Bundespatentgericht, Beschluss vom 09.03.2023, Az. 28 W (pat) 550/19

28. Senat | REWIS RS 2023, 3009

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Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2018 111 141.6

hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] am 9. März 2023 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.] und der Richterinnen [X.] und Berner

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das Wortzeichen

2

[X.]

3

ist am 5. Oktober 2018 zur Eintragung als Wortmarke in das beim [X.] ([X.]) geführte Register für die nachfolgenden Waren angemeldet worden:

4

[X.]: [X.] und deren Teile, insbesondere Vakuumbeschichtungsmaschinen zum Beschichten von flexiblen Substraten und Ersatzteile zu deren Betrieb und Instandhaltung;

5

Klasse 9: Schmelztiegel für [X.];

6

[X.]: Verdampfer für [X.].

7

Nach einem Hinweis der Markenstelle für [X.] des [X.] vom 3. Dezember 2018, wonach das Anmeldezeichen mangels Unterscheidungskraft voraussichtlich nicht schutzfähig sei, hat die Anmelderin mit Schriftsatz vom 31. Januar 2019 ein in der [X.] geändertes [X.] eingereicht. Mit Beschluss vom 27. März 2019 hat die Markenstelle für [X.] durch eine Beamtin des gehobenen Dienstes die Anmeldung wegen mangelnder Unterscheidungskraft gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zurückgewiesen und hinsichtlich der Prüfung der Schutzfähigkeit des Zeichens nur das mit der Markenanmeldung eingereichte [X.] zugrunde gelegt.

8

Zur Begründung der Zurückweisung hat sie ausgeführt, das angemeldete Wortzeichen [X.] weise für die angesprochenen Verkehrskreise in Form von gewerblichen Abnehmern und dem Fachverkehr einen im Vordergrund stehenden beschreibenden und werblich anpreisenden Begriffsinhalt auf. Das Anmeldezeichen setze sich aus den beiden Bestandteilen „[X.]“ und „[X.]“ zusammen. Das Wort „[X.]“ gehöre zum Grundwortschatz der [X.] und bedeute „erstklassig, obere, toll, beste“. Mit dieser Bedeutung habe der Begriff auch Eingang in den [X.] Sprachgebrauch gefunden. Der weitere - ebenfalls englischsprachige – [X.] „[X.]“ weise im [X.] Bedeutungen im Sinne von „auf[X.], aufspulen, [X.]; Spule, Rolle, Wicklung, Windung“ auf. Im [X.] werde „[X.]“ auch im Sinne von „dünnes, aufgewickeltes [X.]“ verwendet. Die relevanten Verkehrskreise verstünden die sprachüblich gebildete Wortfolge [X.] ohne analysierende Betrachtungsweise im Sinne von „erstklassiges, dünn aufgewickeltes [X.]“. Da sich dieses von den beanspruchten [X.] der [X.] verarbeiten ließe und die „Schmelztiegel für [X.]“ der Klasse 9 sowie die „Verdampfer für [X.]“ der [X.] jeweils Teile bzw. Zubehör von [X.] darstellten, weise das Anmeldezeichen zu allen beanspruchten Waren zumindest einen engen beschreibenden Bezug auf. Die vorgenommenen Änderungen der in der [X.] beanspruchten Waren seien nicht mit dem Gebot der Rechtssicherheit vereinbar und daher unzulässig.

