Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 14.09.2011, Az. 1 BvR 3475/08

1. Senat 3. Kammer | REWIS RS 2011, 3378

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Nichtannahmebeschluss: Zum Tatbestandsmerkmal des „verfolgungsbedingten Vermögensverlustes“ in § 1 Abs 6 VermG im Zusammenhang mit der Beschlagnahme und Pfändung von Aktien - hier: keine Verletzung des aus Art 3 Abs 1 GG folgenden Willkürverbotes durch Ablehnung eines Vermögensverlustes bei bloßer Beschränkung der Verfügungsbefugnis - Im Übrigen teilweise Unzulässigkeit mangels hinreichender Substantiierung


Gründe

1

Die [X.]beschwerde betrifft von den Beschwerdeführern erfolglos geltend gemachte Ansprüche auf Feststellung ihrer Berechtigung nach den [X.] ([X.]) zum Zwecke ihrer Entschädigung nach dem [X.]. Im Ausgangsverfahren ging es im Wesentlichen um die Frage, ob der Rechtsvorgänger der Beschwerdeführer als [X.] in der [X.] einer politisch oder rassisch bedingten Verfolgung ausgesetzt war und in deren Folge einen Vermögensverlust im Sinne des [X.]es hinsichtlich der Aktien eines in [X.] ansässigen Unternehmens erlitt (sogenannte Beteiligungsschädigung).

I.

2

1. Die Beschwerdeführer sind Erben des früheren [X.] Staatsangehörigen jüdischen Glaubens und Unternehmers [X.], der [X.] im Jahr 1932 verließ und im [X.] in die [X.] einwanderte. Eine von M. beherrschte [X.] Aktiengesellschaft war im Januar 1933 Eigentümerin sämtlicher Aktien eines bedeutenden Warenhausunternehmens mit Sitz in [X.], das später in [X.] umfirmiert wurde. Im April 1933 wurden diese Aktien (im Folgenden: K.-Aktien) dem [X.] Rechtsanwalt [X.] übertragen und auf dessen Namen in einem Depot bei der [X.] Zweigniederlassung einer [X.] Bank eingelagert. Der Kaufpreis von mehr als 3,7 Millionen holländischen Gulden wurde allerdings nicht von [X.] selbst aufgebracht, sondern von ausländischen Gesellschaften, die ebenfalls [X.] gehörten. [X.] erhielt für seine Dienste 30.000 US-Dollar. Die K.-Aktien wurden im November 1936 bei derselben Bank auf ein Depot der [X.] Investment & Securities Corp. übertragen, die sich im Jahr 1943 in [X.] umbenannte. Hierbei handelte es sich gleichfalls um ein von [X.] Unternehmen.

3

Mit Entscheidung des [X.]sministers des Inneren vom 7. Juli 1938 wurde [X.] die [X.] Staatsangehörigkeit entzogen und zugleich sein Vermögen beschlagnahmt, das im September 1938 als dem [X.] verfallen erklärt wurde.

4

Zum Zweck der Eintreibung hoher Steuerforderungen gegen [X.] erhielt die Devisenstelle beim Oberfinanzpräsidium [X.] im Februar 1941 den Auftrag, den Übergang der K.-Aktien auf den [X.] Rechtsanwalt [X.] zu überprüfen und die Besitzverhältnisse festzustellen. Der Prüfer kam in seinem Bericht im April 1941 und in [X.] zu dem Ergebnis, dass es sich bei der Aktienübertragung wohl um ein Scheingeschäft gehandelt und [X.] dem [X.] Staat den Zugriff auf ein großes Vermögen entzogen habe. Infolgedessen beschlagnahmte das [X.] Devisenschutzkommando [X.] Ende 1941 die K.-Aktien bei der [X.] Depotbank.

