „[X.]“ ist der Name verschiedener Fließgewässer; so bezeichnet es einen linken Nebenfluss der [X.] in [X.], einen linken Zufluss der [X.] in [X.] sowie einen Nebenfluss der [X.] und der [X.] (vgl. [X.] und „de.wiktionary.org“); als geografische Herkunftsangabe für die hier maßgeblichen Waren und Dienstleistungen kommt [X.] insoweit aber nicht ernsthaft in Betracht.

Ferner ist die Buchstabenfolge [X.] für verschiedenste Begriffe bzw. Begriffskombinationen als Abkürzung nachweisbar, wie z. B. für „[X.]“, „[X.]“, „Information Lifecycle Management“, „Information and Library Management“ u. v. m. (vgl. unter [X.], [X.], woxikon.de, [X.]). Buchstabenfolgen sind dann nicht schutzfähig, wenn sie gebräuchliche oder aus sich heraus für die angesprochenen Verbraucher verständliche Abkürzungen beschreibender Angaben sind, was unter Berücksichtigung der jeweils beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Einzelfall zu prüfen und zu beurteilen ist (vgl. [X.] in [X.]/[X.], a. a. [X.], § 8 Rn. 203 ff.). Eine schwerpunktmäßige oder einheitliche Verwendung der – für sich betrachteten - Abkürzung „[X.]“ für eine bestimmte (Sach-)Aussage ist vorliegend nicht feststellbar. So ist [X.] insbesondere auch keine Abkürzung, die ohne Erläuterung für „[X.]“ steht.

Bei der maßgeblichen Betrachtung des Anmeldezeichens „[X.]“ insgesamt liegt es hier allerdings aufgrund der nachgestellten Wortfolge auf der Hand, ohne jede analysierende Betrachtung den [X.] [X.] als Abkürzung bzw. Akronym der ausgeschriebenen Worte (wieder-)zuerkennen, so dass jedenfalls andere mögliche Bedeutungen zurückgedrängt werden.

bb) Selbst wenn der Buchstabenbestandteil des angemeldeten Zeichens „[X.]“ für sich genommen nicht beschreibend vom Verkehr aufgefasst werden sollte, führt die Hinzufügung der Sachangabe in vollständiger Form – wie die Markenstelle zu Recht ausgeführt hat – zur Schutzunfähigkeit des angemeldeten Zeichens.

Denn besteht ein Zeichen aus einer nicht beschreibenden Buchstabenfolge, deren Bedeutung durch die nachfolgende Wortfolge explizit erläutert und vom Verkehr als Abkürzung der Wortkombination wahrgenommen wird - was von Fall zu Fall festzustellen ist - fehlt dem [X.] nach der Rechtsprechung des [X.] die erforderliche Unterscheidungskraft ([X.] GRUR 2016, 80 Rn. 33 – [X.]; [X.], 616 Rn. 32 ff. - [X.]/[X.] u. Securvita/Öko-Invest [MMF Multi Market Funds und [X.] – [X.]], auf entsprechende Vorlagefragen des BPatG).

unique media entertainment“ sei, aber nicht als Abkürzung eines Sachbegriffs wirke, sondern vielmehr als Marke, die zu Werbezwecken mit einem auf die Einzelbuchstaben Bezug nehmenden Text im Sinne eines anpreisenden Slogans (wie auch bei „[X.] – aus Erfahrung gut“) angereichert sei.

Auch der [X.] hatte im Rahmen eines Kollisionsverfahrens in der [X.] ([X.]. 2008, 417 Rn. 37 - idw Informationsdienst Wissenschaft; nachfolgend [X.], 437 - [X.]) eine Beziehung von Wortzusammenstellungen und Akronymen anerkannt (zuletzt ebenfalls für das Widerspruchsverfahren [X.], 283 – [X.]/BSA).

akzessorische Stellung einnimmt. Für ein solches Verständnis spricht beispielsweise, dass die Abkürzung aus den Anfangsbuchstaben der Wortkombination besteht und kein zusätzliches Element vorhanden ist, das die Annahme erlaubt, die Zusammenfügung sei ungewöhnlich oder habe eine eigene Bedeutung.

I nternationale L ederwaren m esse“ direkt vorangestellt und stimmt mit deren Anfangsbuchstaben überein, so dass der Verkehr diesen unwillkürlich als gleichbedeutende Verkürzung der dahinter stehenden Wortfolge und/oder letztere wiederum als Erläuterung der Buchstabenfolge auffassen wird. Die Voraussetzungen einer so genannten „akzessorischen Stellung“ der Buchstabenfolge im Verhältnis zu der Wortkombination liegen daher vor. Nach der Rechtsprechung des [X.] nimmt die Abkürzung somit einen beschreibenden Charakter an und das Anmeldezeichen ist in seiner Gesamtheit beschreibend und deshalb nicht schutzfähig.

bestimmter Anbieter regelmäßig mit einer beschreibenden Wortfolge und einem (vorangestellten) Akronym zu bezeichnen; dies zeigen beispielweise die Messebezeichnungen „[X.] Amateurfunk-, Rundfunk- und Elektronikbörse Dresden“, „IFA Internationale Funkausstellung“, „ITB Internationale Touristikbörse“, „IAA Internationale Automobilausstellung“, „[X.]Internationale Handwerksmesse“, „IBEM Internationale Berliner Erfindermesse“, „[X.] INTERNATIONALE AKTIONSWARENMESSE“, „IPM Essen Internationale Pflanzenmesse“, „id infotage dental“, „CCE International Corrugated & Carton Exhibition“, „MMC Berlin Mega Manga Convention“, „BMT Berliner Motorrad Tage“, „IHIF International Hotel Investment Forum“, „LWH Landwirtschaftliches Hauptfest“.