9

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde vom 30. April 2019. Zur Begründung trägt sie vor, das Anmeldezeichen [X.] stelle als Wortneuschöpfung für die angesprochenen Verkehrskreise weder eine sprachüblich gebildete Bezeichnung noch einen eindeutigen Hinweis auf deren Verwendung dar. Der Begriff „[X.]“ sei mehrdeutig und den angesprochenen Verkehrskreisen nicht geläufig, insbesondere nicht in der von der Markenstelle genannten Bedeutung im Sinne eines dünn gewickelten [X.]es. Im [X.] werde er zwar als Fachbegriff für Bandstahlrollen und [X.] verwendet. Die Anmelderin sei hingegen ein führender Anbieter von [X.] zur Abschneidung dünner Schichten auf dünnen, flexiblen Substraten, insbesondere für Verpackungstechnologieanwendungen. [X.] zum Beschichten von flexiblen Substraten enthielten Spulen bzw. Rollen nur als untergeordnete Bestandteile und wiesen keinen Zusammenhang mit den in der [X.] beanspruchten Waren auf. Die maßgeblichen Verkehrskreise fassten den Begriff „[X.]“ daher nicht als Merkmalsbeschreibung für [X.] auf. Das angemeldete Zeichen weise durch die Zusammenschreibung zudem eine sprachliche Besonderheit auf. Im Übrigen verwende die Anmelderin den [X.] „[X.]“ als wiederkehrende Komponente einer Markenserie, wie die eingetragenen [X.] Marken „[X.]“ (202 47 71) und „[X.]BEAM“ (397 27 415) zeigten und den angesprochenen Verkehrskreisen aufgrund umfangreicher Benutzung im geschäftlichen Verkehr bekannt seien. Das Anmeldezeichen sei entsprechend diesen Voreintragungen schutzfähig.

Auf die gerichtlichen Hinweise vom 29. Juli 2021 (mit [X.], [X.]. 48 bis 87 d. A.) und 1. Oktober 2021, wonach die Beschwerde keine Aussicht auf Erfolg habe, hat die Anmelderin mit Schriftsatz vom 31. August 2021 ihren ursprünglich hilfsweise gestellten Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgenommen und mit weiterem Schriftsatz vom 8. November 2021 für die in der [X.] beanspruchten Waren ein neues [X.] wie folgt eingereicht (Änderungen zum ursprünglich mit der Markenanmeldung eingereichten [X.] der [X.] sind durch Fettdruck und Durchstreichung kenntlich gemacht):

[X.]: [X.] und deren Teile, insbesondere Vakuumbeschichtungsmaschinen zum Beschichten von flexiblen Substraten; Ersatzteile zum zu deren Betrieb und zur Instandhaltung von [X.].

Nach dem Hinweis des Senats vom 24. Januar 2022 ([X.]. 102 d. A.), wonach es sich bei der neuen Fassung der in der [X.] beanspruchten Waren um eine unzulässige Erweiterung handele, hat die Anmelderin mit Schriftsatz vom 6. März 2023 schließlich mitgeteilt, dass hinsichtlich der in der [X.] beanspruchten Waren das ursprünglich mit der Markenanmeldung vom 5. Oktober 2018 eingereichte [X.] gelten solle.

Die Anmelderin beantragt daher sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle für [X.] des [X.]s vom 27. März 2019 aufzuheben.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

[X.].

Die gemäß §§ 64 Abs. 6 Satz 1, 66 Abs. 1 [X.] statthafte Beschwerde ist zulässig, hat aber keinen Erfolg.

1. [X.] ist das ursprünglich mit der Markenanmeldung eingereichte [X.]. Die Anmelderin hat mit ihrem letzten Schriftsatz vom 6. März 2023 hinsichtlich der [X.] wiederum die mit der Markenanmeldung eingereichten Waren beansprucht. Dies ist zulässig, da das mit Schriftsatz vom 8. November 2021 in der [X.] eingereichte [X.] eine inhaltliche Erweiterung enthielt (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/Thiering, [X.], 13. Auflage, § 39 Rn. 3) und daher keine Berücksichtigung finden konnte. Denn es enthält innerhalb der mit „insbesondere“ eingeleiteten Formulierung einen Strichpunkt, so dass die danach aufgeführten Waren „Ersatzteile zum Betrieb und zur Instandhaltung von [X.]“ nicht mehr Teil einer beispielhaften Aufzählung sind, sondern einen selbstständigen Charakter erhalten. Diese Waren lassen sich nicht unter die mit der Markenanmeldung in der [X.] beanspruchten Waren „[X.] und deren Teile“ subsumieren, da „Ersatzteile zum Betrieb und zur Instandhaltung von [X.]“ ihrem Wortlaut nach nicht zwingend Teile der [X.] darstellen müssen.

