Bundesverfassungsgericht, Stattgebender Kammerbeschluss vom 12.11.2015, Az. 1 BvR 2961/14, 1 BvR 3051/14

1. Senat 2. Kammer | REWIS RS 2015, 2452

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Stattgebender Kammerbeschluss: Verletzung von Art 2 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 3 GG durch rückwirkende Erhebung kommunaler Abwasseranschlussbeiträge - hier: Abgabenerhebung gem § 8 Abs 7 S 2 KAG BB idF vom 17.12.2003 in Fällen, in denen die Beiträge nicht mehr nach § 8 Abs 7 S 2 KAG BB idF vom 27.06.1991 hätten erhoben werden können, da mit Entstehen der Beitragspflicht durch rückwirkendes Inkrafttreten einer wirksamen Beitragssatzung zugleich Festsetzungsverjährung eingetreten wäre


Tenor

1. Der Beschluss des [X.] vom 29. September 2014 - [X.] - und das Urteil des [X.] vom 4. März 2014 - [X.] 1076/12 - verletzen die Beschwerdeführerin zu 1) in ihrem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes (Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes). Der Beschluss des [X.] wird aufgehoben und die Sache an dieses zurückverwiesen.

2. Das Urteil des [X.] vom 13. November 2013 - [X.] -, das Urteil des [X.] vom 8. Juni 2011 - [X.] 1033/09 -, der Widerspruchsbescheid der Stadtverwaltung [X.] vom 2. März 2010 - [X.]/sd-rei - und der Beitragsbescheid der Stadtverwaltung [X.] vom 12. Mai 2009 - 644900047 - verletzen die Beschwerdeführerin zu 2) in ihrem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes (Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes). Das Urteil des [X.] wird aufgehoben. Damit wird der Beschluss des [X.] gegenstandslos. Die Sache wird an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.

3. Das [X.] hat den Beschwerdeführerinnen ihre notwendigen Auslagen zu erstatten.

4. [X.] 1 BvR 3051/14 wird auf 10.000 € (in Worten: zehntausend Euro) festgesetzt.

Gründe

1

Die Beschwerdeführerinnen wenden sich mit ihren [X.] gegen ihre Heranziehung zu Kanalanschlussbeiträgen.

2

1. § 8 Abs. 7 Satz 2 [X.] Bbg regelt das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht für leitungsgebundene Einrichtungen oder Anlagen, die der Versorgung oder der Abwasserbeseitigung dienen. Die Vorschrift lautete in ihrer ursprünglichen Fassung vom 27. Juni 1991 ([X.]; im Folgenden: § 8 Abs. 7 Satz 2 [X.] Bbg a.F.) wie folgt:

§ 8

Beiträge

(…)

(7) (…) Wird ein [X.] nach Absatz 4 erhoben, so entsteht die Beitragspflicht, sobald das Grundstück an die Einrichtung oder Anlage angeschlossen werden kann, frühestens jedoch mit dem Inkrafttreten der Satzung; die Satzung kann einen späteren Zeitpunkt bestimmen. (…)

3

Das Oberverwaltungsgericht für das [X.] legte diese Vorschrift im [X.] an das Urteil des [X.] für das [X.] vom 18. Mai 1999 (- 15 A 2880/96 -, NVwZ-RR 2000, [X.]) mit Urteil vom 8. Juni 2000 (- 2 D 29/[X.] -, juris, Rn. 43 ff.) so aus, dass mit der Satzung "ausschließlich die erste nach Inkrafttreten des [X.] erlassene jeweilige [X.]ssatzung (gemeint sei), wobei es nicht auf die formelle und materielle Gültigkeit dieser Satzung, sondern ausschließlich auf den formalen Akt des [X.]" ankomme. Maßgeblicher Zeitpunkt für das Entstehen der Beitragspflicht für ein Grundstück, das an die Einrichtung oder Anlage angeschlossen werden könne, sei der Zeitpunkt des erstmaligen Erlasses einer Satzung mit [X.] Geltungsanspruch. Nur eine zu diesem Zeitpunkt - gegebenenfalls aufgrund rückwirkenden Inkrafttretens - gültige Satzung könne Rechtsgrundlage der Beitragserhebung sein.

4

2. Mit Wirkung zum 1. Februar 2004 änderte der [X.] Gesetzgeber das [X.] durch das [X.] der Kommunen von [X.] Aufgaben vom 17. Dezember 2003 ([X.]) dahingehend, dass die sachliche Beitragspflicht für eine leitungsgebundene Einrichtung oder Anlage, die der Versorgung oder der Abwasserbeseitigung dient, frühestens mit dem Inkrafttreten einer "rechtswirksamen" Satzung entsteht. § 8 Abs. 7 Satz 2 [X.] Bbg erhielt damit folgende Fassung (im Folgenden § 8 Abs. 7 Satz 2 [X.] Bbg n.F.):

§ 8

Beiträge

(…)

(7) (…) Wird ein [X.] nach Absatz 4 erhoben, so entsteht die Beitragspflicht, sobald das Grundstück an die Einrichtung oder Anlage angeschlossen werden kann, frühestens jedoch mit dem Inkrafttreten der rechtswirksamen Satzung; die Satzung kann einen späteren Zeitpunkt bestimmen. (…)

5

In der Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung ([X.] 3/6324, [X.] f.) wurde hierzu ausgeführt, die Vorschrift sei in ihrer alten Fassung entgegen der Intention des Gesetzgebers durch die Rechtsprechung im Land dahingehend ausgelegt worden, dass es auf eine rechtswirksame Satzung nicht ankomme, sondern für die Entstehung der Beitragspflicht eine Satzung auch dann genüge, wenn sie nach ihrem Inkrafttreten der Nichtigkeit anheimfalle. Dies habe in der Vergangenheit zu großen Beitragsausfällen bei den Aufgabenträgern geführt, da Ansprüche nicht mehr innerhalb der [X.] hätten geltend gemacht werden können. Um künftige Beitragsausfälle bei den Gemeinden und anderen Aufgabenträgern zu vermeiden, werde mit der Gesetzesänderung eine Klarstellung vorgenommen, indem die Voraussetzung einer rechtswirksamen Satzung ausdrücklich festgeschrieben werde.

6

3. Durch Artikel 1 des [X.] zur Änderung des [X.]es für das [X.] vom 2. Oktober 2008 ([X.]) wurde ergänzend zu den bestehenden Vorschriften über die Festsetzungsverjährung von Beiträgen § 12 Abs. 3a [X.] Bbg in das [X.] [X.] eingefügt. Diese Vorschrift lautet:

§ 12

Anwendung der Abgabenordnung

(…)

(3a) Bei der Erhebung eines Beitrages für den [X.] an eine leitungsgebundene Einrichtung oder Anlage im Bereich der Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung nach § 8 Abs. 7 oder die Möglichkeit eines solchen [X.]es endet die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des 31. Dezember 2011. Satz 1 gilt nur, soweit die Festsetzungsverjährung zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des [X.] zur Änderung des [X.]es für das [X.] vom 2. Oktober 2008 (GVBl. [X.]) noch nicht eingetreten ist.

(…)

7

Mit der Einfügung des § 12 Abs. 3a [X.] Bbg wollte der Gesetzgeber sich selbst und den Gemeinden und Zweckverbänden Zeit für die Lösung des "Altanschließerproblems" verschaffen.

8

4. In Reaktion auf den Beschluss des [X.] vom 5. März 2013 ([X.] 133, 143) fügte der [X.] Gesetzgeber schließlich durch Artikel 1 des [X.] für das [X.] vom 5. Dezember 2013 ([X.] Nr. 40 S. 1) einen neuen § 19 in das [X.] ein:

§ 19

Zeitliche Obergrenze für den [X.]

