Bundessozialgericht, Beschluss vom 05.12.2022, Az. B 9 V 30/22 B

9. Senat | REWIS RS 2022, 8596

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde - sozialgerichtliches Verfahren - Verfahrensmangel - Gehörsverstoß - Fragerecht gegenüber dem Sachverständigen - Obliegenheit zur Gehörsverschaffung - Aufrechterhaltung eines Antrags auf weitere Anhörung des Sachverständigen - Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz - keine allgemeine Pflicht des Gerichts zur Einholung eines "Obergutachtens" - Beschwerdebegründung - umfangreicher Lebenssachverhalt - strukturierte und verständliche Sachverhaltsschilderung - Revisionszulassungsgründe - Darlegungsanforderungen


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] vom 13. Juli 2022 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. Der Kläger begehrt in der [X.]auptsache die Feststellung eines [X.]rades der Schädigungsfolgen ([X.]dS) von mindestens 80 anstelle des zuerkannten [X.]dS von 30 unter Anerkennung einer Essstörung sowie diverser adipositas-assoziierter Erkrankungen als Schädigungsfolgen und die [X.]ewährung einer Ausgleichsrente als Folge des in der [X.] von Dezember 1977 bis Dezember 1979 erlittenen [X.]issbrauchs durch seinen [X.]ruder nach dem [X.]esetz über die Entschädigung für Opfer von [X.]ewalttaten ([X.] dem [X.]undesversorgungsgesetz.

2

Der [X.]eklagte hat nach Durchführung von Ermittlungen (ua Einholung eines [X.]utachtens der Psychiaterin R vom 10.10.2017) als Schädigungsfolge eine Posttraumatische [X.]elastungsstörung ([X.]) mit einem [X.]dS von 30 anerkannt und vom 1.3.2016 an eine [X.]eschädigtenversorgung in Form einer [X.]rundrente gewährt ([X.]escheid vom 13.10.2016, [X.] vom 20.11.2017 in [X.]estalt des Widerspruchsbescheids vom [X.]). Im Klageverfahren hat das [X.] nach Vorlage diverser [X.]efundunterlagen durch den Kläger ein neurologisch-psychiatrisches [X.]utachten von [X.] vom [X.] und auf Antrag des [X.] nach § 109 [X.][X.] ein [X.]utachten der Neurologin und Psychiaterin [X.] vom 17.1.2020 eingeholt. [X.]it [X.]erichtsbescheid vom 15.5.2020 hat es die Klage abgewiesen.

3

Im [X.]erufungsverfahren hat der Kläger psychologische Stellungnahmen von [X.] vom 20.6. und [X.] vorgelegt nebst weiteren [X.]efundunterlagen [X.] vom 16.2.2021. Das L[X.] hat ua eine ergänzende Stellungnahme von [X.] vom [X.] eingeholt und die [X.]erufung mit Urteil vom 13.7.2022 zurückgewiesen. Zur [X.]egründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Nach dem [X.]esamtergebnis des Verfahrens habe der Kläger weder einen Anspruch auf Feststellung weiterer Schädigungsfolgen noch auf die Feststellung eines höheren [X.]dS. Die festgestellte Schädigungsfolge einer [X.] bedinge einen [X.]dS von 30 entsprechend der [X.]ewertung von Neurosen, Persönlichkeitsstörungen und Folgen psychischer Traumen nach Teil [X.] 3.7 der Versorgungsmedizinischen [X.]rundsätze (V[X.][X.]). Das L[X.] hat sich dabei auf die seiner Ansicht nach überzeugenden [X.]ewertungsvorschläge der Psychiaterin R sowie des Neurologen und Psychiaters [X.] und im Übrigen auf die Entscheidungsgründe in dem [X.]erichtsbescheid des [X.] gestützt. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der festgestellten [X.]ewalttat und den weiter geltend gemachten [X.]esundheitsstörungen sei nicht wahrscheinlich. Eine weitere [X.]eweiserhebung von Amts wegen sei nicht notwendig, weil der Sachverhalt geklärt sei.