2. Der Eintragung des angemeldeten Wortzeichens [X.] als Marke steht in Bezug auf alle beanspruchten Waren der Klassen 7, 9 und 11 das absolute Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entgegen. Die Markenstelle hat dem Anmeldezeichen insoweit zu Recht die Eintragung versagt (§ 37 Abs. 1 [X.]).

a) Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet ([X.] [X.], 1198 Rn. 59 f. – [X.]/[X.]]; [X.] 2012, 304 Rn. 23 – Smart Technologies/[X.] [[X.] DAS [X.]]; [X.], 228 Rn. 33 – [X.]/[X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.], 608 Rn. 66 f. – [X.]; [X.] 2020, 411 Rn. 10 – #darferdas? [X.], [X.], 301 Rn. 11 – [X.]; [X.], 934 Rn. 9 – [X.]; [X.], 173 Rn. 15 – for you; [X.], 731 Rn. 11 – [X.]; [X.], 1143 Rn. 7 – [X.]). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten ([X.] a. a. [X.] – [X.]/[X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.] – #darferdas? [X.]; a. a. [X.] – [X.]). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.] – [X.]; a. a. [X.] – [X.]). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen ([X.] [X.], 428 Rn. 53 – [X.]; [X.] Rn. 15 – [X.]; a. a. [X.] Rn. 10 – [X.]; a. a. [X.] Rn. 16 – for you; [X.], 872 Rn. 13 – [X.]).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt ([X.] 2013, 1143 Rn. 15 – [X.] werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist ([X.] [X.], 411 Rn. 24 – Matratzen Concord/[X.]; [X.], 943 Rn. 24 – [X.] 2; [X.] WRP 2014, 449 Rn. 11 – grill meister).

Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen ([X.] [X.], 674, Rn. 86
– Postkantoor; [X.] 2012, 1143 Rn. 9 – [X.]; [X.], 270 Rn. 11
– Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr
– etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden ([X.] 2020, 411 Rn. 10 – #darferdas? [X.]; [X.], 934 Rn. 12 – [X.]; [X.], 872 Rn. 21 – [X.]; [X.], 569 Rn. 26 – [X.]; [X.], 1143 Rn. 9 – [X.]; [X.], 270 Rn. 11 – Link economy; [X.], 640 Rn. 13 – hey!; [X.], 952 Rn. 10 – [X.]). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, die die beanspruchte Ware oder Dienstleistung zwar selbst nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen ([X.] 2018, 932 Rn. 8 – #darferdas?; a. a. [X.] – [X.]; a. a. [X.] Rn. 16 – [X.]).

b) Gemessen an den vorgenannten Grundsätzen genügt das angemeldete Wortzeichen [X.] in Bezug auf alle beanspruchten Waren den Anforderungen an die erforderliche Unterscheidungskraft nicht. Denn die angesprochenen Verkehrskreise werden es nur als eine Sachaussage und nicht als betrieblichen Herkunftshinweis verstehen.

aa) Die beanspruchten Waren richten sich an gewerbliche Abnehmer und an den Fachhandel für deren Zubehör.

bb) Das angemeldete Zeichen [X.] besteht – schon wegen der natürlichen Silbentrennung - aus den Begriffen „[X.]“ und „[X.]“. Bei derartigen, aus mehreren Bestandteilen kombinierten Zeichen ist es zulässig, zunächst die Bestandteile getrennt zu betrachten, sofern die Beurteilung des Schutzhindernisses auf einer sich anschließenden Prüfung der Gesamtheit dieser Bestandteile beruht (vgl. [X.] [X.], 943, 944 - [X.].2; [X.], 229, 230 - BioID).