(1) Abgaben zum [X.] dürfen mit Ablauf des 15. Kalenderjahres, das auf den Eintritt der [X.] folgt, nicht mehr festgesetzt werden. Die §§ 169 Absatz 1 Satz 3 und 171 der Abgabenordnung gelten in der in § 12 Absatz 1 Nummer 4 Buchstabe b angeordneten Weise entsprechend. Aufgrund der Sondersituation nach der [X.] ist der Lauf der Frist bis zum 3. Oktober 2000 gehemmt.

(2) Das Land erstattet den Gemeinden die von ihnen nachzuweisenden Mehrbelastungen, die ihnen ohne Verschulden durch Absatz 1 entstehen. Ohne Verschulden entstanden sind Mehrbelastungen insbesondere dann nicht, wenn die Gemeinden sie durch zumutbare eigene Anstrengungen abwenden können. [X.] sind insbesondere alle Maßnahmen zum Erlass rechtswirksamer Satzungen und darauf beruhender wirksamer Abgabenbescheide.

(3) Im Falle der Erstattung nach Absatz 2 Satz 1 trägt die Gemeinde hinsichtlich der zumutbaren Anstrengungen die Darlegungs- und Beweislast.

9

Zur Begründung des Gesetzentwurfs führte die Landesregierung aus, die Grundsätze der Entscheidung des [X.] seien auch bei der Rechtsetzung im [X.] zu beachten (vgl. [X.] 5/7642, [X.]). § 19 Abs. 1 [X.] Bbg solle für alle Fälle des [X.]s durch Abgaben, die an zurückliegende Tatbestände anknüpften, im Ergebnis sicherstellen, dass der [X.] nicht unbegrenzt nach Eintritt der [X.] erfolgen könne. Die Abgabenschuldner sollten aufgrund der gesetzlichen Regelung Klarheit haben, wann sie mit einer Inanspruchnahme nicht mehr rechnen müssten.

1. Die Beschwerdeführerin im Verfahren 1 BvR 2961/14 (im Folgenden: Beschwerdeführerin zu 1) ist Eigentümerin eines Grundstücks, das bereits vor dem 3. Oktober 1990 an die [X.] im Gebiet der beklagten Stadt (im Folgenden: Beklagte) angeschlossen wurde.

Die erste Kanalanschlussbeitragssatzung der [X.], die sich in der Folge als unwirksam erwies, sollte zum 30. Juni 1993 in [X.] treten. Nach den Feststellungen der Verwaltungsgerichte gelang es der [X.] erst mit der Kanalanschlussbeitragssatzung vom 1. Dezember 2008, die zum 1. Januar 2009 in [X.] trat, eine wirksame Satzung zu erlassen.

Die Beklagte zog die Beschwerdeführerin zu 1) mit Bescheid vom 29. November 2011 für das Grundstück zu einem Kanalanschlussbeitrag in Höhe von 2.520,25 € heran. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte zurück. Das Verwaltungsgericht wies die Klage der Beschwerdeführerin zu 1) gegen den Bescheid und den Widerspruchsbescheid ab.

Den Antrag der Beschwerdeführerin zu 1) auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des [X.] lehnte das Oberverwaltungsgericht ab. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin zu 1) wecke keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ihre Beitragspflicht sei nicht schon bis zum Inkrafttreten der Neuregelung des § 8 Abs. 7 Satz 2 [X.] Bbg verjährt gewesen. Die Festsetzungsfrist beginne erst mit Ablauf des Jahres zu laufen, in dem die sachliche Beitragspflicht entstanden sei (§ 12 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b [X.] Bbg in Verbindung mit § 38 [X.], § 12 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b [X.] Bbg in Verbindung mit § 170 Abs. 1 [X.]).

Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin zu 1) sei für das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht auch während der Geltungszeit des § 8 Abs. 7 Satz 2 [X.] Bbg a.F. bereits eine wirksame Beitragssatzung erforderlich gewesen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 12 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b [X.] Bbg, § 38 [X.]). Das [X.] habe § 8 Abs. 7 Satz 2 [X.] a.F. mit Urteil vom 8. Juni 2000 (- 2 D 29/[X.] -, juris, Rn. 43 ff.) dahin ausgelegt, dass im Fall der Unwirksamkeit der ersten Beitragssatzung die sachliche Beitragspflicht nur durch eine nachfolgende wirksame Beitragssatzung habe begründet werden können, die rückwirkend auf den Zeitpunkt des formalen Inkrafttretens der ersten, unwirksamen Beitragssatzung (oder den darin geregelten späteren Zeitpunkt für die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht) in [X.] gesetzt worden sei. Vorliegend sei weder bis zum 31. Januar 2004 noch danach eine wirksame Beitragssatzung erlassen worden, die rückwirkend auf den Zeitpunkt des vermeintlichen Inkrafttretens der ersten unwirksamen Kanalanschlussbeitragssatzung der [X.] am 30. Juni 1993 in [X.] gesetzt worden sei. Die Änderung des § 8 Abs. 7 Satz 2 [X.] Bbg unterliege entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin zu 1) keinen verfassungsrechtlichen Bedenken unter dem von ihr geltend gemachten Gesichtspunkt des [X.] und des Vertrauensschutzes im Übrigen.

§ 8 Abs. 7 Satz 2 [X.] Bbg n.F. verletze nicht das grundsätzliche Verbot echt rückwirkender Gesetze. Zwar wäre eine Veranlagung des Grundstücks der Beschwerdeführerin zu 1) zu einem Herstellungsbeitrag gemäß § 8 Abs. 7 Satz 2 [X.] Bbg a.F. nicht mehr möglich gewesen, wenn es bei der seinerzeitigen Gesetzeslage geblieben wäre. Wäre eine auf den 30. Juni 1993 rückwirkende wirksame Beitragssatzung beschlossen worden, wäre die vierjährige Festsetzungsfrist gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b [X.] Bbg in Verbindung mit §§ 169, 170 Abs. 1 [X.] in Lauf gesetzt worden und Verjährung mit Ablauf des 31. Dezember 1997 eingetreten. Nach der Änderung des § 8 Abs. 7 Satz 2 [X.] Bbg a.F. habe der [X.] indessen eine Beitragssatzung ohne Rückwirkung auf den Zeitpunkt des [X.] erlassen und damit die sachliche Beitragspflicht auch für das Grundstück der Beschwerdeführerin zu 1) erst im Zeitpunkt des Inkrafttretens der ersten wirksamen Beitragssatzung entstehen lassen. Mit der dies ermöglichenden Änderung des § 8 Abs. 7 Satz 2 [X.] Bbg a.F. habe der Gesetzgeber nicht in einen abgeschlossenen Sachverhalt nachträglich ändernd eingegriffen, sondern einen noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt für die Zukunft neu geregelt. Denn die [X.] durch die [X.]möglichkeit habe fortbestanden und eine Verjährung sei mangels Entstehung der sachlichen Beitragspflicht noch nicht eingetreten.

Etwas anderes folge auch nicht aus dem Beschluss des [X.] vom 17. Dezember 2013 ([X.] 135, 1). Zwar werde die Änderung des § 8 Abs. 7 Satz 2 [X.] Bbg im Gesetzentwurf der Landesregierung für das [X.] der Kommunen von [X.] Aufgaben ([X.] 3/6324, [X.]) als "Klarstellung" bezeichnet. Von einer "Klarstellung" könne aber keine Rede sein, weil die Gesetzesänderung der bisherigen Auslegung der Vorschrift durch das Oberverwaltungsgericht widerspreche.