4

[X.]egen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat der Kläger [X.]eschwerde zum [X.][X.] eingelegt. Er macht Verfahrensmängel, eine Divergenz sowie eine grundsätzliche [X.]edeutung der Rechtssache geltend.

5

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde des [X.] ist unzulässig. Die [X.]egründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil sie keinen der von vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe ordnungsgemäß dargetan hat (vgl § 160a Abs 2 Satz 3 [X.][X.]).

6

1. Anders als rechtlich geboten, hat der Kläger bereits den Sachverhalt, der dem angefochtenen Urteil des L[X.] zugrunde liegt, nicht hinreichend substantiiert mitgeteilt. Seinen Schilderungen in der [X.]eschwerdebegründung können allenfalls Fragmente der entscheidungserheblichen Tatsachen entnommen werden. Eine verständliche Sachverhaltsschilderung gehört jedoch zu den [X.]indestanforderungen an die Darlegung bzw [X.]ezeichnung eines Revisionszulassungsgrundes; denn es ist nicht Aufgabe des [X.], sich im Rahmen des [X.]s die maßgeblichen Tatsachen aus dem angegriffenen Urteil selbst herauszusuchen (stRspr; z[X.] [X.][X.] [X.]eschluss vom [X.] - [X.] V 14/19 [X.] - juris Rd[X.] 4; [X.][X.] [X.]eschluss vom 16.4.2018 - [X.] - juris Rd[X.] 4; [X.][X.] [X.]eschluss vom 21.8.2017 - [X.] S[X.] 3/17 [X.] - juris Rd[X.] 6).

7

Ohne eine hinreichende Sachverhaltswiedergabe kann das [X.][X.] nicht beurteilen, ob sich entscheidungserheblich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher [X.]edeutung stellt, ob eine Divergenz zu einer Entscheidung des [X.][X.], des [X.]emeinsamen Senats der obersten [X.]erichtshöfe des [X.]undes ([X.]mSO[X.][X.]) oder des [X.]Verf[X.] besteht oder ob ein Verfahrensmangel vorliegt, auf dem die mit der Nichtzulassungsbeschwerde angefochtene vorinstanzliche Entscheidung beruhen kann. Dies gilt umso mehr, wenn es sich - wie hier - um einen umfangreichen Lebenssachverhalt handelt. In einer solchen Situation ist vom [X.]eschwerdeführer zu erwarten, dass die Tatsachenfeststellungen, die für das L[X.] und aus Sicht der [X.]eschwerde entscheidungserheblich sind, in einer geordneten Abhandlung und nicht, wie hier erfolgt, im Rahmen der [X.]egründung fragmentarisch und unzureichend strukturiert - versehen mit zahlreichen Fundstellen zu allgemeinen Stellungnahmen, [X.]erichten und Äußerungen über die Entschädigung von Opfern von [X.]ewalttaten - dargelegt werden (vgl stRspr; z[X.] [X.][X.] [X.]eschluss vom [X.] - [X.] V 14/19 [X.] - juris Rd[X.] 5; [X.][X.] [X.]eschluss vom 16.4.2018 - [X.] - juris Rd[X.] 5; [X.][X.] [X.]eschluss vom 10.10.2017 - [X.] R 247/17 [X.] - juris Rd[X.] 4).

8

2. Unabhängig davon erfüllt das Vorbringen des [X.] auch nicht die Darlegungsanforderungen der geltend gemachten Zulassungsgründe:

9

a) Soweit als Verfahrensmangel ein Verstoß des L[X.] gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht (§ 103 [X.][X.]) gerügt wird, muss die [X.]eschwerdebegründung hierzu jeweils folgende Punkte enthalten: (1) [X.]ezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren, bis zuletzt aufrechterhaltenen [X.], dem das L[X.] nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des L[X.], aufgrund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen, (3) Darlegung der von dem betreffenden [X.]eweisantrag berührten Tatumstände, die zu einer weiteren Sachaufklärung Anlass gegeben hätten, (4) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen [X.]eweisaufnahme und (5) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des L[X.] auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen [X.]eweisaufnahme beruhen kann, das L[X.] mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterlassenen [X.]eweisaufnahme von seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem anderen, dem [X.]eschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (stRspr; z[X.] [X.][X.] [X.]eschluss vom [X.] - [X.] S[X.] 71/19 [X.] - juris Rd[X.] 8 mwN).

