Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 27.07.2017, Az. 6 B 41/17, 6 B 41/17, 6 PKH 29/16

6. Senat | REWIS RS 2017, 7304

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Gegenstand

Festsetzung des mitgliederbezogenen Anteils jüdischer Gemeinden am Landeszuschuss in Sachsen-Anhalt; Überzeugungsgrundsatz und Freibeweis


Gründe

1

Die [X.]eschwerde des [X.]n gegen die Nichtzulassung der Revision in dem berufungsgerichtlichen Urteil hat keinen Erfolg.

2

1. Der Kläger, der [X.], begehrt von dem beklagten [X.] die Festsetzung und Auszahlung seines Anteils an dem Landeszuschuss des [X.] zu den Ausgaben der [X.] 2007. Der Landeszuschuss setzt sich aus einem mit [X.]escheid des [X.]n vom 6. Dezember 2007 endgültig festgesetzten Sockelbetrag und einem noch zwischen den [X.]eteiligten umstrittenen mitgliederbezogenen Anteil zusammen. Der Anspruch auf den Anteil am Landeszuschuss beruht auf Art. 13 Abs. 1 des Vertrages des [X.] mit der [X.] in [X.] vom 20. März 2006 (Staatsvertrag 2006) i.V.m. dem zugehörigen Schlussprotokoll.

3

Der [X.] setzte die Höhe des mitgliederbezogenen Anteils des [X.] vorläufig mit [X.]escheid vom 9. Januar 2007 fest. Den hiergegen gerichteten Widerspruch des [X.] beschied der [X.] nicht. Das Verwaltungsgericht verpflichtete den [X.]n, den Kläger im Hinblick auf den mitgliederbezogenen Anteil am Landeszuschuss neu zu bescheiden, da die Sache mangels einer hinreichenden [X.]estätigung der Mitgliederzahlen durch den [X.] nicht entscheidungsreif sei. Die [X.]erufung des [X.]n gegen dieses Urteil wie auch die Anschlussberufung des [X.] wies das Oberverwaltungsgericht zurück. Mit Urteil vom 27. November 2013 - [X.]VerwG 6 C 20.12 - hat das [X.] auf die von ihm zugelassene Revision des [X.]n das berufungsgerichtliche Urteil aufgehoben, soweit mit ihm die [X.]erufung des [X.]n gegen das erstinstanzliche Urteil zurückgewiesen worden ist. Der mit dem berufungsgerichtlichen Urteil bestätigte [X.] des [X.] verletze § 113 Abs. 5 VwGO. Das [X.]erufungsgericht habe den entscheidungserheblichen Sachverhalt selbst aufklären und die Sache dadurch spruchreif machen müssen. Komme es bei der Anwendung einer staatlichen Rechtsnorm darauf an, ob eine bestimmte Person aufgrund selbstgesetzter Kriterien der Religionsgemeinschaft deren Mitglied geworden sei, sei die Klärung der Mitgliedschaft im Streitfall durch [X.]ehörden und Gerichte zumindest im Ansatz möglich.

4

Das [X.]erufungsgericht hat daraufhin mit Urteil vom 10. März 2016 den [X.]n verpflichtet, über den Anspruch des [X.] auf Festsetzung des mitgliederbezogenen Anteils am Landeszuschuss für das [X.], soweit der [X.]etrag von 17 367,42 € nicht überschritten wird, unter [X.]eachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. Im Wesentlichen hat es zur [X.]egründung ausgeführt, die [X.]erücksichtigung einer Person als Gemeindemitglied bei der Festsetzung des mitgliederbezogenen Anteils setze unter [X.]eachtung der bindenden Vorgaben des [X.]s voraus, dass die Person stichtagsbezogen sämtliche formalen Voraussetzungen einer Mitgliedschaft in der jeweiligen [X.] Gemeinde nach deren innergemeinschaftlichem Recht erfülle, sie dem [X.] zugehöre und ihren Hauptwohnsitz im Land [X.] habe. Diese Voraussetzungen erfüllten 42 der auf der Mitgliederliste des [X.] angegebenen 295 Personen. Insgesamt gebe es in den anspruchsberechtigten [X.] Gemeinden in [X.] 1 770 Mitglieder, weshalb der mitgliederbezogene Anteil des [X.] am Landeszuschuss 17 367,42 € betrage.

5

Der [X.] hat [X.]eschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem berufungsgerichtlichen Urteil eingelegt und sie auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützt.

