Bundespatentgericht, Beschluss vom 01.08.2019, Az. 30 W (pat) 562/17

30. Senat | REWIS RS 2019, 4856

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Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die [X.] 1 297 578

hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des [X.] in der Sitzung vom 1. August 2019 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.]s Prof. Dr. Hacker sowie der [X.] [X.] und Dr. Meiser

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 - [X.] - des [X.] vom 6. September 2017 insoweit aufgehoben, soweit darin der Marke der Schutz in der [X.] für die Waren

„Klasse 09: [X.], de transmission, [X.], [X.], d'images ou de données;

Klasse 16: Papier, carton“

verweigert worden ist.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Um Schutz in der [X.] wird nachgesucht für die in den Farben blau und weiß international registrierte Wort-/Bildmarke IR 1 297 578

Abbildung

2

die für die Waren und Dienstleistungen

3

“Klasse 09:

4

Klasse 16: Papier, carton; produits de l'imprimerie; journaux; périodiques; livres; revues de voyage; guides; [X.]; photographies;

5

[X.]:

6

[X.]élécommunications; fourniture d'accès à des données et informations sur [X.]; communication par voie électronique; [X.], [X.], de supports visuels, [X.], de textes, de photos, de jeux, de contenus générés par les utilisateurs, de contenus audio et d'informations par le biais d'[X.]; transmission, [X.], [X.], [X.] fixes et animées, de textes et de données; fourniture d'accès à des [X.], de communication et d'information sur [X.]; fourniture d'accès à des réseaux informatiques, des [X.], des banques de données et des publications électroniques; diffusion en continu de contenus audio et [X.] sur [X.]; services de transmission et communication [X.] et audio; diffusion de contenus audiovisuels et multimédias par [X.]; fourniture d'accès à des portails sur [X.] ainsi que sur l'[X.] mobile; fourniture d'accès à un portail Web, de messageries et nouvelles; services de télécommunication fournis par le biais de portails et plateformes [X.];

7

Klasse 39: [X.], [X.]; services d'information et de conseillers en matière de voyages; informations en matière de voyages; mise à disposition d'informations en matière de voyages aériens par voie électronique; mise à disposition d'informations en matière de planification et réservation de voyages et transport par voie électronique; mise à disposition d'informations en matière de transport et voyages par le biais de dispositifs et d'appareils de télécommunication mobiles; informations en matière d'itinéraires routiers; mise à disposition d'informations aux voyageurs en matière de tarifs, [X.]; mise à disposition d'informations en matière de location de véhicules automobiles;

8

Klasse 42: Conception et développement de logiciels informatiques; conception et hébergement de portails Web; développement de logiciels de logistique, gestion de chaînes d'approvisionnement et portails de commerce électronique; programmation de logiciels pour portails [X.], [X.] (chatrooms), lignes de chat et forums [X.]; mise à disposition d'informations météorologiques; hébergement de plateformes [logiciels] sur internet;

9

Klasse 43: [X.]; mise à disposition d'informations en ligne en matière de réservation de logements de vacances; mise à disposition d'informations en matière de services d'hébergement temporaire; [X.]; mise à disposition de services de réservations hôtelières et [X.]; mise à disposition d'informations en matière de restauration et d'hébergements dans certaines villes et regions”

eingetragen ist.

Die mit einer Beamtin des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 9 - [X.] - des [X.] hat der Marke mit Beschluss vom 6. September 2017 den Schutz in der [X.] verweigert, da es der Marke an jeglicher Unterscheidungskraft fehle (gemäß §§ 119, 124, 113, 37, 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] in Verbindung mit Art. 5 PMMA, Art. 6

Der aus den geläufigen Ausdrücken des [X.] Grundwortschatzes „[X.]“ und „[X.]“ gebildete Wortbestandteil „[X.][X.]“ werde naheliegend und ohne weiteres i. S. von „Reisenachrichten/ Reiseneuigkeiten“ verstanden, was letztlich auch durch die Markeninhaberin nicht in Abrede gestellt werde.

In Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen erschöpfe sich [X.][X.] in einer für den Verkehr ohne weiteres erkennbaren Bestimmungs-, Beschaffenheits- und Inhaltsangabe, dass diese „Reisenachrichten/-neuigkeiten“ zum Inhalt hätten bzw. der Übermittelung/Übersendung solcher Nachrichten dienen könnten. Der inländische Verkehr werde daher den Wortbestandteil des schutzsuchenden Zeichens nicht als betriebskennzeichnendes Unterscheidungsmerkmal auffassen.

