Bundespatentgericht, Beschluss vom 24.01.2013, Az. 30 W (pat) 521/12

30. Senat | REWIS RS 2013, 8712

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "IPERFUMER" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis -


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die [X.] 1 063 662

hat der 30. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 24. Januar 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Hacker, der Richterin Winter und des [X.] am Amtsgericht Backes

beschlossen:

Auf die Beschwerde der [X.]ninhaberin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 - [X.] - vom 9. Februar 2012 aufgehoben, soweit darin der international registrierten Marke [X.] 1 063 662 der Schutz verweigert worden ist.

Gründe

I.

1

Für die für die Waren und Dienstleistungen

2

„9: Logiciels

3

41: Divertissement

4

42:

5

Mise à disposition de moteurs de recherche

6

44: Services de conseils et d'informations en matière de soins de beauté et de parfumerie“

7

international registrierte Marke 1 063 662

8

I[X.]

9

wird für das Gebiet der [X.] um Schutz nachgesucht.

Die Markenstelle für Klasse 9 - [X.] - des [X.] hat der [X.] mit Beschluss vom 9. Februar 2012 den nachgesuchten Schutz - abgesehen von den Dienstleistungen der Klasse 41 - wegen fehlender Unterscheidungskraft teilweise verweigert. Die Marke sei eine Kombination aus der Abkürzung „I“ für „[X.]“ und dem englischsprachigen Wort „[X.]“ (deutsch „Parfümeur, Parfümhändler“) und weise in der Bedeutung „[X.]parfümeur, [X.]parfümhändler“ nur einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Bezug zu den beanspruchten Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 42 und 44 auf. Dieser ohne weiteres verständliche Begriff werde in erster Linie als Sachhinweis aufgefasst, nicht aber als Unterscheidungsmittel.

I[X.] von den angesprochenen Verkehrskreisen im Hinblick auf die Verwendung von Großbuchstaben nicht in die Elemente „I“ und „[X.]“ zergliedert werde. Abgesehen davon lasse der Buchstabe „I“ gemäß der Rechtsprechung des [X.] nicht per se auf die Abkürzung des Wortes „[X.]“ schließen, vielmehr setze dies seine Verwendung als Kleinbuchstabe „i“ voraus ([X.] (pat) 28/07 - [X.]; 33 W (pat) 130/09 - iFINANCE; 26 W (pat) 23/10 - iNanny; [X.] 01494/06-1 - [X.]). Zudem ergäbe sich bei solchem Verständnis aber auch keinerlei Sachhinweis bezüglich der in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen.

Die [X.]ninhaberin beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 - [X.] - vom 9. Februar 2012 aufzuheben, soweit darin der international registrierten Marke [X.] 1 063 662 der Schutz verweigert worden ist.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

I[X.] stehen für das Gebiet der [X.] bezüglich der von der Schutzverweigerung umfassten Waren und Dienstleistungen keine absoluten Schutzhindernisse gemäß §§ 107, 113, 37 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 [X.], Art 5 Abs. 1 [X.] i. V. m. Art. 6 quinquies Abschnitt [X.] PVÜ entgegen. Insbesondere kann der [X.] nicht jede Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.], Art. 6 quinquies Abschnitt [X.], [X.]. PVÜ abgesprochen werden.

1. Unterscheidungskraft im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Marke erfassten Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. [X.] GRUR 2008, 608, 611 Rn. 66 f. - [X.]; [X.], 825, 826 Rn. 13 - [X.]; [X.], 935 Rn. 8 - [X.]; [X.], 850, 854 Rn. 18 - [X.]). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren bzw. Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. [X.] [X.], 233, 235 Rn. 45 - Standbeutel; [X.], 229, 230 Rn. 27 - BioID; GRUR 2008, 608, 611 Rn. 66 - [X.]; [X.], 710 Rn. 12 - [X.]; [X.], 949 Rn. 10 - My World; [X.], 850, 854 Rn. 18 - [X.]; [X.], 417, 418 - [X.]). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des [X.] ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. [X.], 825, 826 Rn. 13 - [X.]; [X.], 411 Rn. 8 - [X.]; [X.], 778, 779 Rn. 11 - [X.]; [X.], 949 f. Rn. 10 - My World; [X.], 850, 854 Rn. 18 - [X.]).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen [X.] bzw. -abnehmers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (vgl. [X.] [X.], 411, 412 Rn. 24 - Matratzen Concord/[X.]; [X.], 943, 944 Rn. 24 - SAT.2; [X.], 935 Rn. 8 - [X.]; [X.], 825, 826 Rn. 13 - [X.]; [X.], 850, 854 Rn. 18 - [X.]). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. [X.] [X.], 428, 431 Rn. 53 - [X.]; [X.], 1151, 1152 - marktfrisch; [X.] 2000, 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION).