5

Die K.-Aktien gelangten nach ihrer Beschlagnahme in die Verfügungsgewalt des Oberfinanzpräsidenten [X.]-Brandenburg und wurden durch das Finanzamt [X.]-Mitte in dem gegen [X.] gerichteten Steuerbeitreibungsverfahren gepfändet. Der "[X.]skommissar für die Behandlung feindlichen Vermögens", der von diesem Vorgehen zunächst keine Kenntnis hatte, veranlasste im April 1942 die Einrichtung der damals sogenannten Feindvermögensverwaltung über die [X.] als [X.] Eigentum. Die K.-Aktien wurden schließlich der Wertpapierabteilung der Deutschen [X.]sbank zum Zwecke der Aufbewahrung übergeben. Der Generalbevollmächtigte [X.]s in [X.] hatte über einen [X.] Rechtsanwalt bei den [X.] Behörden wegen dieser gegen [X.] Eigentum gerichteten Vorgehensweise interveniert und sich insbesondere gegen eine Verwertung der K.-Aktien durch den Oberfinanzpräsidenten [X.]-Brandenburg gewandt. Daraufhin kam es am 6. Juli 1943 mit Billigung des "[X.]skommissars für die Behandlung feindlichen Vermögens", des [X.]sfinanzministers und des [X.]swirtschaftsministers zu einer Vereinbarung zwischen diesem [X.] Rechtsanwalt und dem Oberfinanzpräsidenten [X.]-Brandenburg, wonach die Pfändung der K.-Aktien bestehen bleiben, aber ihre Verwertung bis zum Ablauf von sechs Monaten nach einem Friedensschluss zwischen [X.] und den [X.] unterbleiben solle. Bis zu diesem [X.]punkt sollte [X.] die Gelegenheit erhalten, sein Eigentum an den Aktien nachzuweisen.

6

Nach [X.] wurden die im sowjetisch besetzten Teil [X.]s belegenen Vermögenswerte der [X.] auf Veranlassung der [X.] vorläufig beschlagnahmt und im März 1946 unter [X.] gestellt; im Jahr 1949 wurden sie in Volkseigentum überführt. Im Westen [X.]s setzte die [X.], die im Jahr 1948 ihren Sitz nach [X.] verlegt hatte, ihren Geschäftsbetrieb fort.

7

Im Januar 1950 beantragte [X.] über die ihm gehörende [X.] in einem Wertpapierbereinigungsverfahren nach der Kraftloserklärung der alten K.-Aktien die Gutschrift neu [X.] Anteilsscheine. Daraufhin wurden im März 1951 die K.-Aktien im Verhältnis 5:4 umgestellt und der [X.] zum Nennwert von 8 Millionen DM gutgeschrieben.

8

2. [X.] meldeten die Beschwerdeführer vermögensrechtliche Ansprüche hinsichtlich der ehemaligen [X.] an. Im Oktober 2003 lehnte das [X.] zur Regelung offener Vermögensfragen [X.] die begehrte Berechtigtenfeststellung ab.

9

Die dagegen gerichtete Klage wies das Verwaltungsgericht ab. Ein verfolgungsbedingter Vermögensverlust hinsichtlich der K.-Aktien liege nicht vor. Es sei nicht belegt, dass auch die Aktien von der Anordnung des Vermögensverfalls betroffen gewesen seien, da nicht angenommen werden könne, dass [X.] selbst jemals Aktieninhaber gewesen sei. Auch seien von dem Übergang des Eigentums auf den [X.]sfiskus als Gesamtrechtsnachfolger des Ausgebürgerten nur solche Vermögenswerte betroffen gewesen, die im [X.] des [X.] gelegen hätten. Die spätere Pfändung der K.-Aktien habe unter Berücksichtigung der Vereinbarung vom 6. Juli 1943 nicht dazu geführt, dass über den Verlust der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis hinaus eine Einschränkung der Eigentümerposition erfolgt sei.

Die Beschwerdeführer legten gegen die Nichtzulassung der Revision Beschwerde ein, die das [X.] zurückwies. Auch ihre Anhörungsrüge blieb ohne Erfolg.

3. Die Beschwerdeführer haben fristgerecht [X.]beschwerde erhoben. Sie [X.] eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Willkürverbot sowie von Art. 19 Abs. 4 und Art. 103 Abs. 1 GG.

II.

