Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.06.2010, Az. XI ZR 318/09

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 5885

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[X.]BESCHLUSS [X.] ZR 318/09 vom 15. Juni 2010 in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.], [X.], die Richterin [X.] und [X.] Ellenberger und [X.] am 15. Juni 2010 beschlossen: Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des [X.] wird das Urteil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 30. September 2009 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen. Streitwert: 62.275,35 • Gründe: [X.] Die [X.]en streiten um die Zwangsvollstreckung aus einer notariellen Urkunde. 1 Der Kläger wurde im Frühjahr 1997 von einem Vermittler unter Verwen-dung eines Verkaufsprospekts geworben, eine 22 m² große Eigentumswohnung in der M.

straße in [X.]

zu erwerben. Hierzu erhielt er Ende 2 - 3 - März 1997 ein Berechnungsbeispiel, in dem unter anderem angegeben war, dass der Zinssatz bei Finanzierung 5,95% betragen und sich der [X.] auf 16 DM/m² belaufen werde. Am 10. April 1997 bot der Kläger der G.

Grundbesitzgesellschaft mbH (im Folgenden: Verkäuferin) den Kauf der Eigen-tumswohnung zu einem Preis von 105.177,60 DM an. In der notariellen Urkun-de bevollmächtigte er eine Notariatsangestellte mit der Bestellung einer Grund-schuld nebst Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung. Die [X.] nahm dieses Angebot an. Am 23. April 1997 unterzeichnete der Kläger zur Finanzierung des Kaufpreises zwei Darlehensverträge mit der [X.] über [X.] in Höhe von 56.000 DM bzw. 65.800 DM zu anfängli-chen effektiven Jahreszinsen von 7,72% bzw. 7,63%. In beiden [X.] als Sicherheiten die Abtretung der Mieteinnahmen aus der Wohnung und die Einräumung einer Grundschuld in Höhe von 121.800 DM nebst Zinsen und Kosten vereinbart. Zugleich wurde vereinbart, dass der Kläger die persönliche Haftung für die Zahlung des [X.] übernimmt und sich insoweit der Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen unterwirft. Mit notarieller Urkunde vom selben Tage bestellte eine Notariatsangestellte als Vertreterin des [X.] zugunsten der [X.] eine Buchgrundschuld in der vereinbarten Höhe, erklärte für den Kläger die persönliche Haftungsübernahme und [X.] ihn der sofortigen Zwangsvollstreckung. Nachdem der Kläger im Jahre 2005 keine Zahlungen auf die Darlehen mehr leistete, mahnte die Beklagte wiederholt und drohte am 23. Februar 2006 mit einer Kündigung der Geschäfts-verbindung. Der Kläger wendet sich gegen eine mögliche Zwangsvollstreckung aus der Urkunde vom 23. April 1997 und beruft sich unter anderem auf vorvertragli-che Aufklärungspflichtverletzungen der [X.]. In diesem Zusammenhang beanstandet er unrichtige Angaben über die voraussichtliche Zinsbelastung, eine sittenwidrige Überhöhung des Kaufpreises, die darin enthaltenen [X.] - 4 - provisionen sowie eine arglistige Täuschung über die Höhe der zu erwartenden Mieteinnahmen. Die Beklagte macht [X.] die Rückzahlung des offenen Darlehensbetrages geltend. 4 Das [X.], das ein Sachverständigengutachten zum Verkehrswert der streitgegenständlichen Wohnung eingeholt, vier Zeugen zur Kenntnis der [X.] vom Zustand der Wohnung bei Veräußerung vernommen und im Üb-rigen im Einverständnis mit den [X.]en die Angaben dreier Zeugen in anderen Zivilverfahren verwertet hat, hat der Klage stattgegeben und die Hilfswiderklage für unbegründet angesehen, ohne dies im [X.] auszusprechen. Auf die Berufung der [X.] hat das Berufungsgericht, das die Revision nicht [X.] hat, die Klage abgewiesen und seine Entscheidung unter anderem wie folgt begründet: Der Kläger könne keinen Schadensersatz aus der Verletzung von Aufklä-rungspflichten durch die Beklagte wegen eines bei ihr vorhandenen bzw. für sie erkennbaren Wissensvorsprungs geltend machen. Eine solche Aufklärungs-pflicht bestehe zwar, wenn durch verdeckte Innenprovisionen eine Verschie-bung der Relation zwischen Kaufpreis und Verkehrswert zustande komme, de-rentwegen die Bank von einer sittenwidrigen Übervorteilung des Käufers [X.] müsse. Hierfür sei jedoch eine positive Kenntnis der Bank erforderlich, die auch in Fällen eines institutionalisierten Zusammenwirkens mit der [X.] oder dem Vertrieb nicht vermutet werde. Es bedürfe keiner Entscheidung, ob vorliegend der Kaufpreis sittenwidrig überhöht sei, da nicht festgestellt wer-den könne, aufgrund welcher Umstände die Beklagte dies bei Gewährung des Darlehens gekannt habe bzw. habe erkennen müssen. Zwar habe der [X.] der [X.] vorgelegen. Aus ihm sei jedoch eine Überteuerung nicht erkennbar gewesen, denn die wertbildenden Faktoren der [X.] darin zutreffend dargestellt. Es könne nicht festgestellt werden, dass die 5 - 5 - Beklagte davon ausgegangen sei, dass das Objekt seit seiner Errichtung im Jahre 1950 unsaniert geblieben sei. Vielmehr habe der vom [X.] ver-nommene Zeuge [X.]glaubhaft bekundet, dass die Beklagte Erkundi-gungen über das Objekt eingeholt habe, die keinen Anlass zu Zweifeln an des-sen Werthaltigkeit gegeben hätten. Auch den Feststellungen des [X.] zum Zustand der Immobilie bei Begutachtung 2006 könne nicht entnom-men werden, dass sich das Objekt bereits im Erwerbszeitpunkt 1997 im glei-chen Zustand befunden habe. Die vom [X.] vernommenen Zeugen [X.] glaubhaft bekundet, das streitige Objekt vor Darlehensgewährung nicht be-sichtigt zu haben. Dass ein anderer Mitarbeiter der [X.] eine Besichtigung vorgenommen habe, habe der Kläger nicht behauptet. Soweit er nach § 142 ZPO die Vorlage einer Notiz der [X.] begehrt habe, in der die Wohnung als "besichtigt" bezeichnet werde, sei dem nicht nachzugehen gewesen, denn es sei denkbar, dass diese Kennzeichnung nur aus formalen Gründen oder zur Beschleunigung einer allein im Interesse der [X.] stattfindenden [X.] erfolgt sei. Soweit der Kläger die Vorlage der Notiz begehre, um den Namen des Mitarbeiters der [X.] zu ermitteln, der das Objekt be-sichtigt habe, stelle dies eine unzulässige Ausforschung dar. Der erstmals in der [X.] gestellte Antrag auf Vernehmung der Zeugin [X.]

