Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.11.2002, Az. VI ZB 54/01

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2002, 883

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[X.] ZB 54/01vom5. November 2002in dem [X.]:[X.]: neinZPO § 233 Ia) Eine Prozeßpartei hat bei Änderung ihres Aufenthaltsortes, insbesondere bei ei-nem Umzug, dafür Sorge zu tragen, daß sie für ihre Prozeßbevollmächtigten er-reichbar bleibt.b) Dies setzt nicht in jedem Fall eine ständige postalische Erreichbarkeit voraus;vielmehr kann auch die Mitteilung einer Mobilfunknummer ausreichen, über die ei-ne fernmündliche Kontaktaufnahme möglich ist.c) Erkennt die [X.] einen Defekt ihres Mobiltelefons, der sie am Abhören der aufihrer "Mailbox" eingegangenen Nachrichten hindert, gereicht es ihr zum prozessu-alen Verschulden im Sinne des § 233 ZPO, wenn sie im Hinblick auf eine zu er-wartende gerichtliche Entscheidung nicht von sich aus Kontakt mit ihren Prozeß-bevollmächtigten aufnimmt.[X.], Beschluß vom 5. November 2002 - [X.]/01 - [X.] Kiel- 2 -Der VI. Zivilsenat des [X.] hat am 5. November 2002 durch [X.] Richterin Dr. Müller, [X.], die Richterin [X.] und [X.] und Zollbeschlossen:Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluß [X.] Zivilsenats des [X.] [X.] vom 26. November 2001 wird auf ihre Kosten zurück-gewiesen.[X.]: 92.033 Gründe:[X.] Klägerin nimmt die Beklagten auf Zahlung von Schmerzensgeld undFeststellung wegen eines ärztlichen Behandlungsfehlers in Anspruch. Das ihreKlage abweisende Urteil des [X.] ist ihrer Prozeßbevollmächtigten am5. September 2001 zugestellt worden. Am 1. November 2001 hat die [X.] eingelegt und beantragt, ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Standwegen Versäumung der Berufungsfrist zu gewähren.Zur Begründung ihres [X.] hat sie eidesstattlichversichert, sie sei seit 01. April 2001 als Assistenzärztin in [X.] tätig. [X.] dorthin sei am 14. April 2001 erfolgt. Zuvor sei ihr erster Wohnsitz in- 3 -A. /B. gewesen, der zweite Wohnsitz in [X.]. Sie habe [X.] 2001 bei der [X.] einen Nachsendeantrag von ihrer Anschrift inA. /B. an ihre neue Anschrift in M. gestellt. Daß dieser Antragnach sechs Monaten automatisch ablaufen würde, sei ihr nicht bekannt gewe-sen. Darüber hinaus habe sie in der mündlichen Verhandlung vom 2. Juli 2001,wo sie aufgrund einer Verhinderung ihrer Prozeßbevollmächtigten anwaltlichnicht vertreten gewesen sei, dem Gericht - ohne daß dies im Terminsprotokolloder in den Akten vermerkt ist - ihre neue Anschrift in [X.]mitgeteilt.Das klageabweisende landgerichtliche Urteil habe ihre [X.] [X.] übersandt, der es am 21. September 2001 zuge-gangen sei. Dieser sei lediglich die Anschrift in [X.]bekannt gewe-sen, wobei an diese Anschrift gerichtete Korrespondenz nicht zurückgekommensei. Anrufe der Rechtsanwältin in [X.]seien erfolglos geblieben. Sie,die Klägerin, sei auch nicht über ihr Mobiltelefon erreichbar gewesen. [X.] zwar Anfang Oktober 2001 noch einschaltbar gewesen, bei Anruf der [X.] habe sich jedoch das Mobiltelefon abgeschaltet, so daß sie die hierauf ge-sprochene Nachricht ihrer [X.] über den drohenden Ablaufder Berufungsfrist gegen das ergangene Urteil nicht habe abhören können. Aufihre fernmündliche Anfrage beim [X.] habe sie am 19. Oktober 2001erstmals von der Existenz eines Urteils und der bereits abgelaufenen Beru-fungsfrist erfahren. Nach einem entsprechenden Schreiben des [X.]vom 22. Oktober 2001, zugegangen