Die Voraussetzungen für die Annahme der [X.]beschwerde zur Entscheidung liegen nicht vor (§ 93a Abs. 2 [X.]). Die [X.]beschwerde wirft keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Frage auf (vgl. § 93a Abs. 2 Buchstabe a [X.]), die sich nicht ohne Weiteres aus dem Grundgesetz und anhand der bisherigen verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung beantworten ließe (vgl. [X.] 90, 22 <24 f.>). Auch ist ihre Annahme nicht zur Durchsetzung der als verletzt bezeichneten verfassungsmäßigen Rechte angezeigt (vgl. § 93a Abs. 2 Buchstabe b [X.]).

1. Es lässt sich nicht feststellen, dass die den gerichtlichen Entscheidungen im Ausgangsverfahren zugrunde liegende Würdigung, hinsichtlich der Aktien der [X.] sei nicht von einem Vermögensverlust im Sinne des § 1 Abs. 6 [X.] zu Lasten des Rechtsvorgängers der Beschwerdeführer auszugehen, gegen Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als allgemeines Willkürverbot verstieße.

Im Ausgangspunkt bleibt festzuhalten, dass die Feststellung und Würdigung des Tatbestandes, die Auslegung der Gesetze und ihre Anwendung auf den einzelnen Fall Sache der zuständigen Fachgerichte und der Nachprüfung durch das [X.] grundsätzlich entzogen ist, es sei denn, dass spezifisches [X.]recht verletzt ist (stRspr; [X.] 1, 418 <420>; 80, 81 <95>; für das Vermögensrecht vgl. [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 12. Januar 2011 - 1 BvR 3132/08 -, [X.], [X.] 857 <858>). Das ist hier auch im Blick auf das allgemeine Willkürverbot nicht der Fall.

a) Willkürlich im Sinne des in Art. 3 Abs. 1 GG ist ein Richterspruch, wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht. Das ist anhand objektiver Kriterien festzustellen. Einen subjektiven Schuldvorwurf enthält die Feststellung von Willkür nicht (vgl. etwa [X.] 86, 59 <63>). Selbst fehlerhafte Rechtsanwendung allein macht eine Gerichtsentscheidung nicht willkürlich, wenn das Gericht sich mit der Rechtslage eingehend auseinandergesetzt hat und seine Auffassung nicht jeden sachlichen Grundes entbehrt (vgl. [X.] 87, 273 <278 f.>; 96, 189 <203>).

b) Hiervon ausgehend ist nicht feststellbar, dass das Urteil des [X.] - das den Verwaltungsakt des [X.]s bestätigt hat - unter keinem Gesichtspunkt mehr rechtlich vertretbar wäre. Sowohl die Auslegung des Merkmals des Vermögensverlusts im Sinne des § 1 Abs. 6 [X.] als auch die Würdigung des Geschehens im Zusammenhang mit den sogenannten K.-Aktien während der [X.] Gewaltherrschaft begegnen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

aa) Nach § 1 Abs. 6 [X.] ist das [X.] entsprechend auf vermögensrechtliche Ansprüche von Bürgern und Vereinigungen anzuwenden, die in der [X.] vom 30. Januar 1933 bis zum 8. Mai 1945 aus rassischen, politischen, religiösen oder weltanschaulichen Gründen verfolgt wurden und deshalb ihr Vermögen infolge von Zwangsverkäufen, Enteignungen oder auf andere Weise verloren haben. Mit der Regelung der [X.] von Opfern der [X.] in § 1 Abs. 6 [X.] - insbesondere mit dem darin enthaltenen Verweis auf die Rückerstattungsanordnung der Alliierten Kommandantur [X.] ([X.]) - wollte der Gesetzgeber ausdrücklich an die zum alliierten [X.] entwickelten Grundsätze anknüpfen (vgl. BTDrucks 12/2480, [X.]). Diese Anknüpfung hat zur Folge, dass auch die Rechtsprechung der alliierten Rückerstattungsgerichte bei der Auslegung und Anwendung des [X.]es auf [X.] von NS-Opfern nach Maßgabe des § 1 Abs. 6 [X.] heranzuziehen ist (vgl. [X.]E 114, 68 <70>). Das gilt auch für die Auslegung des Tatbestandsmerkmals des Vermögensverlusts.