Gegen die Änderung des § 8 Abs. 7 Satz 2 [X.] Bbg a.F. könnten auch keine Vertrauensschutzgesichtspunkte im Übrigen geltend gemacht werden. Die Betroffenen hätten lediglich die Erwartung hegen können, dass es den Gemeinden und Zweckverbänden bei unveränderter Gesetzeslage nach deren Auslegung durch die (ober-)verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung nicht mehr möglich sein werde, in Anknüpfung an die bestehende [X.] die sachliche Beitragspflicht für ihr Grundstück zu begründen und die Beitragsforderung durch Bescheid geltend zu machen. Eine geschützte Rechtsposition sei damit nicht begründet worden. Es gebe keine schutzwürdige Rechtsposition des Inhalts, dass es bei einer Rechtslage, nach der Abgaben nicht erhoben werden könnten, verbleibe. Auch darüber hinaus habe die Beschwerdeführerin zu 1) keine schutzwürdigen Gründe dargetan.

Die Beschwerdeführerin zu 1) habe auch eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nicht dargelegt. Soweit das Zulassungsvorbringen in diesem Zusammenhang § 19 [X.] Bbg nenne, fehle es an jeglichen Ausführungen im Zulassungsantrag. Unabhängig davon seien auch insoweit die in Betracht kommenden Rechtsfragen geklärt (Hinweis auf [X.], Beschluss vom 16. Juli 2014 - [X.] -, juris, Rn. 21 ff.).

2. Die Beschwerdeführerin im Verfahren 1 BvR 3051/14 (im Folgenden: Beschwerdeführerin zu 2) ist Eigentümerin eines bebauten und eines weiteren unbebauten Grundstücks im Gebiet der [X.]. Das bebaute Grundstück wurde im Jahr 2003 an die [X.] der [X.] angeschlossen. Die Möglichkeit des [X.]es der Grundstücke hatte nach den Angaben der Beschwerdeführerin zu 2) allerdings bereits kurz nach dem 3. Oktober 1990 bestanden.

Mit Bescheid vom 12. Mai 2009 zog die Beklagte die Beschwerdeführerin zu 2) für die Grundstücke zu einem Kanalanschlussbeitrag in Höhe von 7.284,50 € heran. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte zurück. Das Verwaltungsgericht wies die Klage der Beschwerdeführerin zu 2) gegen den Bescheid und den Widerspruchsbescheid ab.

Auf Antrag der Beschwerdeführerin zu 2) ließ das Oberverwaltungsgericht die Berufung gegen das Urteil des [X.] zu. Diese sei hinsichtlich der Veranlagung des unbebauten Flurstücks begründet; im Übrigen wies das Oberverwaltungsgericht die Berufung zurück. Zur Begründung der Zurückweisung der Berufung führte das Oberverwaltungsgericht im Wesentlichen aus, der [X.] sei nicht festsetzungsverjährt. Denn die sachliche Beitragspflicht sei gemäß § 8 Abs. 7 Satz 2 [X.] Bbg n.F. erst mit dem Inkrafttreten der ersten wirksamen Kanalanschlussbeitragssatzung der [X.] vom 1. Dezember 2008 zum 1. Januar 2009 entstanden. Hinsichtlich der Vereinbarkeit des § 8 Abs. 7 Satz 2 [X.] Bbg n.F. mit dem verfassungsrechtlichen Rückwirkungsverbot werde auf den Beschluss des [X.] für das [X.] vom 21. September 2012 (- [X.] -, juris, Rn. 50 ff., 66 ff.) sowie auf den Beschluss des Senats vom 1. März 2012 ([X.], Beschluss vom 1. März 2012 - [X.] -, juris, Rn. 11 ff. m.w.N.) verwiesen.

Der angegriffene Beitragsbescheid sei auch im Lichte des Beschlusses des [X.] vom 5. März 2013 ([X.] 133, 143) nicht zu beanstanden. Das [X.] für das [X.] werde den Maßgaben dieses Beschlusses in Fällen, in denen - wie hier - der Beitragsbescheid bis zum 31. Dezember 2011 erlassen worden sei, gerecht. Insoweit habe der Gesetzgeber bereits eine hinreichende Regelung zur Berücksichtigung der Interessen der Bürger getroffen, indem er durch Gesetz vom 2. Oktober 2008 ([X.]) einen Absatz 3a in den § 12 [X.] Bbg eingefügt habe. § 12 Abs. 3a [X.] Bbg habe die [X.] für bestimmte Fälle noch über denjenigen Zeitpunkt hinaus verlängert, der nach § 8 Abs. 7 Satz 2 [X.] Bbg in Verbindung mit den allgemeinen Verjährungsregelungen gelten würde. Mit der Einfügung des § 12 Abs. 3a [X.] Bbg habe der Gesetzgeber sich selbst und den Gemeinden und Zweckverbänden Zeit für die Lösung des "Altanschließerproblems" verschaffen wollen. Das sei ausweislich der Gesetzesmaterialien in dem Bewusstsein geschehen, dass bei der Bemessung der Verjährungsfrist der Grundsatz der Rechtssicherheit sowie der Sinn von Verjährungsregelungen zu beachten sei, zu einem bestimmten Zeitpunkt Rechtsfrieden herzustellen, und dass der Beitragspflichtige innerhalb einer überschaubaren Frist Gewissheit über das Bestehen von Beitragsforderungen erlangen solle (vgl. [X.] 4/6422, [X.]. Zwar habe der Gesetzgeber mit § 12 Abs. 3a [X.] Bbg in der Fassung des Gesetzes vom 2. Oktober 2008 keinen absoluten zeitlichen Endpunkt für die Beitragserhebung gesetzt; er habe jedoch durch dessen Einfügung klar erkennen lassen, dass die Eigentümer der im [X.] schon mit einer [X.]möglichkeit oder mit einem [X.] versehenen Grundstücke (vorbehaltlich des § 12 Abs. 3a Satz 2 [X.] Bbg) jedenfalls bis zum 31. Dezember 2011 mit einer Beitragserhebung rechnen müssten.

Das [X.] wies die Beschwerde der Beschwerdeführerin zu 2) gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] zurück.

Die Beschwerdeführerinnen rügen mit ihren [X.] eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 3 Abs. 1 GG.

1. Die Beschwerdeführerin zu 1) macht im Wesentlichen geltend, die Anwendung des § 8 Abs. 7 Satz 2 [X.] Bbg n.F. und des § 19 Abs. 1 [X.] Bbg in der Fassung des Gesetzes vom 5. Dezember 2013 auf Grundstücke, die bereits vor dem Inkrafttreten der ersten Kanalanschlussbeitragssatzung der [X.] am 1. Juli 1993 an die öffentliche Abwasserbeseitigungsanlage angeschlossen gewesen seien, verstoße gegen den Verfassungsgrundsatz des Vertrauensschutzes und das Gebot der Rechtssicherheit in seiner Ausprägung als Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit.

Die Anwendung dieser Vorschriften stelle in diesen Fällen einen Eingriff in einen bereits abgeschlossenen Sachverhalt und damit eine verfassungsrechtlich unzulässige echte Rückwirkung dar. Die in der Begründung des Gesetzentwurfs zur Neuregelung des § 8 Abs. 7 Satz 2 [X.] Bbg vertretene Auffassung, die Änderung habe nur klarstellenden Charakter, sei für die Gerichte nicht verbindlich. Für die Beantwortung der Frage, ob eine rückwirkende Regelung aus verfassungsrechtlicher Sicht als konstitutiv zu behandeln sei, genüge die Feststellung, dass die geänderte Norm in ihrer ursprünglichen Fassung von den Gerichten in einem Sinn habe ausgelegt werden können, der mit der Neuregelung habe ausgeschlossen werden sollen. Nach der bis zum 31. Januar 2004 geltenden Rechtslage sei in ihrem Fall mit Ablauf des 31. Dezember 1997 Festsetzungsverjährung eingetreten.

