Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.07.2004, Az. V ZB 6/04

V. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 2413

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[X.][X.]/04

vom 9. Juli 2004 in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

ZPO §§ 511 Abs. 2, 522 Abs. 1

a) Bei der Prüfung, ob der Wert des [X.] den für eine Wertbe-rufung erforderlichen Betrag von 600 • erreicht, ist das Berufungsgericht nicht an eine Streitwertfestsetzung durch das erstinstanzliche Gericht gebunden. Daran hat sich durch das [X.] nichts geändert.
b) [X.] das Berufungsgericht von der Festsetzung des Streitwerts durch das erstin-stanzliche Gericht abweichen und den Streitwert und mit diesem die Beschwer niedriger ansetzen, muß es den Kläger nach §§ 525, 139 Abs. 2, 3 ZPO darauf hinweisen und ihm Gelegenheit geben, sich dazu zu äußern.

[X.], [X.]. v. 9. Juli 2004 - [X.] - LG Köln

AG Köln

- 2 -

Der V. Zivilsenat des [X.] hat am 9. Juli 2004 durch den [X.] des [X.] Dr. [X.], [X.] [X.], [X.], [X.] und die Richterin Dr. [X.] beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den [X.]uß der 11. Zivilkammer
des [X.]s Köln vom 23. Juli 2003 wird auf Kosten der Klä-ger zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert für das [X.] 100 •.

Gründe:
[X.] Die Kläger verlangen von den Beklagten, es zu unterlassen, Werbepro-spekte und anderes Werbematerial für seine Pizzeria in die Briefkästen ihres Hauses einzuwerfen. Mit am 12. Juni 2003 zugestelltem Urteil hat das Amtsge-richt [X.]die Klage abgewiesen und darin den Streitwert auf 2.000 • festge-setzt. Gegen dieses Urteil haben die Kläger fristgerecht Berufung eingelegt, die sie auch fristgerecht begründet haben. Mit [X.]uss vom 2. Juli 2003 hat das [X.] den Streitwert auf 100 • abgeändert. Dieser [X.]uß hat die Klä-ger erst am 30. Dezember 2003 erreicht. - 3 -

Mit einem ebenfalls erst am 30. Dezember 2003 zugestellten [X.]uss vom 23. Juli 2003 hat das [X.] die Berufung der Kläger wegen Verfeh-lens des [X.] von 600 • als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Kläger, mit der sie die Aufhebung des [X.] [X.]usses erreichen und ihre Berufung weiterverfolgen möchten. I[X.]
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

1. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft und auch im übrigen zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
Eine Entscheidung des [X.] ist zur Sicherung ei-ner einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, wenn das Beschwerdegericht Verfahrensgrundrechte, namentlich das Grundrecht auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG), verletzt hat (Senat [X.] 151, 221, 226; 154, 288, 296 f.) und die angefochtene Entscheidung hierauf beruht ([X.] 151, 221, 227). Diese Voraussetzung ist hier gegeben. Die Kläger konnten davon ausgehen, daß ihre Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts kraft Gesetzes zulässig war, weil das Amtsgericht den Streitwert auf 2.000 • festgesetzt hatte und sich hieraus eine Beschwer der Kläger in demselben Umfang ergab. [X.] das Berufungsgericht hiervon abweichen und die Beschwer niedriger anset-zen, mußte es die Kläger nach §§ 525, 139 Abs. 2, 3 ZPO darauf hinweisen und ihnen Gelegenheit geben, sich dazu zu äußern (vgl. MünchKomm-- 4 -

ZPO/Rimmelspacher, 2. Aufl., [[X.]] § 511 Rdn. 57). Das ist nicht geschehen. Damit aber blieb den Klägern das von [X.] wegen zu gewährende rechtliche Gehör zur Frage des Werts des [X.] versagt. Dieser Verstoß gegen das Gebot des rechtlichen Gehörs führt, anders als im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde, unabhängig davon zur Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde, ob er sich auf das Ergebnis auswirkt (Senat [X.]. v. 25. Juli 2002, [X.], NJW 2002, 3180, 3181; Urt. v. 18. Juli 2003, [X.], NJW 2003, 3205; [X.], [X.]. v. 19. Dezember 2002, [X.], NJW 2003, 831; Senat [X.]. v. 23. Oktober 2003, [X.], [X.], 367, 368). Darauf, ob die Rechtsbeschwerde auch unter an-deren Gesichtspunkten zulässig war, kommt es nicht an.
2. Die Rechtsbeschwerde ist aber nicht begründet. Das Berufungsge-richt hat die Berufung der Kläger zu Recht als unzulässig verworfen, weil der Wert des [X.] 600 • nicht übersteigt.
a) Bei der Prüfung, ob der Wert des [X.] den für eine Wertberufung erforderlichen Betrag von 600 • erreicht, ist das Berufungs-gericht nicht an eine Streitwertfestsetzung durch das erstinstanzliche Gericht gebunden ([X.], [X.]. v. 16. Dezember 1987, [X.], NJW-RR 1988, 836, 837; [X.]. v. 25. September 1991, [X.], [X.], 169, 170; Urt. v. 20. Oktober 1997, [X.], NJW-RR 1998, 573; Senat-surt. v. 24. April 1998, [X.], NJW 1998, 2368; [X.]/[X.]/[X.][X.], ZPO, 60. Aufl., § 511 Rdn. 19; MünchKomm-ZPO/[X.] [X.]O. § 511 Rdn. 58; [X.]/[X.], ZPO, 23. Aufl., § 511 Rdn. 20a). Es stellt den Wert des [X.] vielmehr im Rah-- 5 -