6

2. Die Voraussetzungen einer Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher [X.]edeutung der Rechtssache nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen nicht vor.

7

Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher [X.]edeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass die [X.]eschwerde eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender [X.]edeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage auf der Grundlage der bundesgerichtlichen Rechtsprechung oder des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Auslegungsregeln eindeutig beantwortet werden kann ([X.], vgl. [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 27. Januar 2015 - 6 [X.] 43.14 [[X.]:[X.]:[X.]] - [X.] 421.0 Prüfungswesen Nr. 421 Rn. 8).

8

Die von dem [X.]n aufgeworfenen Rechtsfragen, auf deren Prüfung der Senat nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO beschränkt ist, erfüllen diese Voraussetzungen nicht. Sie können entweder aufgrund der bundesgerichtlichen Rechtsprechung beantwortet werden oder sind nicht von entscheidungserheblicher [X.]edeutung für den Ausgang des Rechtsstreits.

9

a) Der [X.] hält am Maßstab von § 113 Abs. 5 VwGO die Frage von grundsätzlicher [X.]edeutung, ob im Rahmen der Verteilung von verlorenen Zuschüssen an Religionsgemeinschaften auf der Grundlage von Mitgliederzahlen ein Anspruch einer anspruchsberechtigten Gemeinde auch dann besteht, wenn diese bereits einen Anteil für eine Zahl von (tatsächlichen oder vermeintlichen) Mitgliedern erhalten hat, die die Zahl der ermittelten Mitglieder übersteigt.

Diese Frage betrifft nicht die Anwendung von § 113 Abs. 5 VwGO. Sie richtet sich gegen die materiell-rechtliche Würdigung des [X.]erufungsgerichts, dass der [X.] zur endgültigen Festsetzung des mitgliederbezogenen Anteils des [X.] am Landeszuschuss ungeachtet der vorläufig gewährten Zahlungen zu verpflichten ist. Eine solche Verpflichtung hat das [X.]erufungsgericht der Sache nach ausgesprochen, weil durch die Feststellung der Mitgliederzahl des [X.] ein weiterer Entscheidungsspielraum des [X.]n hinsichtlich der Höhe des Anteils nicht besteht. Wenn der [X.] meint, das Gericht hätte wegen seiner Zahlungen die Klage abweisen müssen, verkennt er, dass es sich bei diesen Zahlungen nach den berufungsgerichtlichen Feststellungen nur um vorläufige Zahlungen gehandelt hat und die Erfüllung des klägerischen Anspruchs eine im Einzelfall zu beurteilende Frage des materiellen Rechts darstellt, der eine grundsätzliche [X.]edeutung nicht zukommen kann. Zahlungen, die der [X.] vorläufig an den Kläger erbracht hat, sind bei der Auszahlung des endgültig festgesetzten Zuschusses zu berücksichtigen.

b) Des Weiteren hält der [X.] mit [X.]lick auf die abstammungsvermittelte Zugehörigkeit zum [X.] als Voraussetzung für die Anerkennung als Mitglied des [X.] die Rechtsfrage für klärungsbedürftig, ob im Rahmen der [X.]eweiswürdigung auf der Grundlage des § 108 Abs. 1 VwGO eidesstattliche Versicherungen zulässig sind.

Diese Rechtsfrage kann auf der Grundlage der bundesverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung beantwortet werden. Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Zum einen muss es seiner Überzeugungsbildung den im Verfahren festgestellten Sachverhalt vollständig und richtig zugrunde legen ([X.], vgl. [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 18. November 2008 - 2 [X.] - [X.] 235.1 § 17 [X.] Nr. 1 Rn. 27). Zum anderen muss seine Überzeugung auf eine hinreichende Tatsachengrundlage, d.h. auf Tatsachenfeststellungen oder [X.]eweisergebnisse, gestützt sein ([X.], vgl. [X.]VerwG, Urteil vom 6. März 1990 - 9 C 14.89 - [X.]VerwGE 85, 12 <17>; [X.]eschluss vom 23. Januar 2017 - 6 [X.] 43.16 [[X.]:[X.]:[X.]VerwG:2017:230117[X.]6[X.]43.16.0] - juris Rn. 18). Zu dem Gesamtergebnis des Verfahrens gehören insbesondere die Erklärungen der Verfahrensbeteiligten, der Inhalt der vom Gericht beigezogenen Akten sowie die im Rahmen einer [X.]eweiserhebung getroffenen tatsächlichen Feststellungen, unbeschadet der [X.]efugnis des Gerichts, die Erklärungen der Verfahrensbeteiligten, den Inhalt beigezogener Akten sowie das Ergebnis einer [X.]eweisaufnahme frei zu würdigen ([X.], vgl. nur [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 14. Januar 2010 - 6 [X.] - [X.] 402.41 [X.] Rn. 2 m.w.[X.]). § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO steht hiernach nicht entgegen, dass das Gericht anspruchsbegründende Tatsachen nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens auf der Grundlage von Erklärungen eines Verfahrensbeteiligten einschließlich der von ihm vorgelegten Schriftstücke, die als eidesstattliche Versicherungen bezeichnet sind, im Rahmen des [X.] feststellt.