Die engen Voraussetzungen, unter denen eine echte Rückwirkung ausnahmsweise zulässig sei, seien im Fall der Neuregelung des § 8 Abs. 7 Satz 2 [X.] Bbg nicht gegeben. Mit einer Rechtsänderung sei nach dem 31. Dezember 1997 nicht zu rechnen gewesen, da es zu diesem Zeitpunkt nicht einmal eine Gesetzesinitiative gegeben habe und die geltende Rechtslage durch das [X.] im Urteil vom 8. Juni 2000 (- 2 D 29/[X.] -, juris) bestätigt worden sei. Die Rechtslage sei weder unklar noch verworren gewesen. Die Rechtsprechung habe sich nicht geändert.

Auch zwingende Gründe des Allgemeinwohls rechtfertigten eine echte Rückwirkung nicht. Die Beklagte habe es in der Hand gehabt, entsprechend der Ausnahmeregelung in § 8 Abs. 7 Satz 2 Halbsatz 2 [X.] Bbg a.F. für das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht einen späteren Zeitpunkt festzulegen oder bis zum [X.], gegebenenfalls unter Heranziehung von [X.], eine rechtswirksame Satzung zu erlassen und bereits an die öffentliche Abwasserbeseitigungsanlage angeschlossene Grundstücke mit einem Beitragsbescheid zu belegen. [X.] die Beklagte dies mit der Folge von Beitragsausfällen, rechtfertige dies nicht die Annahme eines zwingenden Interesses des Allgemeinwohls an einer rückwirkenden gesetzlichen Regelung.

Die Neuregelung des § 8 Abs. 7 Satz 2 [X.] Bbg in Verbindung mit § 19 Abs. 1 [X.] Bbg in der Fassung des Gesetzes vom 5. Dezember 2013 sei darüber hinaus mit dem rechtsstaatlichen Gebot der Belastungsklarheit und -vorherseh-barkeit nicht vereinbar. Der [X.] Gesetzgeber habe den vom [X.] geforderten Ausgleich zwischen der Erwartung der Beitrags[X.] auf den Eintritt der Festsetzungsverjährung und dem berechtigten öffentlichen Interesse an einem finanziellen Beitrag für die Erlangung individueller Vorteile aus dem [X.] an die leitungsgebundene Anlage verfehlt und einseitig zu Lasten der [X.]ner entschieden. Den besonderen Erfordernissen der [X.] sei nach der alten Rechtslage bereits dadurch Rechnung getragen worden, dass es in der Hand des [X.]s gelegen habe, das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht nicht an das Inkrafttreten der Satzung zu knüpfen, sondern hierfür einen späteren Zeitpunkt festzulegen.

Die Festlegung einer Hemmung der Frist infolge der Sondersituation der [X.] bis zum 3. Oktober 2000 gemäß § 19 Abs. 1 [X.] Bbg in der Fassung des Gesetzes vom 5. Dezember 2013 verstoße darüber hinaus gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG.

2. Die Beschwerdeführerin zu 2) rügt im Wesentlichen, die Beitragserhebung verletze den Grundsatz des Vertrauensschutzes und das Rückwirkungsverbot. Die Regelungen der § 19 Abs. 1 Satz 3 [X.] Bbg und § 8 Abs. 7 Satz 2 [X.] Bbg n.F. entfalteten echte Rückwirkung. Bei § 8 Abs. 7 Satz 2 [X.] Bbg n.F. handele es sich nicht um eine Klarstellung, sondern um eine konstitutive Rechtsänderung. Seit dem Urteil des [X.] [X.] vom 8. Juni 2000 (- 2 D 29/[X.] -, juris) sei für die Betroffenen klar gewesen, dass sie wegen Verjährung der [X.] nicht mehr mit einer Inanspruchnahme rechnen müssten. Die Sache sei damit aus ihrer Sicht abgeschlossen gewesen. Die echte Rückwirkung des § 8 Abs. 7 Satz 2 [X.] Bbg n.F. sei auch nicht ausnahmsweise zulässig. Vor dem 31. Januar 2004 sei die Rechtslage nicht unklar, verworren oder lückenhaft gewesen. Vielmehr habe das Urteil des [X.] für das [X.] vom 8. Juni 2000 (- 2 D 29/[X.] -, juris) gerade alle Unklarheiten beseitigt. Die Neuregelung sei auch nicht vorhersehbar gewesen. Selbst wenn sie lediglich eine unechte Rückwirkung entfalte, stünde dieser der Vertrauensschutz der Beitrags[X.] entgegen.

Die Beklagte, das [X.] und das [X.] und Verbraucherschutz des [X.] hatten Gelegenheit, zu den [X.] Stellung zu nehmen. Die Akten der Ausgangsverfahren wurden beigezogen.

Die Kammer nimmt die [X.] zur Entscheidung an und gibt ihnen statt. Die Annahme ist zur Durchsetzung von in § 90 Abs. 1 [X.] genannten Rechten der Beschwerdeführerinnen angezeigt (vgl. § 93c Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 93a Abs. 2 Buchstabe b [X.]). Das [X.] hat die für die Beurteilung der [X.] maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden. Die im Wesentlichen zulässigen [X.] sind offensichtlich begründet (vgl. § 93c Abs. 1 Satz 1 [X.]).

Die mit den [X.] vorgebrachten [X.] sind im Wesentlichen zulässig.

1. Die [X.] sind zulässig, weil die Beschwerdeführerinnen behaupten, die Anwendung des § 8 Abs. 7 Satz 2 [X.] Bbg n.F. durch die Verwaltungsgerichte führe in ihren Fällen zu einer verfassungsrechtlich unzulässigen Rückwirkung.

2. Im Übrigen sind die vorgebrachten [X.] unzulässig.

Die von der Beschwerdeführerin zu 1) erhobene Rüge, § 8 Abs. 7 Satz 2 [X.] Bbg n.F. in Verbindung mit § 19 [X.] Bbg in der Fassung des Gesetzes vom 5. Dezember 2013 verletzten nach den Maßgaben des Beschlusses des [X.] vom 5. März 2013 ([X.] 133, 143) den Grundsatz der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit, genügt nicht den Begründungsanforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 [X.]. Das Oberverwaltungsgericht verweist insoweit - trotz des fehlenden Vorbringens der Beschwerdeführerin zu 1) hierzu im Zulassungsantrag - auf seinen Beschluss vom 16. Juli 2014 (- [X.] -, juris, Rn. 21 ff.). Darin legte das Oberverwaltungsgericht dar, dass nach seiner Auffassung für Beitragsbescheide, die - wie hier - erstmals bis zum 31. Dezember 2011 ergangen seien, eine verfassungskonforme Gesetzesregelung bereits in Gestalt der besonderen Fristenbestimmung des § 12 Abs. 3a [X.] Bbg in der Fassung des Gesetzes vom 2. Oktober 2008 bestanden habe. Mit diesen Rechtsausführungen setzt sich die Beschwerdeführerin zu 1) nicht auseinander.

Soweit die Beschwerdeführerinnen sich mittelbar gegen § 19 Abs. 1 [X.] Bbg wenden, kommt eine Grundrechtsverletzung im Übrigen von vornherein nicht in Betracht, weil die angegriffenen Entscheidungen nicht auf dieser Vorschrift beruhen. Soweit die Beschwerdeführerin zu 2) mittelbar eine Verfassungswidrigkeit des § 12 Abs. 3a [X.] Bbg rügt, genügt ihr Vortrag nicht den Begründungsanforderungen, weil dieser sich auf die bloße Benennung dieser Vorschrift beschränkt.

Soweit die [X.] zulässig sind, sind sie offensichtlich begründet. Die angegriffenen Entscheidungen verletzen die Beschwerdeführerinnen in ihren Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes aus Art. 20 Abs. 3 GG. Die Anwendung des § 8 Abs. 7 Satz 2 [X.] Bbg n.F. in Fällen, in denen Beiträge nach § 8 Abs. 7 Satz 2 [X.] Bbg a.F. nicht mehr erhoben werden könnten, verstößt gegen das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot.