Das Schutzhindernis werde auch nicht durch die graphische Ausgestaltung überwunden. Die Fassung in [X.] sowie die blaue Farbgebung seien weder auffällig noch ungewöhnlich. Dass es sich bei dem Anfang des [X.] um eine kunstvolle Kombination der Buchstaben „N“ und „[X.]“ (Ligatur) handle, falle dem Betrachter allenfalls auf den zweiten Blick auf, denn zunächst steche dem Verkehr das „[X.]“ aufgrund seiner identischen Farbgebung mit den restlichen Buchstaben ins Auge.

Um in der von links oben nach rechts unten führenden weißen Linie im Buchstaben „[X.]“ eine kunstvolle Kombination der Buchstaben „[X.]“ und „N“ zu erkennen, bedürfe es jedenfalls analytischer Überlegungen, zu denen der Verkehr aber nicht neige.

Die Markeninhaberin hat Beschwerde eingelegt, die sie jedoch nicht näher begründet hat.

Sie beantragt mit [X.] vom 14. November 2018 sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 - [X.] - des [X.] vom 6. September 2017 aufzuheben.

II.

Die gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1, § 66 [X.] zulässige Beschwerde der [X.] hat in der Sache nur in Bezug auf die im [X.]enor aufgeführten Waren Erfolg; hinsichtlich der übrigen registrierten Waren und Dienstleistungen ist der verfahrensgegenständlichen [X.] seitens der Markenstelle zu Recht der Schutz in der [X.] versagt worden, da es der [X.] insoweit an Unterscheidungskraft mangelt (§§ 119, 124, 113, 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] i. V. m. Art. 5 PMMA, Art. 6

1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. z. B. [X.] [X.], 1198 ([X.]) – [X.]; [X.], 610 ([X.]) – [X.]; [X.] 2008, 608 ([X.]) – [X.]; [X.], 1167 (Nr. 13) – [X.]; [X.], 581 (Nr. 16) – [X.]; [X.], 173 (Nr. 15) – for you; [X.] 2014, 565 (Nr. 12) – smartbook; [X.] 2013, 731 (Nr. 11) – [X.]; [X.], 1143 (Nr. 7) – [X.], jeweils m. w. N.). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. etwa [X.] [X.], 1198 ([X.]) – [X.]; [X.] 2014, 373 (Nr. 20) – KORNSPI[X.]Z; 2010, 1008, 1009 ([X.]) – [X.]; [X.] 2008, 608, 611 ([X.]) – [X.]; [X.] 2006, 233, 235, Nr. 45 – Standbeutel; [X.], 1167 (Nr. 13) – [X.]; [X.] 2016, 934 ([X.]) – [X.]; [X.], 581 (Nr. 16) – [X.]; [X.] [X.], 173, 174 (Nr. 15) – for you; [X.] 2009, 949 (Nr. 10) – [X.]). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des [X.] ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. [X.] [X.] 2017, 186 (Nr. 29) – [X.]; [X.] 2016, 1167 (Nr. 13) – [X.]; [X.], 581 ([X.]) – [X.]; [X.], 173, 174 (Nr. 15) – for you; [X.] 2014, 565, 567 (Nr. 12) – smartbook; [X.], 1143 (Nr. 7) – [X.]; [X.], 270 (Nr. 8) – Link economy). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen [X.] bzw. -abnehmers der fraglichen Produkte abzustellen ist (vgl. [X.] [X.] 2006, 411, 412 (Nr. 24) – Matratzen Concord/Hukla).

Hiervon ausgehend besitzen Marken insbesondere dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise im Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens (vgl. [X.] [X.] 2013, 1143, Nr. 15 – [X.] werden Fakten) lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. [X.] [X.] 2013, 519 (Nr. 46) – [X.]; [X.] 2004, 674 ([X.]) – Postkantoor; [X.] [X.] 2017, 186 (Nr. 30, 32) – [X.]; 2014, 1204 (Nr. 12) – [X.]; [X.], 270 (Nr. 11) – Link economy; [X.] 2009, 952 (Nr. 10) – [X.]). Darüber hinaus kommt nach ständiger Rechtsprechung auch solchen Zeichen keine Unterscheidungskraft zu, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. [X.] [X.] 2017, 186 (Nr. 32) – [X.]; [X.] 2014, 1204 (Nr. 12) – [X.]; [X.], 1143 ([X.]) – [X.]; [X.] 2010, 1100 (Nr. 23) – [X.]OOOR!; [X.] 2006, 850 (Nr. 28 f.) – [X.] 2006.

