Bundespatentgericht, Beschluss vom 26.02.2020, Az. 29 W (pat) 42/18

29. Senat | REWIS RS 2020, 3195

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Integrated Brand Experiences" – fehlende Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2016 032 051.2

hat der 29. Senat ([X.]) des [X.] am 26. Februar 2020 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.] sowie der Richterinnen [X.] und Seyfarth

beschlossen:

Die Beschwerde des Anmelders wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Bezeichnung

2

Integrated [X.]

3

ist am 23. August 2016 zur Eintragung als Marke in das beim [X.] ([X.]) geführte Register für nachfolgende Dienstleistungen angemeldet worden:

4

Klasse 35: Dienstleistungen eines Verbandes, nämlich wirtschaftliche Interessenvertretung und Lobbyarbeit für den Bereich Ausstellungs-, Veranstaltungs- und Messewesen sowie Direkte Wirtschaftskommunikation [Live Marketing]; Betreuung von Verbandsmitgliedern durch betriebswirtschaftliche Beratung sowie durch Öffentlichkeitsarbeit; Vertretung von wirtschaftspolitischen Interessen der Verbandsmitglieder gegenüber [X.], insbesondere politischen Parteien und Organisationen, Regierungsstellen, Behörden und anderen Berufsverbänden; Organisation, Durchführung und Veranstaltung von Messen und Ausstellungen zu Handelszwecken und Werbezwecken; Presse und Öffentlichkeitsarbeit; Markt- und Meinungsforschung im Bereich des Ausstellungs-, Messe- und Veranstaltungswesens; Erstellung von betriebswirtschaftlichen Gutachten, wirtschaftspolitischen Analysen und Marktanalysen; Unternehmens-, Organisations- und Personalberatung; betriebswirtschaftliche Beratung, insbesondere auf dem Gebiet der Direkten Wirtschaftskommunikation und des Veranstaltungswesens; wirtschaftliche Beratung im Sektor Ausstellungs-, Messe- und Veranstaltungswesen, unter anderem im Rahmen [X.] und internationaler Verbände, gegenüber regionalen, nationalen und internationalen Organisationen und Institutionen, Messegesellschaften, Instituten und der Presse; Erstellen und Zusammenfassen von Informationen in Bezug auf die Marktentwicklung im Bereich der Direkten Wirtschaftskommunikation auf [X.]; wirtschaftliche Interessenvertretung in den Bereichen Messe-, Ausstellungs- und Veranstaltungswesen sowie Direkte Wirtschaftskommunikation [gewerbliche Lobbyarbeit); Erstellung wirtschaftlicher Stellungnahmen [Gutachten] im Bereich der Bildungspolitik; Veröffentlichung und Herausgabe von Informationsmaterial, Büchern, Leitfäden, Broschüren und Zeitschriften in gedruckter und/oder elektronsicher Form aus dem Bereich des [X.];

5

[X.]: Veröffentlichung und Herausgabe von Informationsmaterial, Büchern, Leitfäden, Broschüren und Zeitschriften in gedruckter und/oder elektronischer Form, insbesondere aus den Bereichen der Direkten Wirtschaftskommunikation und des Ausstellungs- und Veranstaltungswesens; Durchführung wissenschaftlicher Lehrgänge und ausbildender Veranstaltungen; [X.] für [X.]; Organisation und Veranstaltung von [X.], Tagungen, Symposien, Schulungen, Seminaren, Workshops auf den Gebieten Erziehung, Ausbildung, Schulung, Training, Personalentwicklung;

6

Klasse 42: Technische und wirtschaftswissenschaftliche Beratung und derartige gutachterliche Tätigkeit im Sektor [X.], Messe- und Veranstaltungswesen, unter anderem im Rahmen [X.] und internationaler Verbände, gegenüber regionalen, nationalen und internationalen Organisationen und Institutionen, Messegesellschaften, Instituten und der Presse, Ausarbeiten von Qualitätsnormen;

7

Klasse 43: Vermietung von Räumen für Messen und Ausstellungen;

8

[X.]: Beratung in Bezug auf rechtliche Fragen; Beratung betreffend der Vorbereitung von Normen, Bereitstellung von rechtlichen Informationen; Beratung in Bezug auf Standards und Praktiken zur Gewährleistung der Einhaltung von Gesetzen und Vorschriften; politische Lobbyarbeit.