1. Das [X.] unterscheidet bei rückwirkenden Gesetzen in ständiger Rechtsprechung zwischen Gesetzen mit echter Rückwirkung, die grundsätzlich nicht mit der Verfassung vereinbar sind (vgl. [X.] 45, 142 <167 f.>; 101, 239 <262>; 132, 302 <318>; 135, 1 <13>; jeweils m.w.N.), und solchen mit unechter Rückwirkung, die grundsätzlich zulässig sind (vgl. [X.] 132, 302 <318>; 135, 1 <13>).

a) Eine Rechtsnorm entfaltet echte Rückwirkung, wenn sie nachträglich in einen abgeschlossenen Sachverhalt ändernd eingreift ([X.] 132, 302 <318>; 135, 1 <13>; vgl. [X.] 101, 239 <263>; 123, 186 <257>). Dies ist insbesondere der Fall, wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung schon vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung für bereits abgeschlossene Tatbestände gelten soll ("Rückbewirkung von Rechtsfolgen"; [X.] 132, 302 <318>; 135, 1 <13>).

b) Eine unechte Rückwirkung liegt vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition entwertet ([X.] 101, 239 <263>; 123, 186 <257>; 132, 302 <318>), so wenn belastende Rechtsfolgen einer Norm erst nach ihrer Verkündung eintreten, tatbestandlich aber von einem bereits ins Werk gesetzten Sachverhalt ausgelöst werden ("tatbestandliche Rückanknüpfung"; [X.] 132, 302 <318>).

2. § 8 Abs. 7 Satz 2 [X.] Bbg n.F. entfaltet bei Anwendung in Fällen wie denen der Beschwerdeführerinnen, in denen Beiträge nach § 8 Abs. 7 Satz 2 [X.] Bbg a.F. nicht mehr erhoben werden könnten, weil mit dem Entstehen der Beitragspflicht durch Inkrafttreten einer wirksamen Satzung zugleich die Festsetzungsverjährung einträte, Rückwirkung (a), wobei von einer konstitutiven Änderung der Rechtslage auszugehen ist (b). Die Neuregelung hat bei Anwendung in diesen Fällen nicht lediglich eine unechte, sondern eine unzulässige echte Rückwirkung (c). Selbst wenn von einer unechten Rückwirkung der Neuregelung auszugehen wäre, läge ein Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes vor (d).

a) Die Änderung des § 8 Abs. 7 Satz 2 [X.] Bbg trat nicht formell rückwirkend, sondern am 1. Februar 2004 in [X.]. Gleichwohl hat die Gesetzesänderung in den Fällen der Beschwerdeführerinnen materiell rückwirkenden Charakter.

Nach § 8 Abs. 7 Satz 2 [X.] Bbg a.F. in seiner Auslegung durch das Oberverwaltungsgericht war für den Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht der Zeitpunkt der ersten Beitragssatzung mit [X.] Geltungsanspruch maßgeblich ([X.], Urteil vom 8. Juni 2000 - 2 D 29/[X.] -, juris, Rn. 43 ff.; Urteil vom 5. Dezember 2001 - 2 A 611/00 -, [X.]. 2002, [X.] <131> - Urteil vom 27. März 2002 - 2 A 480/00 - S. 15 f.; Urteil vom 3. Dezember 2003 - 2 A 733/03 -, [X.] 2004, S. 555 <556>). Für die Frage, zu welchem Zeitpunkt die sachliche Beitragspflicht entsteht, war danach unerheblich, ob die erste Satzung wirksam war. Die sachliche Beitragspflicht für die betroffenen Grundstücke konnte, wenn die erste Beitragssatzung unwirksam war, nur noch durch eine nachfolgende wirksame Beitragssatzung begründet werden, die rückwirkend auf das Datum des formalen Inkrafttretens der ersten, unwirksamen Beitragssatzung (oder den darin geregelten späteren Zeitpunkt für die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht) in [X.] gesetzt wurde. War zum Zeitpunkt des Erlasses der wirksamen Satzung - wie in den Fällen der [X.]nerinnen - die Festsetzungsfrist von vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die unwirksame Satzung in [X.] treten sollte, bereits abgelaufen, konnte die Beitragspflicht nur für eine "juristische Sekunde" entstehen, war dann aber gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b [X.] Bbg in Verbindung mit § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 170 Abs. 1 [X.] sofort verjährt und damit erloschen (vgl. § 12 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b [X.] Bbg in Verbindung mit § 47 [X.]).

Durch das [X.] der Kommunen von [X.] Aufgaben vom 17. Dezember 2003 ([X.]) wurde § 8 Abs. 7 Satz 2 [X.] Bbg dahingehend geändert, dass nunmehr für die Bestimmung des Zeitpunktes, zu dem die sachliche Beitragspflicht entsteht, stets auf das Inkrafttreten einer "rechtswirksamen" Satzung abzustellen ist. Bei Anwendung dieser Vorschrift in Fällen, in denen Beiträge nach der alten Rechtslage nicht mehr erhoben werden konnten, weil mit dem Entstehen der Beitragspflicht durch Inkrafttreten einer wirksamen Satzung zugleich die Festsetzungsverjährung eingetreten wäre, eröffnete § 8 Abs. 7 Satz 2 [X.] Bbg n.F. erneut die Möglichkeit, die [X.]ner zu [X.]beiträgen heranzuziehen.

b) Anders als in der Begründung des Gesetzentwurfs angenommen (vgl. [X.] 3/6324, [X.]) ist § 8 Abs. 7 Satz 2 [X.] Bbg n.F. nicht als "Klarstellung", sondern als konstitutive Änderung der alten Rechtslage zu behandeln.

aa) Die in der Begründung des Gesetzentwurfs zu § 8 Abs. 7 Satz 2 [X.] Bbg n.F. vertretene Auffassung, die Vorschrift habe lediglich klarstellenden Charakter (vgl. [X.] 3/6324, [X.]), ist für die Gerichte nicht verbindlich. Sie schränkt weder die Kontrollrechte und -pflichten der Fachgerichte und des [X.] ein noch relativiert sie die für sie maßgeblichen verfassungsrechtlichen Maßstäbe (vgl. [X.] 126, 369 <392>; 135, 1 <14 f.>).

Für die Beantwortung der Frage, ob eine rückwirkende Regelung aus verfassungsrechtlicher Sicht als konstitutiv zu behandeln ist, genügt die Feststellung, dass die geänderte Norm in ihrer ursprünglichen Fassung von den Gerichten in einem Sinn ausgelegt werden konnte und ausgelegt worden ist, der mit der Neuregelung ausgeschlossen werden soll (vgl. [X.] 131, 20 <37 f.>; 135, 1 <16 f.>).

bb) Ausgehend von diesen Grundsätzen erweist sich die rückwirkende "Klarstellung" durch § 8 Abs. 7 Satz 2 [X.] Bbg n.F. als konstitutiv. Nach dem Urteil des [X.] [X.] vom 8. Juni 2000 (- 2 D 29/[X.] -, juris) war § 8 Abs. 7 Satz 2 [X.] Bbg a.F. so auszulegen, dass es für den Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht und damit auch für den Zeitpunkt des [X.] lediglich auf das formelle Inkrafttreten der ersten unwirksamen Beitragssatzung, nicht aber auf das Inkrafttreten einer wirksamen Satzung ankam. Diese Auslegungsmöglichkeit sollte mit der Neuregelung gerade ausgeschlossen werden.

c) § 8 Abs. 7 Satz 2 [X.] Bbg n.F. entfaltet bei Anwendung in Fällen, in denen Beiträge nach der alten Rechtslage nicht mehr erhoben werden könnten, eine echte Rückwirkung (aa). Ein Grund für die Rechtfertigung dieser echten Rückwirkung ist hier nicht erkennbar (bb).