Diesen Erfordernissen wird die [X.]eschwerdebegründung des [X.] nicht gerecht.

Der Kläger rügt, das L[X.] sei seinen zu Protokoll der mündlichen Verhandlung vom [X.] ausdrücklich aufrechterhaltenen "[X.]eweisanträgen" ohne hinreichende [X.]egründung nicht gefolgt. Es habe insbesondere übersehen, dass ein Obergutachten geeignet gewesen wäre, den Sachverhalt erschöpfend und vollumfänglich aufzuklären, weil sich während des mehrjährig andauernden Verfahrens sein [X.]esundheitszustand in einem nicht unerheblichen [X.]aße verschlechtert habe.

Damit hat der Kläger jedoch bereits keinen prozessordnungsgemäßen [X.]eweisantrag iS des § 160 Abs 2 [X.] [X.][X.] bezeichnet. Allein sein Vortrag, er habe in der mündlichen Verhandlung hilfsweise die [X.]eweisanträge aus dem Schriftsatz vom [X.] gestellt, reicht hierfür nicht. Denn es muss nicht nur die Stellung des Antrags, sondern auch dargelegt werden, über welche im Einzelnen bezeichneten zu begutachtenden Punkte noch [X.]eweis erhoben werden sollte (vgl § 118 Abs 1 Satz 1 [X.][X.] iVm § 403 ZPO). Dies hat der Kläger nicht getan. [X.]erkmal eines [X.] ist eine bestimmte Tatsachenbehauptung und die Angabe des [X.]eweismittels für diese Tatsache. Dafür ist die unter [X.]eweis gestellte Tatsache möglichst präzise und bestimmt zu behaupten und überdies zu umreißen, was die [X.]eweisaufnahme ergeben hätte ([X.][X.] [X.]eschluss vom 23.2.2022 - [X.] S[X.] 74/21 [X.] - juris Rd[X.] 9 mwN). [X.]ierzu enthält die [X.]eschwerdebegründung keine substantiierten Ausführungen. Unbestimmte bzw unsubstantiierte [X.]eweisanträge brauchen dem [X.]ericht aber keine [X.]eweisaufnahme nahezulegen ([X.][X.] [X.]eschluss vom [X.] - [X.] S[X.] 31/20 [X.] - juris Rd[X.] 6 mwN).

Soweit der Kläger rügt, das L[X.] habe nicht das von ihm beantragte "Obergutachten" eingeholt, reicht dies nicht aus, um eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht durch das [X.]erufungsgericht aufzuzeigen. Eine Verpflichtung zur Einholung eines sogenannten [X.] besteht auch bei einander widersprechenden [X.]utachtenergebnissen im Allgemeinen nicht. Die Würdigung voneinander abweichender [X.]utachtensergebnisse gehört wie die anderer sich widersprechender [X.]eweisergebnisse zur [X.]eweiswürdigung selbst. Liegen mehrere [X.]utachten vor und hält das [X.]ericht eines von mehreren [X.]utachten für überzeugend, so darf es sich diesem anschließen, ohne ein weiteres [X.]utachten einholen zu müssen. [X.]ei einer derartigen Fallgestaltung ist für eine weitere [X.]eweiserhebung regelmäßig kein Raum. Liegen bereits mehrere [X.]utachten vor, ist das [X.] nur dann zu weiteren [X.]eweiserhebungen verpflichtet, wenn die vorhandenen [X.]utachten ungenügend sind (§ 118 Abs 1 Satz 1 [X.][X.] iVm § 412 Abs 1 ZPO), weil sie grobe [X.]ängel oder unlösbare Widersprüche enthalten oder von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgehen oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde des [X.]utachters geben (stRspr; z[X.] [X.][X.] [X.]eschluss vom 15.7.2022 - [X.] 1 KR 9/22 [X.] - juris Rd[X.] 6; [X.][X.] vom 23.6.2021 - [X.] 1 KR 56/20 [X.] - juris Rd[X.] 6; [X.][X.] [X.]eschluss vom 19.11.2007 - [X.]/5 R 382/06 [X.] - [X.] 4-1500 § 160a [X.] Rd[X.] 8 f). Solche Umstände hat der Kläger auch bezogen auf das [X.]utachten des [X.] vom [X.] und dessen ergänzenden Stellungnahme vom [X.] nicht substantiiert aufgezeigt. Er räumt selbst ein, dass sich der Sachverständige bei der [X.]efunderhebung und Diagnostik an einem der gängigen Diagnosesysteme, dem I[X.]D-10, orientiert hat. Soweit der Kläger die fehlende Angabe weiterer wissenschaftlicher Fachliteratur rügt, zeigt er nicht auf, warum und welche gutachterlichen Äußerungen des Sachverständigen [X.] allein dadurch ungenügend im vorgenannten Sinne sein sollten. Schließlich versäumt er es substantiiert darzulegen, warum nur eine [X.]egutachtung nach dem von ihm erwähnten Diagnosesystem "[X.]" (jetzt: [X.]) dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis entsprochen hätte.