zu einer Besichtigung der Wohnung vor Darlehensgewährung sei [X.] gewesen. Gründe die eine Zulassung rechtfertigen könnten, habe der Kläger nicht dargetan. Eines entsprechenden richterlichen Hinweises auf die Darlegungs- und Beweislast des [X.] habe es nicht bedurft, da die [X.] in ihrem Schriftsatz vom 8. November 2007 hierauf bereits hingewiesen gehabt habe. Ob die Beklagte mit der Verkäuferin oder dem Vertrieb institutio-nalisiert zusammengewirkt habe, könne offen bleiben, denn ungeachtet dessen habe der Kläger nicht dargelegt, dass er arglistig getäuscht worden sei. Die An-gaben des Vermittlers, die Wohnung sei werthaltig und saniert, es handele sich - 6 - um eine völlig risikolose Kapitalanlage und der Kapitaldienst rechne sich durch die Garantiemiete und die Steuervorteile quasi von selbst, seien subjektive Werturteile und marktschreierische unverbindliche Anpreisungen. Im Prospekt werde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Mietzins von 16 DM/m² lt. Berechnungsbeispiel nur in Verbindung mit dem Abschluss eines Mietgarantie-vertrages für fünf Jahre gültig sei. Der Kläger habe nicht behauptet, dass der Vermittler bewusst den Eindruck erweckt habe, das Objekt sei erst in jüngster Vergangenheit saniert worden. Tatsächlich habe im Jahre 1975 eine Sanierung des 1950 errichteten Hauses stattgefunden. I[X.] Die Revision ist nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen, da das angegriffene Urteil den An-spruch des [X.] auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt (vgl. Senat, [X.], 135, 139 f. und Beschluss vom 18. Januar 2005 - [X.] ZR 340/03, [X.] 2005, 939 f.). Aus demselben Grunde ist das [X.] gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben und der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. 6 1. Zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass nach ständiger Rechtsprechung des [X.] eine kreditgebende Bank bei steuersparenden Erwerbermodellen zur Risikoaufklärung über das finanzier-te Geschäft nur unter ganz besonderen Umständen verpflichtet ist. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn die Bank in Bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer hat und dies auch erkennen kann (vgl. Senat, [X.], 1, [X.]. 41 und Urteil vom 3. Juni 2008 - [X.] ZR 131/07, [X.], 1394, [X.]. 12). 7 - 7 - a) So ist eine Aufklärungspflicht der Bank über die Unangemessenheit des Kaufpreises ausnahmsweise anzunehmen, wenn es durch eine versteckte Innenprovision oder aus anderen Gründen zu einer so wesentlichen Verschie-bung der Relation zwischen Kaufpreis und Verkehrswert kommt, dass die Bank von einer sittenwidrigen Übervorteilung des Käufers durch den Verkäufer [X.] muss. Dies ist bei Immobilienkäufen der Fall, wenn der Verkaufspreis knapp doppelt so hoch ist wie der Verkehrswert der Immobilie (st. Rspr., vgl. Senat, Urteile vom 23. Oktober 2007 - [X.] ZR 167/05, [X.], 154, [X.]. 16 und vom 28. April 2008 - [X.] ZR 221/07, [X.], 1121, [X.]. 14, jeweils m.w.[X.]). 8 Eine kreditgebende Bank ist jedoch auch unter dem rechtlichen Ge-sichtspunkt eines Wissensvorsprungs nur verpflichtet, den Kreditnehmer über solche Umstände aufzuklären, von denen sie positive Kenntnis hat, denn sei-tens der Bank besteht keine Nachforschungspflicht hinsichtlich etwaiger Risiken des zu finanzierenden Vorhabens. Kreditinstitute prüfen den Wert der ihnen gestellten Sicherheiten grundsätzlich nur im eigenen Interesse sowie im [X.], nicht aber im Kundeninteresse ([X.], 343, 349; 168, 1, [X.]. 45 und Senat, Urteil vom 6. November 2007 - [X.] ZR 322/03, [X.], 115, [X.]