Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 09.12.2020, Az. 6 B 35/20

6. Senat | REWIS RS 2020, 4344

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Gegenstand

Anspruch auf Neubewertung einer Aufsichtsarbeit der Ersten Juristischen Staatsprüfung


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs [X.] vom 9. April 2020 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 7 500 € festgesetzt.

Gründe

I

1

Der Kläger begehrt die Neubewertung der [X.] in dem [X.] sowie eine Neubescheidung des Ergebnisses des schriftlichen Teils dieser Staatsprüfung.

2

Im Frühjahr 2017 absolvierte der Kläger den [X.]. Das [X.] des [X.]eklagten stellte für den schriftlichen Teil des [X.] eine Durchschnittspunktzahl von 3,58 fest und teilte dem Kläger das (endgültige) Nichtbestehen der Staatsprüfung mit. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies das [X.] nach Einholung von Stellungnahmen der Prüfer zurück.

3

Das Verwaltungsgericht hat der auf Neubewertung der [X.] gerichteten Klage stattgegeben. Die Prüfer hätten ihren [X.]ewertungen dieser Arbeit fälschlicherweise zugrunde gelegt, dass die Aufgabe 2 nicht nur die Prüfung der Zulässigkeit, sondern auch der [X.]egründetheit eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung umfasse. Ihre [X.]ewertungen beruhten auf einem unzutreffenden Sachverhalt und seien fehlerhaft.

4

Der Verwaltungsgerichtshof hat auf die [X.]erufung des [X.]eklagten das erstinstanzliche Urteil geändert, die Klage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt: [X.] Wertungen seien von den Gerichten nur eingeschränkt zu kontrollieren. Die Grenzen des [X.] seien eingehalten, da die Prüfer von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen seien. Die Prüfer müssten die Prüfungsaufgabe und die darauf bezogene Prüfungsleistung vollständig und richtig zur Kenntnis nehmen und in ihre Erwägungen einbeziehen. Die Erfassung des Sachverhalts sei der [X.]ewertung der Prüfungsleistung vorgelagert. Die Prüfer seien zu Recht davon ausgegangen, dass die Aufgabe 2 der [X.] die Prüfung der Zulässigkeit und [X.]egründetheit des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung verlange. Obwohl die Aufgabe 2 sprachlich und grammatikalisch missglückt sei, erschließe sich einem mit dem Prüfungsstoff vertrauten Prüfling aus ihrem Wortlaut und dem Zusammenhang mit der Aufgabe 1, dass sie eine Prüfung der Erfolgsaussichten des Antrags fordere. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Revision nicht zugelassen.

5

Hiergegen richtet sich die [X.]eschwerde des [X.], zu deren [X.]egründung er sich auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen [X.]edeutung der Rechtssache und der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO) beruft.

II

6

Die [X.]eschwerde des [X.] gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg. Der Kläger hat weder eine grundsätzliche [X.]edeutung der Rechtssache (1.) noch eine Divergenz (2.) aufgezeigt. Wegen des [X.] nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO darf der Senat bei der Entscheidung über die Zulassung der Revision nur diejenigen Gesichtspunkte berücksichtigen, die der [X.]eschwerdeführer in der [X.]egründung angeführt hat.

7

1. Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher [X.]edeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass die [X.]eschwerde eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender [X.]edeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage auf der Grundlage der bundesgerichtlichen Rechtsprechung eindeutig beantwortet werden kann und der [X.]eschwerdeführer keine neuen, bislang nicht behandelten Gesichtspunkte aufzeigt (stRspr, vgl. nur [X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 2. Oktober 1961 - 8 [X.] 78.61 - [X.]VerwGE 13, 90 <91 f.> und vom 27. Januar 2015 - 6 [X.] 43.14 [[X.]:[X.]:[X.]] - [X.] 421.0 Prüfungswesen Nr. 421 Rn. 8).

