Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 21.08.2017, Az. 8 PKH 1/17

8. Senat | REWIS RS 2017, 6400

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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

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Gegenstand

Unredlicher Erwerb; Entschädigungshöhe; Aufklärungspflicht, rechtliches Gehör


Gründe

I

1

Der Kläger begehrt eine höhere als die ihm von der [X.]eklagten zuerkannte Entschädigung für den Verlust des Eigentums an dem Grundstück Z.straße ... in [X.] Weiterhin begehrt er die Feststellung, dass die Käufer, an die das Grundstück 1986 veräußert wurde, dieses unredlich erworben haben. Das Verwaltungsgericht hat die [X.]eklagte verpflichtet, dem Kläger und einer weiteren [X.]erechtigten zur gesamten Hand für den Vermögensverlust an dem Grundstück über den bereits festgesetzten [X.]etrag hinaus eine Entschädigung in Höhe von 4 601,62 € zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Revision hat es nicht zugelassen. Für die hiergegen beabsichtigte [X.]eschwerde hat der Kläger die [X.]ewilligung von Prozesskostenhilfe und [X.]eiordnung eines Rechtsanwalts beantragt.

II

2

Der Antrag auf [X.]ewilligung von Prozesskostenhilfe und [X.]eiordnung eines Rechtsanwalts ist abzulehnen, weil die beabsichtigte [X.]eschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] vom 25. Januar 2017 keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1, § 117 Abs. 2 ZPO).

3

Gemäß § 132 Abs. 2 VwGO ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche [X.]edeutung hat (Nr. 1), das angefochtene Urteil von einer Entscheidung des [X.], des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des [X.] oder des [X.]verfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr. 3). Ein solcher Zulassungsgrund ist weder auf der Grundlage des Vorbringens des [X.] ersichtlich, noch sonst erkennbar.

4

1. Die sinngemäß erhobene Verfahrensrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), das Verwaltungsgericht habe den Grundsatz des gesetzlichen [X.]s (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) verletzt, weil es über das Ablehnungsgesuch des [X.] unter Mitwirkung der abgelehnten [X.] entschieden habe, ist nicht berechtigt. Die unrichtige Entscheidung eines Ablehnungsgesuchs ist im Rahmen einer [X.]eschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision nur in dem Maße beachtlich, als damit die vorschriftswidrige [X.]esetzung des Gerichts geltend gemacht wird (vgl. § 138 Nr. 1 VwGO). Das ist nur dann der Fall, wenn die Ablehnungsentscheidung auf Willkür oder einem vergleichbar schweren Mangel des Verfahrens beruht, der in der Sache die Rüge einer nicht vorschriftsgemäßen [X.]esetzung des Gerichts rechtfertigt (vgl. [X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 21. März 2000 - 7 [X.] 36.00 - juris Rn. 4, vom 27. Januar 2016 - 8 [X.] 8.15 - juris Rn. 3 und vom 27. Juni 2017 - 8 [X.] 1.16 - juris Rn. 3). Auf einen solchen Mangel führt das Vorbringen des [X.] nicht; Anhaltspunkte für einen derartigen Verfahrensmangel sind auch sonst nicht zu erkennen.

5

Das Verwaltungsgericht hat das mit Schriftsatz des [X.] vom 19. Januar 2017 angebrachte Ablehnungsgesuch gegen sämtliche berufsrichterlichen Mitglieder der Kammer mit [X.]eschluss vom 20. Januar 2017 als unzulässig, weil offensichtlich rechtsmissbräuchlich angesehen. [X.] und daher unbeachtlich ist ein [X.]efangenheitsgesuch dann, wenn die [X.]egründung dieses Gesuchs unter keinem denkbaren Gesichtspunkt die Ablehnung des [X.]s rechtfertigen kann und mit der Art und Weise seiner Anbringung ein gesetzwidriger und damit das Instrument der [X.]ablehnung missbrauchender Einsatz dieses Rechts erkennbar wird (vgl. [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 14. November 2012 - 2 KSt 1.11 - NVwZ 2013, 225 Rn. 2 m.w.N.). Das Verwaltungsgericht hat das Ablehnungsgesuch des [X.] für offensichtlich rechtsmissbräuchlich gehalten, weil es sich auf eine inhaltliche Kritik an dem vorangegangenen Prozesskostenhilfebeschluss der Kammer vom 17. Januar 2017 und den darauf bezogenen Vorwurf der Rechtsverweigerung beschränkt habe, ohne jedoch [X.]efangenheitsgründe geltend zu machen, die sich individuell auf die an der zu treffenden Entscheidung beteiligten [X.] bezögen. Diese Einschätzung mit der Folge, dass die Kammer unter Mitwirkung der drei abgelehnten [X.] über das [X.]efangenheitsgesuch entscheiden konnte, lässt keine objektiv willkürliche Verfahrensweise erkennen.

