Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.09.2002, Az. III ZB 44/02

III. Zivilsenat | REWIS RS 2002, 1415

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[X.] 44/02vom26. September 2002in dem [X.]:ja[X.]Z:[X.]:ja ZPO § 234 [X.] den Sorgfaltspflichten eines Rechtsanwalts bei der Wahrung der Wie-dereinsetzungsfrist (hier: bei einem [X.] in der Berufungsin-stanz, der stattfindet, wenn die Berufung durch den früheren [X.] vermeintlich längst frist- und formgerecht eingelegt undbegründet worden ist, und sich nachträglich herausstellt, daß die Beru-fungsschrift nicht unterzeichnet gewesen [X.], Beschluß vom 26. September 2002 - [X.]/02 -OLG [X.] LG [X.]- 2 -Der III. Zivilsenat des [X.] hat durch den Vorsitzenden [X.]. [X.] und [X.] [X.], [X.], [X.] und [X.] am [X.] 2002beschlossen:Auf die Rechtsbeschwerde des Beklagten wird der Beschluß des9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts [X.] vom 17. Mai 2002aufgehoben.Dem Beklagten wird wegen der Versäumung der Frist zur [X.] der Berufung gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Land-gerichts [X.] vom 20. November 2001 Wiedereinsetzung inden vorigen Stand bewilligt.Die Sache wird zur Entscheidung über die Berufung und über [X.] des [X.] an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.Gründe:[X.] das ihm am 22. November 2001 zugestellte Urteil des Landge-richts hat der Beklagte Berufung eingelegt. Die Berufungsschrift, die durch [X.] am 20. Dezember 2001 und im Original am 21. Dezember 2001 beim- 3 -Oberlandesgericht eingegangen ist, war von seinem damaligen [X.] nicht unterzeichnet. Mit unterschriebenem Schriftsatz vom7. Januar 2002 beantragte Rechtsanwalt S., der damalige [X.] des Beklagten, Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist, die ihm [X.] vom 9. Januar 2002 bis zum 20. Februar 2002 gewährt wurde. [X.] Februar 2002 ging die von Rechtsanwalt S. unterschriebene Berufungsbe-gründung des Beklagten ein.Am 6. März 2002 legte der Kläger gegen das landgerichtliche Urteil [X.] ein. Mit Schriftsatz vom 26. März 2002 zeigten die jetzigenProzeßbevollmächtigten des Beklagten an, daß dieser sie mit der [X.] in der Berufungsinstanz beauftragt habe und das Mandat [X.] beendet sei. Sie erklärten, daß sie "für eine sinnvolle undsachgerechte Mandatsbearbeitung" Einsicht in die Gerichtsakten benötigten.Diese wurde ihnen antragsgemäß bewilligt. Am 8. April 2002 erklärten sie, siehätten erst bei Durchsicht der ihnen überlassenen Gerichtsakte festgestellt,daß der Kläger Anschlußberufung eingelegt habe. Sie erbaten eine Verlänge-rung der Frist zur Stellungnahme auf die Anschlußberufung bis zum [X.], die ihnen durch Verfügung des Vorsitzenden vom 9. April 2002 bewilligtwurde. Am 10. April 2002 gaben sie die Gerichtsakten zurück. Mit [X.] 16. April 2002 wies der Berichterstatter beide [X.]en darauf hin, daß [X.] des Beklagten nicht unterschrieben sei. Daraufhin [X.] Beklagte am 24. April 2002 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. [X.] angefochtenen Beschluß vom 17. Mai 2002 wurde die Berufung des [X.] als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die frist- und formge-recht eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde, mit der der Beklagte [X.], ihm unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses wegen der Ver-- 4 -säumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewäh-ren.II.Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Insbesondere ist sie nach §§ 522Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO n.F., § 26 Nr. 10 EGZPO statthaft. Sie istauch im übrigen zulässig, da die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechungeine Entscheidung des Senats erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO n.F.). [X.] ist auch begründet.1.a) In der Rechtsprechung des [X.] ist anerkannt, daßeine Wiedereinsetzung wegen Versäumung einer Frist auch dann in [X.], wenn die fristgebundene Prozeßhandlung zwar rechtzeitig, jedoch un-wirksam vorgenommen worden ist. Es macht für die Frage der Wiedereinset-zung in den vorigen Stand keinen Unterschied, ob die [X.] ohne ihr [X.] verhindert war, die Berufungsfrist überhaupt oder in wirksamer Weiseeinzuhalten ([X.], Beschluß vom 18. Mai 2000 - [X.] = NJW 2000,3286 m.w.