Das [X.] Wort „[X.]“ ist in den [X.] Sprachgebrauch eingegangen mit den Bedeutungen „von höchster Güte, hervorragend, auf dem aktuellsten Stand, hochmodern“ (vgl. [X.] unter www.duden.de). Es hat in Wortkombinationen eine die Spitzenposition verstärkende Bedeutung und ist dem Verkehr wegen des werbemäßigen Gebrauchs ohne weiteres bekannt (vgl. [X.], Beschluss vom 25.02.2016, 25 W (pat) 535/13 – [X.]SCAN; Beschluss vom 13.06.2012, 28 W (pat) 506/11 – [X.]-WING; [X.]/[X.], Beschluss vom 15.07.2013, [X.]/12-4 – topview; Beschluss vom 31.05.1999, R 0207/98-1 – [X.]TOOLS).

Der weitere [X.] „[X.]“ ist ein [X.]r Begriff mit der Bedeutung „Spirale, Rolle, Windung“ ([X.]). Zudem bedeutet er auch „dünnes, aufgewickeltes [X.]“ (vgl. [X.] unter www.duden.de). Er wurde im [X.] Sprachgebrauch bereits vor dem Anmeldetag des in Frage stehenden Zeichens im Zusammenhang mit [X.] vielfach verwendet (vgl. [X.] 1 zum gerichtlichen Hinweis vom 29. Juli 2021, [X.]. 48/72 d. A.; der nachfolgend jeweils verwendete Fettdruck dient der Hervorhebung):

- „Zwei solche [X.] bilden gemeinsam mit einem Transportwagen ein Abwickelsystem, welches in Verbindung mit einem Bahnwechsler die kontinuierliche Zuführung einer Materialbahn (z. B. in einer Beschichtungsmaschine für Aluminiumfolien) ermöglicht. Während die Dornabwicklung arbeitet, wird die andere mit einem vollen [X.] bestückt.“ (09.01.2014; https.//press-fromm.de/materialien/aluminium);

- „Die Überwachung der Oberflächentemperatur des Ofens und des Bandes über die volle Breite der [X.] und während des gesamten [X.] ist unverzichtbar. ….. Das ist erforderlich, damit die [X.] für den beabsichtigten Einsatzzweck ausreichend geschützt ist.“ (12.01.2018; [X.]);

- Artikel 'Produktionsprozess einer [X.]', Kapitel 'Slitten': „Intermittierende Beschichtung“… „Mutter coil “ …. „Tochter coils“ (13.10.2015; https://www.pem.rwth-aachen.de);

- „[X.] Coating Anlage Typ BA 15706“ – Anlage zum Beschichten und Trocknen von Sta hl- und [X.]. …. Technische Daten: [X.] gewicht: …. [X.] durchmesser:….“ (27.03.2009; https://www.mathisag.com).

cc) Ausgehend von den vorgenannten Verwendungen des [X.]s „[X.]“ vor dem Anmeldetag des [X.] im Kontext mit Beschichtungen bzw. [X.] werden die angesprochenen Fachkreise aus dem Beschichtungsgewerbe und der entsprechende Fachhandel dem Anmeldezeichen in seiner Gesamtheit entgegen den Ausführungen der Anmelderin die Bedeutung einer „hervorragenden Rolle“ bzw. eines „dünnen, aufgewickelten [X.]s von höchster Güte“ beimessen.

dd) Bei vielen Beschichtungsarten wird das zu beschichtende Ausgangsmaterial dem [X.] in Rollenform zugeführt und das beschichtete Endprodukt kann wiederum eine Rollenform aufweisen bzw. auf Rollen aufgewickelt sein. Bei diesen Beschichtungsverfahren ist am Anfang des [X.] eine Abwickelvorrichtung und an dessen Ende eine Aufwickelvorrichtung angebracht (vgl. https://www.mathisag.com - [X.] Coating Anlage Typ BA 15706“, [X.] 1 zum gerichtlichen Hinweis vom 29. Juli 2021, [X.]. 48/72 d. A). Dies ist z. B. beim sogenannten „[X.] Coating“ der Fall. „[X.] Coating“ ist eine (Metall-)Bandbeschichtung zur ein- oder beidseitigen Beschichtung von Stahl- oder Aluminium-[X.]echen (vgl. https://www.chemie.de/lexikon/[X.]_Coating.html und https://de.wikipedia.org/wiki/[X.]_Coating; vgl. [X.] 2 zum gerichtlichen Hinweis vom 29. Juli 2021, [X.]. 73/77 d. A.).