Soweit der Kläger vorträgt, dass "womöglich auch Anträge nach § 109 [X.][X.] hinsichtlich der Einholung bzw. die Durchführung einer [X.]egutachtung durch psychologische Psychotherapeuten nicht ausreichend gewährt" worden seien, trägt er schon nicht vor, dass und wann er einen solchen Antrag gestellt habe. Ohnehin kann er aber mit diesem Vortrag keinen Verfahrensmangel begründen. In § 160 Abs 2 [X.] [X.]albsatz 2 [X.][X.] ist ausdrücklich bestimmt, dass ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung des § 109 [X.][X.] gestützt werden kann. Der Ausschluss einer Rüge der fehlerhaften Anwendung des § 109 [X.][X.] gilt umfassend und unabhängig davon, worauf der geltend gemachte Verfahrensmangel im Einzelnen beruht (stRspr; z[X.] [X.][X.] [X.]eschluss vom 7.6.2018 - [X.] V 69/17 [X.] - juris Rd[X.] 9 mwN). Deshalb ist es unerheblich, wenn der Kläger darin zugleich eine Verletzung seines rechtlichen [X.]ehörs sehen sollte.

b) Soweit der Kläger die Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches [X.]ehör (Art 103 Abs 1 [X.][X.], § 62 [X.][X.]) rügt, weil vor dem L[X.] der Sachverständige [X.] "nicht zu den Diskrepanzen in seinem [X.]utachten" angehört worden sei, genügt auch sein diesbezügliches Vorbringen nicht den Anforderungen an die [X.]ezeichnung eines solchen Verfahrensmangels.

§ 62 [X.][X.] konkretisiert den verfassungsrechtlichen Anspruch auf rechtliches [X.]ehör (Art 103 Abs 1 [X.][X.]) und soll verhindern, dass die [X.]eteiligten durch eine Entscheidung überrascht werden, die auf Rechtsauffassungen, Tatsachen oder [X.]eweisergebnissen beruht, zu denen sie sich nicht äußern konnten (§ 128 Abs 2 [X.][X.]) und sicherstellen, dass ihr Vorbringen vom [X.]ericht zur Kenntnis genommen und in seine Erwägungen miteinbezogen wird (vgl [X.][X.] [X.]eschluss vom [X.] - [X.] S[X.] 47/21 [X.] - juris Rd[X.] 12 mwN). Das [X.]ericht muss jedoch nicht ausdrücklich jedes Vorbringen der [X.]eteiligten bescheiden. Der Anspruch auf rechtliches [X.]ehör bietet keinen Schutz gegen Entscheidungen, die den Sachvortrag eines [X.]eteiligten aus [X.]ründen des formellen oder materiellen Rechts ganz oder teilweise unberücksichtigt lassen (vgl [X.][X.] [X.]eschluss vom [X.] - [X.] S[X.] 47/21 [X.] - juris Rd[X.] 12 mwN unter [X.]inweis auf [X.]Verf[X.] Urteil vom 8.7.1997 - 1 [X.]vR 1621/94 - [X.]Verf[X.]E 96, 205, 216 = juris Rd[X.] 43). Er gewährleistet nur, dass ein [X.]eteiligter mit seinem Vortrag "gehört", nicht jedoch "erhört" wird. Die [X.]erichte werden durch Art 103 Abs 1 [X.][X.] nicht dazu verpflichtet, der Rechtsansicht eines [X.]eteiligten zu folgen (vgl [X.][X.] [X.]eschluss vom 4.5.2020 - [X.] S[X.] 84/19 [X.] - juris Rd[X.] 11 mwN).