[X.]) [X.] ist, daß der Beklagte es unterlassen hat, innerhalb [X.] die versäumte Prozeßhandlung (hier: die Einlegung der Berufung)nachzuholen, wie § 236 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 ZPO dies an sich vorschreibt.Von einer erneuten, formgerechten Einlegung der Berufung konnte der [X.] absehen, weil in der dem Berufungsgericht vorliegenden ordnungsge-mäß unterzeichneten Berufungsbegründung zugleich die Prozeßhandlung [X.] enthalten war. Die versäumte Prozeßhandlung braucht dann nicht- 5 -nachgeholt zu werden, wenn sie bereits vor Stellung des Antrags auf Wieder-einsetzung in den vorigen Stand gegenüber dem Gericht vorgenommen [X.] ist. Im vorliegenden Fall entsprach die Berufungsbegründung, wie [X.] mit Recht hervorhebt, auch in ihrer äußeren Gestalt sämtli-chen Formerfordernissen der Berufungsschrift selbst. Damit enthielt sie zu-gleich eine Wiederholung der Berufung. Es würde eine überflüssige Förmeleibedeuten, eine Prozeßhandlung nachzuholen, wenn der hierauf [X.] dem Gericht bereits vorliegt ([X.], Beschluß vom 18. Mai 2000 aaOmit zahlreichen weiteren Nachweisen).c) Der Beklagte hat bereits zugleich mit der Anbringung des Wiederein-setzungsgesuchs eine anwaltliche Versicherung des Rechtsanwalts S. und ei-ne eidesstattliche Versicherung von dessen [X.] vorgelegt, ausdenen sich ergibt, daß Rechtsanwalt S. sein Büropersonal allgemein angewie-sen hatte, sämtliche ausgehenden Schriftsätze vor der Absendung auf [X.] der Unterschrift zu überprüfen, ferner, daß es sich bei der mitder Kontrolle beauftragten Mitarbeiterin [X.] um eine geschulte, regelmäßigüberprüfte und zuverlässige Kanzleikraft gehandelt hatte, der am [X.] infolge eines bloßen Versehens entgangen war, daß bei den diesenRechtsstreit betreffenden Exemplaren der Berufungsschrift im Unterschied zudenjenigen eines Parallelprozesses die Unterschrift fehlte. Mangels entgegen-stehender Feststellungen des Berufungsgerichts ist damit hinreichend [X.] gemacht, daß dem Rechtsanwalt S. weder ein persönliches noch ein Or-ganisationsverschulden an der Fristversäumung zur Last fällt. Ist eine fristge-recht eingereichte Berufungsschrift versehentlich nicht vom [X.] unterzeichnet worden und wird deshalb die Rechtsmittelfrist ver-säumt, so kann der [X.] Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt- 6 -werden, wenn der Prozeßbevollmächtigte sein Büropersonal allgemein ange-wiesen hatte, sämtliche ausgehenden Schriftsätze vor der Absendung auf [X.] der Unterschrift zu überprüfen (vgl. [X.], Urteil vom6. Dezember 1995 - [X.] = NJW 1996, 998).2.Das Berufungsgericht, das insoweit im Rahmen des Verwerfungsbe-schlusses eine Inzidentprüfung vorgenommen hat, läßt den Wiedereinset-zungsantrag daran scheitern, daß die [X.] des § 234 [X.] sei. Es meint, die jetzigen Prozeßbevollmächtigten des Beklagtenhätten bei der ihnen nach dem [X.] auf ihr Ersuchen hin gewährtenAkteneinsicht den Formmangel der Berufungsschrift erkennen können undmüssen; dadurch sei die [X.] in Lauf gesetzt worden. [X.] auszugehen sei, daß die Akten spätestens bis zum 8. April 2002 einge-sehen worden seien, habe diese Frist spätestens am 22. April 2002 geendet.Hiergegen wendet sich die Rechtsbeschwerde zu Recht. Das [X.] die Sorgfaltspflichten überspannt, die einen nachfolgenden [X.] bei der Bearbeitung eines Mandats treffen, das ein von seinemVorgänger vermeintlich längst formell ordnungsgemäß eingelegtes und be-gründetes Rechtsmittel betrifft. Zutreffend macht die Rechtsbeschwerde dazufolgendes geltend:a) Rechtsanwalt [X.] (der neue Prozeßbevollmächtigte des Beklagten)hatte sich die Gerichtsakten zu einem Zeitpunkt aushändigen lassen, als [X.] und [X.] längst fristgerecht eingereichtwaren. Von einer Fristversäumung (hier: wegen fehlender Unterschrift auf [X.]sschrift) war nichts bekannt. Die Einsicht der Gerichtsakten standnicht im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Prozeßhandlung; die [X.] war, als er das Mandat übernahm, längst form- undfristgerecht