Bundessozialgericht, Beschluss vom 18.12.2012, Az. B 13 R 305/11 B

13. Senat | REWIS RS 2012, 261

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Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensmangel - Begründungspflicht einer Entscheidung - rechtliches Gehör


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 16. Juni 2011 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

Nach dem Vortrag des [X.] hat das [X.] mit Urteil vom 16.6.2011 den von ihm geltend gemachten Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit ohne Anrechnung von Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 1.11.1995 bis 29.5.1998 verneint.

2

Der Kläger macht mit seiner beim BSG erhobenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem genannten Urteil ausschließlich Verfahrensmängel geltend.

3

Die Beschwerde des [X.] ist unzulässig. Seine Beschwerdebegründung vom 16.8.2011 und 15.9.2011 genügt der gesetzlich vorgeschriebenen Form nicht, denn er hat den Zulassungsgrund des [X.] nicht ordnungsgemäß bezeichnet (§ 160 Abs 2 [X.] 160a Abs 2 S 3 [X.]).

4

Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 [X.] [X.] vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne, müssen für die Bezeichnung des [X.] (§ 160a Abs 2 S 3 [X.]) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des [X.] - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht. Gemäß § 160 Abs 2 [X.] Halbs 2 [X.] kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 [X.] und auf eine Verletzung des § 103 [X.] nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das [X.] ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

5

Der Kläger rügt einen "Rechtsverstoß gegen § 202 [X.] i. V. m. § 551 Nr. 7 ZPO a. F." und "gegen Art. 103 Abs. 1 GG". Die Entscheidung des [X.] stelle einen Verstoß gegen das "aus Art. 3 Abs. 1 GG abzuleitende Willkürverbot dar". Die Beurteilung sei "offensichtlich sachwidrig und somit objektiv willkürlich". Das [X.] stütze sich auf widersprüchliche Aussagen seines ehemaligen Arbeitgebers vom [X.], "ohne diese Auskünfte zu begründen". Damit fehlten eigene Erwägungen des [X.] dazu, "warum ab dem [X.] - 31.12.1994 die Anwartschaftszeit gem. § 104 [X.] nicht erfüllt ist". Auch die Behauptung des Berufungsgerichts, er habe im Zeitraum vom [X.] bis 30.9.1995 lediglich an 316 Tagen (statt der erforderlichen 360) Kalendertagen in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung oder gleichwertigen Anwartschaftszeit gestanden, beruhe auf Willkür. Zudem sei das [X.] in seinem Urteil nicht auf den von ihm "vorgetragenen eigenen Weg zur Begründung des geltend gemachten Anspruchs eingegangen". Damit fehlten "Urteilsgründe i. S. v. § 551 Nr. 7 ZPO a. F." und sein Anspruch auf rechtliches Gehör sei verletzt. Zudem mache er als "einen weiteren Verfahrensfehler" des [X.] einen "Verstoß gegen § 104 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 168 Abs. 1 [X.]" geltend. Wegen der Widersprüchlichkeit der Aussagen hätte das [X.] seinen ehemaligen Arbeitgeber vom Amts wegen "zur mündlichen Verhandlung beiladen" müssen.

6

Mit diesem Vorbringen hat der Kläger die geltend gemachten Verfahrensmängel nicht hinreichend dargelegt.