Die in diesem Zusammenhang gestellte weitere Frage, ob die vom Kläger vorgelegten, als eidesstattliche Versicherungen bezeichneten Erklärungen vollen [X.]eweis der Zugehörigkeit zum [X.] erbringen, würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Denn das [X.]erufungsgericht hat diesen Versicherungen gerade keinen vollen [X.]eweiswert zuerkannt (vgl. [X.] oben). Es hat den eingeschränkten [X.]eweiswert einer eidesstattlichen Versicherung erkannt und für seine Überzeugungsbildung nicht ausreichen lassen. Erforderlich ist nach dessen Auffassung vielmehr, dass der Inhalt von Aufnahmeantrag und eidesstattlicher Versicherung in jedem Einzelfall mit [X.]lick auf das Erfordernis der Zugehörigkeit zum [X.] durch Abstammung von einer [X.] Mutter widerspruchsfrei ist, keine gegen die Abstammung von einer [X.] Mutter sprechenden Anhaltspunkte - etwa aufgrund anderslautender Auskünfte - vorliegen und der Kläger die jeweilige Person als Mitglied aufgenommen hat.

Aus den vorstehenden Ausführungen folgt zugleich, dass das [X.]erufungsgericht die eidesstattlichen Versicherungen auch dann seiner Überzeugungsbildung hat zugrunde legen dürfen, wenn sie - wie der [X.] meint - keine eidesstattlichen Versicherungen im Sinne von § 156 StG[X.] wären. Die diesbezüglich für grundsätzlich erachtete Frage rechtfertigt die Revisionszulassung nicht.

Soweit schließlich der [X.] die Frage aufwirft, ob sich die Antwort auf die von ihm aufgeworfenen Fragen ändert, wenn in Rechnung gestellt werde, dass der [X.] die Angaben in den als eidesstattliche Versicherungen bezeichneten Erklärungen des [X.] mit gegenläufigen Indizien infrage gestellt habe, ist diese Frage nicht verallgemeinerungsfähig, sondern nur im Einzelfall zu klären.

3. Die von dem [X.]n geltend gemachte Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO des [X.]erufungsurteils zur Rechtsprechung des [X.]s ist nicht gegeben.

Der Revisionszulassungsgrund der Divergenz setzt voraus, dass die Entscheidung der Vorinstanz auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der im Widerspruch zu einem Rechtssatz steht, den das [X.]undesverfassungs- oder [X.] in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt hat. Zwischen den beiden Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den [X.]edeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines bestimmten Rechtsgrundsatzes bestehen. Die [X.]ehauptung einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das [X.]undesverfassungs- oder [X.] aufgestellt hat, genügt den Zulässigkeitsanforderungen einer [X.] dagegen nicht ([X.], vgl. [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 7. April 2017 - 6 [X.] 8.17 [[X.]:[X.]:[X.]] - juris Rn. 11 m.w.[X.]).

Das [X.] ist in dem von dem [X.]n bezeichneten [X.]eschluss vom 24. Juli 2008 - 9 [X.] 41.07 - ([X.] 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 58) davon ausgegangen, dass das Gericht bei seiner Überzeugungsbildung zwar frei sei, diese aber nur aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewinnen dürfe (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Im Rahmen des [X.] könne auch eine eidesstattliche Versicherung zugelassen werden. Sie sei jedoch lediglich auf Glaubhaftmachung angelegt (§ 173 VwGO i.V.m. § 294 Abs. 1 ZPO) und könne deshalb keinen vollen [X.]eweis erbringen. Genüge sie angesichts der vorliegenden Tatsachen nicht, um dem Gericht die Überzeugung vom Vorliegen der in [X.]ezug auf die Zulässigkeit relevanten Tatsachen zu verschaffen, dürfe dieses nicht ohne Weiteres von der Unzulässigkeit des Rechtsmittels ausgehen.