am 25. Oktober 2001, mit einem Hinweisauf die Möglichkeit eines Wiedereinsetzungsantrages habe sie sich am [X.] an ihre Prozeßbevollmächtigte gewandt mit der Bitte, ihr bei der [X.] beim Berufungsgericht zugelassenen Anwalts behilflich zu sein. [X.] das Schreiben an die [X.] weitergeleitet, die in [X.] am 30. Oktober 2001 erstmals von der neuen Anschrift derKlägerin erfahren [X.] -[X.] hat den Antrag der Klägerin auf [X.] den vorigen Stand zurückgewiesen und die Berufung der Klägerin gegen [X.] des [X.] als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es imwesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe gegen die ihr als Prozeßpartei ob-liegende Sorgfalt verstoßen, indem sie nicht sichergestellt habe, für ihre Pro-zeßbevollmächtigten erreichbar zu sein. Dies gelte insbesondere auch im [X.] darauf, daß sie nach Durchführung der Beweisaufnahme, an der sie per-sönlich teilgenommen habe, in absehbarer Zeit mit dem Erlaß eines Urteils ha-be rechnen müssen. Tatsächlich sei sie aber für ihre [X.]weder auf dem [X.]wege noch telefonisch erreichbar gewesen. Es habe nichtausgereicht, daß die Klägerin ihre Mobilfunknummer mitgeteilt habe. Neben [X.] einer Telefonnummer sei in jedem Fall auch die Mitteilung einer An-schrift erforderlich, unter der der Betreffende postalisch zu erreichen sei. [X.] die Telekommunikation über Mobilfunk generell unsicherer als [X.] das Festnetz, da das Mobilfunknetz teilweise nicht flächendeckend und dieGeräte anfälliger seien. So sei im vorliegenden Fall das Mobiltelefon defekt ge-wesen, so daß ein Abhören der Mailbox unmöglich gewesen sei. Die Klägerinkönne sich auch nicht darauf berufen, dem Gericht am 2. Juli 2001 in [X.] ihrer Prozeßbevollmächtigten mündlich ihre neue Anschrift mitgeteilt zuhaben. Die Mitteilung der Anschrift an das Gericht ersetze nicht deren Mitteilungan die Prozeßbevollmächtigten, zumal Ansprechpartner des Gerichts im An-waltsprozeß nicht die [X.] selbst, sondern deren Prozeßbevollmächtigte seienund deshalb die Anschrift der [X.] eine untergeordnete Rolle spiele. Ob weite-re Sorgfaltspflichtverletzungen auf Seiten der Anwälte der Klägerin vorlägen,könne in Anbetracht der eigenen Sorgfaltspflichtverletzungen der Klägerin da-hinstehen, zumal sie sich diejenigen ihrer Anwälte nach § 85 Abs. 2 ZPO zu-rechnen lassen [X.] 5 -I[X.] gemäß §§ 519b, 546, 577 ZPO a.F. zulässige Beschwerde hat in [X.] keinen Erfolg. Im Ergebnis mit Recht hat das [X.] der Klä-gerin die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand versagt und dieBerufung als unzulässig verworfen. Aus dem Sachvortrag der Klägerin ergibtsich nämlich nicht, daß sie ohne ihr Verschulden gehindert war, die Berufungs-frist einzuhalten (§ 233 ZPO).1. [X.] ist zutreffend davon ausgegangen, daß nachständiger Rechtsprechung des [X.] eine Prozeßpartei bei einerÄnderung ihres Aufenthaltsortes, insbesondere bei einem Umzug, Sorge tragenmuß, daß sie für ihren Prozeßbevollmächtigten - insbesondere wenn mit [X.] einer rechtsmittelfähigen Entscheidung zu rechnen ist - erreichbar bleibt(vgl. etwa [X.], Beschluß vom 24. Juli 2000 - [X.] - NJW 2000, 3143;vom 19. Dezember 1994 - [X.] - [X.], 810, 811; vom 8. Juni1988 - [X.] - [X.], 1055 f. m.w.