Bundesfinanzhof, Beschluss vom 25.06.2018, Az. IX B 138/17

9. Senat | REWIS RS 2018, 7285

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Gegenstand

Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung; Verfahrensmangel wegen unterlassener Hinzuziehung eines Sachverständigen; Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten


Leitsatz

1. NV: Das FG verstößt bei der Festlegung des Zeitpunkts für die Berücksichtigung eines Auflösungsverlusts nach § 17 Abs. 4 EStG nicht gegen die Grundsätze der Rechtsprechung des BFH, wenn es den Verlust in dem Jahr berücksichtigen will, in dem der gemeine Wert des dem Steuerpflichtigen zugeteilten oder zurückgezahlten Vermögens einerseits und die Liquidations- und Anschaffungskosten des Gesellschafters andererseits im Wesentlichen feststehen.

2. NV: Wird eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht als (verzichtbarer) Verfahrensmangel in Gestalt des Übergehens von Beweisanträgen gerügt, verliert der --fachkundig vertretene-- Kläger sein Rügerecht schon durch rügelose Verhandlung zur Sache.

Tenor

Die Beschwerde der Kläger wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des [X.] vom 19. Oktober 2017 15 K 3894/13 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Kläger zu tragen.

Gründe

1

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

2

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ([[X.].]O) sind nicht gegeben. Die Revision ist weder wegen einer Divergenz zur Rechtsprechung des [[X.].] --[[X.].]-- (§ 115 Abs. 2 Nr. 2  2. Alternative [[X.].]O, dazu unter 1.) noch wegen eines [[X.].] (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 [[X.].]O, dazu unter 2.) zuzulassen.

3

1. Der von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) vorgebrachte Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (Divergenz, § 115 Abs. 2 Nr. 2  2. Alternative [[X.].]O) liegt nicht vor.

4

a) Die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung setzt voraus, dass das Finanzgericht ([[X.].]) in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Gerichts abgewichen ist, dass dabei über dieselbe Rechtsfrage entschieden wurde und diese für beide Entscheidungen rechtserheblich war, dass die Entscheidungen zu gleichen oder vergleichbaren Sachverhalten ergangen sind, dass die abweichend beantwortete Rechtsfrage im Revisionsverfahren geklärt werden kann und dass eine Entscheidung des [[X.].] zur Wahrung der Rechtseinheit erforderlich ist (vgl. u.a. [[X.].]-Beschluss vom 8. Mai 2013 III B 140/12, [[X.].]/NV 2013, 1248).

5

b) Die Frage des Zeitpunkts der Berücksichtigung eines [[X.].]s nach § 17 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) hat in der Rechtsprechung des [[X.].] vielfach ihren Niederschlag gefunden (vgl. u.a. zuletzt [[X.].]-Urteile vom 1. Juli 2014 I[X.] R 47/13, [[X.].]E 246, 188, [[X.].], 786; vom 2. Dezember 2014 I[X.] R 9/14, [[X.].]/NV 2015, 666; vom 13. Oktober 2015 I[X.] R 41/14, [[X.].]/NV 2016, 385, und vom 10. Mai 2016 I[X.] R 16/15, [[X.].]/NV 2016, 1681). Ein [[X.].] steht danach fest und ist damit steuerlich zu berücksichtigen, wenn der gemeine Wert des dem Steuerpflichtigen zugeteilten oder zurückgezahlten Vermögens einerseits (§ 17 Abs. 4 Satz 2 EStG) und die [[X.].] und Anschaffungskosten des Gesellschafters andererseits (§ 17 Abs. 2 Satz 1 EStG) im Wesentlichen feststehen. Gleiches gilt, wenn sicher ist, dass eine Zuteilung oder Rückzahlung von Gesellschaftsvermögen an die Gesellschafter ausscheidet und die durch die Beteiligung veranlassten Aufwendungen feststehen (vgl. [[X.].]-Urteile in [[X.].]E 246, 188, [[X.].], 786, unter [[X.].]; in [[X.].]/NV 2015, 666, unter II.2.; in [[X.].]/NV 2016, 385, unter II.2.c, und in [[X.].]/NV 2016, 1681, unter II.2.a).