Angesichts dieser Rechtssätze hat der [X.] die Voraussetzungen einer Divergenz mit seiner [X.]eschwerde nicht aufgezeigt. Entgegen seiner Auffassung hat das [X.] weder einen Rechtssatz aufgestellt, dass außerhalb der Prüfung von Prozessvoraussetzungen der Rückgriff auf eidesstattliche Versicherungen im Rahmen des [X.] unzulässig sei, noch ist das [X.]erufungsgericht von dem Rechtssatz abgewichen, dass eidesstattliche Versicherungen keinen vollen [X.]eweis erbringen können.

4. Aus der [X.]eschwerdebegründung ergibt sich ferner nicht, dass das angefochtene Urteil an einem Verfahrensfehler i.S.v. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO leidet.

a) Der von dem [X.]n gerügte Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO liegt nicht vor, weil es für die endgültige Festsetzung des mitgliederbezogenen Anteils am Landeszuschuss nach der für die [X.]eurteilung eines Verfahrensfehlers maßgebenden Rechtsauffassung des [X.]erufungsgerichts auf vorläufige Zahlungen des [X.]n nicht ankommt (vgl. oben 2.a)).

b) Das [X.]erufungsgericht hat nicht gegen die auf § 144 Abs. 6 VwGO beruhende [X.]indungswirkung des bundesverwaltungsgerichtlichen Urteils vom 27. November 2013 - [X.]VerwG 6 C 20.12 - verstoßen.

Der Verstoß gegen die [X.]indungswirkung des § 144 Abs. 6 VwGO ist ein Verfahrensfehler. Er setzt voraus, dass das [X.]erufungsgericht bei seiner erneuten Entscheidung von der rechtlichen [X.]eurteilung des [X.]s abweicht, welche es nach § 144 Abs. 6 VwGO zugrunde zu legen hatte ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 9. Juni 2015 - 6 [X.] 59.14 [[X.]:[X.]:[X.]] - [X.] 442.066 § 55 TKG Nr. 11).

aa) Das [X.] hat seinem Urteil folgende bindende Rechtssätze zu Grunde gelegt: Das in Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV verankerte Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaft in ihren eigenen Angelegenheiten umfasst das Recht, die Mitgliedschaft in ihr zu regeln. Die Religionsgemeinschaft entscheidet aufgrund ihres Selbstbestimmungsrechts über die Kriterien, nach denen sich die Mitgliedschaft zu ihr bestimmen soll. Soweit es bei der Anwendung einer staatlichen Rechtsnorm darauf ankommt, ob eine bestimmte Person aufgrund der selbst gesetzten Kriterien der Religionsgemeinschaft deren Mitglied geworden ist, ist diese Frage im Streitfall durch staatliche [X.]ehörden und Gerichte im Ansatz nachprüfbar. Die gerichtliche Kontrolle erstreckt sich auf die Frage, ob eine Person die Voraussetzungen für die Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft erfüllt.

Diese rechtliche [X.]eurteilung hat das [X.]erufungsgericht seiner Entscheidung zu Grunde gelegt und festgestellt, welche der vom Kläger genannten Personen nach dessen Selbstverständnis dem [X.] angehören.

Welche Mittel das [X.]erufungsgericht zur Feststellung der Zugehörigkeit zum [X.] im Rahmen der freien [X.]eweiswürdigung ergreifen kann, konnte das [X.] in seinem Urteil vom 27. November 2013 - [X.]VerwG 6 C 20.12 - nach § 144 Abs. 6 VwGO nicht bindend vorgeben. Die [X.]eweiswürdigung ist Aufgabe der Tatsachengerichte; hierauf erstreckt sich die [X.]indungswirkung nach § 144 Abs. 6 VwGO nicht. Das [X.] kann insbesondere keinen [X.]eweiswert bestimmter [X.]eweismittel vorgeben. Seine Aussagen, dass die eine Zugehörigkeit eines Mitglieds des [X.] zum [X.] begründende Abstammung von einer [X.] Mutter "insbesondere" durch Vorlage einer Geburtsurkunde oder auch dadurch hinreichend nachgewiesen werden "kann", dass die betreffende Person aufgrund ihrer [X.] Herkunft aus den Nachfolgestaaten der ehemaligen [X.] nach [X.] einreisen durfte, rechtfertigen nicht die Annahme, dass der Nachweis der Zugehörigkeit zum [X.] auf derartige Unterlagen beschränkt ist. Das [X.] hat hiermit der Vorinstanz für seine erneute Entscheidung zwar Möglichkeiten zur Feststellung der Zugehörigkeit zum [X.] aufgezeigt, diese aber dadurch nicht rechtlich vorgegeben. Insbesondere hat es mit seinen Ausführungen nicht andere Mittel zur Aufklärung des Sachverhalts als untauglich für die Überzeugungsbildung ausgeschlossen.