Die Wortkombination „[X.]“ ist daher geeignet, dem angesprochenen Fachverkehr zu vermitteln, dass die in der [X.] beanspruchten „[X.] und deren Teile“ als Abwickel- bzw. Aufwickelvorrichtung Rollen in hoher Güte verwenden bzw., soweit es die beanspruchten Teile der [X.] betrifft, diese selbst darstellen. Damit eignet sich das Anmeldezeichen als bloßer Sachhinweis auf die entsprechende Ausstattung oder die Ware selbst.

Die Waren „Schmelztiegel für [X.]“ in der Klasse 9 und „Verdampfer für [X.]“ in der [X.] unterstützen als Zubehör für [X.] den [X.] bzw. machen diesen erst möglich. Hinsichtlich dieser Waren bringt das Anmeldezeichen zum Ausdruck, dass diese als Zubehör für [X.] bestimmt und geeignet sind, deren Endprodukt in einer besonders hochwertigen beschichteten Rollenform besteht (z. B. beschichtete [X.]e). Insoweit besteht daher jedenfalls ein enger funktionaler Zusammenhang zu den in den Klassen 9 und 11 beanspruchten Waren, der zu einem die Unterscheidungskraft ausschließenden engen beschreibenden Bezug des angemeldeten Zeichens führt.

ee) Die hiergegen vorgebrachten Einwendungen der Anmelderin greifen allesamt nicht durch.

(1) Der Hinweis der Anmelderin, wonach der [X.] „[X.]“ mehrere Bedeutungen aufweise und das Anmeldezeichen insgesamt mehrdeutig sei, ist nicht geeignet, die Schutzfähigkeit des [X.] zu begründen. Soweit dem Anmeldezeichen mehrere Bedeutungen zukommen, vermag dies nichts an der Schutzunfähigkeit zu ändern. Denn die Annahme einer beschreibenden Bedeutung setzt nicht voraus, dass die Bezeichnung feste begriffliche Konturen erlangt und sich damit eine einhellige Auffassung zum Sinngehalt herausgebildet hat. Von einem beschreibenden Begriff kann vielmehr auch dann auszugehen sein, wenn das Zeichenwort verschiedene Bedeutungen hat, sein Inhalt vage und nicht klar umrissen ist und nur eine der möglichen Bedeutungen die Waren oder Dienstleistungen beschreibt ([X.] a. a. [X.] – [X.]; [X.], 680 Rn. 38 - 42 – [X.]; [X.] 2014, 872 Rn. 25 – [X.]; [X.], 569 Rn. 18 – [X.]; [X.], 522 Rn. 13 – [X.] schönste Seiten).

(2) [X.] ist auch der Einwand der Anmelderin, wonach sie ein führender Anbieter von [X.] zur Abschneidung dünner Schichten auf dünnen, flexiblen Substraten sei und selbst keine [X.]-Beschichtung bzw. [X.]-Coating anbiete und zudem bei dieser Beschichtungsart Spulen bzw. Rollen nur untergeordnete Bestandteile seien. Denn der beabsichtigte oder erfolgte tatsächliche Einsatz der Marke ist für die registerrechtliche Frage der Eintragungsfähigkeit unerheblich, soweit er – wie vorliegend - keinen Niederschlag im angemeldeten Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen gefunden hat (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/Thiering, a. a. [X.], § 8 Rn. 468).

(3) Die von der Anmelderin angeführten Voreintragungen rechtfertigen mangels Vergleichbarkeit keine andere Beurteilung. So können die weiteren Bestandteile der genannten Voreintragungen „-Met“ (202 47 71) und „-BEAM“ (397 27 415) zur Schutzfähigkeit geführt haben, sofern sie keinen warenbeschreibenden Bezug erkennen lassen. Die Eintragung der weiteren für die Anmelderin eingetragenen Marke „[X.]BEAM“ (397 27 415) liegt im Übrigen über 25 Jahre zurück, so dass sich das Verkehrsverständnis inzwischen geändert haben dürfte. Im Übrigen kann sich niemand auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung berufen, um eine identische Entscheidung zu erlangen ([X.] [X.], 667, 668 Rn. 18 – Volks.Handy, Volks.Camcorder, Volks.Kredit und SCHWABENPOST).