aa) Entgegen der Auffassung des [X.] (vgl. auch Verfassungsgericht für das [X.], Beschluss vom 21. September 2012 - [X.] -, juris, Rn. 74 ff.; [X.], Beschluss vom 14. Juli 2008 - [X.] 9 [X.]/08 -, juris, Rn. 7) bedeutet die Anwendung der Vorschrift des § 8 Abs. 7 Satz 2 [X.] Bbg n.F. in den Fällen der Beschwerdeführerinnen eine echte Rückwirkung. Zwar war in diesen Fällen nach der Auslegung des § 8 Abs. 7 Satz 2 [X.] Bbg a.F. durch das Oberverwaltungsgericht in den angegriffenen Entscheidungen die sachliche Beitragspflicht mangels einer vor der Neuregelung erlassenen wirksamen Satzung noch nicht entstanden und damit auch nicht wegen Festsetzungsverjährung erloschen (vgl. § 12 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b [X.] Bbg in Verbindung mit § 47 [X.]). Ein nachträglicher Eingriff in einen abgeschlossenen Sachverhalt liegt aber dennoch vor, weil eine Veranlagung der Grundstücke der Beschwerdeführerinnen zu einem Herstellungsbeitrag rechtlich nicht mehr möglich gewesen wäre, wenn es bei der seinerzeitigen Gesetzeslage geblieben wäre. Die sachliche Beitragspflicht konnte für diese Grundstücke nach § 8 Abs. 7 Satz 2 [X.] Bbg a.F. nicht mehr wirksam entstehen. Wäre eine auf den 30. Juni 1993 - den Tag des Inkrafttretens der ersten unwirksamen Satzung - rückwirkende wirksame Beitragssatzung beschlossen worden, wäre die vierjährige Festsetzungsfrist gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b [X.] Bbg in Verbindung mit § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 170 Abs. 1 [X.] in Lauf gesetzt worden und Festsetzungsverjährung mit Ablauf des 31. Dezember 1997 eingetreten. Die Forderungen wären dann in der "juristischen Sekunde" ihres Entstehens erloschen. § 8 Abs. 7 Satz 2 [X.] Bbg n.F. eröffnete damit in Fällen, in denen Beiträge nach der alten Rechtslage nicht mehr erhoben werden konnten, erneut die Möglichkeit, die [X.]ner zu [X.]beiträgen heranzuziehen.

Die ständige Rechtsprechung des [X.], wonach eine echte Rückwirkung im Steuerrecht nur vorliegt, wenn der Gesetzgeber eine bereits entstandene Steuerschuld nachträglich abändert (vgl. [X.] 127, 1 <18 f.>; 127, 31 <48 f.>; 127, 61 <77 f.>; 132, 302 <319>; 135, 1 <13>), ist auf die vorliegenden Sachverhalte nicht übertragbar. Zwar hat das [X.] diesen Rechtssatz allgemein formuliert; er ist jedoch auf solche Fälle zugeschnitten, in denen die Steuer mit Ablauf eines Veranlagungszeitraums entsteht. Um einen solchen Veranlagungszeitraum geht es hier nicht.

Die vorliegenden beitragsrechtlichen Fälle unterscheiden sich auch erheblich von denjenigen, in denen nach der Rechtsprechung des [X.] bei Änderung von Steuernormen mit Wirkung für den laufenden Veranlagungszeitraum von einer unechten Rückwirkung auszugehen ist. Denn in den letztgenannten Fällen kann die Steuerschuld nach der alten Rechtslage, das heißt vor der Rechtsänderung, noch entstehen, nämlich mit Ablauf des Veranlagungszeitraums. In den Fällen der Beschwerdeführerinnen konnte die Beitragspflicht dementgegen zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Neuregelung am 1. Februar 2004 selbst bei Erlass einer wirksamen Satzung nicht mehr wirksam beziehungsweise lediglich für eine "juristische Sekunde" zur Entstehung gebracht werden, weil rückwirkend mit Ablauf des 31. Dezember 1997 Festsetzungsverjährung eingetreten wäre.

bb) (1) Gesetze mit echter Rückwirkung sind grundsätzlich nicht mit der Verfassung vereinbar (vgl. [X.] 45, 142 <167 f.>; 101, 239 <262>; 132, 302 <318>; 135, 1 <21>; stRspr). Von diesem grundsätzlichen Verbot echt rückwirkender Gesetze bestehen jedoch Ausnahmen ([X.] 135, 1 <21>; vgl. [X.] 13, 261 <272 f.>; 18, 429 <439>; 30, 367 <387 f.>; 50, 177 <193 f.>; 88, 384 <404>; 95, 64 <86 f.>; 101, 239 <263 f.>; 122, 374 <394 f.>; 126, 369 <393 f.>; 131, 20 <39>; stRspr). Das Rückwirkungsverbot findet im Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht nur seinen Grund, sondern auch seine Grenze ([X.] 135, 1 <21>; vgl. [X.] 88, 384 <404>; 122, 374 <394>; 126, 369 <393>). Es gilt nicht, soweit sich kein Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts bilden konnte ([X.] 135, 1 <21 f.>; vgl. [X.] 95, 64 <86 f.>; 122, 374 <394>) oder ein Vertrauen auf eine bestimmte Rechtslage sachlich nicht gerechtfertigt und daher nicht schutzwürdig war ([X.] 135, 1 <22>; vgl. [X.] 13, 261 <271>; 50, 177 <193>).

Eine Ausnahme vom Grundsatz der Unzulässigkeit echter Rückwirkungen ist gegeben, wenn die Betroffenen schon im Zeitpunkt, auf den die Rückwirkung bezogen wird, nicht auf den Fortbestand einer gesetzlichen Regelung vertrauen durften, sondern mit deren Änderung rechnen mussten ([X.] 135, 1 <22>; vgl. [X.] 13, 261 <272>; 30, 367 <387>; 95, 64 <86 f.>; 122, 374 <394>). Vertrauensschutz kommt insbesondere dann nicht in Betracht, wenn die Rechtslage so unklar und verworren war, dass eine Klärung erwartet werden musste ([X.] 135, 1 <22>; vgl. [X.] 13, 261 <272>; 18, 429 <439>; 30, 367 <388>; 50, 177 <193 f.>; 88, 384 <404>; 122, 374 <394>; 126, 369 <393 f.>), oder wenn das bisherige Recht in einem Maße systemwidrig und unbillig war, dass ernsthafte Zweifel an seiner Verfassungsmäßigkeit bestanden ([X.] 135, 1 <22>; vgl. [X.] 13, 215 <224>; 30, 367 <388>). Der Vertrauensschutz muss ferner zurücktreten, wenn überragende Belange des Gemeinwohls, die dem Prinzip der Rechtssicherheit vorgehen, eine rückwirkende Beseitigung erfordern ([X.] 135, 1 <22>; vgl. [X.] 13, 261 <272>; 18, 429 <439>; 88, 384 <404>; 95, 64 <87>; 101, 239 <263 f.>; 122, 374 <394 f.>), wenn der Bürger sich nicht auf den durch eine ungültige Norm erzeugten Rechtsschein verlassen durfte ([X.] 135, 1 <22>; vgl. [X.] 13, 261 <272>; 18, 429 <439>; 50, 177 <193 f.>; 101, 239 <263 f.>; 122, 374 <394 f.>), oder wenn durch die sachlich begründete rückwirkende Gesetzesänderung kein oder nur ganz unerheblicher Schaden verursacht wird (sogenannter Bagatellvorbehalt, [X.] 135, 1 <22 f.>; vgl. [X.] 30, 367 <389>; 72, 200 <258>).