9

Mit Beschlüssen vom 18. Oktober 2017 und 18. September 2018, letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen, hat die Markenstelle für Klasse 35 die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1 und Abs. 5, 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] wegen fehlender Unterscheidungskraft teilweise, nämlich mit Ausnahme der oben fett gedruckten Dienstleistungen, zurückgewiesen. Diesbezüglich entnähmen die angesprochenen Verkehrskreise dem Anmeldezeichen keinen Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen, weil es insofern lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt vermittle. „[X.]“ stehe als Fachbegriff im einschlägigen Dienstleistungssektor für „Markenerfahrung, Markenerlebnis, Markenwahrnehmung“. Konkret beschäftige sich dieser Bereich mit der Art und Weise, wie der Verbraucher eine bestimmte Marke wahrnehmen und wie die Marke im Gedächtnis abgespeichert werde. Grundvoraussetzung, um bestimmte Emotionen oder der Erinnerungen mit einer Marke zu verbinden, sei das Wahrnehmen derselbigen. Dies geschehe in der Regel über Kontaktpunkte (sogenannte [X.]) während des Auswahl-, Kauf- und Nutzungsprozesses, die vom Hersteller oder Anbieter teilweise kontrolliert (beispielweise Schaltung von Werbeanzeigen im Fernsehen oder in Tageszeitungen, Platzierung von großflächigen Werbeplakaten an öffentlichen Orten, Berichte in [X.] über soziales Engagement des Herstellers, Öffentlichkeitsarbeit) und teilweise auch nicht kontrolliert werden könnten (z. B. Mundpropaganda, Kommentare in Internetforen, Einträge in [X.]). Ziel sei es, ein Erlebnis zu schaffen, das eine emotionale Verbindung zu einer Marke, einer Idee, einer Person, einem Unternehmen herstelle. Um eine positive [X.] zu schaffen, müsse möglichst jeder Kontakt positiv verlaufen. Experten gingen davon aus, dass der Aufbau von positiver [X.] in der Zukunft an Bedeutung gewinnen werde und die klassischen Werbemaßnahmen Schritt für Schritt zurückgedrängt würden. Die weitere, sprachlich auf „[X.]“ bezogene adjektivische Angabe „Integrated“ stehe für „integriert, ganzheitlich“ und bringe zum Ausdruck, dass die [X.] alle Kontaktpunkte, Vertriebs- und Kommunikationswege berücksichtigten. In ihrer Gesamtheit vermittle die angemeldete Bezeichnung damit einen sprachüblich gebildeten und schlagwortartigen Sachhinweis im Sinne von „ganzheitliche Markenwahrnehmung; ganzheitliche Markenerlebnisse“. Die bereits sachbeschreibend verwendete Wortfolge weise lediglich darauf hin, dass die so gekennzeichneten Dienstleistungen sich inhaltlich und thematisch mit ganzheitlicher Markenwahrnehmung bzw. ganzheitlichen Markenerlebnissen befassten oder dazu bestimmt und geeignet seien, solche aufzubauen und zu etablieren oder damit unmittelbar im Zusammenhang stünden. Alle zurückgewiesenen Dienstleistungen könnten einen hinreichend engen Bezug zu ganzheitlicher Markenwahrnehmung/ganzheitlichen Markenerlebnissen aufweisen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders, mit der er sinngemäß beantragt,

die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 35 des [X.]s vom 18. Oktober 2017 und 18. September 2018 aufzuheben.