(4) Nicht durchzudringen vermag die Anmelderin ferner mit ihrem Vorbringen, sie habe eine Markenserie mit dem Stammbestandteil „[X.]“. Ein zusammengesetztes Zeichen kann zwar in seiner Gesamtheit schutzfähig sein, wenn sich (nur) eines der von Haus aus schutzunfähigen Elemente im Verkehr durchgesetzt hat (vgl. [X.] 1983, 243 - [X.]; [X.] Beschluss vom 24.09.2003, 29 W (pat) 115/03 - [X.]). Eine solche Verkehrsdurchsetzung gemäß § 8 Abs. 3 [X.] insbesondere des [X.]s „[X.]“ hat die Anmelderin weder behauptet, noch durch Vorlage von [X.] belegt. Der Anmelder, der sich auf eine Verkehrsdurchsetzung beruft, muss diese jedoch auf entsprechend vorgetragenes und belegtes [X.] stützen. Eine pauschale Behauptung ist regelmäßig nicht ausreichend (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/Thiering, [X.], a. a. [X.], § 8 Rn 693, 694). Hierauf wurde die Anmelderin bereits im gerichtlichen Hinweis vom 29. Juli 2021 hingewiesen.

(5) Schließlich ist der Umstand, dass es sich bei der angemeldeten Bezeichnung möglicherweise um eine Wortneuschöpfung handelt, für die Frage der Unterscheidungskraft grundsätzlich unerheblich, da es insoweit allein auf das Verständnis des Verkehrs bei unbefangener Wahrnehmung des Zeichens ankommt ([X.], Beschluss vom 14.12.2017, 25 W (pat) 503/17 – [X.]; Beschluss vom 22.03.2018, 25 W (pat) 509/17 – [X.]; Beschluss vom [X.], 29 W (pat) 501/18 – [X.]). Die mangelnde lexikalische Nachweisbarkeit des Zeichens ist daher kein Indiz für dessen Schutzfähigkeit ([X.], Beschluss vom 23.07.2018, 26 W (pat) 501/15 – [X.]; Beschluss vom 11.12.2019, 26 W (pat) 571/16 – [X.]; Beschluss vom 04.05.2020, 26 W (pat) 505/20 – geldmagnet). Insofern ist es auch ohne Belang, ob das Anmeldezeichen grammatikalisch zutreffend gebildet ist. Der Verkehr ist daran gewöhnt, in der Werbung mit neuen und grammatikalisch nicht immer korrekten Begriffen konfrontiert zu werden ([X.], Beschluss vom 19.06.2017, 25 W (pat) 523/17 – [X.]; Beschluss vom 12.10.2020, 26 W (pat) 548/20 – [X.]). Vor diesem Hintergrund ist auch das von der Anmelderin genannte mangelnde Leerzeichen zwischen den [X.]en unbeachtlich, zumal bereits zahlreiche Wortverbindungen mit dem Bestandteil „[X.]“ zu Beginn eines Wortes ohne Leerzeichen existieren (vgl. „Topmannschaft“, „Topmodel“, „Topmanager“).

3. Ob der Eintragung des [X.] darüber hinaus auch ein Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegensteht, kann angesichts vorstehender Ausführungen im Ergebnis dahinstehen.

4. Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Anmelderin ihren hierauf hilfsweise gerichteten Antrag zurückgenommen hat und die Durchführung einer solchen auch nicht aus Gründen der Sachdienlichkeit geboten war (§ 69 [X.]).

Meta

28 W (pat) 550/19

09.03.2023

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 09.03.2023, Az. 28 W (pat) 550/19 (REWIS RS 2023, 3009)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 3009

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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