(2) Eine Ausnahme vom Grundsatz der Unzulässigkeit echter Rückwirkungen liegt hier nicht vor. Von den in der Rechtsprechung anerkannten Fallgruppen zulässigerweise echt rückwirkender Gesetze kommt hier nur diejenige der Vorhersehbarkeit einer Neuregelung wegen Unklarheit und Verworrenheit der ursprünglichen Gesetzeslage in Betracht. Diese vermag die Rückwirkung des § 8 Abs. 7 Satz 2 [X.] Bbg n.F. in den vorliegenden Fällen allerdings nicht zu rechtfertigen.

Die Betroffenen mussten vorliegend nicht mit einer Rechtsänderung rechnen. Das [X.] hatte sich im Urteil vom 8. Juni 2000 (- 2 D 29/[X.] -, juris) eindeutig dafür entschieden, in dem Konflikt zwischen den finanziellen Interessen der Gemeinden und Zweckverbände einerseits und den Interessen der Bürger andererseits letzteren den Vorrang zu geben. Es wollte ausdrücklich einer "erheblichen Rechtsunsicherheit hinsichtlich des Zeitpunkts des Entstehens und der Verjährung von Beitragsforderungen" entgegenwirken (a.a.[X.], Rn. 48). Das [X.] schloss sich mit seinem Urteil vom 8. Juni 2000 (a.a.[X.], Rn. 48) der Rechtsprechung des [X.] Nordrhein-Westfalen an, das zur Parallelbestimmung des [X.] [X.]es, welches als Vorlage für das [X.] [X.] gedient hatte, bereits mit Urteil vom 18. Mai 1999 (- 15 A 2880/96 -, NVwZ-RR 2000, [X.] ff.) die Auslegung vertreten hatte, dass es für den Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht maßgeblich auf das erste "Inkraftsetzen" einer vermeintlich gültigen Satzung ankomme; damit hatte es seine frühere Rechtsprechung, nach der unwirksame Beitragssatzungen für die Frage des Zeitpunkts des Entstehens der Beitragspflicht unerheblich sein sollten, ausdrücklich aufgegeben (a.a.[X.], S. 537).

Angesichts des klärenden Urteils des [X.] [X.] vom 8. Juni 2000 und der nachfolgenden Rechtsprechung (vgl. [X.], Urteil vom 5. Dezember 2001 - 2 A 611/00 -, [X.]. 2002, [X.] <131>; Urteil vom 27. März 2002 - 2 A 480/00 - S. 15 f.; Urteil vom 3. Dezember 2003 - 2 A 733/03 -, [X.] 2004, S. 555 <556>) sprach bis zur Neuregelung nichts dafür, dass der Gesetzgeber die Vorschrift des § 8 Abs. 7 Satz 2 [X.] Bbg a.F. entgegen der Auslegung durch das Oberverwaltungsgericht rückwirkend abändern würde.

Im Übrigen rechtfertigt allein die Auslegungsbedürftigkeit einer Norm nicht deren rückwirkende Änderung; erst wenn Auslegungszweifel ein Maß erreichen, das zur Verworrenheit der Rechtslage führt, darf der Gesetzgeber eine klärende Neuregelung auf die Vergangenheit erstrecken (vgl. [X.] 135, 1 <23>). Eine solche Unklarheit und Verworrenheit der ursprünglichen Gesetzeslage war hier nicht gegeben. Die Vorschrift des § 8 Abs. 7 Satz 2 [X.] Bbg a.F. war hinsichtlich ihres Verständnisses nach Wortlaut und Regelungsgehalt nicht fragwürdig oder gar unverständlich, sondern klar formuliert. Ihre Auslegungsbedürftigkeit im Hinblick auf die Voraussetzungen für das Entstehen der Beitragspflicht hat zwar zu divergierenden Standpunkten geführt. Eine "Klarstellung" durch ein echt rückwirkendes Gesetz rechtfertigt dies indes nicht (vgl. [X.] 135, 1 <25>).

Eine durch das Urteil des [X.] [X.] vom 8. Juni 2000 (- 2 D 29/[X.] -, juris) begründete Unsicherheit hinsichtlich der Auslegung des § 8 Abs. 7 Satz 2 [X.] Bbg a.F. bestand im Übrigen stets nur bezüglich der Frage, ob die Beitragspflicht für ihr Entstehen und damit den Beginn der Festsetzungsverjährung eine wirksame Satzung voraussetzt. Die Formulierungen des [X.] im Urteil vom 8. Juni 2000 waren insoweit nicht ganz eindeutig. So stellte das Oberverwaltungsgericht einerseits leitsatzmäßig fest, es komme "für das Entstehen der [X.]spflicht (…) nach § 8 Abs. 7 Satz 2 [X.] Bbg für bereits an die leitungsgebundene Einrichtung oder Anlage anschließbare Grundstücke nicht auf das In-[X.]-Treten der ersten gültigen Beitragssatzung an, sondern auf den Zeitpunkt, in dem die Gemeinde oder der Zweckverband erstmals eine Beitragssatzung in [X.] setzen wollte, beziehungsweise den in dieser Satzung bestimmten späteren Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht". Andererseits betonte es in den Entscheidungsgründen, dass "ohne gültige Beitragssatzung (…) auch für Beiträge nach § 8 [X.] eine sachliche Beitragspflicht nicht entstehen kann" ([X.], Urteil vom 8. Juni 2000 - 2 D 29/[X.] -, juris, Rn. 45).

Klar war allerdings stets, dass für den Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht und des [X.] die erste Satzung maßgeblich war, selbst wenn diese unwirksam gewesen sein sollte. Dieser Entstehungszeitpunkt wurde durch die Neuregelung des § 8 Abs. 7 Satz 2 [X.] Bbg n.F. auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens einer "rechtswirksamen" Satzung verschoben.

d) Selbst wenn die Anwendung des § 8 Abs. 7 Satz 2 [X.] Bbg n.F. in Fällen, in denen Beiträge nach § 8 Abs. 7 Satz 2 [X.] Bbg a.F. nicht mehr erhoben werden könnten, mit der formalen Begründung des [X.] als unechte Rückwirkung zu qualifizieren wäre, läge ein Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes vor. Denn diese unechte Rückwirkung stünde einer echten Rückwirkung jedenfalls im Ergebnis nahe, weshalb an ihre Vereinbarkeit mit der Verfassung im Verhältnis zu sonstigen Fällen unechter Rückwirkung gesteigerte Anforderungen zu stellen wären (vgl. [X.] 132, 302 <319>).

aa) In den vorliegenden Fällen war die [X.] nach der alten Rechtslage zwar nicht durch Festsetzungsverjährung erloschen (vgl. § 12 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b [X.] Bbg in Verbindung mit § 47 [X.]), weil sie mangels wirksamer Satzung noch nicht entstanden war. Die Beitragsforderung konnte nach der alten Rechtslage jedoch nicht mehr erhoben werden, weil sie in der logischen Sekunde ihres Entstehens durch rückwirkendes Inkrafttreten einer wirksamen Satzung zugleich wegen Festsetzungsverjährung erloschen wäre. Dieser Fall steht dem einer echten Rückwirkung jedenfalls im Ergebnis nahe (vgl. [X.] 132, 302 <319>). Denn für den von einer Beitragspflicht betroffenen Bürger macht es keinen Unterschied, ob die Beitragsforderung bereits wegen Verjährung erloschen ist oder nicht mehr wirksam zur Entstehung gebracht werden kann, weil sie in der logischen Sekunde ihres Entstehens wegen Verjährung erloschen wäre. Für den Vertrauensschutz des Bürgers kommt es vielmehr darauf an, ob er auf der Grundlage der geltenden Rechtslage noch mit der Heranziehung zu einem Beitrag rechnen musste. Schreibt das geltende Recht in seiner Auslegung durch die Gerichte die rückwirkende Inkraftsetzung einer Satzung auf einen Zeitpunkt vor, der länger zurückliegt als die Festsetzungsfrist von vier Jahren, ist dies nicht der Fall.