bb) Dies zugrunde gelegt ist es nicht schlechterdings unhaltbar, wenn das Verwaltungsgericht davon ausgegangen ist, dass in der Ende 1941 erfolgten Beschlagnahme der K.-Aktien und ihrer nachfolgenden Pfändung kein Vermögensverlust im Sinne des § 1 Abs. 6 [X.] zu sehen sei. Das Gericht nimmt einen solchen Verlust "auf andere Weise" verfassungsrechtlich unbedenklich dann an, wenn der Berechtigte zumindest faktisch vollständig und endgültig aus seiner Rechtsstellung verdrängt wurde. Es kann sich dabei auf die von ihm herangezogene höchstrichterliche Rechtsprechung stützen, die ihrerseits ohne Weiteres mit dem Wortlaut der Vorschrift vereinbar ist. Schließlich hält es sich dabei in Übereinstimmung mit einer vorangegangenen Entscheidung des [X.]s in einem Parallelverfahren, in dem die Beschwerdeführer Durchgriffsansprüche nach § 3 Abs. 1 Satz 4 [X.] auf ein Grundstück geltend gemacht hatten, das früher im Eigentum der [X.] gestanden hatte (vgl. [X.], Beschluss vom 4. Juli 2007 - [X.] 8 B 8.07 -, [X.] 2009, [X.] 189).

Allerdings gingen die Ober- und Revisionsgerichte zum alliierten [X.] in ständiger Rechtsprechung davon aus, jedenfalls in der Pfändung oder Verpfändung eines Vermögenswerts liege eine ungerechtfertigte Entziehung, die damit auch  abgeschlossen sei, ohne dass es auf den [X.]punkt einer anschließenden Verwertung ankommen sollte. Denn bereits mit der Pfändung habe der Berechtigte jedenfalls den Besitz an dem [X.] verloren und der Pfändende eine Rechtsstellung erlangt, kraft derer er wie ein Eigentümer habe verfügen können (vgl. [X.] [X.], Entscheidung vom 7. Januar 1959 - [X.]/1250 -, [X.] 11, 187 <188>; Entscheidung vom 10. Mai 1965 - [X.]/2744 -, [X.] 22, 87 <89>; [X.], 2. Senat, Entscheidung vom 29. Mai 1963 - [X.]/II/853 -, [X.], [X.] 489; KG, Entscheidung vom 3. September 1968 - 18 W 2016/65 -, [X.], [X.]). Die darauf beruhende rückerstattungsrechtliche Haftung sollte lediglich dann entfallen, wenn die so entzogenen Vermögenswerte dem Berechtigten  zur freien Verfügung zurückgegeben wurden (vgl. [X.] [X.], Entscheidung vom 12. Dezember 1966 - [X.]/3675 -, [X.], [X.] 165).

Für die hier entschiedene Frage eines Vermögensverlusts in Bezug auf die K.-Aktien hat das [X.] in dem Parallelverfahren, auf das die angegriffene Entscheidung des [X.] Bezug nimmt, die vorgenannte Rechtsprechung der Rückerstattungsgerichte zwar grundsätzlich zustimmend erwogen. Es hat aber weitergehend darauf abgestellt, dass die Beschlagnahme und Pfändung der K.-Aktien nicht isoliert zu bewerten seien. Vielmehr hätten sich die Befugnisse der [X.]sbehörden auch aus der in zeitlicher Nähe erfolgten Anordnung der sogenannten Feindvermögensverwaltung sowie der anschließend im Juli 1943 getroffenen Vereinbarung ergeben, die die mit dem Fall befassten [X.]sbehörden mit dem [X.] Bevollmächtigten des nach außen auftretenden [X.] Eigentümers der K.-Aktien getroffen hatten. Infolgedessen habe das [X.] für sich keine Verwertungsbefugnisse mehr in Anspruch genommen, sondern sich mit den Rechtswirkungen der Verstrickung begnügt. Das habe aber lediglich eine Beschränkung der Verfügungsbefugnis ohne enteignende Wirkung zur Folge gehabt (vgl. [X.], Beschluss vom 4. Juli 2007 - [X.] 8 B 8.07 -, [X.] 2009, [X.] 189 <190>).