2. Ausgehend von den vorgenannten Grundsätzen fehlt der um Schutz nachsuchenden Marke in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen mit Ausnahme der in der [X.] genannten Waren jegliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.].

a. So ist zunächst davon auszugehen, dass der Verkehr in dem Wortbestandteil der Marke auf Anhieb und ohne gedankliche Zwischenschritte eine Kombination der zum [X.] Grundwortschatz gehörenden Substantive „[X.]“ und „[X.]“ erkennen wird. Deren Bedeutung i. S. von „Reise“ bzw. „Nachricht, Neuigkeit“ ist inländischen Verkehrskreisen allgemein geläufig, so dass diese das zusammengesetzte Hauptwort „[X.][X.]" ohne weiteres i. S. von „Reiseneuigkeiten/Reisenachrichten“ verstehen werden.

Dies wäre selbst bei einer – von der Markeninhaberin geltend gemachten – Interpretation des ersten Buchstabens als Kombination eines in blauer Schrift ausgestalteten Großbuchstabens „[X.]“ mit einem aufgrund der [X.] erkennbaren weißen „N“ als Anfangsbuchstaben der [X.] „[X.]“ und „[X.]“ der Fall, da der Großbuchstabe „[X.]“ in Schriftbild und Farbe mit den übrigen Buchstaben des [X.] übereinstimmt und zudem eine Interpretation des [X.] i. S. von „[X.]NRAVEL[X.]“ keinen sinnvollen Begriff ergäbe. Ungeachtet dessen wird der Verkehr – wie nachfolgend noch ausgeführt wird – eine solche Kombination nicht erkennen.

b. Mit seiner Bedeutung „Reisenachrichten/-neuigkeiten“ erschöpft sich der Wortbestandteil der um Schutz nachsuchenden Marke dann aber in Bezug auf sämtliche beanspruchten Waren und Dienstleistungen - mit Ausnahme der in der [X.] genannten Waren - in einer aus sich heraus verständlichen und für den Verkehr ohne weiteres erkennbaren Angabe zu Inhalt und [X.]hematik der betreffenden Waren und Dienstleistungen.

aa. Dies gilt zunächst hinsichtlich der Waren

„Klasse 09:

Journaux électroniques téléchargeables; publications électroniques (téléchargeables) disponibles en ligne à partir de bases de données ou d'[X.]; …disques compacts, [X.]; supports de données optiques et magnétiques; ordinateurs; logiciels d'application; logiciels;

Klasse 16: .. produits de l'imprimerie; journaux; périodiques; livres; revues de voyage; guides; [X.]; photographies“.

Zwar beschreibt „[X.][X.]“ weder unmittelbar deren Merkmale und Eigenschaften noch enthält die Bezeichnung insoweit einen hinreichend konkreten Sachhinweis auf bestimmte Eigenschaften der so bezeichneten Waren unter Gesichtspunkten wie Bestimmungs- und Verwendungszweck.

Allerdings handelt es sich insoweit um Waren, die neben ihrem Charakter als handelbare Güter auch einen bezeichnungsfähigen gedanklichen Inhalt aufweisen können. Unbeschadet eines etwaigen Werktitelschutzes nach § 5 Abs. 3 [X.] ist bei solchen Waren (und Dienstleistungen) aus dem Medienbereich die markenrechtliche Unterscheidungskraft zu verneinen, wenn die betreffende Bezeichnung geeignet ist, diesen gedanklichen Inhalt zu beschreiben (vgl. [X.] [X.] 2000, 882, 883 – Bücher für eine bessere Welt; [X.] 2001, 1042, 1043 – [X.] UND [X.]; [X.] 2001, 1043, 1045 – [X.]; [X.] 2002, 1070, 1072 – Bar jeder Vernunft). Dies gilt aber nur für Bezeichnungen, die nach Art eines Sachtitels gebildet sind. Denn nur wenn die Bezeichnung ernsthaft als beschreibende Angabe des [X.]hemas, geistigen Inhalts oder Werks, das in der Ware oder Dienstleistung verkörpert sein kann, in Betracht kommt, wird der Verkehr die Wortfolge in Zusammenhang mit den Waren und Dienstleistungen nur als Inhaltsangabe, nicht aber als betrieblichen Herkunftshinweis auffassen (vgl. BPatG [X.] 1998, 145, 146 – Klassentreffen; BPatG [X.] 2006, 593 – Der kleine Eisbär).