6

Auch der weitere Vortrag des [X.], das Verwaltungsgericht habe die gerichtliche Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) sowie den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) verletzt, weil es die als Zeugen vernommenen Käufer des Grundstücks nicht danach befragt habe, ob sie informelle Mitarbeiter des [X.] [X.] gewesen seien, ihr Eigentumserwerb mithin unredlich im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 1 [X.] gewesen sei, führt nicht auf einen Verfahrensmangel, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Entgegen der Auffassung des [X.] war diese Frage für die Höhe der von ihm beanspruchten Entschädigung nicht von [X.]edeutung. Das angefochtene Urteil führt zutreffend aus, dass zwar für die Restitution eines Vermögenswertes maßgeblich ist, ob die Rückübertragung wegen redlichen Erwerbs der Verfügungsberechtigten ausgeschlossen ist, ein Anspruch auf Entschädigung nach § 1 Abs. 1 [X.] aber nur besteht, wenn die Rückgabe nach dem Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen - etwa nach § 4 Abs. 1 und 2 [X.] - ausgeschlossen ist oder der [X.]erechtigte Entschädigung gewählt hat ([X.]). Die Klage des [X.] gegen die Ablehnung der Rückübertragung des Grundstücks wegen redlichen Erwerbs im Sinne des § 4 Abs. 2 [X.] wurde nach den Feststellungen des [X.] ([X.] f.) durch Urteil des [X.] vom 28. April 1993 - [X.] K 1249/92 - bereits rechtskräftig abgewiesen. Dieses Urteil ist mit der Zurückweisung der hiergegen erhobenen [X.]eschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 6. Januar 1994 - 7 [X.] 200.93 - juris) rechtskräftig geworden. Die gerichtliche Entscheidung über den im vorliegenden Verfahren streitigen Entschädigungsanspruch des [X.] nach § 1 Abs. 1 [X.] hat nach § 121 VwGO vom rechtskräftig festgestellten Ausschluss der Rückübertragung des Grundstücks auszugehen. Auf die Redlichkeit des Erwerbs kommt es daher hier nicht an, sodass diese Frage der Rechtssache auch nicht die vom Kläger geltend gemachte grundsätzliche [X.]edeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO verleihen kann.

7

2. Das übrige Vorbringen des [X.] betrifft überwiegend das bereits 1994 rechtskräftig abgeschlossene Restitutionsverfahren, das hier nicht verfahrensgegenständlich ist. Soweit sich das Vorbringen überhaupt auf das vorliegende Entschädigungsverfahren bezieht, rügt es die Rechtsanwendung des [X.] im Einzelfall. Die diesbezüglich in der [X.]eschwerdebegründung genannten Aspekte lassen sich nicht auf eine verallgemeinerungsfähige, über den konkreten Fall hinaus grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage zurückführen und können deshalb die Zulassung der Revision nicht rechtfertigen.

8

Ferner lassen sich der [X.]eschwerdebegründung keine Anhaltspunkte für eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO entnehmen. Schließlich sind auch im Übrigen keine Gründe erkennbar, die zur Zulassung der Revision führen könnten.

9

Von einer weitergehenden [X.]egründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

Meta

8 PKH 1/17

21.08.2017

Bundesverwaltungsgericht 8. Senat

Beschluss

Sachgebiet: PKH

vorgehend VG Chemnitz, 25. Januar 2017, Az: 1 K 158/12, Urteil

§ 86 Abs 1 VwGO, § 108 Abs 2 VwGO, § 166 VwGO, § 138 Nr 1 VwGO, § 114 Abs 1 S 1 ZPO, § 117 Abs 2 ZPO, § 4 Abs 2 S 1 VermG, § 1 Abs 1 EntschG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 21.08.2017, Az. 8 PKH 1/17 (REWIS RS 2017, 6400)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 6400

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10 ZB 17.87

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