8

a) Der Kläger erachtet die Frage für grundsätzlich bedeutsam, ob die Auslegung der Prüfungsaufgabe zur Ermittlung des [X.] und die Einschätzung der danach bestehenden fachlichen Anforderungen an die [X.]earbeitung als prüfungsspezifische oder fachwissenschaftliche Wertung einzuordnen sind. Seiner Auffassung nach beurteilen sich nach der bisherigen Rechtsprechung des [X.] und der Instanzgerichte die Auslegung der Prüfungsaufgabe und die nach der Aufgabenstellung zu erörternden Anforderungen anhand eines fachwissenschaftlichen Maßstabs. Dementsprechend seien im vorliegenden Fall für die [X.]eurteilung, welche Darlegungen bei der Prüfung der Erfolgsaussichten des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung geboten seien, keine [X.] [X.]ewertungskriterien heranzuziehen. Die Anforderungen an die Erörterung folgten aus den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften. [X.]ei der [X.]ewertung seiner Prüfungsleistung habe ihm ein Antwortspielraum zugestanden, sodass entscheidend sei, ob er gewichtige Gründe für ein Absehen von der Prüfung der [X.]egründetheit angeführt habe. Diese bereits höchstrichterlich geklärte dogmatische Einordnung sei aber durch den [X.]eschluss des [X.] vom 5. März 2018 - 6 [X.] 71.17 [[X.]:[X.]:[X.]VerwG:2018:050318[X.]6[X.]71.17.0] - ([X.] 421.0 Prüfungswesen Nr. 429) in Frage gestellt. Denn der Senat habe dort die Einschätzung der Prüferin oder des Prüfers, ob die [X.]eantwortung einer Aufgabe nach der Aufgabenstellung die [X.]ehandlung bestimmter fachlicher Fragen verlange, als prüfungsspezifisch angesehen. Es bestehe daher ein erneuter revisionsrechtlicher Klärungsbedarf.

9

b) Die dogmatische Einordnung der Feststellung des Inhalts einer Prüfungsaufgabe ist in der bundesverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung geklärt. Danach handelt es sich um eine tatsächliche Frage. Der Prüfer muss vor einer [X.]ewertung der Prüfungsleistung die Aufgabenstellung zutreffend erfassen. Er darf sich nicht über die Prüfungsaufgabe irren, etwa sie nicht zur Kenntnis nehmen, Aufgaben verwechseln oder von einer anderen als der tatsächlich gestellten Aufgabe ausgehen. Erfasst der Prüfer die Aufgabe fehlerhaft, beruht seine [X.]ewertung auf einer unzutreffenden Tatsachengrundlage und damit auf einem Sachverhaltsirrtum. Ob der Prüfer seiner [X.]ewertung die korrekte Aufgabenstellung zugrunde gelegt hat, ist als Grenze seines [X.] uneingeschränkt gerichtlich überprüfbar (vgl. [X.]VerwG, Urteil vom 20. September 1984 - 7 [X.] 57.83 - [X.]VerwGE 70, 143 <145 ff.>; ebenso [X.]/[X.]/[X.], Prüfungsrecht, 7. Aufl. 2018 Rn. 620).

Einen über diese Rechtsprechung hinausgehenden Klärungsbedarf zeigt die [X.]eschwerde nicht auf. Dieser ergibt sich insbesondere nicht aus dem [X.]eschluss des [X.] vom 5. März 2018 - 6 [X.] 71.17 - ([X.] 421.0 Prüfungswesen Nr. 429). Dort wird vielmehr deutlich, dass die zutreffende Erfassung der Aufgabenstellung eine Grenze des [X.] des Prüfers bildet ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 5. März 2018, a.a.[X.] Rn. 11 a.E.). Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Urteil den Inhalt der Aufgabe 2 der [X.] einer uneingeschränkten Nachprüfung unterzogen. Er ist zu dem Schluss gekommen, dass die Aufgabe von dem Kandidaten die Prüfung der Erfolgsaussichten eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung verlangt und die beiden Prüfer hiervon zutreffend ausgegangen sind. Die in der [X.]eschwerde thematisierte Frage, ob die Ermittlung, welchen [X.]earbeitungsumfang die Aufgabenstellung auslöst, fachspezifischer oder prüfungsspezifischer Natur ist, stellt sich daher nicht.

