Bundespatentgericht, Beschluss vom 18.01.2011, Az. 27 W (pat) 237/09

27. Senat | REWIS RS 2011, 10399

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "NEW WAVE (IR-Marke)" – kein Freihaltungsbedürfnis - Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die [X.] 832 599/25 Wz

hat der 27. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 18. Januar 2011 durch [X.] [X.], [X.] und Richterin am Landgericht Werner

beschlossen:

Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 25 IR vom 3. August 2007 und 23. Juli 2009 werden aufgehoben.

Gründe

I.

1

Die nach dem [X.] Markenabkommen [X.]) für die Waren

2

"Ladies' and men's ready made clothing; shoes"

3

registrierte Wortmarke [X.] 832 576 (Ursprungsland Norwegen)

4

[X.]

5

sucht um Schutz in der [X.] [X.]land nach.

6

Die Markenstelle für [X.] [X.] des [X.] hat am 7. April 2005 einen auf die Bestimmungen der Art. 5 MMA, Art. 6 quinquies B Nr. 2 [X.], § 8 Abs. 2 Nrn. 1, 2 und 3, § 107, § 113 [X.] gestützten [X.] erlassen und die Schutzverweigerung mit nachfolgenden Beschlüssen vom 3. August 2007 und 23. Juli 2009, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, aufrechterhalten.

7

Dazu ist ausgeführt, der angemeldeten Marke fehle die erforderliche Unterscheidungskraft, und sie sei freihaltungsbedürftig. Die unmittelbare Übersetzung "neue Welle" sei für die angesprochenen Verkehrskreise gerade im [X.] geläufig. Dies belegten dem Beschluss beigefügte [X.] über die Verwendung durch Dritte. Dem Beschluss beigefügt ist außerdem ein Auszug aus dem [X.]/[X.] für Redewendungen, wonach "[X.]" mit "neue Welle" und "neuer Trend" übersetzt werde. Es sei davon auszugehen, dass die angesprochenen allgemeinen Verkehrskreise den Begriff nicht analysieren müssten, sondern ihn ohne Weiteres als einen schlagwortartigen Hinweis auf den neuen Trend verstünden. Gerade im Bereich der Bekleidungsbranche seien Begriffe wie „Neuheit“ und „Trend“ von besonderer Bedeutung. In kaum einer Branche sei es so wichtig, auf dem neuesten Stand zu sein. Insofern handle es sich bei "[X.]" um eine warenbezogene Angabe, die gleichzeitig einen anpreisenden Charakter habe.

8

Bei "[X.]" handle es sich auch um eine Moderichtung, die sich im Zusammenhang mit der gleichnamigen Musik in den 80er Jahren entwickelt habe, wie sich aus einer weiteren dem Beschluss beigefügten Anlage, einem Auszug aus dem Anglizismen Wörterbuch, ergebe. Darin befinde sich ein Zitat der [X.] aus dem [X.], aus dem hervorgehe, dass es sich bei "[X.]" um eine düstere, theatralisch unbeteiligte Coolness-Welle handle.

9

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde, mit der die Markeninhaberin sinngemäß beantragt,

die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben und der [X.]-Marke für die beanspruchten Waren den nachgesuchten Schutz in der [X.] [X.]land zu gewähren.

Die Markeninhaberin hält die angemeldete Marke für unterscheidungskräftig. Dem stünden die von der Markenstelle ermittelten [X.] nicht entgegen, da diese keine Verwendung der englischsprachigen Wortfolge, sondern nur der [X.] Wortfolge "neue Welle" belegten. Die angesprochenen Verkehrskreise würden "[X.]" nicht mit "neuer Trend" übersetzen.

Die Markeninhaberin stützt sich außerdem auf die Eintragung von [X.] mit dem Bestandteil "[X.]" und von [X.] für Waren der [X.] wie "[X.]", "Funk", Hardrock" oder "Blues" sowie auf bereits im Amtsverfahren eingereichte positive Entscheidungen bezüglich der streitgegenständlichen Marke durch das [X.] [X.] und das [X.] Patentamt.

Die Bezeichnung sei auch nicht freihaltungsbedürftig. "[X.]" sei allenfalls als Bezeichnung für einen bestimmten Musikstil bekannt, nicht aber für einen Kleiderstil.

