Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 18.07.2019, Az. 6 B 18/19

6. Senat | REWIS RS 2019, 5307

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Gegenstand

Ungerechtfertigte Annahme einer prozessualen Verwirkung des Klagerechts als Verfahrensmangel


Gründe

I

1

Die Klägerin erlitt im Juli 2012 einen Reitunfall und musste wegen ihrer erlittenen Kopfverletzungen stationär im Krankenhaus behandelt werden. Sie wollte am nächsten Tag das Krankenhaus verlassen, obwohl der behandelnde Arzt wie auch der eingeschaltete Amtsarzt eine weitere stationäre [X.]eobachtung wegen der Möglichkeit lebensbedrohlicher Komplikationen befürworteten. Wegen akuter Eigengefährdung fixierte der Stationsarzt auf Anraten des [X.] die Klägerin mithilfe von zwei Polizeibeamten unter Anwendung von Gewalt auf ihrem Krankenbett und verabreichte ihr ein Medikament. Der Amtsarzt ordnete die vorläufige Unterbringung an. Das [X.] ordnete im [X.] am gleichen Tag ihre Unterbringung bis zum darauffolgenden Tag an. Auf die [X.]eschwerde der Klägerin stellte das [X.] die Rechtswidrigkeit dieses [X.]eschlusses fest. Den weiteren Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der vorläufigen Unterbringung verwies das [X.] an das Verwaltungsgericht, welches die Rechtswidrigkeit durch Urteil feststellte. Ein gegen die Polizeibeamten eingeleitetes Strafverfahren stellte die Staatsanwaltschaft im Juli 2014 ein.

2

Im [X.] daran hat die Klägerin im September 2014 Klage zum Verwaltungsgericht erhoben und die Feststellung der Rechtswidrigkeit der von den Polizeibeamten angewendeten Gewalt, der Fesselung und der Zwangsmedikation begehrt. Das Verwaltungsgericht hat die für zulässig erachtete Klage als unbegründet abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat die [X.]erufung der Klägerin mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage wegen Verwirkung des [X.] bereits als unzulässig abzuweisen sei. Die Revision hat es nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die [X.]eschwerde der Klägerin, mit der sie sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO geltend macht.

II

3

Die [X.]eschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem angefochtenen Urteil ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der [X.]erufungsentscheidung und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Oberverwaltungsgericht. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher [X.]edeutung der Rechtssache (unter 1.) oder Divergenz (unter 2.) zuzulassen. Das angefochtene Urteil beruht aber auf einem Verfahrensmangel, der dessen Aufhebung und die Zurückverweisung rechtfertigt (unter 3.).

4

1. Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher [X.]edeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass die [X.]eschwerde eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender [X.]edeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage auf der Grundlage der bundesgerichtlichen Rechtsprechung oder des Gesetzeswortlauts mithilfe der üblichen Auslegungsregeln eindeutig beantwortet werden kann (stRspr, vgl. nur [X.], [X.]eschluss vom 27. Januar 2015 - 6 [X.] 43.14 - [X.] 421.0 Prüfungswesen Nr. 421 Rn. 8). Ist eine Rechtsfrage bereits bundesgerichtlich beantwortet, kommt die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher [X.]edeutung nur in [X.]etracht, wenn die [X.]eschwerde neue rechtliche Gesichtspunkte aufzeigt, die ein Überdenken der bisherigen Rechtsprechung erforderlich machen (stRspr, vgl. nur [X.], [X.]eschluss vom 24. August 2017 - 6 [X.] 55.17 - juris Rn. 4 m.w.[X.]).

5

Die Klägerin hält folgende Fragen für grundsätzlich bedeutsam:

- "Ist es mit Art. 19 Abs. 4 GG vereinbar, wenn das Klagerecht auch in Fällen tiefgreifender Grundrechtseingriffe, bei denen sich die direkte [X.]elastung durch den angegriffenen Hoheitsakt nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine [X.]spanne beschränkt, in welcher der [X.]etroffene die gerichtliche Entscheidung in der von der Prozessordnung gegeben[en] Instanz nicht erlangen kann, verwirkt werden [kann]?"