6

Die angefochtene Entscheidung folgt den Grundsätzen dieser Rechtsprechung. So nimmt die Entscheidung auf die tragenden Rechtsätze der vorgenannten Entscheidungen Bezug und wendet diese auf den entschiedenen Fall an. Nach den Feststellungen des [[X.].] stand im Jahr 2010 noch nicht fest, ob Vermögen an den Kläger zurückgezahlt werden kann. Zudem war das [[X.].] zu dem Ergebnis gekommen, dass im Veranlagungszeitraum 2010 die nachträglichen Anschaffungskosten des Klägers und damit die durch die Beteiligung veranlassten Aufwendungen noch nicht im Wesentlichen feststanden.

7

2. Die von den Klägern gerügten Verfahrensmängel liegen nicht vor.

8

a) Der gerügte Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 [[X.].]O) durch Nichteinholung eines Sachverständigengutachtens liegt nicht vor. Ausweislich des [[X.].] (zu dessen Beweiskraft s. § 94 [[X.].]O i.V.m. § 165 der Zivilprozessordnung --ZPO--) wurde kein Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens gestellt oder seitens der Kläger auf ihn oder andere Aufklärungsmaßnahmen hingewirkt, obwohl im Lauf des Verfahrens eindeutig erkennbar war, dass das [[X.].] eine mögliche Beweiserhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht durchzuführen beabsichtigte. Zudem hat der an der mündlichen Verhandlung teilnehmende Prozessbevollmächtigte der Kläger sich zu weiteren Aufklärungsmaßnahmen nicht geäußert, sondern [[X.].] zur Sache verhandelt. Damit haben die Kläger ihr [[X.].] durch bloßes Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge verloren (§ 155 [[X.].]O i.V.m. § 295 ZPO).

9

b) Auch der gerügte Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten ist nicht gegeben. Ein Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten liegt u.a. dann vor, wenn das [[X.].] eine nach Aktenlage feststehende Tatsache, die richtigerweise in die Beweiswürdigung hätte einfließen müssen, unberücksichtigt lässt oder seiner Entscheidung einen Sachverhalt zugrunde gelegt hat, der dem protokollierten Vorbringen der Beteiligten nicht entspricht (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. [[X.].]-Beschluss vom 28. April 2016 I[X.] B 18/16, [[X.].]/NV 2016, 1173, unter 4.b, m.w.N.; Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 115 Rz 80). Das [[X.].] hat den von den Klägern angeführten Schlussbericht des Insolvenzverwalters vom 20. Dezember 2010 als Akteninhalt zur Kenntnis genommen und ausweislich der umfangreichen Ausführungen dazu in Tatbestand und Gründen der Entscheidung auch in die rechtliche Würdigung einbezogen. Auch die angeführten Bestandteile der Insolvenzakte ([[X.].]. 89, 150, 186, 216, 238, 254, 259, 319 und [[X.].]. 334 der Insolvenzakte) wurden vom [[X.].] gewürdigt. Das Gleiche gilt für den von den Klägern angeführten Umstand der Reduzierung der Forderung des Kreditinstituts [X.] und dem Umstand, dass doch noch Auszahlungen an die Gläubiger erfolgt waren. Dass es aufgrund der Würdigung dieser Unterlagen dennoch zu einem für die Kläger nachteiligen Ergebnis kam, kann einen Verstoß gegen den Inhalt der Akten nicht begründen.

3. Von einer weiter gehenden Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 [[X.].]O abgesehen.

4. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [[X.].]O.

Meta

IX B 138/17

25.06.2018

Bundesfinanzhof 9. Senat

Beschluss

vorgehend FG Köln, 19. Oktober 2017, Az: 15 K 3894/13, Urteil

§ 76 Abs 1 S 1 FGO, § 94 FGO, § 115 Abs 2 Nr 2 Alt 2 FGO, § 115 Abs 2 Nr 3 FGO, § 155 FGO, § 17 Abs 2 S 1 EStG 2009, § 17 Abs 4 S 2 EStG 2009, § 165 ZPO, § 295 ZPO, EStG VZ 2010

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 25.06.2018, Az. IX B 138/17 (REWIS RS 2018, 7285)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 7285

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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