men der ihm von Amts wegen obliegenden Prüfung der [X.] nach § 522 Abs. 1 Satz 1 ZPO nach eigenem freiem Ermessen fest.
b) Daran hat sich durch das [X.] nichts geändert. [X.] ist die Berufung, anders als bisher, nicht schlechthin unzulässig, wenn der [X.] • verfehlt wird. In einem solchen Fall ist die Beru-fung vielmehr durch das Gericht erster Instanz zuzulassen, wenn einer der in § 511 Abs. 4 ZPO bestimmten Zulassungsgründe vorliegt. Zu einer Entschei-dung darüber gelangt das erstinstanzliche Gericht aber nicht, wenn es, z. B. nach entsprechender eigener Streitwertfestsetzung, wie hier, annimmt, die [X.] sei im Hinblick auf den Wert nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zulässig. Die-ser Umstand ändert jedoch nichts daran, daß bei unrichtiger Streitwertfestset-zung durch das Gericht erster Instanz der [X.] in der Sache nicht erreicht ist.
c) Die Bewertung des [X.] mit (75 • Unterlassung zuzüglich 25 • =) 100 • ist nicht zu beanstanden.
[X.]) Der Wert des [X.] der Kläger war vom Berufungs-gericht gemäß § 3 ZPO nach freiem Ermessen festzusetzen. Eine solche Fest-setzung kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur darauf hin überprüft werden, ob das Berufungsgericht die Grenzen seines Ermessens überschritten oder von seinem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entspre-chenden Weise Gebrauch gemacht hat (vgl. zur Revision: [X.], [X.]. v. 30. November 1983, [X.], [X.], 180; [X.]. v. 13. März 1985, [X.] ZB 2/85, NJW 1986, 1493; [X.]. v. 15. März 1989, [X.], NJW-RR 1989, 82; [X.]. v. 24. April 1998, [X.], NJW 1998, 2368). - 6 -

bb) Die [X.] durch das Berufungsgericht lässt einen derarti-gen Rechtsfehler nicht erkennen.
(1) Das Berufungsgericht hat den Wert des [X.] nur indirekt, nämlich in seinem Streitwertbeschluß vom 2. Juli 2003, und darin auch nur sehr knapp begründet. Eine knappe Begründung allein stellt die Wertfest-setzung aber nicht in Frage ([X.], [X.]. v. 13. Oktober 1982, [X.], NJW 1983, 123). Entscheidend ist vielmehr, ob die Begründung die Beurtei-lung erlaubt, daß das Berufungsgericht von seinem Ermessen einen gesetz-mäßigen Gebrauch gemacht und alle wesentlichen Gesichtspunkte berücksich-tigt hat ([X.], [X.]. v. 4. Oktober 1990, [X.] 37/90, NJW-RR 1991, 325, 326). Das ist hier der Fall. In seiner knappen Begründung hat das Berufungs-gericht den für die geringe Bewertung des Rechtsverfolgungsinteresses der Kläger entscheidenden Gesichtspunkt angeführt, nämlich daß die Kläger einen singulären Vorfall zum Anlaß ihrer Klage genommen und zu etwaigen Weite-rungen nichts vorgetragen haben. Aus diesem Umstand ergab sich auch, daß das [X.] der Kläger kaum meßbar, jedenfalls aber nur mit einem ganz geringen Wert anzusetzen war.
(2) Dem Berufungsgericht lässt sich entgegen der Ansicht der Kläger auch nicht entgegenhalten, es habe nicht alle Gesichtspunkte berücksichtigt. Denn das Berufungsgericht hatte nur das Interesse an der Unterlassung der Störung zu bewerten, die die Kläger zum Gegenstand ihrer Klage gemacht [X.]; ob auch andere Störungen denkbar waren, brauchte es nicht zu [X.] ([X.]. v. 24. April 1998, [X.], NJW 1998, 2368). Die Kläger klagen als Wohnungseigentümer und haben auf Seite 2 der [X.] 7 -

gründung ausdrücklich ausgeführt, daß sie eine Störung ihres Eigentums gel-tend machen wollten. Auf eine Störung der Persönlichkeitsrechte einzelner Wohnungseigentümer haben sie sich weder dort noch später berufen.
(3) Unerheblich ist schließlich auch der Hinweis der Kläger in der [X.], es sei am 7. Februar 2004 zu einem erneu-ten Verstoß gekommen. Ob der [X.] erreicht ist, bestimmt sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Berufungseinlegung ([X.]. v. 8. Oktober 1982, [X.], NJW 1983, 1063; [X.]/[X.] § 511 Rdn. 14), hier dem 22. Juni 2003. Es kann deshalb auch offen bleiben, ob das Hinzutre-ten eines weiteren singulären Vorfalls nach einem weiteren Jahr an der grund-sätzlichen Bewertung des [X.]s der Kläger etwas ändern könnte. II[X.]
[X.] beruht auf § 97 ZPO.
[X.]

[X.]

Lemke

Schmidt-Räntsch

[X.]

Meta

V ZB 6/04

09.07.2004

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.07.2004, Az. V ZB 6/04 (REWIS RS 2004, 2413)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 2413

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