Bundespatentgericht, Beschluss vom 01.09.2022, Az. 28 W (pat) 551/21

28. Senat | REWIS RS 2022, 7513

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – „LIEBE OHNE GEWALT (Zeichen)“ – fehlende Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2021 103 935.1

hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 1. September 2022 unter Mitwirkung des Richters [X.] und der Richterinnen [X.] und Berner

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das Zeichen

2

[X.]

3

ist am 9. März 2021 zur Eintragung als Wortmarke in das beim [X.] ([X.]) geführte Register für nachfolgende Dienstleistungen angemeldet worden:

4

Klasse 35: Werbung zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit für [X.] Themen;

5

Klasse 36: Finanzdienstleistungen; Sammeln von Spenden für Wohltätigkeitsorganisationen.

6

Die Anmeldung wird beim [X.] unter der Nummer 30 2021 103 935.1 geführt.

7

Mit Beschluss vom 29. Juni 2021 hat die mit einer Beamtin des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 35 des [X.] die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, das Anmeldezeichen bringe knapp, unmissverständlich und grammatikalisch korrekt zum Ausdruck, dass Zuneigung ohne massive Unterdrückung bzw. körperliche oder psychische Gewalt ausgelebt werde. Die angemeldete Wortfolge erweise sich damit als ein sofort verständlicher, sloganartiger Hinweis, dass die beanspruchten Dienstleistungen zur Unterstützung von Projekten und Maßnahmen vorgesehen seien, die den gewaltfreien Umgang innerhalb von Partnerschaften und Familien förderten.

8

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie ist der Ansicht, das Anmeldezeichen weise ein Spannungsverhältnis innerhalb der Bestandteile auf. Dieses mache den besonderen Reiz und damit auch die Unterscheidungskraft des Zeichens aus. Bei der angemeldeten Wortfolge handele es sich um einen auffordernden Imperativ oder einen idealisierten Wunsch. Ein darüber hinausgehender, unmittelbar beschreibender Gehalt hinsichtlich der beanspruchten Dienstleistungen lasse sich dem Zeichen nicht entnehmen. Für das Verständnis des [X.] in Relation zu den beanspruchten Dienstleistungen seien vielmehr mehrere Gedankenschritte, zumindest aber ein Denkprozess erforderlich. Es sei nicht unmittelbar und sofort verständlich, dass hinter der Wortfolge „[X.]“ die beanspruchten Dienstleistungen stünden. Wenn überhaupt, lasse sich allenfalls der Zweck oder die Intention der Dienstleistung erkennen. Keiner der [X.] habe etwas mit finanziellen Dienstleistungen zu tun, so dass das Zeichen keinen Zusammenhang zu den beanspruchten „Finanzdienstleistungen“ herstelle. Diese umfassten sämtliche unter diesen Begriff fallende Dienstleistungen und könnten nicht in unzulässiger Weise thematisch eingegrenzt werden. Zudem seien in der Vergangenheit vergleichbare Marken in das Register eingetragen worden.

9

Die Anmelderin beantragte,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des [X.] vom 29. Juni 2021 aufzuheben.

Mit Einlegung der Beschwerde hat die Anmelderin zudem angeregt, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, ohne konkrete Rechtsfragen zu benennen.

Mit gerichtlichem Hinweis vom 20. Dezember 2021 ist die Anmelderin unter Beifügung von [X.] ([X.] 1 bis 2, [X.]. 27 bis 54 der Gerichtsakte) darauf hingewiesen worden, dass das angemeldete Wortzeichen nicht für schutzfähig erachtet werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 [X.] statthafte Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

1. Der Eintragung des angemeldeten Wortzeichens „[X.]“ als Marke steht für die beanspruchten Dienstleistungen das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entgegen. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 [X.]).

a) Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet ([X.] [X.] 2015, 1198 [X.]. 59 f. – [X.]/[X.]]; [X.], 932 [X.]. 7 – #darferdas? I; [X.] 2018, 301 [X.]. 11 – [X.]; [X.], 934 [X.]. 9 – [X.]). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten ([X.] [X.], 228 [X.]. 33 – [X.]/[X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.] – #darferdas? I; a. a. O. – [X.]). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.] – [X.]). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen ([X.] [X.] 2004, 428 [X.]. 53 – [X.]; [X.] [X.]. 15 – [X.]).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt ([X.] [X.] 2013, 1143 [X.]. 15 – [X.] werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist ([X.] [X.] 2006, 411 [X.]. 24 – Matratzen Concord/[X.]; [X.] [X.] 2014, 376 [X.]. 11 – grill meister).

An die Beurteilung der Unterscheidungskraft von sloganartigen Wortfolgen wie hier „[X.]“ sind keine strengeren Maßstäbe anzulegen als bei sonstigen Wortzeichen ([X.] [X.]. 2012, 914 ([X.]. 25) – [X.] DAS [X.]; [X.], 228 ([X.]. 36) – Vorsprung durch Technik; [X.] 2004, 1027 ([X.]. 32, 44) – DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; [X.] [X.], 949 ([X.]. 12) – [X.]; [X.] [X.], 778[X.] [X.], 778 ([X.]. 12) – [X.]). Es wäre daher unzulässig, [X.] [X.], 778 ([X.]. 12) – [X.]). Es wäre daher unzulässig, besondere Kriterien aufzustellen, die das Kriterium der Unterscheidungskraft ersetzen oder von ihm abweichen ([X.] [X.], 228 ([X.]. 38) – Vorsprung durch Technik; [X.] 2004, 1027 ([X.]. 35, 36) – DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT), etwa dergestalt, dass die sloganartige Wortfolge fantasievoll sein und ein begriffliches Spannungsfeld, das einen Überraschungs- und damit Merkeffekt zur Folge habe, aufweisen müsse ([X.] [X.], 228 ([X.]. 39) – Vorsprung durch Technik; [X.] 2004, 1027 ([X.]. 31, 32) – DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; [X.] [X.] 2002, 1070, 1071 – Bar jeder Vernunft). Auch wenn sloganartige Wortfolgen keinen strengeren Schutzvoraussetzungen unterliegen, ist jedoch zu berücksichtigen, dass Wortmarken in Form von Slogans vom Verkehr nicht notwendig in gleicher Weise wahrgenommen werden wie andere Markenkategorien. Insoweit ist bei Slogans, die eine im Vordergrund stehende Werbefunktion ausüben, dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die angesprochenen Kreise aus solchen Slogans gewöhnlich nicht auf die Herkunft der Waren oder Dienstleistungen schließen. Bei nach Art eines Slogans gebildeten Wortfolgen wird der Verkehr diese daher als eine Beschreibung oder Anpreisung des Inhalts oder Gegenstands entsprechender Waren und Dienstleistungen auffassen (vgl. [X.] [X.] 2004, 1027[X.] [X.] 2004, 1027, 1029 ([X.]. 35) – DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; [X.] [X.] 2000, 882[X.] [X.] 2004, 1027, 1029 ([X.]. 35) – DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; [X.] [X.] 2000, 882[X.] [X.] 2000, 882, 883 – Bücher für eine bessere Welt; [X.] [X.] 2002, 1070, 1071 - [X.] [X.] 2000, 882, 883 – Bücher für eine bessere Welt; [X.] [X.] 2002, 1070, 1071 - Bar jeder Vernunft; [X.]. 2003, 834, 835 f. – Best buy; [X.]. 2004, 944, 946[X.]. 2004, 944, 946 – Mehr für Ihr Geld). Nicht unterscheidungskräftig sind [X.]. 2004, 944, 946 – Mehr für Ihr Geld). Nicht unterscheidungskräftig sind demzufolge spruchartige Wortfolgen, die lediglich in sprach- oder werbeüblicher Weise eine beschreibende Aussage über die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen enthalten oder sich ausschließlich in Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art erschöpfen, ohne einen über diese Werbefunktion hinausreichenden Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren oder Dienstleistungen zu vermitteln (vgl. [X.] [X.] 2004, 1027 ([X.]. 35) – DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; [X.] [X.], 1047, 1049 – [X.], [X.]; [X.], 735, 736 – Test it.; [X.] 2014, 872 ([X.]. 23) – [X.]; [X.] 2015, 173 ([X.]. 28) – for you; [X.], 943 ([X.]. 23) – [X.]; siehe auch [X.]/ Hacker/Thiering, [X.], 13. Aufl., § 8 [X.]. 244, 245 m. w. N.).