Der Kläger hat es in seiner [X.]eschwerdebegründung versäumt darzulegen, welcher sachgerechte Vortrag zum [X.] keine [X.]eachtung gefunden haben soll. Voraussetzung für den Erfolg einer Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches [X.]ehör ist es, dass der Kläger darlegt, seinerseits alles getan zu haben, um sich rechtliches [X.]ehör zu verschaffen (vgl [X.][X.] [X.]eschluss vom 8.5.2017 - [X.] V 78/16 [X.] - juris Rd[X.] 14 mwN). [X.]ieran fehlt es. Zwar kann die gerügte Verletzung des Fragerechts nach § 116 Satz 2 [X.][X.], § 118 Abs 1 Satz 1 [X.][X.] iVm §§ 397, 402, 411 Abs 4 ZPO den Anspruch auf rechtliches [X.]ehör verletzen, weil jedem [X.]eteiligten das Recht zusteht, den Sachverständigen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die er zur Aufklärung der Sache für dienlich erachtet (stRspr; z[X.] [X.][X.] [X.]eschluss vom [X.] - [X.] S[X.] 47/21 [X.] - juris Rd[X.] 16; [X.][X.] [X.]eschluss vom [X.] R 22/18 [X.] - juris Rd[X.]2; [X.][X.] [X.]eschluss vom 27.9.2018 - [X.] V 14/18 [X.] - juris Rd[X.] 14). Dies gilt jedenfalls mit [X.]lick auf solche [X.]utachten, die im selben Rechtszug erstattet werden ([X.][X.] [X.]eschluss vom 4.5.2020 - [X.] S[X.] 84/19 [X.] - juris Rd[X.] 8 mwN).

[X.]ezüglich des im [X.]erufungsverfahren lediglich ergänzend zu seinem bereits erstinstanzlich erstatteten [X.]utachten gehörten Sachverständigen [X.] hat der Kläger in seiner [X.]eschwerdebegründung aber schon nicht dargelegt, einen Antrag auf weitere Anhörung des Sachverständigen [X.] bis zuletzt in der mündlichen Verhandlung aufrechterhalten zu haben. Zudem hat er keine erläuterungsbedürftigen Punkte bezeichnet, die durch eine erneute [X.]efragung des Sachverständigen einen über die bloße Wiederholung der bisherigen eingeholten schriftlichen Äußerungen im [X.]utachten und der ergänzenden Stellungnahme hinausreichenden [X.]ehrwert hätten. Der Kläger stellt nicht in Abrede, dass der Sachverständige [X.] mit seiner ergänzenden Stellungnahme vom [X.] auf die von ihm vorgelegten Privatgutachten von [X.] und von [X.] geantwortet habe. Dass er den Antworten des Sachverständigen insbesondere hinsichtlich seiner medizinischen Feststellungen nicht folgen mag, reicht für die behauptete Verletzung des Fragerechts ebenso wenig aus wie sein schlichter [X.]inweis auf einen "bereits formulierten Fragenkatalog". Dass der Kläger vom L[X.] darin gehindert worden sei, diesen Fragenkatalog an den Sachverständigen im [X.]erufungsverfahren vorzulegen, behauptet er nicht. Im Übrigen begründet das Fragerecht keinen Anspruch auf stets neue (schriftliche oder mündliche) Anhörungen eines Sachverständigen, wenn ein [X.]eteiligter und der Sachverständige in ihrer [X.]eurteilung nicht übereinstimmen (vgl [X.][X.] [X.]eschluss vom [X.] - [X.] S[X.] 47/21 [X.] - juris Rd[X.] 17; [X.][X.] [X.]eschluss vom 4.5.2020 - [X.] S[X.] 84/19 [X.] - juris Rd[X.] 9 mwN).