[X.] dieser Grundlage entlastet es die Klägerin im Hinblick auf das Gebotprozessualer Sorgfalt nicht, daß sie sich auf einen Nachsendeauftrag verlassenhat, ohne sich - insbesondere im Hinblick auf die seit ihrem Umzug verstricheneZeit - über dessen Laufzeit zu informieren.Entsprechendes gilt für ihr Vorbringen, dem Gericht im Termin vom2. Juli 2001 mündlich ihre neue Anschrift mitgeteilt zu haben. Das Berufungsge-richt hat insoweit mit Recht darauf hingewiesen, daß die Mitteilung der neuenAnschrift gegenüber dem Gericht nicht deren Mitteilung an die [X.] ersetzt. Im Anwaltsprozeß ist [X.] für das Gerichtgrundsätzlich nicht die [X.] selbst, sondern ihr Prozeßbevollmächtigter (vgl.§ 176 ZPO a.F.).- 6 -2. Dem Berufungsgericht kann allerdings im Hinblick auf die prozessua-len Anforderungen an die Erreichbarkeit einer [X.] für ihren [X.] nicht darin beigetreten werden, diesem gegenüber sei neben [X.] einer Telefonnummer in jedem Fall auch die Mitteilung einer [X.], unter welcher die [X.] postalisch zu erreichen sei. Eine solcheAnforderung läßt sich der Rechtsprechung des [X.] nicht ent-nehmen. Insbesondere nach dem Beschluß vom 24. Juli 2000 - [X.] -(aaO) reicht die Möglichkeit einer telefonischen Kontaktaufnahme aus, die [X.] - wie noch auszuführen sein wird - zuverlässig gesichert sein muß.Deshalb kann das Erfordernis einer ständigen postalischen Erreichbarkeit der[X.] für ihren Prozeßbevollmächtigten allenfalls dann in Betracht kommen,wenn eine andere Kommunikationsmöglichkeit nicht besteht. Dies war hier [X.] grundsätzlich der Fall, da die Klägerin ihre Mobilfunknummer mitgeteilthatte. Für die Auffassung des Berufungsgerichts, die Telekommunikation überMobilfunk sei generell unsicherer als diejenige über das Festnetz, fehlt es antatsächlichen Feststellungen. Selbst wenn das Mobilfunknetz teilweise nichtflächendeckend sein sollte, dürfte - wie auch sonst - die dadurch verursachtevorübergehende Nichterreichbarkeit des Teilnehmers regelmäßig nur dazu füh-ren, daß ein Anruf auf die sogenannte Mailbox umgeleitet wird und dort [X.] werden kann.3. Es muß jedoch im Ergebnis zu Lasten der Klägerin gehen, daß sie imvorliegenden Fall für ihre Prozeßbevollmächtigten tatsächlich telefonisch nichterreichbar war.Zwar würde allein der technische Defekt des Mobiltelefons der [X.] zum Verschulden im Sinne des §§ 233 ZPO gereichen, zumal nicht davonausgegangen werden kann, daß Mobiltelefone generell störungsanfälliger sindals Festnetztelefone mit Anrufbeantworter. [X.] ist dem Vorbringen der- 7 -Klägerin zu entnehmen, daß sie seinerzeit den Defekt ihres Mobiltelefons er-kannt hat. Das stellt auch die Beschwerdebegründung nicht in Abrede. Bei die-ser Sachlage hätte der von ihr festgestellte Defekt ihres Mobiltelefons die Klä-gerin im Hinblick auf die zu erwartende Entscheidung des [X.] jeden-falls dazu veranlassen müssen, von sich aus Kontakt mit ihren [X.] aufzunehmen, um sich gegebenenfalls über den Inhalt der Ent-scheidung und eine etwa bereits laufende Rechtsmittelfrist zu informieren (vgl.[X.], Beschluß vom 19. Dezember 1994 - [X.] - [X.], 810,811). Da sie insoweit untätig geblieben ist, hat sie nicht die prozessuale Sorgfaltaufgewendet, die in der konkreten Situation von ihr erwartet werden konnte.[X.] hat ihr mithin im Ergebnis mit Recht die Wiedereinset-zung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist [X.] ihre Berufung als unzulässig verworfen.[X.] [X.] Zoll

Meta

VI ZB 54/01

05.11.2002

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.11.2002, Az. VI ZB 54/01 (REWIS RS 2002, 883)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 883

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