gewahrt. Vielmehr diente die Akteneinsicht ersichtlich der weiterenVorbereitung des Berufungsverfahrens, insbesondere im Hinblick darauf, obnach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist (§ 519 ZPO a.F.) noch [X.] Vorbringen angezeigt und möglich war.Rechtsanwalt [X.] als dem neuen Prozeßbevollmächtigten des [X.] sich aber auch die Notwendigkeit, die Berufungsschrift auf form- undfristgerechte Einreichung zu überprüfen, in keiner Weise auf. Weder der [X.] selbst als [X.] noch dessen früherer Prozeßbevollmächtigter, [X.], hatten aufgrund des hier in Rede stehenden Versehens einen An-haltspunkt für die Annahme, daß die rechtzeitig eingereichte [X.] nicht unterzeichnet gewesen sein könnte.b) Dem Berufungsgericht selbst lag die Berufungsschrift seit [X.] Dezember 2001 vor; es verfügte die Anforderung der erstinstanzlichen Ak-ten, die Anforderung der Prozeßgebühr und die Zustellung der [X.] an den [X.] (Verfügung vom 21. Dezember 2001); [X.] die Sitzgruppe mit Berichterstatter und Beisitzer (Verfügung vom24. Dezember 2001); der Vorsitzende verlängerte mit Verfügung vom 9. [X.] antragsgemäß die Berufungsbegründungsfrist; mit Verfügung des [X.] vom 21. Februar 2002 wurden die [X.]en zur Vorbereitung der [X.] und Bekanntgabe ihrer [X.] im März und April gebe-ten; mit Verfügung vom 5. März 2002 wurde Termin zur Berufungsverhandlungbestimmt; nach Eingang der Anschlußberufung vom 5. März 2002 wurde [X.] Frist zur Stellungnahme bis 8. April 2002 gesetzt, und [X.] dem Beklagten mit Verfügung vom 9. April 2002 antragsgemäß die Frist- 8 -zur Stellungnahme auf die Anschlußberufung bis 22. April 2002 verlängert. [X.] 16. April 2002 bemerkte das Berufungsgericht, daß die [X.] unterschrieben war, und kündigte seine Absicht an, die Berufung als [X.] zu verwerfen. Fast über vier Monate hat das Berufungsgericht, demdie Akten vorlagen und das deshalb allein anhand der eingereichten Beru-fungsschrift das Vorhandensein (oder Nichtvorhandensein) der Unterschriftfeststellen konnte, durch Schweigen den Eindruck erweckt, daß jedenfalls [X.] offenkundiger Mangel wie das Fehlen der Unterschrift auf der Berufungs-schrift nicht bestehe, sondern hat das Verfahren beanstandungslos durch diegenannten zahlreichen Verfügungen weiterbetrieben.c) Hieraus zieht die Rechtsbeschwerde die zutreffende Folgerung, daßsich in dieser Situation dem nach dem [X.] neu beauftragten [X.] die Notwendigkeit einer Überprüfung gerade nicht auf-drängen mußte. Zwar ist dem Berufungsgericht im Ansatz darin beizupflichten,daß ein Rechtsanwalt, der ein Berufungsmandat übernimmt, die Erfolgsaus-sichten des Rechtsmittels zu prüfen hat, wozu zwingend die Prüfung von [X.] Zulässigkeit gehört. Dies gilt aber in erster Linie insoweit, als es sich umein Rechtsmittelmandat handelt, das innerhalb offener oder vermeintlich offe-ner Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsfrist erteilt wird. In einer [X.], in der - wie hier - beide Fristen längst abgelaufen und (vermeintlich) [X.] durch rechtzeitige Einreichung der Rechtsmittel- und Rechtsmittelbe-gründungsfrist gewahrt waren, besteht dagegen für den neuen [X.], der die Gerichtsakten zur Vorbereitung der weiteren Prozeßfüh-rung - im Rahmen einer "sinnvollen und sachgerechten Mandatsbearbeitung" -benötigt, keine besondere Veranlassung, zur Wahrung der längst verstriche-nen Berufungs- und Berufungsbegründungsfristen Maßnahmen zu ergreifen- 9 -und anhand der von ihm zu anderem Zweck angeforderten Gerichtsakten [X.] der Rechtsmitteleinlegung nachträglich in eigener Verantwortlichkeitzu [X.] angefochtene Beschluß kann daher keinen Bestand haben. [X.] ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Die [X.] -ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, welches nunmehr in eine Prü-fung der Begründetheit der Berufung und der Anschlußberufung einzutretenhaben wird.[X.][X.] [X.][X.] [X.]

Meta

III ZB 44/02

26.09.2002

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.09.2002, Az. III ZB 44/02 (REWIS RS 2002, 1415)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 1415

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