Hiervon ausgehend besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. [X.] [X.], 674, 678 Rn. 86 - Postkantoor; [X.], 1143, 1144 Rn. 9 - Starsat; GRUR 2012, 270, 271 Rn. 11 - Link economy; [X.], 952, 953 Rn. 10 - [X.]; [X.], 850, 854 Rn. 19 - [X.]; [X.], 417, 418 - [X.]; [X.], 1151, 1152 - marktfrisch; [X.], 1153 - antiKALK) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. [X.] [X.], 850, 854 Rn. 19 - [X.]; GRUR 2003, 1050, 1051 - [X.]; [X.], 1043, 1044 - [X.]). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft auch solche Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. [X.], 1100 Rn. 23 - [X.]!; [X.], 850, 855 Rn. 28 f. - [X.]).

I[X.] über die erforderliche Unterscheidungskraft. Weder lässt sich der Marke in Bezug auf die für das Beschwerdeverfahren maßgeblichen Waren und Dienstleistungen ein im Vordergrund stehender beschreibender Sinngehalt entnehmen noch bestehen sonstige Anhaltspunkte dafür, die es rechtfertigen würden, der [X.] jegliche Unterscheidungskraft abzusprechen.

Die Markenstelle ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass die [X.] rein formal betrachtet aus den Elementen „I“ und „[X.]“ zusammengesetzt ist, der Buchstabe „i“ - neben weiteren Bedeutungen - auch die Abkürzung für „[X.]“ sein kann (vgl. [X.] (pat) 249/02 - i-finance.de, veröffentlicht auf der Homepage des Gerichts) und das englischsprachige Wort „[X.]“ mit „Parfümeur, Parfümhändler“ in die [X.] übersetzt wird (vgl. [X.], Großwörterbuch [X.], 3. Aufl., S. 1399).

IFERFUMER vielleicht als Hinweis auf einen Parfümhändler im [X.] verstanden werden könnte.

I[X.] erscheint vor allem als einheitliches Gesamtwort. Dies beruht darauf, dass die geschlossene Schreibweise in Großbuchstaben eine Verschmelzung der Einzelbestandteile bewirkt, die einer Zergliederung in „I“ und „[X.]“ entgegensteht (vgl. [X.] (pat) 22/09 - Inavigation).

Die von der Markenstelle angenommene beschreibende Bedeutung der Bestandteile „I“ und „[X.]“ vermag hier damit die fehlende Unterscheidungskraft der [X.] nicht zu begründen. Soweit die [X.]ninhaberin auf ihrer Homepage die Schreibweise „i[X.]“ verwendet, werden jedenfalls erst durch die Verwendung der [X.]“ mit vorangestelltem „i“ als Kleinbuchstabe die Einzelbestandteile des Wortes erkennbar, was, wie ausgeführt, bei der schutzsuchenden Marke nicht der Fall ist.

I[X.] in der Gesamtheit ist kein eindeutiger Bedeutungsgehalt entnehmbar. Zum Verständnis von „I“ als Abkürzung für „[X.]“ in der Gesamtbezeichnung I[X.] bedarf es näherer Überlegungen, was der Annahme entgegensteht, dass der Verkehr Marken so aufnimmt, wie sie ihm entgegentreten. Dies steht auch der Annahme einer in den Vordergrund drängenden, für den angesprochenen Verkehr ohne weiteres ersichtlichen Beschreibung der von der [X.] umfassten Waren und Dienstleistungen entgegen.

3. Nachdem der [X.] für die registrierten Waren kein unmittelbar beschreibender Bedeutungsgehalt entnommen werden kann, steht dem Schutz der [X.] in [X.] auch das Schutzhindernis einer beschreibenden Angabe i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.], Art. 6 quinquies Abschnitt [X.], [X.]. [X.] nicht entgegen.

4. Anhaltspunkte für das Vorliegen sonstiger absoluter Schutzhindernisse sind nicht ersichtlich und von der Markenstelle im Übrigen auch nicht innerhalb der Jahresfrist des Art. 5 Abs. 2 [X.] dem [X.] der [X.] mitgeteilt worden.

5. Die Beschwerde hat daher Erfolg.

Meta

30 W (pat) 521/12

24.01.2013

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 24.01.2013, Az. 30 W (pat) 521/12 (REWIS RS 2013, 8712)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 8712

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