b) Nach diesen Grundsätzen entbehrt die Wortkombination „[X.]“ für die beanspruchten Dienstleistungen jeglicher Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]. Denn die angesprochenen inländischen Verkehrskreise haben es zum maßgeblichen Anmeldezeitpunkt, dem 9. März 2021, nur als Hinweis auf Thema und Zweck der beanspruchten Dienstleistungen der Klassen 35 und 36 aufgefasst, nicht aber als betrieblichen Herkunftshinweis wahrgenommen.

aa) Mit den beanspruchten Dienstleistungen werden die normal informierten und angemessen aufmerksamen Durchschnittsverbraucher, hinsichtlich der beanspruchten Dienstleistung „Finanzdienstleistungen“ auch unternehmerisch tätiges Publikum angesprochen.

bb) Das Anmeldezeichen setzt sich aus den beiden [X.] Substantiven „Liebe“ und „Gewalt“ zusammen, die durch die Präposition „ohne“ sinnvoll miteinander verbunden sind. Der Sinngehalt des [X.] im Sinne einer gewaltfreien Liebe(-sbeziehung) ist für die beteiligten Verkehrskreise ohne weiteren Denkprozess verständlich. Denn Wortverbindungen mit der Wortfolge „…. ohne Gewalt“ mit vorangestelltem Substantiv, Verb oder Adjektiv waren als schlagwortartiger Hinweis auf ([X.]) Projekte, Themen und Werbekampagnen bereits vor dem Anmeldetag des [X.] üblich, wie der [X.] recherchieren konnte (siehe [X.] 1 zum gerichtlichen Hinweis):

· Respekt - „Beziehungen ohne Gewalt“, Hilfe für Kinder bei häuslicher Gewalt, Broschüre des Frauenzentrums Courage in [X.];
· Schule ohne Gewalt“ – als Hinweis auf einen gewaltfreien Schulalltag;
· [X.]“ - drei unterschiedliche Verwendungen, jeweils als Hinweis auf gewaltfreie Paarbeziehungen, häusliche Gewalt oder ein gewaltfreies Miteinander;
· Ein [X.]“ – als Hinweis auf gewaltsame Übergriffe in der Beziehung und gegen Kinder;
· MenschSein ohne Gewalt“ – Hinweis auf psycho[X.] Betreuung für Menschen, die gewalttätig geworden sind;
· „# Netz ohne Gewalt“ – Initiative gegen psychische Gewalt im Netz;
· Eine Welt ohne Gewalt“ – Hinweis auf häusliche Gewalt und sexuelle Übergriffe;
· Gemeinsam ohne Gewalt“ – [X.] für gewaltbetroffene Paare;
· Stark ohne Gewalt“ – Projektarbeit für Jugendliche, um Abstand von Gewalt zu nehmen;
· Stark ohne Gewalt“ – Gewaltprävention für Kinder;
· Aufwachsen ohne Gewalt“ – Hinweis auf gewaltfreie Erziehung (auch in Schulen);
· Frei leben ohne Gewalt“ – Projekt gegen Gewalt an Frauen.