Mit [X.] des Senats vom 2. Dezember 2019 ist die Beschwerdeführerin unter Beifügung von [X.] (Anlagen 1 und 2, [X.]. 18 - 35 d. A.) darauf hingewiesen worden, dass die angemeldete Bezeichnung im verfahrensgegenständlichen Umfang nicht für schutzfähig erachtet werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die nach § 66 [X.] zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, denn die angemeldete Bezeichnung „Integrated [X.]“ ist im beschwerdegegenständlichen Umfang wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] von der Eintragung ausgeschlossen.

1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet ([X.] [X.] 2015, 1198 Rn. 59 f. – [X.]/[X.]]; [X.], 932 Rn. 7 – #darferdas?; [X.] 2018, 301 Rn. 11 – [X.]; [X.] 2016, 934 Rn. 9 – [X.]). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten ([X.] [X.] 2010, 228 Rn. 33 – [X.]/[X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.] – #darferdas?; a. a. [X.] – [X.]). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.] – [X.]). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen ([X.] [X.] 2004, 428 Rn. 53 – [X.]; [X.] Rn. 15 – [X.]).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt ([X.] [X.] 2013, 1143 Rn. 15 – [X.] werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist ([X.] [X.] 2006, 411 Rn. 24 – Matratzen Concord/[X.]; [X.] [X.] 2014, 376 Rn. 11 – grill meister).

Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen ([X.] [X.] 2004, 674 Rn. 86 – Postkantoor; [X.] Rn. 8 – #darferdas?; [X.] 2012, 270 Rn. 11 – Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden ([X.] – #darferdas?; a. a. [X.] Rn. 12 – [X.]; [X.] 2014, 872 Rn. 21 – [X.]). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die beanspruchte Ware oder Dienstleistung zwar selbst nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt ohne Weiteres erfasst und in der Bezeichnung kein Unterscheidungsmittel für deren Herkunft sieht ([X.] – #darferdas?; a. a. [X.] – [X.]). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann ([X.] [X.] 2004, 146 Rn. 32 – [X.]; [X.] [X.] 2014, 569 Rn. 18 – [X.]); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind. Der Charakter einer [X.] entfällt bei der Zusammenfügung beschreibender Begriffe jedoch dann, wenn die beschreibenden Angaben durch die Kombination eine ungewöhnliche Änderung erfahren, die hinreichend weit von der [X.] wegführt ([X.] [X.] 2007, 204 Rn. 77 f. – [X.]; [X.] [X.] 2014, 1204 Rn. 16 – DüsseldorfCongress).

2. Diesen vorgenannten Anforderungen an die Unterscheidungskraft genügt die angemeldete Bezeichnung im verfahrengegenständlichen Umfang nicht. Die angesprochenen inländischen Verkehrskreise werden das Anmeldezeichen „Integrated [X.]“ ohne weiteres mit „Ganzheitliche Markenerfahrungen“ übersetzen und darin lediglich einen sachlich-anpreisenden Hinweis entnehmen, es mithin insoweit nicht als betrieblichen Herkunftshinweis auffassen. Auf die überzeugenden Ausführungen und Rechercheergebnisse in dem [X.] wird Bezug genommen.

a) Von den hier beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen wird neben den Fachkreisen aus dem Bereich des [X.] und der direkten Wirtschaftskommunikation sowie des (Event)Marketings und des Consultings in erster Linie ein unternehmerisch tätiges Publikum angesprochen. Ein Teil der Dienstleistungen, so beispielsweise die Dienstleistungen der [X.] „Durchführung wissenschaftlicher und ausbildender Veranstaltungen“, richten sich auch an den interessierten Endverbraucher.

b) Das Anmeldezeichen setzt sich aus den [X.] Wörtern „Integrated“, „Brand“ und „[X.]“ zusammen.