bb) In der Sache rügt der [X.] des Weiteren einen Verstoß gegen die [X.]indungswirkung des Urteils vom 27. November 2013 - [X.]VerwG 6 C 20.12 -, weil das [X.]erufungsgericht 42 Personen als Mitglieder des [X.] auch ohne die Mitwirkung des zuständigen Organs des [X.] anerkannt habe.

Das [X.] hat zwar bindend vorgegeben, dass die satzungsmäßigen Voraussetzungen für die Aufnahme eines Mitglieds in die klägerische Gemeinde erfüllt sein müssen. Soweit es hierfür als Nachweis auf die Vorlage des [X.] des Mitglieds und die dokumentierte Entscheidung des zuständigen Organs der Gemeinde verweist, die als Unterlagen zu [X.]eweiszwecken ausgewertet werden können (vgl. [X.]VerwG, Urteil vom 27. November 2013 - 6 C 21.12 - [X.]VerwGE 148, 271 Rn. 48 ff.), kann diesen Aussagen nach den zuvor gemachten Ausführungen keine [X.]indungswirkung zukommen. Dementsprechend hat das [X.]erufungsgericht nicht nur die vorgelegten Aufnahmeanträge, sondern auch die erforderlichen [X.]en des [X.] im Rahmen seiner freien [X.]eweiswürdigung auf der Grundlage des Gesamtergebnisses des Verfahrens feststellen dürfen, ohne auf die vom [X.] genannten Unterlagen beschränkt zu sein. Da die [X.]en des zuständigen Organs nach der berufungsgerichtlichen Würdigung der satzungsmäßigen [X.]estimmungen nicht der Schriftform bedürfen und interne Willensbildungsakte darstellen, war es dem [X.]erufungsgericht nicht verwehrt, das Vorliegen der [X.] aufgrund weiterer Tatsachen festzustellen.

c) Das angefochtene Urteil beruht nicht auf einer Verletzung des Grundsatzes der freien [X.]eweiswürdigung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO), weil das [X.]erufungsgericht den [X.]eweisgehalt der eidesstattlichen Versicherung verkannt haben soll. Dieses ist nicht der Fall (s. unter 2.b)).

d) Die von dem [X.]n sinngemäß erhobene Rüge der Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO bzw. die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) wegen der seiner Auffassung nach rechtswidrigen Ablehnung seiner [X.]eweisanträge erfordert die substantiierte Darlegung, dass die unter [X.]eweis gestellte Tatsachenbehauptung nach dem Rechtsstandpunkt des entscheidenden Gerichts erheblich ist und die Nichtberücksichtigung des [X.]eweisangebots im Prozessrecht keine Stütze findet. Für die Darlegung der Entscheidungserheblichkeit ist aufzuzeigen, welche tatsächlichen Feststellungen im Falle der [X.]eweiserhebung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern diese unter Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Auffassung des [X.] zu einer für den [X.]eschwerdeführer günstigeren Entscheidung hätten führen können (vgl. [X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 13. Juli 2007 - 9 [X.] 1.07 - juris Rn. 2 und - im Falle einer Gehörsrüge bei Ablehnung von [X.]eweisanträgen - vom 25. Januar 2016 - 2 [X.] 34.14 [[X.]:[X.]:[X.]VerwG:2016:250116[X.]2[X.]34.14.0] - [X.] 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 3 VwGO Nr. 75 Rn. 31 ff. jeweils m.w.[X.]).