. 43). Dementsprechend kann sich aus einer lediglich zu bankinternen Zwecken erfolgten oder unterlassenen [X.] grundsätzlich keine Pflichtverletzung gegenüber dem [X.] und somit auch keine diesbezügliche Aufklärungspflicht ergeben (Senat, [X.], 1, [X.]. 45; Urteile vom 23. Oktober 2007 - [X.] ZR 167/05, [X.], 154, [X.]. 15 und vom 28. April 2008 - [X.] ZR 221/07, [X.], 1121, [X.]. 19, jeweils m.w.[X.]). 9 Ausnahmsweise steht die bloße Erkennbarkeit von aufklärungspflichtigen Tatsachen wie etwa der sittenwidrigen Überteuerung eines Wohnungskaufprei-ses einer positiven Kenntnis aber gleich, wenn sich diese einem zuständigen 10 - 8 - Bankmitarbeiter nach den Umständen des Einzelfalls aufdrängen mussten. Der Mitarbeiter ist dann nach [X.] und Glauben nicht berechtigt, seine Augen vor solchen Tatsachen zu verschließen (Senat, Urteil vom 28. April 2008 - [X.] ZR 221/07, [X.], 1121, [X.]. 20 m.w.[X.]). 11 b) Die sittenwidrige Überteuerung des Kaufpreises eines zu [X.] führt für sich genommen auch im Falle einer institutionalisierten Zusammenarbeit zwischen [X.] und der Verkäuferin oder dem Vertreiber des Objekts nicht zu einer widerleglichen Vermutung, die finanzie-rende Bank habe von der Überteuerung Kenntnis gehabt (Senat, Urteil vom 28. April 2008 - [X.] ZR 221/07, [X.], 1121, [X.]. 17 m.w.[X.]). Die Kenntnis der Bank bzw. die konkreten Umstände des Einzelfalles, nach denen sich ei-nem zuständigen Bankmitarbeiter die Sittenwidrigkeit des Kaufpreises aufdrän-gen musste, sind vielmehr vom Bankkunden darzulegen und zu beweisen. 2. In Anwendung dieser Grundsätze verletzt das Berufungsgericht den Anspruch des [X.] auf rechtliches Gehör, soweit es dem Beweisangebot des [X.] auf Vernehmung der Zeugin [X.]nicht nachgegangen ist. 12 a) Artikel 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, Ausführungen der Pro-zessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das Gebot des rechtlichen Gehörs soll als Prozessgrundrecht sicherstellen, dass gerichtli-che Entscheidungen frei von Verfahrensfehlern ergehen, die ihren Grund in [X.] Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der [X.]en haben. In diesem Sinne gebietet Art. 103 Abs. 1 GG in Verbindung mit den Grundsätzen der Zivilprozessordnung die Berücksichtigung erheblichen Vorbringens und der Beweisanträge. Zwar gewährt Art. 103 Abs. 1 GG keinen Schutz dagegen, dass ein Gericht Vorbringen der Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts ganz oder teilweise unberücksichtigt lässt. 13 - 9 - Die Nichtberücksichtigung eines als erheblich angesehenen Vortrages bzw. Beweisangebots verstößt aber dann gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet ([X.] 50, 32, 36; 60, 250, 252; 65, 305, 307; 69, 141, 144). 14 b) Nach diesen Maßstäben ist Art. 103 Abs. 1 GG hier verletzt. 15 aa) Nach dem im Beschwerdeverfahren zugrunde zu legenden Sachver-halt übersteigt der von der [X.] finanzierte Kaufpreis der vom Kläger er-worbenen Eigentumswohnung (105.177,60 DM) deren Verkehrswert (gemäß dem von [X.] eingeholten Sachverständigengutachten 40.500 DM) um 159,70% und ist damit offensichtlich sittenwidrig. [X.]) Der Kläger hat zum Nachweis der Tatsache, dass sich dies den zu-ständigen Mitarbeitern der [X.] habe aufdrängen müssen, in seiner Beru-fungserwiderung vom 28. Oktober 2008 vorgetragen, die Beklagte habe die streitgegenständliche Wohnung vor der Darlehensgewährung besichtigt sowie hierüber eine interne Notiz erstellt. Zum Nachweis dieser Behauptung hat der Kläger die Vernehmung der Geschäftsleiterin der [X.] [X.]

