Bundespatentgericht, Beschluss vom 24.10.2012, Az. 26 W (pat) 68/12

26. Senat | REWIS RS 2012, 2016

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Mobility CarSharing (IR-Marke)" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die [X.] 924 823

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 24. Oktober 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] [X.] sowie [X.] und Hermann

beschlossen:

Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 39 IR des [X.] vom 21. Januar 2009 und 15. Mai 2012 werden aufgehoben.

Gründe

I.

1

Die international für die Dienstleistungen

2

„Klasse 38 :„[X.]“ und „Klasse 39 „Services de transport, en particulier transport en automobile; location d'automobiles, [X.]; transport de passagers, [X.], [X.]; organisation de voyages, [X.] voyages““

3

registrierte Wortmarke 924 823 (Ursprungsland Schweiz)

4

[X.]

5

sucht um Schutz in der [X.] [X.] nach.

6

Die Markenstelle für Klasse 39 IR des [X.] hat am 29. November 2007 einen auf die Bestimmungen der Art. 5 [X.], Art. 6 quinquies [X.] [X.], § 8 Abs. 2 Nrn. 1, 2 und 3, § 107, § 113 [X.] gestützten [X.] erlassen und die Schutzverweigerung mit den angefochtenen Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, aufrechterhalten.

7

Dazu ist ausgeführt, der [X.] fehle die erforderliche Unterscheidungskraft, da sie keine Eignung zur Erfüllung der Herkunftsfunktion einer Marke aufweise. Auch wenn eine geringe Unterscheidungskraft genüge, dürfe der [X.] dabei nicht auf ein Mindestmaß beschränkt werden. Nach diesen Grundsätzen könne der Schutz suchenden Marke „[X.]“ nicht das notwendige Maß an Unterscheidungskraft zugesprochen werden. Die Marke beanspruche Schutz für die Dienstleistungen „Telekommunikation mit Mitteln der Datenverarbeitung“ und „Transportdienstleistungen, insbesondere Automobil-Transport, Mieten von Automobilen, Garagen und Stellplätzen, Passagiertransporte, Fahrerdienste, Kurierdienste, Reisevorbereitungen, Reservierungen und Reisebuchungen für die Reise“. Die angemeldete Wortmarke werde von den angesprochenen Verkehrskreisen im Hinblick auf die beanspruchten Dienstleistungen lediglich als schlagwortartiger Hinweis darauf verstanden, dass sie durch [X.] Mobilität böten. Das Wort „[X.]“ habe bereits Eingang in den [X.] Sprachgebrauch gefunden und würde als gebührenpflichtige Nutzung eines Fahrzeuges durch mehrere Personen verstanden. „Mobility“ sei dem [X.] „Mobilität“ ähnlich und so verständlich. Auch in der Zusammenstellung gehe die Schutz suchende Marke nicht über den Sinngehalt „Mobilität durch carsharing“ hinaus. Daher würden im Hinblick auf die beanspruchten Dienstleistungen die angesprochenen Verkehrskreise die Marke insgesamt als Hinweis auf Dienste bei organisierter, gemeinsamer Kraftfahrzeugnutzung sehen.

8

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin, mit der sie sinngemäß beantragt,

9

die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 39 IR des [X.] vom 21. Januar 2009 und 15. Mai 2012 aufzuheben.

Die Markeninhaberin hält unter Bezugnahme auf ihr Vorbringen im Amtsverfahren die Marke für unterscheidungskräftig. Entgegen der Auffassung der Markenstelle handle es sich bei „[X.]“ nicht um ein die beanspruchten Dienstleistungen beschreibendes Zeichen, zumal es sprachunüblich gebildet sei. Zur Begründung ihres Eintragungsbegehrens stützt sich die Anmelderin schließlich auf die Eintragung der Marke in bisher 14 auch englischsprachigen Ländern u. a. [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.] und [X.].

II.

Die zulässige Beschwerde der Markeninhaberin hat in der Sache Erfolg. Dem Schutz der [X.] 924 823 stehen für das Gebiet der [X.] [X.] keine absoluten Schutzhindernisse gemäß §§ 107, 113, 37 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 [X.], Art. 5 Abs. 1 [X.] i. V. m. Art. 6 quinquies Abschnitt [X.] [X.] entgegen. Insbesondere kann der [X.] nicht jede Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.], Art. 6 quinquies Abschnitt [X.], [X.]. [X.] abgesprochen werden.