Dieser rechtliche Ansatz ist ersichtlich hinreichend tragfähig, da eine bloße Beschränkung der Verfügungsbefugnis den Berechtigten weder faktisch noch rechtlich vollständig und endgültig aus seiner Rechtsstellung verdrängt. Die Annahme eines Vermögensverlusts im Sinne des § 1 Abs. 6 [X.] war deshalb keineswegs zwingend. Dem entspricht es, dass auch die höchstrichterliche Rechtsprechung zum [X.] in bloßen Verfügungsbeschränkungen, ohne dass ein anderer wenigstens eine tatsächliche Position erlangt hatte, kraft derer er wie ein Eigentümer verfügen konnte, noch keine ungerechtfertigte Entziehung sah (vgl. etwa [X.] [X.], Entscheidungen vom 8. Februar 1960 - [X.]/1643 -, [X.] 14, 93 <95> und vom 25. September 1971 - [X.]/5733 -, [X.] 29, 218 <219 f.>).

Die Würdigung der Wirkungen des Zugriffs der [X.] Behörden auf die K.-Aktien, insbesondere zu der Frage, ob sie sich in einer bloßen Verfügungsbeschränkung erschöpft haben oder nicht, bietet ebenso wenig [X.] dafür, dass sie schlechterdings unhaltbar sein könnte und deshalb von [X.] wegen beanstandet werden müsste. Es ist durchaus plausibel, das parallele und voneinander unabhängige Vorgehen der Finanzverwaltung und des "[X.]skommissars für die Behandlung feindlichen Vermögens" Ende 1941/Anfang 1942 als Ausdruck einer Ungewissheit der [X.] zu bewerten, ob es sich bei den K.-Aktien nach damaligen Maßstäben tatsächlich um sogenanntes [X.] Vermögen oder aber um [X.] Feindvermögen handelte. In diesem Zusammenhang ist es auch nicht unvertretbar, wenn das Verwaltungsgericht davon ausgegangen ist, von der Anordnung der Feindvermögensverwaltung seien nicht allein das Unternehmen [X.] und dessen Beteiligungen, sondern auch die K.-Aktien selbst erfasst gewesen. Hierin liegt insbesondere keine "Verfälschung des Sachverhalts" (so aber [X.], [X.] 2009, [X.] 155 <158>), weil ausweislich des von den Beschwerdeführern vorgelegten, an den Oberfinanzpräsidenten [X.]-Brandenburg gerichteten Schreibens des "[X.]skommissars für die Behandlung feindlichen Vermögens" vom 17. Juni 1942 dieser die Rechtsauffassung vertrat, seiner Verwaltung unterliege "auch die feindliche Beteiligung selbst"; infolgedessen sei die Klärung der wirklichen Eigentumsverhältnisse an den K.-Aktien von ausschlaggebender Bedeutung für etwaige weitere Maßnahmen. Diese Auffassung war ersichtlich auch Grundlage der späteren Zustimmung der beteiligten Behörden zu dem Vorschlag des Bevollmächtigten des nach außen auftretenden [X.] Eigentümers der K.-Aktien, die Pfändung zwar bestehen zu lassen, von einer Verwertung jedoch bis zum Ablauf von sechs Monaten nach einem Friedensschluss zwischen [X.] und den [X.] abzusehen und bis dahin einen Nachweis des [X.] Eigentums an den Aktien zuzulassen. Hierin kann durchaus die Herbeiführung eines "Schwebezustands" zwischen einem enteignenden Zugriff auf [X.] Vermögen und der bloßen Feindvermögensverwaltung erblickt werden. Dieser Schwebezustand war auch aus Sicht der [X.] zumindest insofern ergebnisoffen, als eine spätere Freigabe der Aktien für den letztgenannten Fall im Bereich des Möglichen blieb. Er kam der Sache nach letztlich auch [X.] zugute (vgl. [X.], Beschluss vom 2. Oktober 2007 - [X.] 8 [X.] -, juris), unabhängig davon, dass solches von den [X.] wohl kaum beabsichtigt gewesen sein mag. In Ansehung all dessen ist es jedenfalls nicht unvertretbar, trotz der Aufrechterhaltung der Pfändung bis nach [X.] im Ergebnis keine faktisch vollständige und endgültige Verdrängung [X.]s aus seiner Rechtsstellung hinsichtlich der K.-Aktien anzunehmen.