- "Ist es mit Art. 19 Abs. 4 GG vereinbar, wenn das Klagerecht in Fällen tiefgreifender Grundrechtseingriffe, bei denen sich die direkte [X.]elastung durch den angegriffenen Hoheitsakt nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine [X.]spanne beschränkt, in welcher der [X.]etroffene die gerichtliche Entscheidung in der von der Prozessordnung gegeben[en] Instanz nicht erlangen kann, auch dann verwirkt werden [kann], wenn der Hoheitsakt mit den Mitteln des Strafrechts verfolgt wird?"

- "Ist es mit Art. 104 Abs. 2 GG vereinbar, wenn das Recht, die Rechtmäßigkeit einer Freiheitsentziehung durch [X.] prüfen zu lassen, verwirken kann?"

- "Ist es mit Art. 5 Abs. 4 [X.] vereinbar, wenn das Recht, die Rechtmäßigkeit einer Freiheitsentziehung durch [X.] prüfen zu lassen, verwirken kann?"

- "Kann ein Klagerecht verwirken, wenn dadurch kein Rechtsfrieden zwischen den Parteien eintritt?"

6

Nach Auffassung der Klägerin gebiete Art. 19 Abs. 4 GG bei tiefgreifenden [X.] die Annahme eines Rechtsschutzinteresses. Insoweit sei noch nicht höchstrichterlich entschieden, ob das so begründete Klagerecht und damit der verfassungsrechtlich verbürgte Richtervorbehalt in Widerspruch hierzu verwirken könnten. Außerdem müsse der [X.]etroffene wissen, ob es zur Wahrung seiner Rechte genüge, sich zunächst auf eine Rechtsschutzmöglichkeit zu beschränken, oder er in diesem Fall Gefahr laufe, ansonsten gegebene Rechtsschutzmöglichkeiten wegen Verwirkung zu verlieren. Dieses Vorbringen rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher [X.]edeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

7

Gesetzlicher Anknüpfungspunkt für das [X.] ist der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 [X.]G[X.]). Die Verwirkung ist eine besondere Ausprägung dieses Grundsatzes und gilt auch im öffentlichen Recht (stRspr, vgl. [X.], Urteile vom 29. August 1996 - 2 [X.] 23.95 - [X.]E 102, 33 <36> m.w.[X.] und vom 30. August 2018 - 2 [X.] 10.17 - [X.] 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 88 Rn. 18; [X.]eschluss vom 29. August 2018 - 3 [X.] 24.18 - [X.] 134, 157 <159 f.>). Sie ist ein Hauptanwendungsfall des [X.] (Verbot widersprüchlichen Verhaltens), wonach ein Recht nicht mehr ausgeübt werden darf, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere [X.] verstrichen ist und besondere Umstände hinzutreten, welche die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen ([X.], Urteile vom 7. Februar 1974 - 3 [X.] 115.71 - [X.]E 44, 339 <343> und vom 27. Juli 2005 - 8 [X.] 15.04 - [X.] 428 § 36 VermG Nr. 9 S. 11 f.). Es ist in der Rechtsprechung geklärt, dass auch prozessuale [X.]efugnisse im öffentlichen Recht - wie hier das Recht zur Klageerhebung - verwirkt werden können. Dies ist mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG vereinbar (stRspr, vgl. [X.], [X.]eschluss vom 26. Januar 1972 - 2 [X.]vR 255/67 - [X.]E 32, 305 <308 f.>; [X.], Urteil vom 30. August 2018 - 2 [X.] 10.17 - [X.] 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 88 Rn. 18 ff.; [X.]eschluss vom 24. Mai 2017 - 1 [X.] 103.17 - juris Rn. 5). Maßgeblich für die Annahme der Verwirkung ist eine Gesamtbewertung aller zeitlichen und sonstigen Umstände (vgl. [X.], Urteil vom 30. August 2018 - 2 [X.] 10.17 - [X.] 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 88 Rn. 22). Die [X.]eschwerde zeigt nicht auf, dass am Maßstab dieser Rechtsprechung für die [X.]eantwortung ihrer Fragen weiterer Klärungsbedarf besteht.