bb) Bei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens einerseits und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe andererseits (vgl. [X.] 127, 1 <17 f.>; 127, 31 <47 f.>; 127, 61 <76 f.>; 132, 302 <320>) hat der Gesetzgeber dem verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz der Beschwerdeführerinnen nicht in hinreichendem Maß Rechnung getragen. In den vorliegenden Fällen erwächst Vertrauen zwar nicht in erster Linie durch in besonderer Weise schützenswerte Dispositionen der [X.]ner, sondern im Wesentlichen aus der Gewährleistungsfunktion des geltenden Rechts (vgl. [X.] 135, 1 <22>; 127, 31 <57 f.>). Dabei kann es nicht darauf ankommen, ob eine Forderung wegen Festsetzungsverjährung erloschen ist (vgl. § 12 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b [X.] Bbg in Verbindung mit § 47 [X.]) oder ob sie nicht mehr wirksam zur Entstehung gebracht werden kann, weil sie in der juristischen Sekunde ihres Entstehens wegen Festsetzungsverjährung erlischt. Maßgeblich ist vielmehr allein, dass die Forderung nicht mehr erhoben werden kann. Hierauf müssen die Abgabe[X.] vertrauen dürfen. Andernfalls wäre das Vertrauen in die Rechtssicherheit und Rechtsbeständigkeit der Rechtsordnung als Garanten einer freiheitlichen Wirtschaftsordnung ernsthaft gefährdet (vgl. [X.] 109, 133 <180>; 126, 369 <393>; 127, 1 <16>; 135, 1 <22>; stRspr). Die bloß allgemeine Erwartung, das geltende Recht werde zukünftig unverändert fortbestehen, genießt zwar, sofern keine besonderen Momente der Schutzwürdigkeit hinzutreten, keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz (vgl. [X.] 38, 61 <83>; 68, 193 <222>; 105, 17 <40>; 109, 133 <180 f.>; 127, 1 <17>; 135, 1 <22>; stRspr). Das diesen Grundsatz rechtfertigende Anliegen, die notwendige Flexibilität der Rechtsordnung zu wahren, zielt indes auf künftige Rechtsänderungen und relativiert nicht ohne Weiteres die Verlässlichkeit der Rechtsordnung für die Vergangenheit (vgl. [X.] 135, 1 <22>).

Das allgemeine Ziel der Umgestaltung des [X.] sowie fiskalische Gründe - nämlich das öffentliche Interesse an der Refinanzierung der öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlage - rechtfertigen die rückwirkende Abgabenbelastung hier nicht (vgl. [X.] 127, 1 <26>; 127, 31 <59>; 132, 302 <331>). Dies gilt auch vor dem Hintergrund der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der [X.], insbesondere den Schwierigkeiten beim Aufbau einer funktionierenden kommunalen Selbstverwaltung, bei der Gründung von Zweckverbänden, der erstmaligen Schaffung von wirksamem Satzungsrecht und der Lösung des Altanschließerproblems (vgl. Verfassungsgericht für das [X.], Beschluss vom 21. September 2012 - [X.] -, juris, Rn. 86; [X.], in: [X.], Kommunalabgabenrecht, § 8 Rn. 2006 f. ).

Zwar wurde durch die Herstellung der Abwasserbeseitigungsanlage der Wert der angeschlossenen Grundstücke dauerhaft erhöht. Die Bürger haben einen Sondervorteil empfangen, für den sie grundsätzlich die volle nach dem Gesetz entstandene Gegenleistung zu erbringen haben (vgl. [X.] 137, 1 <18>; dazu auch [X.], 162 <168>; [X.]E 67, 129 <131 f.>; [X.], Beschluss vom 7. Februar 1996 - [X.] 8 [X.] - [X.] 401.9 Beiträge Nr. 36, S. 3 <4>).

Das [X.] hat in seinem Urteil vom 8. Juni 2000 (- 2 D 29/[X.] -, juris, Rn. 48) allerdings zu Recht darauf hingewiesen, dass die Gemeinden und Zweckverbände durchaus die Möglichkeit hatten, Beitragsforderungen rechtzeitig geltend zu machen und so keine finanziellen Einbußen zu erleiden. § 8 Abs. 7 Satz 2 [X.] Bbg a.F. räumte den Gemeinden und Zweckverbänden bereits bei der [X.] die Möglichkeit ein, die Beitragspflicht nicht schon mit dem Inkrafttreten der Satzung entstehen zu lassen, sondern durch Satzung einen späteren Zeitpunkt für die Entstehung der Beitragspflicht zu bestimmen. Diese Ausnahmeregelung ermöglichte es den Gemeinden und Zweckverbänden, auch in Ansehung der Aufbausituation in [X.] zunächst die Voraussetzungen für die verwaltungsmäßig ordnungsgemäße Abwicklung einer Vielzahl gleichzeitig anfallender Beitragsverfahren zu schaffen. Verzichten die Gemeinden und Zweckverbände auf die Inanspruchnahme dieser sie begünstigenden Ausnahmeregelung, dokumentieren sie damit, dass sie des hierdurch gewährten Schutzes nach eigener Einschätzung nicht mehr bedürfen (vgl. [X.], Urteil vom 8. Juni 2000 - 2 D 29/[X.] -, juris, Rn. 48; vgl. für die gleichlautende Bestimmung des § 8 Abs. 7 Satz 2 des [X.]es für das [X.] - [X.] NRW - [X.], Urteil vom 18. Mai 1999 - 15 A 2880/96 -, NVwZ-RR 2000, [X.] <536 f.>).

Darüber hinaus konnten die Gemeinden und Zweckverbände vor der Neuregelung des § 8 Abs. 7 Satz 2 [X.] Bbg auch nicht davon ausgehen, dass ihnen nach dem Erlass der ersten Beitragssatzung mehr als die gesetzliche vierjährige Festsetzungsfrist bleiben würde, um Beitragsbescheide gegenüber den Beitrags[X.] zu erlassen. Denn sie mussten bei pflichtgemäßem Verhalten wenigstens selbst von der Wirksamkeit der eigenen Beitragssatzung ausgehen. Sie hätten damit Anlass gehabt, die Beitrags[X.] innerhalb von vier Jahren nach Ablauf des Jahres ihres ersten Satzungsbeschlusses zu veranlagen. Dass die Beklagte dies in den vorliegenden Fällen nicht rechtzeitig getan hat, fällt in ihren Verantwortungsbereich (vgl. [X.] (Oder), Urteil vom 28. August 2006 - 5 K 2024/04 -, juris, Rn. 62).

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 [X.], diejenige über die Festsetzung des [X.] auf § 14 Abs. 1, § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG (vgl. [X.] 79, 365 <366 ff.>).

Meta

1 BvR 2961/14, 1 BvR 3051/14

12.11.2015

Bundesverfassungsgericht 1. Senat 2. Kammer

Stattgebender Kammerbeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, 29. September 2014, Az: OVG 9 N 40.14, Beschluss

Art 2 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 92 BVerfGG, § 93c Abs 1 S 1 BVerfGG, § 47 AO 1977, § 169 Abs 2 S 1 Nr 2 AO 1977, § 170 Abs 1 AO 1977, § 8 Abs 7 S 2 KAG BB vom 27.06.1991, § 8 Abs 7 S 2 KAG BB vom 17.12.2003, § 12 Abs 1 Nr 2 Buchst b KAG BB, § 12 Abs 1 Nr 4 Buchst b KAG BB, § 12 Abs 3a KAG BB vom 02.10.2008, § 19 KAG BB vom 05.12.2013

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Stattgebender Kammerbeschluss vom 12.11.2015, Az. 1 BvR 2961/14, 1 BvR 3051/14 (REWIS RS 2015, 2452)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 2452

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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