cc) Die darüber hinausgehende Rüge willkürlicher Rechtsanwendung, weil das Verwaltungsgericht nicht bereits in der Erklärung des Verfalls des Vermögens [X.]s als natürlicher Person zugunsten des [X.]s einen Vermögensverlust gesehen hat, ist nicht in zulässiger Weise erhoben. Die Begründung der [X.]beschwerde wird insoweit den Substantiierungsanforderungen nicht gerecht (§ 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 [X.]). Die Beschwerdeführer haben sich mit der diesbezüglichen Auslegung des § 2 Abs. 1 Satz 3 des Gesetzes über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der [X.] Staatsangehörigkeit vom 14. Juli 1933 durch das Verwaltungsgericht ebensowenig auseinandergesetzt wie mit den korrespondierenden Erwägungen des [X.]s im parallel geführten verwaltungsgerichtlichen Verfahren, in dem die Beschwerdeführer Durchgriffsansprüche nach § 3 Abs. 1 Satz 4 [X.] geltend gemacht hatten (vgl. [X.], Beschluss vom 4. Juli 2007 - [X.] 8 B 8.07 -, [X.] 2009, [X.] 189). Vielmehr haben sie es insoweit bei der pauschalen Rechtsbehauptung einer vermeintlich krassen Verkennung der Rechtslage belassen.

Selbst wenn man auch die nach Ablauf der Frist des § 93 Abs. 1 [X.] eingegangenen Ausführungen der Beschwerdeführer zur Rechtsauffassung der [X.] im Lichte neu aufgefundener Dokumente berücksichtigt, ändert sich hieran nichts. Es mag zwar sein, dass die [X.] Stellen unter dem [X.] der Meinung waren, der auf die Entziehung der Staatsangehörigkeit folgende Vermögensverfall habe sich von vornherein, das heißt vorliegend bereits bei seiner Anordnung im [X.], auch auf Vermögenswerte des Betroffenen erstreckt, die sich im Ausland befanden, selbst wenn diese deshalb faktisch dem Zugriff [X.]r Behörden entzogen waren. Gerade wegen dieser fehlenden rechtlichen und tatsächlichen Zugriffsmöglichkeiten am Ort der Belegenheit des Vermögenswertes im [X.]punkt der Anordnung wird aber in der Regel auch ohne Weiteres eine Enteignung ausgeschlossen werden können. Dass vorliegend etwas anderes zutreffen könnte, lässt sich dem Vorbringen der Beschwerdeführer nicht entnehmen. Diese haben vielmehr selbst vorgetragen, dass [X.] die - jedenfalls mittelbar bestehende - Inhaberschaft an den K.-Aktien und den darin verkörperten [X.] an der [X.] durch die von ihm 1933 initiierte [X.] nicht verloren und zumindest einen mittelbaren Zugriff auf das Depot bei der [X.] Bank, in dem die Aktien seither lagerten, behalten hatte. Inwiefern sich hieran allein durch den Ausspruch des Vermögensverfalls im [X.] etwas substanziell im Sinne einer rechtlichen - oder auch nur tatsächlichen - Veränderung, die insbesondere als förmliche Enteignung zu beurteilen wäre, ergeben haben könnte, ist nicht ersichtlich, zumal [X.] im Jahr 1951 im Wege des [X.] und nicht des [X.] mittelbar die Verfügungsgewalt über Aktien der [X.] wiedererlangt hat.