7

Sofern der Kläger einen Verstoß gegen "§ 551 Nr. 7 ZPO a. F." geltend macht, rügt er sinngemäß eine Verletzung des § 136 Abs 1 [X.] [X.]. Eine Entscheidung ist jedoch nicht schon dann im gerügten Sinne nicht mit Gründen iS des § 136 Abs 1 [X.] [X.] versehen, wenn das Gericht sich unter Beschränkung auf den Gegenstand der Entscheidung kurz fasst und nicht jeden Gesichtspunkt, der erwähnt werden könnte, behandelt hat ([X.], 233, 234 = [X.]-1750 § 945 [X.] mwN). Die Begründungspflicht ist selbst dann nicht verletzt, wenn die Ausführungen des Gerichts zu den rechtlichen Voraussetzungen oder zum tatsächlichen Geschehen, wovon der Kläger offensichtlich ausgeht, falsch, oberflächlich oder wenig überzeugend sein sollten (Senatsbeschluss vom 22.1.2008 - [X.] R 144/07 B - BeckRS 2008, 51032 RdNr 7). Aus dem Urteil des [X.] war nach dem Vorbringen des [X.] ersichtlich, dass und warum das [X.] die Auskünfte des Arbeitgebers verwertet hat. Sofern er meint, das Berufungsgericht habe sich zu Unrecht und "sachwidrig" bzw "willkürlich" auf die seiner Ansicht nach widersprüchlichen Aussagen seines ehemaligen Arbeitgebers gestützt und ihnen in der Beurteilung einen falschen Aussagegehalt beigemessen, liegt hierin keine Gehörsrüge, sondern im [X.] die Rüge mangelhafter Beweiswürdigung. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut von § 160 Abs 2 [X.] Halbs 2 [X.] kann ein geltend gemachter Verfahrensmangel nicht auf die Verletzung von § 128 Abs 1 S 1 [X.] (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) gestützt werden und der Nichtzulassungsbeschwerde von vornherein nicht zum Erfolg verhelfen. Ebenso wenig rechtfertigt die Zulassung der Revision, dass der Kläger die Entscheidung des [X.] für falsch hält (vgl [X.] § 160a Nr 7).

8

Dass das [X.] seiner Rechtsansicht und dem von ihm "vorgetragenen eigenen Weg zur Begründung des geltend gemachten Anspruchs" nicht gefolgt ist, begründet keinen Gehörsverstoß. Denn der Anspruch auf rechtliches Gehör gewährleistet nur, dass der Kläger "gehört", nicht jedoch "erhört" wird (Senatsbeschluss vom 9.5.2011 - [X.] R 112/11 B - BeckRS 2011, 73125 RdNr 9). Art 103 Abs 1 GG verpflichtet die Gerichte nicht dazu, der Rechtsansicht eines Beteiligten zu folgen ([X.] NZS 2010, 497 RdNr 17).

9

Soweit der Kläger einen Verstoß des [X.] gegen "§ 104 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 168 Abs. 1 [X.]" rügt, macht er keinen Verstoß gegen eine Vorschrift, die das sozialgerichtliche Verfahren regelt, und damit keinen Verfahrensmangel iS des § 160 Abs 2 [X.] [X.] geltend. Vielmehr wendet er sich mit seinem Verbringen abermals gegen den sachlichen Inhalt des Urteils. Die Rüge der inhaltlichen Richtigkeit einer Entscheidung ist jedoch - wie bereits ausgeführt - nicht Gegenstand einer Nichtzulassungsbeschwerde.

Auch die zumindest sinngemäß geltend gemachte unzureichende Sachaufklärung (Verstoß gegen § 103 [X.]) des [X.] hat der Kläger nicht ansatzweise dargelegt. Eine entsprechende Rüge ist nach der Vorschrift des § 160 Abs 2 [X.] letzter Teils [X.] nur dann beachtlich, wenn sie "sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das [X.] ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist". Eine Ausnahme hiervon sieht weder das Gesetz noch die Rechtsprechung des BSG vor. Dass der Kläger einen derartigen Beweisantrag gestellt hat, behauptet er nicht.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 [X.]).

Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 [X.] iVm § 169 S 2 und 3 [X.] durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 [X.].

Meta

B 13 R 305/11 B

18.12.2012

Bundessozialgericht 13. Senat

Beschluss

Sachgebiet: R

vorgehend SG Gelsenkirchen, 16. Dezember 2008, Az: S 18 KN 106/08

§ 62 SGG, § 136 Abs 1 Nr 6 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 202 SGG, § 551 Nr 7 ZPO vom 01.01.1964, Art 103 Abs 1 GG, Art 3 Abs 1 GG, § 104 Abs 1 S 1 AFG vom 21.12.1993, § 168 Abs 1 AFG vom 18.12.1992, § 168 Abs 1 AFG vom 15.12.1995, § 168 Abs 1 AFG vom 24.07.1995

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 18.12.2012, Az. B 13 R 305/11 B (REWIS RS 2012, 261)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 261

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