8

2. Eine die Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO eröffnende Divergenz ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die [X.]eschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung eines der in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO genannten Gerichte aufgestellten ebensolchen, die Entscheidung tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen genügt nicht den Zulässigkeitsanforderungen (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 29. Juni 2011 - 6 [X.] - [X.] 421.0 Prüfungswesen Nr. 410 Rn. 14). Dem trägt die [X.]eschwerde nicht Rechnung.

9

Das [X.]erufungsgericht hat unter [X.]ezugnahme auf die bundesverwaltungsgerichtliche Rechtsprechung den Rechtssatz aufgestellt, dass maßgeblich für die Verwirkung ist, dass die Klägerin unter Verhältnissen untätig geblieben ist, unter denen vernünftigerweise etwas zur Wahrnehmung des Rechts unternommen zu werden pflegt, und dadurch eine Situation geschaffen wird, auf die der [X.] vertrauen, sich einstellen und einrichten darf. Dies entspricht entgegen der [X.]eschwerdebegründung der bundesverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, wonach der [X.] gegeben ist, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere [X.] verstrichen ist (sog. [X.]moment) und der [X.]erechtigte unter Verhältnissen untätig bleibt, unter denen vernünftigerweise etwas zur Wahrung des Rechts unternommen zu werden pflegt (sog. Umstandsmoment); erst dadurch wird eine Situation geschaffen, auf die ein [X.]eteiligter vertrauen, sich einstellen und einrichten darf (sog. [X.]; vgl. nur [X.], Urteil vom 30. August 2018 - 2 [X.] 10.17 - [X.] 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 88 Rn. 21 m.w.[X.]). Das [X.]erufungsurteil schließt an die bundesverwaltungsgerichtliche Rechtsprechung an, wonach die verspätete Geltendmachung des Rechts als Verstoß gegen Treu und Glauben als gegeben angesehen wird, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des [X.]erechtigten darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nach so langer [X.] nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage), der Verpflichtete ferner tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt werde (Vertrauenstatbestand) und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (stRspr, vgl. [X.], [X.]eschlüsse vom 31. August 1999 - 3 [X.] - DV[X.]l 2000, 560 <561>, vom 20. Januar 2017 - 8 [X.] 23.16 - [X.] 316 § 41 VwVfG Nr. 8 Rn. 14 und vom 29. August 2018 - 3 [X.] 24.18 - [X.] 134, 157 <159> jeweils m.w.[X.]).

Die nach Auffassung der Klägerin ebenfalls vorliegende unzutreffende Annahme der Verwirkung durch das [X.]erufungsgericht genügt nach den eingangs gemachten Ausführungen nicht den Zulassungsanforderungen wegen Divergenz.

3. Der von der Klägerin geltend gemachte Zulassungsgrund des [X.] (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegt vor, weil das [X.]erufungsgericht den [X.] unzutreffend angenommen und aus diesem Grunde nicht zur Sache entschieden hat.

a) Ein Verfahrensfehler kann darin liegen, dass ein Gericht - sei es auch nur zum Teil - durch Prozessurteil anstatt durch Sachurteil entscheidet. Die Annahme eines solchen Verfahrensfehlers setzt voraus, dass die Vorinstanz die den Verfahrensablauf betreffenden Vorschriften oder die Sachentscheidungsvoraussetzungen einer Klage unzutreffend handhabt und deshalb nicht zur Sache entscheidet. Die Entscheidung muss auf einer fehlerhaften Anwendung der prozessualen Vorschriften beruhen, z.[X.]. einer Verkennung ihrer [X.]egriffsinhalte und der zugrunde zu legenden Maßstäbe (stRspr, vgl. nur [X.], [X.]eschluss vom 20. Dezember 2017 - 6 [X.] - [X.] 402.41 [X.] Rn. 11 m.w.[X.]). So verhält es sich hier.