Das [X.] Adjektiv „Integrated“ bedeutet u. a. „integriert, einheitlich, ganzheitlich, durchgängig, integrativ“. „Brand“ ist das [X.] Wort für „Marke, Warenzeichen“, weitere erfasste Bedeutungen wie „[X.], [X.], verkohltes Holzscheit, Fackel“ treten im Hinblick auf die weiteren Wortbestandteile und unter Berücksichtigung der hier in Rede stehenden Dienstleistungen zurück (vgl. [X.], Beschluss vom 20.11.2019, 29 W (pat) 547/17 – [X.]). Das [X.] Wort „[X.]s“ ist der Plural des Substantivs „[X.]“ und hat u. a. die Bedeutungen „Erfahrungen, Erlebnisse, Sachkenntnisse, Erfahrungswerte“ (vgl. jeweils Online Wörterbücher [X.], [X.] und bab.la.; siehe auch [X.] PROMA-Auszüge in Anlage 1 zum gerichtlichen Schreiben vom 2. Dezember 2019).

Bei der Wortkombination „[X.]“ handelt es sich um einen Fachbegriff aus dem Bereich des Marketings und der Kommunikationspolitik mit der Bedeutung „Markenwahrnehmung/Markenerlebnis/Markenerfahrung“ (vgl. Glossar des [X.] Online Wörterbuch dict.cc; Anlagen zum angegriffenen [X.]-Beschluss vom 18. Oktober 2017); er umschreibt, wie und aus welchen Gründen Konsumenten eine Marke wahrnehmen und in ihrer Erinnerung abspeichern. In einem Artikel mit dem Titel „Marken erleben mit [X.] – Einfach näher an der Zielgruppe“ ist zu lesen: „Mit [X.] machen Sie einen Schritt über die reine Inszenierung Ihrer Marke hinaus: Sie lassen die Marke real erlebbar und erfahrbar werden. Durch innovative Markenerlebnisse bringen wir Ihre Marke in direkten Kontakt mit der Zielgruppe.“. In einem Interview zum Thema „Warum [X.] so wichtig ist“ finden sich folgende Ausführungen: „…Der Kontakt mit einer Marke soll mitunter hilfreich, bezaubernd, überraschend, fesselnd, positiv, aber immer für beide Seiten von Vorteil sein. [X.] gibt es seitdem es Marken gibt, welche sich bei ähnlicher Angebotspalette durch ihre Markenerlebnisse abgrenzen…“. In einem Interview mit der Leiterin des bereits lange vor dem hier relevanten Anmeldezeitpunkt gebildeten Bereichs „[X.]“ der Deutschen T…, die die Gestaltung der
Markenauftritte auf Messen verantwortet, erläutert diese, warum das Unternehmen auf der [X.] beim Publikum so beliebt war; die zentralen Aspekte des Auftritts waren dabei Interaktion und Erlebnis.

Die [X.] zeigen, dass der Begriff bereits vor dem Anmeldezeitpunkt sachbeschreibend in Gebrauch war. Gleiches gilt für die konkret beanspruchte Wortkombination „Integrated brand experience“ oder die damit vergleichbaren Begriffsbildungen „ganzheitliche Markenerfahrung“ und „ganzheitliche Brand-[X.]“ (vgl. Anlagen zum angegriffenen [X.]-Beschluss vom 18. Oktober 2017 sowie ergänzende Belege in Anlage 2 zum gerichtlichen Schreiben vom 2. Dezember 2019). So ist in einem Artikel in der Zeitschrift „Absatzwirtschaft“ aus dem [X.] über Digital Trends im Bereich [X.] u. a. zu lesen: „Ein Touchpoint ist mehr als ein Ort für eine Werbebotschaft. Er ist ein Ort der Begegnung mit der Marke. Hier entsteht ein Markenerlebnis – die „[X.]“ – durch die Übermittlung einer adäquaten und spezifischen Botschaft in einem besonderen Rahmen, kognitiv und emotional. Ganzheitliche Brand-[X.] umfasst die Komposition aller Kontakte an unterschiedlichsten [X.] – offline wie online...“. Auf der Homepage einer Agentur werden die angebotenen Dienstleistungen wie folgt beworben: „Wir gestalten Wirkung! Live und Brand-Kommunikation für [X.]. [X.] begegnen Menschen Marken unmittelbarer als bei Messen, [X.] und Events….So entstehen Integrated [X.] und damit die größte Chance, Kundenbindung und Markenimage zu verbessern.“ Ferner wird zu einer Untersuchung zum Thema „[X.] im Einzelhandel und E-Commerce“ folgendes ausgeführt: „...Unsere Umfrage hat ergeben, dass Einzelhandel mehr denn je daran interessiert ist, den Kunden in den Mittelpunkt zu stellen. Wie sie das erreichen können? Durch eine integrierte Markenerfahrung und eine einheitliche Kundenerfahrung ([X.]) über alle Kanäle und [X.] hinweg…“.