c) Ungeachtet dessen wirft der genannte [X.]eschluss des [X.] vom 5. März 2018 - 6 [X.] 71.17 - ([X.] 421.0 Prüfungswesen Nr. 429) auch in dieser Frage keinen neuerlichen Klärungsbedarf auf. Nach dieser Entscheidung ist ebenso wie nach der bisherigen Rechtsprechung des [X.] zu differenzieren: Die Zuordnung der Prüfungsleistung zu einer Note ist das Ergebnis einer Vielzahl fachlicher und prüfungsspezifischer Wertungen und deren komplexer Gewichtung aufgrund der aufgabenbezogenen [X.]ewertungsmaßstäbe des jeweiligen Prüfers ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 19. Mai 2016 - 6 [X.] 1.16 [[X.]:[X.]:[X.]VerwG:2016:190516[X.]6[X.]1.16.0] - juris Rn. 24). Dem Prüfer kommt bei der [X.]ewertung der Prüfungsleistung in [X.]ezug auf fachliche Fragen, die den Gegenstand der Prüfung bilden, kein [X.]ewertungsspielraum zu. Fachliche Fragen und Wertungen betreffen Entscheidungen über die fachliche Richtigkeit konkreter Ausführungen des [X.]. Hierbei handelt es sich um Stellungnahmen zu Fachfragen, die einer fachwissenschaftlichen Erörterung zugänglich sind. So geht es etwa um Fachfragen, wenn bei einer [X.]eurteilung juristischer Prüfungsleistungen Methodik sowie Art und Umfang der Darstellung in [X.]ezug auf den Lösungsansatz und zur Prüfung gestellte Normen in Rede stehen. Insbesondere ist der fachwissenschaftlichen Erörterung zugänglich, ob bei der Lösung eines mit der Aufgabe gestellten Rechtsproblems die Prüfung einer Norm geboten, vertretbar oder fernliegend ist. Die [X.]ewertung von derartigen Fachfragen hängt davon ab, ob die vom Prüfungsteilnehmer vertretene Auffassung nach dem Stand der Fachwissenschaft vertretbar ist. Dieser objektive [X.]ewertungsmaßstab tritt für die [X.]eantwortung von Fachfragen an die Stelle der autonomen Einschätzung des Prüfers. Der Prüfer muss den Maßstab beachten; er darf fachlich vertretbare Antworten nicht als falsch bewerten. Soweit die Richtigkeit oder Angemessenheit von Lösungen wegen der Eigenart der Prüfungsfrage nicht eindeutig bestimmbar sind, die [X.]eurteilung vielmehr unterschiedlichen Ansichten Raum lässt, muss dem Prüfling ein angemessener Antwortspielraum zugestanden werden. Die Verwaltungsgerichte haben nachzuprüfen, ob der Prüfer diesen Maßstab beachtet, d.h. eine fachlich richtige oder doch vertretbare [X.]emerkung nicht als falsch bewertet hat (vgl. [X.]VerfG, [X.]eschluss vom 17. April 1991 - 1 [X.]vR 419/81 und 213/83 - [X.]VerfGE 84, 34 <55>; [X.]VerwG, Urteil vom 21. Oktober 1993 - 6 [X.] 12.92 - [X.] 421.0 Prüfungswesen Nr. 320 S. 307; [X.]eschlüsse vom 17. Dezember 1997 - 6 [X.] 55.97 - [X.] 421.0 Prüfungswesen Nr. 385 S. 204 f. und vom 5. März 2018 - 6 [X.] 71.17 - [X.] 421.0 Prüfungswesen Nr. 429 Rn. 9).