Unterscheidungskraft bedeutet nach ständiger Rechtsprechung, dass die Marke im Hinblick auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise geeignet sein muss, die Waren, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und somit dieses Produkt von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Die Beurteilung der Unterscheidungskraft hat sich daher einerseits an den beanspruchten Waren und Dienstleistungen andererseits an der Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise zu orientieren (st. Rspr.; [X.] GRUR 2008, 608 ff. - Rn. 66, 67 - [X.]; [X.], 229 - Rn. 27 ff. - BioID; GRUR 2004, 674 - Rn. 34 - [X.]; [X.], 935 - Rn. 8 - [X.]; [X.], 825, 826 - Rn. 13 - [X.]; [X.], 952 - Rn. 9 - [X.]; [X.], 850, 854 - Rn. 18 - [X.]; [X.], 417, 418 - [X.]; [X.], 257 - Bürogebäude; [X.] GRUR 2003, 1050 - [X.]; [X.] GRUR 2001, 1153, 1154 - anti [X.]). Als beteiligte Verkehrskreise sind alle Kreise zu verstehen, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Die maßgeblichen Verkehrskreise definiert der [X.] als den Handel und/oder den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher ([X.]/Hacker, [X.], 9. Aufl., § 8 Rdn. 23 m. w. N.; vgl. z. B. [X.] [X.], 411, 413 - Rn. 24 - Matratzen Concord/Hukla).

Keine Unterscheidungskraft kommt insbesondere Bezeichnungen zu, die einen beschreibenden Begriffsinhalt aufweisen, der für die in Frage stehenden Waren ohne Weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als [X.] versteht ([X.] GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; [X.], 417, 418 - [X.]). Darüber hinaus fehlt die erforderliche Unterscheidungskraft auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu den betreffenden Waren hergestellt wird; die Eignung, Waren ihrer Herkunft nach zu unterscheiden, kommt schließlich auch solchen Angaben nicht zu, die aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] Sprache oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien stets nur als solche und nicht als [X.] verstanden werden ([X.] WRP 2010, 1504, 1506 - Rn. 23 - [X.]!; [X.], 949, 951 - Rn. 20 - My World; [X.], 411 - Rn. 9 - [X.]; [X.], 850, 854 - Rn. 19 - [X.]; [X.], 952, 953, Rn. 10 - [X.]).

Ausgehend von diesen Grundsätzen kann der streitgegenständlichen Marke in ihrer Gesamtheit nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden.

Die angemeldete Marke „[X.]“ setzt sich zusammen aus den beiden englischsprachigen Begriffen „mobility“ und „carsharing“, deren unstreitige und dem inländischen Verkehr geläufige Bedeutungen die Markenstelle zutreffend zugrunde gelegt und belegt hat. Zwar mögen die als „Mobilität“ und „organisierte, gemeinschaftliche Nutzung von Kraftfahrzeugen“ verständlichen Zeichenbestandteile in Alleinstellung als werbeüblicher Hinweis auf eine entsprechende Dienstleistung nicht schutzfähig sein. Dies gilt aber nicht bei der gebotenen Gesamtbetrachtung (vgl. [X.] GRUR 2001, 162 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION) für die Kombination. Einen lediglich anpreisenden oder ausschließlich produktbeschreibenden Charakter hat die Bezeichnung nämlich nicht, da entgegen der Betrachtung der Markenstelle mit den zutreffenden Ausführungen der Beschwerdeführerin im Schriftsatz vom 18. September 2012 insbesondere unter 5.) nicht feststellbar ist, welche Bedeutung der Kombination mit Blick auf die beanspruchten Dienstleistungen zukommt. Selbst wenn die angesprochenen Verbraucher sie zwanglos als „Mobilität“ und „[X.]“ verstehen werden, bleibt der Bedeutungsgehalt der Wortkombination in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen vage und unscharf. Zwar haben diese zum Teil im weiteren Sinn mit Mobilität durch Kraftfahrzeuge zu tun. Mit Ausnahme von „[X.]“ lassen sie sich bei genauerer Betrachtung allerdings mit dem Teilen von Autos, wie es [X.] begrifflich zugrunde liegt, nicht ohne Weiteres in Verbindung bringen. Auch Autovermietung ist von [X.] im Sinne des Teilens von Kraftfahrzeugen aus Kosten- oder Umweltschutzgründen offensichtlich verschieden. Belege für eine beschreibende oder anpreisende Verwendung der englischsprachigen Bezeichnung „[X.]“ im Inland hat die Markenstelle nicht ermittelt und konnten auch vom Senat nicht festgestellt werden. Das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft kann der angemeldeten Bezeichnung daher nicht abgesprochen werden.

Nachdem der [X.] kein unmittelbar beschreibender Bedeutungsgehalt entnommen werden kann, steht dem Schutz der [X.] in [X.] auch das Schutzhindernis einer beschreibenden Angabe i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.], Art. 6 quinquies Abschnitt [X.], [X.]. [X.] nicht entgegen.

Die angefochtenen Beschlüsse waren daher aufzuheben.

Meta

26 W (pat) 68/12

24.10.2012

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 24.10.2012, Az. 26 W (pat) 68/12 (REWIS RS 2012, 2016)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 2016

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Wird zitiert von

30 W (pat) 46/20

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