Das [X.]erufungsgericht hat die Voraussetzungen der Verwirkung des [X.] mit folgender [X.]egründung angenommen: Aufgrund der Schwere des Eingriffs durch die Fixierung sei eine zeitnahe Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes zu erwarten gewesen. Der erledigte Eingriff verliere für den [X.]etroffenen im Laufe der [X.] an [X.]edeutung, während das schutzwürdige Interesse der [X.]ehörde an einer abschließenden Klärung zunehme. Der [X.] habe mit einer Klageerhebung über zwei Jahre nach dem Eingriff nicht rechnen müssen, zumal es sich um einen komplexen Sachverhalt handele, dessen Ermittlung wesentlich von dem Erinnerungsvermögen der [X.]eteiligten abhänge. Angesichts dessen sei dem [X.]n die Rechtsverteidigung nach einem so langen [X.]raum nicht mehr zuzumuten. Die weiteren von der Klägerin eingeleiteten Verfahrensschritte stünden der Annahme der Verwirkung nicht entgegen, da die Klägerin immer wieder längere [X.] untätig geblieben und auch schon vom [X.] auf eine mögliche Verwirkung hingewiesen worden sei. Der [X.] habe im Hinblick auf dieses Verhalten darauf vertrauen dürfen, dass die Klägerin in Zukunft nicht weiter gerichtlich gegen die Gewaltanwendung vorgehen werde. Die unterbliebene [X.]elehrung der Klägerin über die Möglichkeit der Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes betreffend das Verhalten der Polizeibeamten stehe der Verwirkung nicht entgegen. Zum [X.]punkt der Einstellung des Strafverfahrens gegen die Polizeibeamten sei das Klagerecht bereits verwirkt gewesen, weshalb die [X.]egründung der Einstellungsverfügung für die [X.]eurteilung des [X.]es unerheblich sei.

Diese [X.]egründung trägt die Annahme der Verwirkung nicht. Das [X.]erufungsgericht hat zwar nicht nur auf den reinen [X.]ablauf abgestellt (vgl. zu einem derartigen Fall der unzutreffenden Annahme der Verwirkung: [X.], Urteil vom 27. Juli 2005 - 8 [X.] 15.04 - [X.] 428 § 36 VermG Nr. 9 S. 11 f.). Allerdings fehlt es an besonderen Umständen, die die Erhebung der Klage erst zwei Jahre nach dem Eingriff als treuwidrig erscheinen lassen.

Offenbleiben kann, ob der [X.] darauf vertrauen durfte, dass die Klägerin wegen des polizeilichen Handelns keinen verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz mehr in Anspruch nehmen werde. Hierfür könnte einerseits sprechen, dass die Stadt [X.] deren Unterbringung beim Amtsgericht beantragt hat und der [X.] nicht Partei in den zivilgerichtlichen Verfahren gewesen ist. Andererseits hat die Klägerin zu erkennen gegeben, dass sie das Handeln der Polizeibeamten des [X.]n als rechtswidrig angesehen und deshalb Strafanzeige gestellt hat.

Selbst wenn man zu Gunsten des [X.]n davon ausgeht, er habe tatsächlich darauf vertraut, dass die Klägerin ungeachtet des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens in [X.]ezug auf die Gewaltanwendung der Polizeibeamten keinen verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen werde, so ist doch nicht erkennbar, dass ihm durch die verspätete Klageerhebung ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde. Der [X.] teilt nicht die Einschätzung des [X.]erufungsgerichts, die Komplexität des Sachverhalts und die verblassende Erinnerung der beteiligten Personen rechtfertigten einen solchen Nachteil auf Seiten des [X.]n. Es mag Fallgestaltungen geben, in denen aufgrund des [X.]ablaufs die Aufklärung des tatsächlichen Geschehensablaufs beeinträchtigt sein kann und einem [X.]n dadurch bei seiner Rechtsverteidigung ein unzumutbarer Nachteil entsteht (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 26. Mai 1999 - 6 [X.] - juris Rn. 4). Dieser Fall ist hier aber nicht gegeben.