Vor dem Anmeldetag des [X.] wurde zudem bereits der schlagwortartige Hinweis „Liebe(r) ohne Gewalt“ für eine Kampagne zur Prävention/Sensibilisierung von Beziehungsgewalt unter Jugendlichen verwendet (vgl. Auszug aus der Internetseite „[X.], Menschenrechte für die Frau e.V.“, siehe Anlage 2 zum gerichtlichen Hinweis).

cc) Mit diesem Sinngehalt weist das Anmeldezeichen lediglich auf das Thema oder den Zweck der beanspruchten Dienstleistungen hin, so dass es im Hinblick auf diese einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt enthält.

(1) Im Hinblick auf die beanspruchte Dienstleistung der Klasse 35 „Werbung zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit für [X.] Themen“ ist das Anmeldezeichen geeignet, schlagwortartig auf eine Werbekampagne zum Thema gewaltfreie Liebe/Beziehung hinzuweisen. Insofern entnimmt der Verkehr dem Zeichen keinen Hinweis auf die Herkunft der Dienstleistung aus einem bestimmten Betrieb, sondern nur auf deren Inhalt und Ziel.

(2) Entsprechendes gilt für die in der Klasse 36 beanspruchte Dienstleistung „Sammeln von Spenden für Wohltätigkeitsorganisationen“. Wohltätigkeitsorganisationen können sich auf das Thema Gewalt in (Liebes-)Beziehungen spezialisieren, indem sie die Bevölkerung für das Thema sensibilisieren und Hilfs- und Beratungsprogramme für Betroffene anbieten. Diese Organisationen bzw. die dahinterstehenden Träger wie „[X.]“ oder „[X.] international“ werden oftmals zum großen Teil aus Spenden finanziert (vgl. [X.] 1 zum gerichtlichen Hinweis). Vor diesem Hintergrund stellt das Anmeldezeichen lediglich einen sachlichen Hinweis auf den Verwendungszweck der Spenden dar.

(3) Die weitere in der Klasse 36 beanspruchte Dienstleistung „Finanzdienstleistungen“ stellt einen weiten Oberbegriff dar. Darunter kann beispielsweise auch das „Sammeln von Spenden für Wohltätigkeitsorganisationen“ fallen. Hierbei handelt es sich um eine Dienstleistung, die für Dritte in finanziellen Angelegenheiten erbracht wird (vgl. BPatG 29 W (pat) 45/11 – Wir machen Kinderlachen; [X.] (pat) 98/05 – Paten für Toleranz). Ob unter „Finanzdienstleistungen“ auch weitere, völlig andersartige Dienstleistungen fallen, ist ohne Belang. Denn einer Eintragung als Marke für mit einem weiten Oberbegriff bezeichnete Waren und Dienstleistungen stehen [X.] schon dann entgegen, wenn sie hinsichtlich einzelner unter den Oberbegriff fallender Waren und Dienstleistungen vorliegen ([X.] [X.] 2015, 1012 [X.]. 44 – Nivea-[X.]au; [X.] 2002, 262, 262 – AC).

dd) Das Anmeldezeichen weist keine sprachliche Besonderheit dergestalt auf, dass innerhalb des Zeichens ein Spannungsverhältnis besteht, das einen besonderen Reiz des Zeichens ausmacht. Ein besonderer „Reiz“ eines Zeichens ist nicht geeignet, dessen Unterscheidungskraft zu begründen. Im Übrigen mag der angesprochene Verkehr bei – unzulässiger – analytischer Betrachtung zwar zwischen den im Anmeldezeichen enthaltenen Begriffen „Liebe“ einerseits und „Gewalt“ andererseits einen gewissen inhaltlichen Kontrast wahrnehmen. Da in den oben genannten Verwendungsbeispielen unter Verwendung der Wortfolge „…. ohne Gewalt“ viele ein solches Spannungsverhältnis aufweisen, wird der Verkehr in dem Anmeldezeichen nichts sprachlich Ungewöhnliches erkennen.

ee) Die Anmelderin kann sich nicht auf vergleichbare Voreintragungen berufen.