Einschätzungen des Prüfers, die sich nicht auf Fachfragen beziehen, sind prüfungsspezifische Wertungen, für die ihm ein [X.]ewertungsspielraum zusteht. Der Prüfer nimmt seine [X.]ewertung anhand von Maßstäben vor, die er in [X.]ezug auf die konkrete Prüfungsaufgabe autonom erstellt und die vor allem durch seine persönlichen Erfahrungen, Einschätzungen und Vorstellungen gebildet werden. Diese Maßstäbe muss der Prüfer aus Gründen der [X.]hancengleichheit auf die [X.]ewertung aller [X.]earbeitungen derselben Prüfungsaufgabe anwenden. Auf ihrer Grundlage trifft er eine Vielzahl fachlicher und prüfungsspezifischer Wertungen; diese Wertungen setzt er nach der [X.]edeutung, die er ihnen aufgabenbezogen beimisst, in ein Verhältnis zueinander. Aufgrund der Gewichtung der einzelnen Vorzüge und Nachteile der Prüfungsleistung und deren Vergleich mit anderen [X.]earbeitungen vergibt der Prüfer die Note, d.h. er ordnet die Prüfungsleistung in eine normativ vorgegebene Notenskala ein (vgl. [X.]VerfG, [X.]eschluss vom 17. April 1991 - 1 [X.]vR 419/81 und 213/83 - [X.]VerfGE 84, 34 <50 ff.> und Kammerbeschluss vom 16. Januar 1995 - 1 [X.]vR 1505/94 - NVwZ 1995, 469 <470>; [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 5. März 2018 - 6 [X.] 71.17 - [X.] 421.0 Prüfungswesen Nr. 429 Rn. 8).

Die Eigenart dieses [X.]ewertungsvorgangs und die dabei zu beachtenden Anforderungen des Gebots der [X.]hancengleichheit machen es notwendig, dem Prüfer einen [X.]ewertungsspielraum zuzuerkennen, dessen Wahrnehmung nur einer zurückgenommenen verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung unterliegt. Dieser Spielraum bezieht sich auch auf die Wertungen des Prüfers, wie der Prüfungsteilnehmer die Anforderungen der konkreten Aufgabe bewältigt hat. Dazu zählen die Wertungen des Prüfers, ob der Prüfling die von der Aufgabenstellung fachlich aufgeworfenen Fragen vollständig oder nur lückenhaft erkannt hat. Denn derartigen Wertungen liegt die Einschätzung des Prüfers zugrunde, welche Anforderungen die konkrete Aufgabenstellung an die [X.]earbeitung stellt. In [X.]ezug auf prüfungsspezifische Wertungen sind die Verwaltungsgerichte darauf beschränkt nachzuprüfen, ob der Prüfer die Prüfungsaufgabe und die Prüfungsleistung vollständig und richtig zur Kenntnis genommen hat, sachwidrige Erwägungen in die [X.]ewertung hat einfließen lassen, seine autonomen [X.]ewertungsmaßstäbe einheitlich angewandt und allgemeingültige [X.]ewertungsgrundsätze beachtet hat. Schließlich müssen die [X.] Wertungen und Gewichtungen nachvollziehbar sein; sie dürfen insbesondere keine inhaltlichen Widersprüche enthalten (stRspr, vgl. [X.]VerfG, [X.]eschluss vom 17. April 1991 - 1 [X.]vR 419/81 und 213/83 - [X.]VerfGE 84, 34 <50 ff.>; [X.]VerwG, Urteil vom 21. Oktober 1993 - 6 [X.] 12.92 - [X.] 421.0 Prüfungswesen Nr. 320 S. 307 f.; [X.]eschlüsse vom 10. Oktober 1994 - 6 [X.] 73.94 - [X.] 421.0 Prüfungswesen Nr. 338 S. 47 f.; vom 17. Dezember 1997 - 6 [X.] 55.97 - [X.] 421.0 Prüfungswesen Nr. 385; vom 16. August 2011 - 6 [X.] 18.11 [[X.]:[X.]:[X.]VerwG:2011:160811[X.]6[X.]18.11.0] - juris Rn. 16; vom 19. Mai 2016 - 6 [X.] 1.16 - juris Rn. 24 und vom 5. März 2018 - 6 [X.] 71.17 - [X.] 421.0 Prüfungswesen Nr. 429 Rn. 9 ff.).