Soweit der Kläger insgesamt mit der Auswertung und Würdigung der aktenkundigen medizinischen und sonstigen [X.]erichte, Stellungnahmen und [X.]utachten durch das L[X.] nicht einverstanden ist, wendet er sich gegen dessen [X.]eweiswürdigung (§ 128 Abs 1 Satz 1 [X.][X.]). [X.]ierauf kann jedoch eine Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 160 Abs 2 [X.] [X.]albsatz 2 [X.][X.] nicht gestützt werden.

c) Auch eine Divergenz iS des § 160 Abs 2 [X.] 2 [X.][X.] hat der Kläger nicht in der gebotenen Weise bezeichnet.

Eine solche Abweichung liegt nur vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die in zwei Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen. Sie kommt nur dann in [X.]etracht, wenn das L[X.] einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des [X.][X.], des [X.]mSO[X.][X.] oder des [X.]Verf[X.] aufgestellt hat. Darüber hinaus verlangt der [X.] der Divergenz, dass das angefochtene Urteil auf der Abweichung beruht.

[X.]ezogen auf die Darlegungspflicht bedeutet dies: Die [X.]eschwerdebegründung muss erkennen lassen, welcher abstrakte Rechtssatz in der in [X.]ezug genommenen Entscheidung enthalten ist und welcher im Urteil des L[X.] enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht. Ferner muss aufgezeigt werden, dass auch das Revisionsgericht die höchstrichterliche Rechtsprechung in einem künftigen Revisionsverfahren seiner Entscheidung zugrunde zu legen haben wird (stRspr; z[X.] [X.][X.] [X.]eschluss vom 25.10.2018 - [X.] V 27/18 [X.] - juris Rd[X.] 7 f mwN).

Diesen Darlegungsanforderungen wird die [X.]eschwerdebegründung des [X.] nicht gerecht. Er macht zwar sinngemäß geltend, das [X.]erufungsgericht weiche von dem [X.]eschluss des [X.][X.] vom 13.6.2013 ([X.] R 485/12 [X.]) ab, weil es entgegen der Wertung in dieser Entscheidung nicht die Notwendigkeit eines weiteren medizinischen [X.]utachtens bejaht habe. Unabhängig davon, dass der Kläger damit keinen abstrakten Rechtssatz aus dieser Entscheidung benennt, arbeitet er in der [X.]eschwerdebegründung auch keinen divergierenden abstrakten Rechtssatz aus dem angefochtenen L[X.]-Urteil heraus. Vielmehr kritisiert er mit seinem diesbezüglichen Vortrag lediglich die Subsumtion und Rechtsanwendung des [X.]erufungsgerichts in seinem Einzelfall. Sein Vorbringen geht damit aber über eine im [X.] unbeachtliche Subsumtionsrüge nicht hinaus (vgl [X.][X.] [X.]eschluss vom 8.3.2021 - [X.] [X.]L 3/20 [X.] - juris Rd[X.] 13 mwN).

d) Ebenso wenig dargelegt hat der Kläger den [X.] der grundsätzlichen [X.]edeutung der Rechtssache.

Eine Rechtssache hat nur dann eine grundsätzliche [X.]edeutung iS des § 160 Abs 2 [X.] 1 [X.][X.], wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus [X.]ründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der [X.]eschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter [X.]erücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus [X.]ründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein [X.]eschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende [X.]edeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sogenannte [X.]reitenwirkung) darlegen (stRspr; z[X.] [X.][X.] [X.]eschluss vom [X.] - [X.] V 5/20 [X.] - juris Rd[X.] 6 mwN).