Gemessen hieran zeigt der [X.] schon keine Entscheidungserheblichkeit der abgelehnten [X.]eweisanträge 1 bis 4 und 6 bis 8 auf. Aus der [X.]eschwerdebegründung ergibt sich nicht, dass die Durchführung der [X.]eweisaufnahme für den [X.]n zu einer günstigeren Entscheidung geführt hätte. Das [X.]erufungsgericht hat eine Vielzahl von Personen, die der Kläger als Mitglieder benannt hat, nicht als Mitglieder anerkannt. Die Personen konnten entweder nicht der Gemeinde des [X.] eindeutig zugerechnet werden, hatten nicht ihren Hauptwohnsitz in [X.], waren als kandidierende Mitglieder nicht berücksichtigungsfähig oder das [X.]erufungsgericht konnte eine abstammungsbegründende Zugehörigkeit zum [X.] bzw. eine Mitgliedschaft beim Kläger nicht zu seiner Überzeugung feststellen. Da sämtliche [X.]eweisanträge darauf abzielten, dass vom Kläger benannte Personen nicht dessen Mitglieder sein sollen, hätte der [X.] aufzeigen müssen, dass und inwieweit die jeweils abgelehnten [X.]eweisanträge sich auf nach dem angefochtenen Urteil zu berücksichtigende Mitglieder des [X.] bezogen haben und im Falle der Durchführung der [X.]eweisaufnahme diese nach der maßgeblichen Rechtsauffassung des [X.]erufungsgerichts nicht hätten berücksichtigt werden dürfen. Hieran fehlt es.

Ungeachtet dessen stellt die Ablehnung der [X.]eweisanträge zu 2 und 7 keinen entscheidungserheblichen Verfahrensfehler dar, weil die jeweils als Zeugen benannten Personen nach der Würdigung des [X.]erufungsgerichts keine Mitglieder des [X.] sind.

Die [X.]eweisanträge 3 und 6 hat das [X.]erufungsgericht darüber hinaus nicht [X.] abgelehnt, weil nach seiner maßgebenden Rechtsauffassung nur solche Personen als Mitglieder anzuerkennen sind, bei denen die Zugehörigkeit zum [X.] aufgrund der Abstammung von einer [X.] Mutter festgestellt werden konnte. Auf kandidierende Mitglieder hat das [X.]erufungsgericht seine Entscheidung nicht gestützt.

Die [X.]eweisanträge 1, 4 und 8 hat das [X.]erufungsgericht zutreffend als zu unbestimmt abgelehnt und hierbei die Anforderungen an die Substantiierung eines [X.]eweisantrags nicht überspannt. Die gebotene Substantiierung erschöpft sich nicht in der Nennung eines bestimmten [X.]eweismittels und der [X.]ehauptung einer bestimmten Tatsache, die das [X.]eweisthema bezeichnet. Sie verlangt vielmehr, dass die Tatsache vom [X.]eteiligten mit einem gewissen Maß an [X.]estimmtheit als wahr und mit dem angegebenen [X.]eweismittel beweisbar behauptet wird. Zwar darf sich ein [X.]eteiligter insoweit mit einer Vermutung begnügen, wenn, wie hier, die zu beweisende Tatsache nicht in seinen eigenen Erkenntnisbereich fällt. Wenn die Gegenseite aber der aufgestellten Vermutung mit einer plausiblen Erklärung entgegengetreten ist, darf diese nicht einfach ignoriert werden. Vielmehr muss sich der [X.]eteiligte mit dieser Erklärung auseinandersetzen und hat greifbare Anhaltspunkte dafür zu benennen, dass seine Vermutung entgegen der Erklärung der Gegenseite doch zutrifft. Einer ohne Auseinandersetzung mit den Gegenargumenten "ins [X.]laue hinein" aufrechterhaltenen [X.]ehauptung muss das Gericht nicht nachgehen ([X.], [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 23. Dezember 2015 - 2 [X.] 40.14 [[X.]:[X.]:[X.]VerwG:2015:231215[X.]2[X.]40.14.0] - [X.] 449 § 3 SG Nr. 82 Rn. 49). So verhält es sich hier.

Der [X.] hat in den [X.]eweisanträgen Personen als Zeugen dafür benannt, dass eine Vielzahl der vom Kläger genannten Personen nicht dessen Mitglieder seien. Zur [X.]egründung hat er entweder die Gründe für die fehlende Mitgliedschaft nicht näher personenbezogen konkretisiert (so beim [X.]eweisantrag 1) oder als Grund die fehlende Stellung eines [X.] ([X.]eweisanträge 4 und 8) behauptet. Insoweit hätte es aber näherer Ausführungen seitens des [X.]n bedurft, nachdem der Kläger entsprechende Aufnahmeanträge von den als Mitglieder festgestellten Personen im Verfahren vorgelegt hat. Die pauschale [X.]ehauptung ihrer Unrichtigkeit genügt für die Substantiierung in diesem Fall nicht, weshalb die [X.]eweisanträge auf eine unzulässige Ausforschung abzielten und daher abgelehnt werden durften.