Davon ist in Bezug auf die vorgenannten Waren der Klassen 9 und 16 auszugehen, da diese inhaltlich „Reisenachrichten/-neuigkeiten“ enthalten können, so dass der Wortbestandteil der um Schutz nachsuchenden Marke insoweit ohne weiteres geeignet ist, den Inhalt dieser Waren nach Art eines Sachtitels zu bezeichnen.

bb. Ebenso können sämtliche zu den Klassen 39, 42 und 43 beanspruchten Dienstleistungen sich ihrem Gegenstand und Inhalt nach mit der Zusammenstellung, Bereitstellung und/oder Übermittlung von Reisenachrichten/-informationen beschäftigen, so dass sich „[X.][X.]“ auch insoweit in einem beschreibenden Hinweis auf Gegenstand und Inhalt dieser Dienstleistungen erschöpft.

cc. Ein die Unterscheidungskraft ausschließender enger beschreibender Bezug besteht schließlich hinsichtlich der zu [X.] beanspruchten Dienstleistungen. Zu diesen alle Formen der Nachrichtenübertragung mit Anlagen und technischen Mitteln der Informationstechnik (wie z. B. dem [X.]) umfassenden [X.]elekommunikationsdienstleistungen gehört neben der rein technischen Komponente auch die inhaltliche Bereitstellung und Übermittlung von Informationen. Denn zwischen der technischen Dienstleistung und der Contentvermittlung besteht ein so enger Bezug, dass das entsprechende Verkehrsverständnis zwischen [X.]echnik und Inhalt insoweit nicht mehr trennt (BPatG 26 W (pat) 72/14 – [X.]; [X.] (pat) 223/04 – Dating [X.]V; 29 W (pat) 59/10 – [X.]; 27 W (pat) 525/14 – [X.]herapie.[X.]V; 29 W(pat) 525/13 – [X.]he European; BPatG 30 W (pat) 548/14 – DRIVE & [X.]RACK; vgl. auch [X.] [X.] 2010, 1100, 1102 [X.]. 22 – [X.]OOOR!). Der Wortbestandteil „[X.][X.]“ wird daher im Zusammenhang mit den entsprechenden Dienstleistungen lediglich als Hinweis darauf verstanden, dass diese dazu dienen, Reisenachrichten/-informationen bereitzustellen und zu übermitteln.

c. Insoweit weist die um Schutz nachsuchende Marke die erforderliche Unterscheidungskraft auch nicht wegen ihrer grafischen Ausgestaltung auf.

Zwar kann ein eigenständiger betrieblicher Herkunftshinweis durch eine besondere bildliche oder graphische Ausgestaltung nicht unterscheidungskräftiger [X.] erreicht werden. Einfache grafische Gestaltungen oder Verzierungen des [X.], an die der Verkehr gewöhnt ist, vermögen in der Regel den beschreibenden Charakter einer Angabe jedoch nicht zu beseitigen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die grafische Ausgestaltung einer Wortmarke in einer naheliegenden Form umso weniger die erforderliche Unterscheidungskraft begründen kann, je deutlicher ein unmittelbarer Bezug der Bezeichnung zu den beanspruchten Waren oder Dienstleistungen erkennbar ist (vgl. [X.] [X.] 2001, 1153, 1154 – antiKALK; früher schon BPatG [X.] 1996, 410, 411 – Color COLLEC[X.]ION; s. auch [X.], 324, 326 – Kinder (schwarz-rot). Für inhaltsbeschreibende Angaben wie "[X.][X.]" bedürfte es deshalb einer über eine allgemein übliche Gebrauchsgrafik hinausgehenden, phantasievollen Ausgestaltung, um von der durch die Zeichenwörter vermittelten Sachaussage wegzuführen und ein Verständnis im Sinne eines betrieblichen [X.] zu ermöglichen.