Der Kläger hat - anders als notwendig - bereits keine klare Rechtsfrage iS des § 160 Abs 2 [X.] 1 [X.][X.] zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer bestimmten revisiblen Norm des [X.]undesrechts (vgl § 162 [X.][X.] ) mit höherrangigem Recht bezeichnet. Die Formulierung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist unverzichtbar, damit das [X.][X.] als [X.]eschwerdegericht die weiteren Voraussetzungen der [X.]rundsatzrüge prüfen kann. Es gehört nicht zu den Aufgaben des [X.][X.], aus dem Vorbringen des [X.]eschwerdeführers selbst eine entsprechende Rechtsfrage herauszusuchen und zu formulieren (stRspr; z[X.] [X.][X.] [X.]eschluss vom 8.3.2021 - [X.] [X.]L 3/20 [X.] - juris Rd[X.] 17; [X.][X.] [X.]eschluss vom 11.7.2017 - [X.] S[X.] 15/17 [X.] - juris Rd[X.] 7).

Da der Kläger - wie oben aufgezeigt - schon keine klaren Ausführungen zu dem vom L[X.] festgestellten Sachverhalt gemacht hat, bleibt auch im Übrigen unklar, welche konkreten Rechtsfragen in dem angestrebten Revisionsverfahren geklärt werden könnten. Insgesamt zielt sein [X.]eschwerdevortrag auf die Klärung und [X.]ewertung von Tatsachen ab und beinhaltet im [X.] letztlich Fragen der [X.]eweiswürdigung und der Sachaufklärung. [X.]ierauf kann - wie oben ausgeführt - die vom Kläger begehrte Zulassung der Revision aber nicht gestützt werden. Unerheblich für das [X.] ist auch, dass der Kläger das Urteil des L[X.] inhaltlich für unrichtig hält. Eine allgemeine Überprüfung des Rechtsstreits in dem Sinne, ob das L[X.] in der Sache richtig entschieden hat, ist im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde nicht zulässig und kann daher nicht deren Erfolgsaussichten begründen (vgl stRspr; [X.][X.] [X.]eschluss vom 27.8.2018 - [X.] S[X.] 24/18 [X.] - juris Rd[X.] 7 mwN).

Soweit der Kläger schließlich das vom L[X.] gefundene Ergebnis für diskriminierend und verfassungswidrig hält, vermag dieser Vortrag die Zulässigkeit einer [X.]rundsatzrüge ebenfalls nicht zu begründen. Allein die Darstellung der eigenen Rechtsansicht über einen vermeintlichen Verfassungsverstoß reicht nicht aus. Denn wer sich auf die Verfassungswidrigkeit einer Regelung beruft, darf sich nicht auf die [X.]enennung angeblich verletzter Rechtsgrundsätze beschränken, sondern muss unter [X.]erücksichtigung der Rechtsprechung des [X.]Verf[X.] und des [X.][X.] darlegen, woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll. [X.]ierzu müssen der [X.]edeutungsgehalt der infrage stehenden einfachgesetzlichen Norm aufgezeigt, die Sachgründe ihrer jeweiligen Ausgestaltung erörtert und die Verletzung der konkreten Regelung des [X.][X.] dargelegt werden (stRspr; z[X.] [X.][X.] [X.]eschluss vom 2[X.] - [X.] S[X.] 25/19 [X.] - juris Rd[X.] 8 mwN). Daran fehlt es.

3. Von einer weiteren [X.]egründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 [X.]albsatz 2 [X.][X.]).

4. Die [X.]eschwerde ist somit ohne Zuziehung [X.] zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 [X.]albsatz 2, § 169 Satz 2 und 3 [X.][X.]).

5. [X.] beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 [X.][X.].

 Kaltenstein

Röhl   

Othmer

Meta

B 9 V 30/22 B

05.12.2022

Bundessozialgericht 9. Senat

Beschluss

Sachgebiet: V

vorgehend SG Koblenz, 15. Mai 2020, Az: S 10 VG 35/18, Gerichtsbescheid

§ 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 2 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG, § 162 SGG, § 62 SGG, § 103 SGG, § 109 SGG, § 116 S 2 SGG, § 118 Abs 1 S 1 SGG, § 128 Abs 2 SGG, § 397 ZPO, § 402 ZPO, § 403 ZPO, § 411 Abs 4 ZPO, § 412 Abs 1 ZPO, Art 103 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 05.12.2022, Az. B 9 V 30/22 B (REWIS RS 2022, 8596)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 8596

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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