Hat sich aber in einer Branche die Kennzeichnungsgewohnheit herausgebildet, die Veranstaltung eines bestimmten Anbieters mit einem Akronym und einer - diese Veranstaltung beschreibenden – erläuternden Wortfolge zu bezeichnen, könnte dies aus Sicht des Senats dazu führen, dass der Verkehr derartige Bezeichnungen auch als [X.] betrieblichen Herkunftshinweis auffasst (vgl. hierzu auch [X.] GRUR GRUR 2014, 1204 Rn. 19 – [X.]). Es stellt sich mithin die Frage, ob nicht bei der Schutzfähigkeitsprüfung in vorliegenden Fallgestaltungen auch eine branchenbezogene Betrachtung derart möglich und erforderlich ist, dass allein branchenbezogene Umstände und [X.] zur Verneinung bzw. gegebenenfalls zur Aufhebung der akzessorischen Stellung des [X.] führen können, also ohne dass die Buchstabenfolge (grafisch) besonders hervorgehoben ist oder es sich sonst um eine ungewöhnliche Zusammenfügung handelt.

Der Senat sieht sich aber (derzeit) an der Bejahung der Schutzfähigkeit gehindert, weil das angemeldete Wortzeichen in seiner Gesamtheit eine Kombination aus einer rein beschreibenden Angabe „[X.]“ mit ihrem Kürzel [X.] darstellt, wobei ihre Einzelbestandteile gleichsam wie eine gegenseitige Erläuterung aufeinander bezogen sind und damit die Voraussetzungen einer akzessorischen Stellung des [X.] nach der Rechtsprechung des [X.] vorliegen.

Dem Anmeldezeichen „[X.]“ ist damit im Ergebnis im verfahrensgegenständlichen Umfang die erforderliche Unterscheidungskraft abzusprechen.

3. Da schon das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] vorliegt, kann dahinstehen, ob das angemeldete Zeichen darüber hinaus gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] für die fraglichen Waren und Dienstleistungen freihaltungsbedürftig ist.

4. Die Beschwerdeführerin beruft sich schließlich ohne Erfolg auf die nationalen Markeneintragungen „[X.]“ (Nr. 398 38 666), „Messe 21“ (Nr. 398 65 120), „[X.] - Die Messe der [X.]“ (Nr. 301 67 513), „[X.] MEDIA MESSE“ (Nr. 303 33 465), „lpf – Messe“ (Nr. 307 52 156) und „[X.] - Die Messe-Weltmeister“ (Nr. 30 2008 005 792), die ohnehin teilweise schon nicht mit der verfahrensgegenständlichen Bezeichnung vergleichbar sind.

Denn aus der bisherigen [X.] und Entscheidungspraxis im Zusammenhang mit Marken, die den Wortbestandteil „Messe“ aufweisen, ergibt sich keine Bindungs- oder Indizwirkung für die im vorliegenden Verfahren vorzunehmende Beurteilung des Schutzhindernisses der fehlenden Unterscheidungskraft (vgl. [X.] GRUR 2009, 667 Rn. 18 - Bild-digital und [X.]; [X.], a. a. [X.], Rn. 45 - [X.]; GRUR 2014, 376, Rn. [X.]; [X.], 349 Rn. 12 - [X.] Rätsel Woche; GRUR 2011, 230 Rn. 12 - [X.]). Zum einen können aus ggf. zu Unrecht vorgenommenen Eintragungen anderer Marken keine weitergehenden Informationen im Hinblick auf die Beurteilung der konkreten Anmeldung entnommen werden und zum anderen darf auch unter Berufung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht von einer den rechtlichen Vorgaben entsprechenden Entscheidung abgesehen werden ([X.] GRUR 2014, 376 Rn. [X.]).

Die Beschwerde der Anmelderin war daher zurückzuweisen.

5. Die Rechtsbeschwerde wird gemäß § 83 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 [X.] wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Fortbildung des Rechts zugelassen. Ist in einer Branche die Kennzeichnungsgewohnheit festzustellen, wonach ein bestimmter Anbieter mit einem Akronym und erläuternder rein beschreibender Wortfolge bezeichnet wird, stellt sich die - bisher höchstrichterlich noch nicht entschiedene - Frage, ob allein diese branchenbedingten [X.] den akzessorischen Charakter der grafisch nicht besonders herausgestellten Buchstabenfolge aufzuheben vermögen, selbst wenn der angesprochene Verkehr ohne weiteres erkennt, dass die vorangestellte Buchstabenfolge die Anfangsbuchstaben der folgenden beschreibenden Wortfolge aufgreift.

Meta

29 W (pat) 534/15

11.09.2017

Bundespatentgericht 29. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 11.09.2017, Az. 29 W (pat) 534/15 (REWIS RS 2017, 5563)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 5563

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