In der mündlichen Verhandlung hat die Markeninhaberin ihren Standpunkt aufrechterhalten und vertieft.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache Erfolg. Der angemeldeten Wortfolge stehen für die beanspruchten Waren keine Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 [X.] entgegen.

Unterscheidungskraft im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, als Unterscheidungsmittel für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen zu dienen. (vgl. [X.] GRUR 2004, 1027, 1029 Nr. 33 - DAS [X.] DER BEQUEMLICHKEIT; [X.], 1050 - [X.]). Bei Wortmarken ist nach der Rechtsprechung des [X.] von fehlender Unterscheidungskraft auszugehen, wenn die Marke einen für die beanspruchten Waren im Vordergrund stehenden beschreibenden Sinngehalt hat oder wenn es sich um eine Wortfolge der [X.] oder einer bekannten Fremdsprache handelt, die etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (st. Rspr.; vgl. [X.], a. a. [X.], - [X.]). Diese Kriterien sind auch für die Beurteilung der markenrechtlichen Schutzfähigkeit von Werbeslogans und -ausdrücken heranzuziehen (vgl. [X.] GRUR 2001, 735, 736 - Test it).

Die von den Waren angesprochenen allgemeinen Verkehrskreise werden zwar ohne Weiteres in der Lage sein, die zum Grundwortschatz der [X.] gehörenden Worte "[X.]" mit "neue Welle" zu übersetzen. Der [X.] kann „[X.]“ bei der gebotenen Gesamtbetrachtung des Zeichens (vgl. [X.] GRUR 2001, 162 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION) jedoch keinen hinreichend klaren beschreibenden Hinweis auf die beanspruchten Waren entnehmen. Belege für eine beschreibende Verwendung der englischsprachigen Wortfolge im Inland durch Dritte hat die Markenstelle nicht ermittelt. Die dem Erinnerungsbeschluss beigefügten [X.] belegen nur eine Verwendung der [X.] Wortfolge "neue Welle" im Modebereich, nicht aber der streitgegenständlichen englischsprachigen Wortfolge.

Dass der Durchschnittsverbraucher "neue Welle" im Sinn von "neuer Trend" verstehen wird, hält der [X.] entgegen der Auffassung der Markenstelle für so zweifelhaft, dass Unterscheidungskraft nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann. Etwas Anderes ergibt sich auch nicht aus dem dem Erinnerungsbeschluss beigefügten Auszug aus dem [X.]/[X.] für Redewendungen, da der Nutzer derartiger Wörterbücher nicht mit den hier maßgeblichen inländischen Verkehrskreisen gleichzusetzen ist.

Der Umstand, dass es in den 70er und 80er Jahren eine mit "[X.]" bezeichnete Musikrichtung gab, vermag kein Schutzhindernis zu begründen. Selbst wenn dies Teilen des Publikums bekannt sein sollte, ergibt sich daraus noch keine beschreibende Angabe für Bekleidungsstücke. Der Verbraucher wird mit dieser Musikrichtung keinen speziellen Kleidungsstil verbinden.

Bei der Wortfolge handelt es sich auch nicht um eine allgemeine Werbeaussage, die einen eindeutigen, in unmittelbarem Bezug zu den beanspruchten Waren stehenden Aussagegehalt vermittelt. Im Hinblick auf die konkreten Waren bleibt die Wortfolge mehrdeutig und interpretationsbedürftig, was für Unterscheidungskraft spricht ([X.]/[X.], [X.], 9. Aufl., § 8 Rn. 92 m. w. Nachw.). Es ist außerdem weder nachgewiesen noch anderweitig ersichtlich, dass die englischsprachige Wortfolge in ihrer Gesamtheit im Inland bereits allgemein als eine die beanspruchten Waren lediglich anpreisende Werbeangabe verwendet wird.

Die angemeldete Bezeichnung unterliegt auch nicht dem Ausschlussgrund des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.]. Die Bestandteile, aus denen sich die Marke zusammensetzt, verbinden sich in ihrer Kombination nicht zu einer die Eigenschaften der Waren unmittelbar beschreibenden Angabe.

Die angefochtenen Beschlüsse waren daher aufzuheben.

Meta

27 W (pat) 237/09

18.01.2011

Bundespatentgericht 27. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 18.01.2011, Az. 27 W (pat) 237/09 (REWIS RS 2011, 10399)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 10399

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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