Zum [X.]punkt der Klageerhebung erwies sich der Geschehensablauf auch in Ansehung der [X.] weder als komplex noch war davon auszugehen, dass das verblassende Erinnerungsvermögen der [X.]eteiligten der gebotenen Sachverhaltsaufklärung entgegenstehen konnte. Der entscheidungserhebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Inhalt der zivilgerichtlichen Verfahrensakten, aus den Verwaltungsvorgängen der Stadt [X.] und nicht zuletzt aus dem staatsanwaltschaftlichen [X.], der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren auszugsweise vorgelegen hat. Konkrete Anhaltspunkte, die im für die Verwirkung maßgebenden [X.]punkt der Klageerhebung für unzumutbare Aufklärungs- und [X.]eweisschwierigkeiten zu Lasten des [X.]n sprechen, hat das [X.]erufungsgericht weder festgestellt noch sind sie sonst ersichtlich. Die Annahme des verblassenden Erinnerungsvermögens genügt hierfür angesichts der Gesamtumstände, die bei der Prüfung des [X.]es in den [X.]lick zu nehmen sind, nicht.

b) Der [X.] macht im Interesse der Verfahrensbeschleunigung von der ihm nach § 133 Abs. 6 VwGO eröffneten [X.]efugnis Gebrauch, das angefochtene Urteil aufzuheben, und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen.

Von einer weiteren [X.]egründung hinsichtlich der darüber hinaus geltend gemachten Verfahrensmängel sieht der [X.] ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO). Der [X.] hält allerdings in Ansehung des [X.] und des weiteren prozessualen Vorgehens der Klägerin den Hinweis für angezeigt, dass hier entgegen ihrer Auffassung nur ein gegen den [X.]n ergangenes und die [X.]erufungsinstanz abschließendes Urteil vorliegt, auch wenn in der öffentlichen Sitzung des [X.]erufungsgerichts vom 22. November 2018 nach der Niederschrift das Urteil zwischen der Klägerin und der Polizeidirektion [X.] verkündet worden ist. Hierbei handelt es sich nicht um ein von dem schriftlich abgefassten Urteil, in dem der [X.] als [X.]eteiligter aufgeführt ist, zu unterscheidendes Urteil. Die Klägerin übersieht, dass der Gesetzgeber der im Verwaltungsstreitverfahren oft nicht einfachen Feststellung des richtigen [X.]n dadurch Rechnung getragen hat, dass er dessen [X.]ezeichnung in § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO erleichtert hat (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 20. Januar 1993 - 7 [X.] 158.92 - [X.] 310 § 91 VwGO Nr. 24). Vor diesem Hintergrund hat der [X.] die weitere, erst mit Schriftsatz vom 29. April 2019 eingelegte und begründete Nichtzulassungsbeschwerde, die sich nach dem Willen der Klägerin gegen das in der öffentlichen Sitzung des [X.]erufungsgerichts vom 22. November 2018 in der vorliegenden Streitsache zwischen ihr und der Polizeidirektion [X.] verkündete Urteil richten soll, in sachgerechter Auslegung des [X.] zum hiesigen Verfahren genommen.

4. [X.] bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.

Meta

6 B 18/19

18.07.2019

Bundesverwaltungsgericht 6. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein, 22. November 2018, Az: 4 LB 42/17, Urteil

Art 19 Abs 4 S 1 GG, § 78 Abs 1 Nr 1 VwGO, § 132 Abs 2 Nr 3 VwGO, § 133 Abs 3 S 3 VwGO, § 242 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 18.07.2019, Az. 6 B 18/19 (REWIS RS 2019, 5307)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 5307

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