Die Wortfolge „Integrated [X.]“ insgesamt ist [X.] gebildet und wird von den relevanten inländischen Verkehrskreisen – jedenfalls aber von den Fachkreisen, die zweifellos über aktuelle Entwicklungen und Fachbegriffe in ihrem Bereich gut informiert sind – ohne weiteres in ihrer Gesamtbedeutung im Sinne von „Ganzheitliche Markenerfahrungen/Markenwahrnehmungen/Markenerlebnisse“ verstanden. Die Gesamtheit des Zeichens führt nicht zu einem Bedeutungsgehalt, der über die Summe der – hier jeweils beschreibenden - Einzelelemente der Wortfolge hinausginge.

c) Im beschwerdegegenständlichen Umfang beschreibt das Anmeldezeichen in der zuvor dargestellten Bedeutung die Dienstleistungen bzw. steht in einem engen sachlichen Bezug hierzu. Das Anmeldezeichen gibt nur einen Hinweis auf die inhaltliche Ausrichtung des [X.], den Gegenstand und die Zweckbestimmung der hier in Rede stehenden Dienstleistungen aus den Klassen 35, 41, 42 und 43. Auf die Ausführungen der Markenstelle zum beschreibenden Aussagegehalt bezogen auf die hier in Rede stehenden Dienstleistungen wird vollumfänglich Bezug genommen. Das Anmeldezeichen wird daher vom Verkehr nur als Sachhinweis, nicht aber als betrieblicher Herkunftshinweis verstanden. Dies gilt im Übrigen aus Sicht des Senats auch für die hier nicht verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen der [X.], da im Bereich der Entwicklung von [X.]-Strategien rechtliche Aspekte (z. [X.], Jugendschutz) eine Rolle spielen und daher Gegenstand einer Rechtsberatung sein können.

Schließlich kann die angemeldete Bezeichnung „Integrated [X.]“ neben der fachsprachlichen Bedeutung als Marketinginstrument auch den Dienstleistungsanbieter in sachlicher Hinsicht anpreisen als jemanden, der ganzheitliche Markenerfahrungen bzw. Marken-Sachkenntnisse zu bieten hat.

Das Anmeldezeichen vermittelt mithin in zweierlei Hinsicht eine anpreisende Sachaussage; eine schutzbegründende Mehrdeutigkeit kommt der Bezeichnung deswegen jedoch nicht zu. Denn für das Vorliegen des Schutzhindernisses des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] reicht es aus, wenn das Zeichen zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen eine beschreibende Angabe enthält. Der allein durch die verschiedenen Deutungsmöglichkeiten hervorgerufene Interpretationsaufwand des Verkehrs reicht für die Bejahung der Unterscheidungskraft nicht aus (vgl. [X.] [X.] 2014, 872 Rn. 28 – [X.]; [X.] 2014, 569 Rn. 18 und 24 – [X.]).

Die hier angesprochenen Verkehrskreise werden das Anmeldezeichen im vorgenannten Dienstleistungszusammenhang somit nur als anpreisenden Sachhinweis auffassen, nicht aber als Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen.

2. Da schon das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] vorliegt, kann dahinstehen, ob die angemeldete Bezeichnung darüber hinaus gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] für die fraglichen Dienstleistungen freihaltebedürftig ist.

Meta

29 W (pat) 42/18

26.02.2020

Bundespatentgericht 29. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 26.02.2020, Az. 29 W (pat) 42/18 (REWIS RS 2020, 3195)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 3195

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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