Zutreffend hat die Markenstelle jedoch festgestellt, dass es sich sowohl bei der [X.] als auch der farblichen Gestaltung des [X.] um einfache grafische Gestaltungselemente ohne kennzeichnende Eigenart handelt, die lediglich der Hervorhebung des Schriftzugs dienen. Dies gilt insbesondere auch für den Wortanfang, in welchem der Verkehr naheliegend allein den Anfangsbuchstaben „[X.]“ des Markenworts „[X.][X.]“ erkennen wird. Soweit die Markeninhaberin darin eine Kombination der Buchstaben „[X.]“ und „N“ erkennen will, ist diese aufgrund der Ausgestaltung und [X.] – wenn überhaupt – allenfalls bei genauerem Hinsehen erkennbar. Denn während der Buchstabe „[X.]“ deutlich hervortritt, besteht für den Betrachter kaum Veranlassung, allein in der sich vom weißen Hintergrund nicht abhebenden, den senkrechten Stamm des Buchstabens „[X.]“ von links oben nach rechts unten durchlaufenden weißen Linie sowie den auf der rechten Seite gegenüber dem Buchstaben „R“ vorhandenen Aussparungen (auch) die [X.] eines „N“ zu erkennen. Dazu müsste er sich die für eine vollständige grafische Darstellung dieses Buchstabens notwendige Abgrenzung nach links als auch nach unten [X.], da diese in dem Zeichen nicht enthalten sind. Zu solchen Überlegungen hat er jedoch keine Veranlassung, da sich die gesamte, die blaue Grafik umgebende weiße Fläche als bloßer Hintergrund, nicht jedoch als Bestandteil der Marke darstellt. Konturen, Umgrenzungen o. ä., die auf eine Einbeziehung der weißen Fläche in die Marke schließen lassen, sind nicht vorhanden. Der Verkehr wird daher naheliegend allein den Buchstaben „[X.]“ erkennen, dessen Stamm eine schräg angeordnete Aussparung enthält, welche aber als eine einfache, werbeübliche und gebräuchliche Ausgestaltung des [X.] nichts zur Wahrnehmung der um Schutz nachsuchenden Marke als betrieblicher Herkunftshinweis beitragen kann. Hingegen bedarf es, um neben einem „[X.]“ auch ein weißes „N“ auf weißem Hintergrund zu erkennen, einer eingehenden analytischen Betrachtung bzw. einiger Phantasie, zu der der Betrachter (Durchschnittsverbraucher) jedoch – wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat – grundsätzlich nicht neigt, da der Verkehr erfahrungsgemäß eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterwerfen.

Somit kann auch diese Ausgestaltung des [X.] nichts zu einer Wahrnehmung der um Schutz nachsuchenden Marke als betrieblicher Herkunftshinweis beitragen.

3. Fehlt der angemeldeten Bezeichnung daher in Bezug auf die vorgenannten Waren und Dienstleistungen die erforderliche Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.], kann die Frage, ob an ihrer freien Verwendung auch ein schutzbedürftiges Allgemeininteresse i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] besteht, dahinstehen.

4. Die Beschwerde ist daher insoweit zurückzuweisen.

5. Eine andere Beurteilung der Schutzfähigkeit ist hingegen für die in der [X.] genannten Waren geboten. In Bezug auf diese Waren lassen sich Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1, 2 [X.] nicht feststellen, da der Wortbestandteil „[X.][X.]“ insoweit in keiner seiner möglichen Bedeutungen eine beschreibende bzw. sachbezogene Bedeutung aufweist.

Klasse 09: [X.], de transmission, de réception, [X.], [X.] ou de données“ zwar als technische Hilfsmittel bei der Bereitstellung, Übermittlung etc. von „Reisenachrichten/-neuigkeiten“ zum Einsatz kommen, sind jedoch in ihrer Funktion unabhängig vom Inhalt der wiederzugebenden Daten und Informationen. Bei solchen Waren kann daher nur dann von einem die Unterscheidungskraft ausschließenden beschreibenden Charakter ausgegangen werden, wenn der Begriff bzw. die Wortfolge branchenüblich als themen- oder inhaltsbezogene Bezeichnung verwendet wird. Dafür bestehen vorliegend jedoch keine Anhaltspunkte.

Entsprechendes gilt für die zu Klasse 16 beanspruchten Waren „Papier, carton”.

Es kann insoweit auch nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei dem Wortbestandteil „[X.][X.]“ um einen so geläufigen und allseits gebräuchlichen Begriff handelt, dass er vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solcher und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, also keine über das bloße Wortverständnis hinausgehende Aussage zur betrieblichen Herkunft der Waren enthält (vgl. [X.], [X.] 2006, 850 Nr. 19 und 45 – [X.] 2006; [X.] 2010, 640 Rn. 13 – hey!; [X.] 2014, 569 Rn. 26 - HO[X.]; [X.] 2016, 934 Nr. 12 – [X.]).

Daher war der angegriffene Beschluss teilweise aufzuheben.

Meta

30 W (pat) 562/17

01.08.2019

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 01.08.2019, Az. 30 W (pat) 562/17 (REWIS RS 2019, 4856)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 4856

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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