Das [X.]erufungsgericht hat ausgeführt, dass die nach seinem Verständnis der Aufgabenstellung in dem hier vorliegenden Fall gebotene Prüfung der Erfolgsaussichten des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung aus fachlicher Sicht die Prüfung der Zulässigkeit und [X.]egründetheit und innerhalb der [X.]egründetheit die Glaubhaftmachung eines Verfügungsanspruchs und -grundes erfordert. Deshalb hätten die Prüfer das Fehlen der [X.]egründetheitsprüfung zum Nachteil des [X.] in ihre [X.]ewertung der Aufsichtsarbeit einfließen lassen dürfen. Dies steht im Einklang mit der aufgezeigten Rechtsprechung. Hat der Prüfling die Aufgabenstellung verkannt und erweist sich deshalb seine Prüfungsleistung als unvollständig, ist eine daran anknüpfende Wertung der Prüfer prüfungsspezifischer Natur. In diesem Fall ist für einen Antwortspielraum, auf den sich der Kläger in seiner [X.]eschwerde beruft, kein Raum.

2. Der Zulassungsgrund der Divergenz setzt voraus, dass die Entscheidung des [X.]erufungsgerichts auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der im Widerspruch zu einem Rechtssatz steht, den das [X.]undesverwaltungsgericht, der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des [X.]undes oder das [X.]undesverfassungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt hat. Zwischen den Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den [X.]edeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes bestehen. Die [X.]ehauptung einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die eines der genannten divergenzfähigen Gerichte aufgestellt hat, genügt den Zulässigkeitsanforderungen einer [X.] dagegen nicht (stRspr, vgl. [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 21. Dezember 2017 - 6 [X.] 43.17 [[X.]:[X.]:[X.]VerwG:2017:211217[X.]6[X.]43.17.0] - [X.] 421.2 Hochschulrecht Nr. 198 Rn. 4 m.w.N.).

a) Eine Divergenzzulassung kann der Kläger nicht mit der [X.]egründung erreichen, das [X.]erufungsgericht habe seiner Entscheidung den abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt, eine in sprachlicher und grammatikalischer Hinsicht verunglückte und insoweit unverständliche Prüfungsaufgabe sei gleichwohl geeignet, das Fachwissen und die fachliche Qualifikation einer Kandidatin oder eines Kandidaten in rechtlich zulässiger Weise zu erfragen, wenn sich Art und Umfang der geforderten Leistung einem mit der Materie vertrauten Prüfling durch Auslegung/Interpretation der Aufgabenerstellung (noch) erschließen.