Bei dem Aktenzeichen 30 2022 104 783.7 „[X.] KINDER VEREIN GEGEN JEDE GEWALT“ (Wort-/Bildmarke) handelt es sich um eine Markenanmeldung mit dem Anmeldetag 25. März 2022. Aus einer Markenanmeldung können keine Rechte hergeleitet werden.

Die Marke „[X.] [X.] im Sport“ (305 504 42) ist bereits 2006, mithin 15 Jahre vor der verfahrensgegenständlichen Anmeldung in das Register eingetragen worden, so dass die damaligen Rahmenbedingungen nicht mehr unbedingt mit den aktuell geltenden vergleichbar sind.

Entsprechendes gilt für die Marke „[X.]“ (306 700 263), die bereits 2007 im Register eingetragen wurde. Im Übrigen handelt es sich hierbei um eine [X.] Anmeldung, so dass keine vergleichbaren Sachverhalte vorliegen.

Bei der Marke „[X.] (011047297) handelt es sich um eine Unionsmarke. Eine Eintragung als Unionsmarke reicht nicht aus, um Schutzhindernisse im Inland auszuräumen. Die in einem Mitgliedstaat der [X.] auf der Grundlage des harmonisierten Markenrechts oder vom [X.] aufgrund der Unionsmarkenverordnung getroffenen Entscheidungen über absolute [X.] sind für nachfolgende Verfahren in anderen Mitgliedstaaten unverbindlich (vgl. [X.] [X.] 2004, 428, [X.]. 63 – [X.]; [X.] 2004, 674, [X.]. 43 f. – Postkantoor). Sie vermögen nicht einmal eine Indizwirkung zu entfalten ([X.] [X.] 2014, 569, [X.]. 30 – [X.]; [X.], 778, [X.]. 18 – [X.]).

Hinsichtlich der Marke „[X.] – [X.] gegen sexuelle Belästigung und Gewalt“ (30 2019 233 648) liegt kein vergleichbarer Sachverhalt vor, da der Markenbestandteil „[X.]“ als schutzfähiges Phantasiewort erscheint.

Bei den Marken „[X.] gegen Mobbing“ (30 2017 031 229) und „Begegnungen – Schutzräume für Kinder“ (302 009 036 216) ist (auf den ersten [X.]ick) nicht erkennbar, welchen beschreibenden Begriffsgehalt den Wörtern „[X.]“ bzw. „Schutzräume“ hinsichtlich der eingetragenen Waren und Dienstleistungen zukommt.

Bei den übrigen von der Anmelderin genannten Voreintragungen „Berührung mit Respekt“ (30 2012 007 103) und „[X.] Fachkraft für [X.] nach [X.]“ (30 2019 219 310) kann es sich um rechtswidrig vorgenommene Eintragungen oder um solche vor Eintritt einer Richtlinien- oder Rechtsprechungsänderung handeln. Niemand kann sich jedoch auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen, um eine identische Entscheidung zu erlangen (vgl. [X.] [X.], 667, [X.]. 18 – Volks.Handy, Volks.Camcorder, Volks.Kredit und [X.]). Für die erforderliche Bereinigung des Markenregisters sieht das Gesetz das Löschungsverfahren vor, das von jedermann eingeleitet werden kann (vgl. BPatG 26 W (pat) 67/13 – BWnet).

2. Ob der Eintragung des [X.] darüber hinaus auch ein Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegensteht, kann angesichts vorstehender Ausführungen im Ergebnis dahinstehen.

3. Für die von der Anmelderin ohne Nennung einer konkreten Rechtsfrage angeregte Zulassung der Rechtsbeschwerde sind Gründe weder ersichtlich noch vorgetragen. Weder ist über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden (§ 83 Abs. 2 Nr. 1 [X.]), noch ist die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 83 Abs. 2 Nr. 2 [X.]).

Meta

28 W (pat) 551/21

01.09.2022

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 01.09.2022, Az. 28 W (pat) 551/21 (REWIS RS 2022, 7513)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 7513

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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29 W (pat) 45/11

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