als Zeugin angeboten und beantragt, der [X.] gemäß § 142 Abs. 1 ZPO die Vorlage der Notiz aufzugeben, deren Existenz die Beklagte selbst zuvor im Schriftsatz vom 22. Juni 2006 ausdrücklich behauptet hatte. 16 cc) Den vom Kläger angebotenen Zeugenbeweis hätte das Berufungsge-richt nicht zurückweisen dürfen. 17 (1) Dabei liegt - entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichts - be-reits kein Anwendungsfall von § 531 Abs. 1 ZPO vor, denn eine Zurückweisung dieses erstmals in der [X.] vorgetragenen Beweisangebotes ist im ersten Rechtszuge nicht erfolgt. 18 - 10 - (2) Hingegen war der Beweisantritt des [X.] nach § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO zuzulassen, ohne dass es dafür - entgegen der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts - einer Rechtfertigung durch den Kläger bedurfte. 19 20 Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] darf eine in [X.] Instanz siegreiche [X.] darauf vertrauen, dass das Berufungsgericht ihr rechtzeitig einen Hinweis erteilt, wenn es der Beurteilung der Vorinstanz nicht folgen will (§ 139 ZPO). Außer zur Hinweiserteilung ist das Berufungsgericht auch verpflichtet, der betroffenen [X.] Gelegenheit zu geben, auf den Hinweis zu reagieren, ihren Tatsachenvortrag zu ergänzen und ggf. Beweis anzutreten (st. Rspr. vgl. Senat, Beschlüsse vom 21. Dezember 2004 - [X.] ZR 17/03, juris, [X.]. 12 und vom 15. Februar 2005 - [X.] ZR 144/03, [X.] 2005, 936, 937, jeweils m.w.[X.]). Die Vorschrift des § 531 Abs. 2 Satz 1 ZPO, der die [X.] neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel in der Berufungsinstanz ein-schränkt, hat daran nichts geändert. Danach sind neue Angriffs- und [X.] in zweiter Instanz zuzulassen, wenn sie einen Gesichtspunkt betref-fen, der vom Gericht des ersten [X.] erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist (§ 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Diese Vor-aussetzungen liegen vor, wenn das Berufungsgericht - wie hier - die Rechtslage abweichend von der Vorinstanz beurteilt und neuer Vortrag oder ein [X.] erforderlich ist, um auf der Grundlage dieser Beurteilung zu obsiegen (vgl. Musielak/Ball, ZPO, 7. Aufl., § 531 Rn. 17). Dabei kommt es nicht darauf an, ob das neue Angriffs- und Verteidigungsmittel schon in erster Instanz hätte [X.] werden können. Die [X.]en sollen durch die Vorschrift des § 531 Abs. 2 ZPO nicht zu Darlegungen und [X.] gezwungen werden, die vom Standpunkt des erstinstanzlichen Gerichts aus unerheblich sind ([X.], Urteile vom 30. Juni 2006 - [X.], NJW-RR 2006, 1292, 1293 und vom 26. Juni 2006 - [X.], juris, [X.]. 6). - 11 - Die Zurückweisung der vom Kläger beantragten Vernehmung der Zeugin [X.] durch das Berufungsgericht verstößt gegen § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO, weil das [X.] den seines Erachtens der [X.] obliegen-den [X.] hinsichtlich ihrer Unkenntnis von einer sittenwidrigen Kaufpreisüberhöhung als gescheitert angesehen hat, so dass für den Kläger keine Veranlassung zu weiteren Beweisanträgen bestand. Die Zurückweisung verletzt zugleich den Anspruch des [X.] auf Gewährung rechtlichen Gehörs, weil sie auf einer offenkundig fehlerhaften Anwendung des § 531 Abs. 2 ZPO beruht ([X.], Beschlüsse vom 14. Juli 2008 - [X.], [X.], 1688, [X.]