Auf einem solchen Rechtssatz beruht die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs nicht. Er wäre auch mit der Rechtsprechung des [X.] nicht vereinbar. Danach erfordert das Gebot der [X.]hancengleichheit, dass die gestellten Aufgaben das Fachwissen und die fachliche Qualifikation des Prüflings dem [X.] angemessen erfragen. Die Prüfungsaufgaben müssen insbesondere geeignet sein, die Prüflinge, die das Ausbildungsziel erreicht haben, von denen zu unterscheiden, die es nicht erreicht haben. Ob eine Prüfungsfrage geeignet ist, das Fachwissen und die fachliche Qualifikation eines Kandidaten in rechtlich zulässiger Weise zu erfragen, beurteilt sich u.a. danach, ob sie objektiv lösbar ist, ob mit der Prüfungsaufgabe von dem Prüfling, ausgehend vom Prüfungswissen, fachlich nichts Unmögliches verlangt wird und ob sie sich auch sonst im Rahmen der Prüfungsordnungen hält. Hiervon zu trennen ist die weitere Anforderung an die Prüfungsfrage, dass sie verständlich und widerspruchsfrei sein muss. Unverständliche und in sich widersprüchliche Fragestellungen verstoßen gegen den das Prüfungsrecht beherrschenden, verfassungsrechtlich verbürgten Grundsatz der [X.]hancengleichheit, der besagt, dass für vergleichbare Prüflinge so weit wie möglich vergleichbare Prüfungsbedingungen und [X.]ewertungskriterien gegeben sein müssen. Durch derartige Fragen wird der betroffene Prüfling gegenüber anderen Prüflingen benachteiligt, denen korrekte Prüfungsfragen gestellt werden. Die Einhaltung dieser Vorgaben ist gerichtlich voll überprüfbar. Prüfungsaufgaben, die nicht diesen Anforderungen genügen, rechtfertigen die Annahme eines Verfahrensfehlers der Prüfung und dürfen nicht zum Nachteil des Prüflings verwertet werden (stRspr, vgl. [X.]VerwG, Urteile vom 17. Mai 1995 - 6 [X.] 8.94 - [X.]VerwGE 98, 210 und vom 9. August 1996 - 6 [X.] 3.95 - [X.] 421.0 Prüfungswesen Nr. 372).

Das [X.]erufungsgericht hat sich mit dem Gesichtspunkt, ob die Aufgabe 2 geeignet ist, das Fachwissen des Prüflings zu erfragen, nicht auseinandergesetzt. Es ist davon ausgegangen, dass die Aufgabenstellung mit dem von ihm festgestellten Inhalt für einen mit der Materie vertrauten Prüfling verständlich ist, obwohl sie in sprachlicher und grammatikalischer Hinsicht verunglückt ist. Wenn der Kläger dieses aus seiner Sicht anders bewertet und eine unverständliche Prüfungsaufgabe als gestellt sieht, zeigt er allenfalls die fehlerhafte Anwendung des Rechtssatzes, nicht aber eine Divergenz auf.

b) Eine Divergenz liegt nicht vor, soweit das [X.]erufungsgericht einen Sachverhaltsirrtum angenommen hat, sollten sich die Prüfer über den Inhalt der Aufgabenstellung geirrt und dieses ihrer [X.]ewertung der Prüfungsleistung zugrunde gelegt haben. Dies entspricht dem Stand der höchstrichterlichen Rechtsprechung (s. oben II 1. b)).

Die in diesem Zusammenhang geltend gemachte Abweichung von dem Urteil des [X.] vom 9. August 1996 - 6 [X.] 3.95 - ([X.] 421.0 Prüfungswesen Nr. 372) besteht ebenfalls nicht. Den abstrakten Rechtssatz, die Ermittlung von Art und Umfang der vom Prüfling geforderten Prüfungsleistung stelle eine fachwissenschaftliche Wertung dar, die der vollständigen gerichtlichen Überprüfung unterliege, entnimmt der Kläger aus Passagen, welche die Anforderungen an die Eignung und Verständlichkeit der Aufgabenstellung betreffen (s. [X.]VerwG, Urteil vom 9. August 1996, a.a.[X.] S. 154 f.). Damit ist die Divergenz schon nicht hinreichend dargelegt.

Schließlich ist dem angefochtenen Urteil keine Abweichung von dem [X.]eschluss des [X.] vom 5. März 2018 - 6 [X.] 71.17 - ([X.] 421.0 Prüfungswesen Nr. 429) zu entnehmen, wie bereits unter II 1. c) ausgeführt ist. Von einer weiteren [X.]egründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

3. [X.] beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 36.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.

Meta

6 B 35/20

09.12.2020

Bundesverwaltungsgericht 6. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, 9. April 2020, Az: 9 S 3085/19, Urteil

Art 3 Abs 1 GG, Art 12 Abs 1 GG, Art 19 Abs 4 S 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 09.12.2020, Az. 6 B 35/20 (REWIS RS 2020, 4344)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 4344

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