5. Die Anträge des [X.] auf [X.]ewilligung von Prozesskostenhilfe und [X.]eiordnung eines Rechtsanwalts für die Rechtsverteidigung gegen die [X.]eschwerde des [X.]n und die von dem Kläger beabsichtigte [X.] sind gemäß § 166 VwGO i.V.m. §§ 114 ff. ZPO abzulehnen. Nach § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO erhalten auf Antrag u.a. parteifähige Vereinigungen, die im Inland gegründet und dort ansässig sind, Prozesskostenhilfe, wenn die Kosten weder von ihnen noch von den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich [X.]eteiligten aufgebracht werden können und wenn die Unterlassung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde.

Auf dieser Grundlage kommt eine [X.]ewilligung von Prozesskostenhilfe für das [X.]eschwerdeverfahren des [X.]n nicht in [X.]etracht, weil die Angaben in dem Prozesskostenhilfeantrag des [X.] nicht nachvollziehbar sind und der Antrag daher nicht prüffähig ist.

Der Kläger fügte seinem Antrag auf [X.]ewilligung von Prozesskostenhilfe für das [X.]eschwerdeverfahren des [X.]n eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei, ohne die darin enthaltenen Angaben näher darzulegen und nachzuweisen. Das [X.] forderte ihn daher unter Hinweis auf § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO auf, seine Angaben in der Erklärung zu belegen. Daraufhin legte der Kläger zur [X.]egründung seiner Mittellosigkeit eine Aufstellung seiner bestehenden und laufenden Verbindlichkeiten vor. Angesichts dieser Aufstellung erscheinen die Angaben in den Anträgen jedoch als teilweise unzutreffend und unvollständig. So ist nicht nachvollziehbar, dass der Kläger nach der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse über keine Kontoverbindung verfügen soll, wenn er demgegenüber zum einen im Schreiben vom 13. Februar 2017 an den [X.]n diesen auffordert, Zahlungen auf das bekannte Konto zu leisten, und zum anderen zur Zahlung von laufenden Verbindlichkeiten etwa aus dem von ihm angegebenen Darlehen verpflichtet sein soll. Die klägerischen Angaben zu Zahlungseingängen des [X.]n sowie zu fehlenden weiteren Einnahmen sind somit nicht nachprüfbar. Ebenso wenig kann die Angabe seiner Schuldenhöhe nachvollzogen werden, die der Kläger im Antrag auf 600 000 € und in seinem Schreiben vom 29. Januar 2017 auf knapp 1,3 Mio. € beziffert hat. Gleiches gilt für die im klägerischen Schreiben erklärten laufenden monatlichen Verbindlichkeiten in Höhe von 18 200 €.

Die nachfolgend beantragte [X.]ewilligung von Prozesskostenhilfe und [X.]eiordnung eines Rechtsanwalts für die von dem Kläger beabsichtigte Durchführung einer [X.] im [X.]eschwerdeverfahren über die Nichtzulassung der Revision ist nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO abzulehnen, weil die [X.]ordnung ein solches Verfahren nicht vorsieht und daher die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Erfolgsaussicht bietet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung für das [X.]eschwerdeverfahren folgt aus § 47 Abs. 1 GKG, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG, da der [X.] mangels Entscheidungsspielraums zur Festsetzung des klägerischen mitgliederbezogenen Anteils in Höhe von 17 367,42 € verpflichtet worden ist.

Meta

6 B 41/17, 6 B 41/17, 6 PKH 29/16

27.07.2017

Bundesverwaltungsgericht 6. Senat

Beschluss

Sachgebiet: PKH

vorgehend Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, 10. März 2016, Az: 3 L 29/14, Urteil

Art 13 Abs 1 JudGemVtrG ST 2006, § 108 Abs 1 VwGO, § 144 Abs 6 VwGO, § 156 StGB, § 108 Abs 1 S 1 VwGO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 27.07.2017, Az. 6 B 41/17, 6 B 41/17, 6 PKH 29/16 (REWIS RS 2017, 7304)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 7304

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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