. 8 und vom 3. November 2008 - [X.], [X.], 26, [X.]. 8). 21 3. Die Nichtberücksichtigung dieses Vorbringens durch das Berufungsge-richt verletzt den Anspruch des [X.] auf rechtliches Gehör auch in entschei-dungserheblicher Weise, denn das Berufungsurteil beruht auf dieser Verlet-zung. Diese Voraussetzung ist schon dann erfüllt, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Berufungsgericht bei Berücksichtigung des übergange-nen Vorbringens anders entschieden hätte ([X.] 7, 95, 99; 60, 247, 250; 62, 392, 396; 89, 381, 392 f.). 22 Die Gehörsverletzung rechtfertigt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO die Aufhe-bung des angefochtenen Urteils sowie die Zurückverweisung der Sache. 23 II[X.] Das Berufungsgericht wird nunmehr dem übergangenen Vortrag des [X.] nachzugehen und den angebotenen Zeugenbeweis dazu zu erheben haben, dass die Beklagte bei Darlehensgewährung Kenntnis vom Zustand der streitgegenständlichen Wohnung hatte und sich ihren Mitarbeitern damit nach 24 - 12 - den konkreten Umständen des Einzelfalles eine Kenntnis von der - hier [X.] - sittenwidrigen Überhöhung des Kaufpreises aufdrängen musste. 25 Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, den An-trag des [X.] auf Anordnung der Vorlage der im Schriftsatz vom 22. Juni 2006 von der [X.] in Bezug genommenen Notiz über eine Besichtigung der streitgegenständlichen Wohnung gemäß § 142 Abs. 1 ZPO erneut zu [X.] und dabei die vom [X.] zur Anwendung dieser Vorschrift entwickelten Grundsätze zu berücksichtigen (Senat, [X.]Z 173, 23, [X.]. 18 ff.). Danach kann das Gericht die Vorlegung im Besitz einer [X.] befindlicher Ur-kunden anordnen, auf die sich die andere [X.] bezogen hat. Anders als im Falle des § 423 ZPO reicht dazu die Bezugnahme des beweispflichtigen [X.] auf Urkunden aus, die sich im Besitz der nicht beweisbelasteten [X.] befinden. In einem solchen Fall liegt - entgegen der Rechtsauffassung des Be-rufungsgerichts - in der Anwendung des § 142 Abs. 1 ZPO keine prozessord-nungswidrige Ausforschung des Prozessgegners. Die Vorschrift befreit die [X.], die sich auf eine Urkunde bezieht, nicht von ihrer Darlegungs- und Substan-tiierungslast (vgl. BT-Drucksache 14/6036 S. 121; [X.] in: [X.], ZPO, 22. Aufl., § 142 Rn. 9). Dem entsprechend darf das Gericht die [X.] zwar nicht zum Zwecke bloßer Informationsgewinnung, sondern nur bei Vorliegen eines schlüssigen, auf konkrete Tatsachen bezogenen Vortrags der - 13 - [X.] anordnen. Solche Tatsachen hat der Kläger jedoch in ausreichendem Umfang vorgetragen, indem er sich auf die von der [X.] ausdrücklich er-klärte Existenz dieser "Notiz über eine Besichtigung der M.

Straße" bezogen hat. [X.] Joeres [X.]
Ellenberger [X.]: [X.], Entscheidung vom 26.05.2008 - 14d [X.]/06 - [X.], Entscheidung vom 30.09.2009 - [X.] -

Meta

XI ZR 318/09

15.06.2010

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.06.2010, Az. XI ZR 318/09 (REWIS RS 2010, 5885)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 5885

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