dd) Da [X.] nach der Würdigung der Fachgerichte bezüglich der K.-Aktien keinen verfolgungsbedingten Vermögensverlust im Sinne des § 1 Abs. 6 [X.] erlitten hat, stellt sich die von den Beschwerdeführern aufgeworfene Frage nach einer Wiedergutmachungslücke im Gesetz jedenfalls nicht in dem hier entschiedenen Zusammenhang der Wiedergutmachung von erlittenem [X.]. Worin eine darüber hinausgehende Wiedergutmachungslücke bestehen soll, erläutern die Beschwerdeführer nicht im Einzelnen. Möglicherweise zielt ihr Einwand darauf ab, dass etwaige Ansprüche nach dem [X.] ([X.]) für den Wertverlust der Aktien der [X.] infolge der besatzungshoheitlichen Enteignung der in der [X.] belegenen Vermögenswerte des Unternehmens wohl ausgeschlossen sind, weil ein Wertpapierbereinigungsverfahren durchgeführt wurde (§ 1 Abs. 3 Nr. 6 [X.]). Dies ist jedoch in erster Linie eine Frage der [X.]mäßigkeit dieses Ausschlusses, der nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist.

2. Überdies lässt sich nicht feststellen, dass das Verwaltungsgericht hinsichtlich der Nichtbeiziehung der zwischenzeitlich im sogenannten [X.]sbankschatz aufgefundenen Aktien der [X.] verfahrensrechtlich unvertretbar vorgegangen wäre und das Recht auf Gehör verletzt hätte. Die Beschwerdeführer haben nichts dazu vorgetragen noch ist sonst erkennbar, weshalb sich dem Gericht hätte aufdrängen müssen, dass diesen Aktien ein entscheidungserheblicher Erkenntnisgewinn zu entnehmen gewesen wäre. Dies gilt umso mehr, als nach dem von den Beschwerdeführern selbst vorgelegten Verzeichnis diese Aktien erst im November 1940 ausgegeben wurden. Soweit [X.] in Bezug auf die Frage geltend gemacht werden, ob [X.] selbst unmittelbarer Inhaber der K.-Aktien gewesen ist oder diese nur mittelbar über eine [X.] Gesellschaft hielt, ist dies unerheblich. Das Urteil des [X.] beruht selbständig tragend darauf, dass unabhängig hiervon schon dem Grunde nach kein Schädigungstatbestand gegeben sei.

Sofern die Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang auch eine Verletzung von Art. 19 Abs. 4 GG [X.], weil das [X.] die Anforderungen an die Zulassung der Revision hinsichtlich einer entsprechenden Verfahrensrüge überspannt habe, bleibt dies aus den vorstehenden Gründen ebenfalls erfolglos.

3. Schließlich liegt auch die geltend gemachte Gehörsverletzung im [X.] nicht vor. Die Beschwerdeführer [X.] der Sache nach lediglich, dass eine solche schon deshalb gegeben sein müsse, weil das [X.] ihrer Ansicht nach im Ergebnis falsch entschieden habe. Die Möglichkeit eines Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 1 GG ist damit jedoch nicht aufgezeigt.

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 [X.] abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

1 BvR 3475/08

14.09.2011

Bundesverfassungsgericht 1. Senat 3. Kammer

Nichtannahmebeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend BVerwG, 27. Oktober 2008, Az: 8 B 87/08 (8 B 35/08), Beschluss

Art 3 Abs 1 GG, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 92 BVerfGG, § 2 Abs 1 S 3 StAngWdrG, § 1 Abs 6 VermG

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 14.09.2011, Az. 1 BvR 3475/08 (REWIS RS 2011, 3378)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 3378

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

8 C 5/14 (Bundesverwaltungsgericht)

Ausschluss von NS-Verfolgtenentschädigung bei erfolgter rückerstattungsrechtlicher Wiedergutmachung


8 C 10/16 (Bundesverwaltungsgericht)

Bruchteilsrestitution wegen der Entziehung einer mittelbaren Beteiligung durch den Zugriff auf Anteile am westdeutschen Beteiligungsunternehmen


8 B 17/13 (Bundesverwaltungsgericht)

§ 3 Abs. 1 Satz 4 VermG gewährt nur ergänzenden Anspruch zur vermögensrechtlichen Restitution


8 C 2/18 (Bundesverwaltungsgericht)

Restitutionsansprüche bei Verbringen des Schädigungsobjekts in die Westzonen


8 B 31/22 (Bundesverwaltungsgericht)

Restitution von Grundstücken; mangelnde substantiierte Darlegung


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

1 BvR 3132/08

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.