Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.04.2005, Az. II ZR 197/04

II. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 4007

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 197/04 Verkündet am: 18. April 2005 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

- 2 - [X.] [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 18. April 2005 durch [X.] Dr. Goette, [X.], [X.], Prof. Dr. Gehrlein und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision des [X.] wird - unter Zurückweisung des [X.] Rechtsmittels - das Urteil des 3. Zivilsenats des [X.] vom 14. Juli 2004 im Kosten-punkt - soweit nicht die außergerichtlichen Kosten der [X.] zu 3 und 4 betroffen sind - und insoweit aufgehoben, als die Klage gegen die Beklagte zu 1 abgewiesen worden ist. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Die zu 1. und 2. beklagten Gesellschaften beschäftigen sich u.a. mit dem Erwerb, der Verwaltung und der Verwertung von Immobilien, Wertpapieren und Unternehmensbeteiligungen. Die Klägerin beteiligte sich mit zwei Erklärungen vom 6. März 1997 als stille Gesellschafterin an der [X.], einer Rechtsvorgängerin der [X.] zu 1. Als Einlagen hatte sie 7.350,00 DM und monatliche Raten zu je 210,00 DM über 10 Jahre zu zahlen. - 3 - Am Ende der Laufzeit sollte das [X.] aus dem Ratenvertrag über einen Zeitraum von 10 Jahren in monatlichen Raten ausge-zahlt werden. Aufgrund einer Vollmacht der Klägerin schloß die [X.] im Namen der Klägerin mit der [X.] zu 2 unter dem 1. Januar 1998 einen weiteren stillen Gesellschaftsvertrag, wonach die Klägerin die monatlichen Raten für noch 112 Monate an die Beklagte zu 2 - bezogen auf deren [X.] - zu zahlen hatte bei sonst im wesentlichen gleichen Bedingungen wie in dem [X.]. Mit Anwaltsschreiben vom 16. März 2001 verlangte die Klägerin von der [X.] zu 2 die Rückzahlung ihrer auf alle Verträge geleisteten Einlagen. Zur Begründung berief sie sich auf falsche Beratung, auf die Nichtigkeit bzw. den Wegfall der Geschäftsgrundlage wegen einer Untersagung der ratenweisen Auszahlung der [X.] durch das [X.] und auf die Sittenwidrigkeit der Verträge u.a. wegen der langen Laufzeit. In dem vorliegenden Verfahren begehrt die Klägerin die Verurteilung der [X.] zu 1 und 2 - die Klagen gegen die zu 3. und 4. mitverklagten [X.] spielen im Revisionsverfahren keine Rolle mehr - zur Rückzahlung der an sie bzw. ihre Rechtsvorgängerin gezahlten Einlagen in Höhe von 3.476,15 • bezüglich der [X.] zu 1 und 4.080,11 • bezüglich der [X.] zu 2. Hilfsweise verlangt die Klägerin im Wege der Stufenklage Auskunft über die [X.] zum 31. Dezember 2000 und Auszah-lung der sich daraus ergebenden Beträge. Das [X.] hat die Klagen [X.]. Im [X.] hat die Beklagte zu 2 den gegen sie gerichte-ten Hilfsantrag auf Auskunftserteilung anerkannt. Mit diesem Inhalt hat das Be-rufungsgericht der Klage stattgegeben. Im übrigen ist die Berufung der Klägerin - 4 - erfolglos geblieben. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der von dem [X.] zugelassenen Revision. Entscheidungsgründe: Die Revision ist in bezug auf die Beklagte zu 1 begründet und führt inso-weit zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Hinsichtlich der [X.] zu 2 hat das Rechtsmittel dagegen keinen Erfolg. [X.] Das Berufungsgericht hat zur Begründung der Klageabweisung ausge-führt: Die Klägerin habe gegen die [X.] zu 1 und 2 (im folgenden: [X.]) keinen Anspruch auf Rückzahlung der Einlagen. Dabei könne offen blei-ben, ob die Beitrittserklärungen wirksam angefochten oder sonst nichtig seien und ob der Klägerin ein Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei [X.] zustehe. Die Verträge seien jedenfalls nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft als wirksam zu behandeln. Davon sei weder wegen besonders grober Sittenwidrigkeit noch wegen des Wegfalls der ratierlichen Auszahlung des [X.]s eine Ausnahme zu machen. Letzteres stelle auch nicht einen Wegfall der Geschäftsgrundlage dar. Der Klä-gerin sei es zumutbar, das [X.] im Rahmen einer Vertragsanpassung in einer Summe ausgezahlt zu bekommen. Ein behaupteter Vergleichsschluß zwischen der Klägerin und der [X.] zu 1 sei jedenfalls gemäß § 296 Abs. 1 Satz 3 AktG formunwirksam. Schließlich bestehe auch kein Grund für eine außerordentliche Kündigung der Gesellschaftsverträge mit der Folge eines - über das Anerkenntnis hinaus bestehenden - Anspruchs auf Auszahlung des [X.]s. Insbesondere ergebe sich ein Kündigungsgrund nicht aus einer fehlerhaften Aufklärung der Klägerin über die Risiken der Anlage durch den [X.] zu 4. Der diesbezügliche Vortrag der - 5 - Klägerin sei nämlich durch die Vernehmung des Zeugen K. und die Anhö- rung der Parteien nicht bewiesen. I[X.] Diese Ausführungen sind nicht in allen Punkten frei von [X.]. 1. Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings angenom-men, daß ein etwaiger zwischen dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin und einer Mitarbeiterin der [X.] zu 1 telefonisch geschlossener Vergleich nicht zu einem Zahlungsanspruch der Klägerin führen kann. Der [X.] zwischen der Klägerin und der [X.] zu 1 ist ein Teilge-winnabführungsvertrag i.S. des § 292 Abs. 1 Nr. 1 AktG (vgl. [X.], 38, 43; [X.].Urt. v. 29. November 2004 - [X.], [X.], 254, 255). Damit bedarf nicht nur sein Abschluß, sondern auch seine Aufhebung nach § 296 Abs. 1 Satz 3 AktG der Schriftform. Da der den Vertrag aufhebende Vergleich nur mündlich geschlossen worden sein soll, wäre er gemäß § 125 Satz 1 BGB nich-tig. 2. Ebenfalls zutreffend ist die Annahme des [X.], die [X.] seien wirksam, so daß der Klägerin keine Ansprüche aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB auf Rückzahlung ihrer Einlagen zustünden. a) Auf eine stille Gesellschaft sind die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft anwendbar. Danach ist ein fehlerhafter Gesellschaftsvertrag grundsätzlich als wirksam zu behandeln, wenn er in Vollzug gesetzt worden ist. Lediglich für die Zukunft können sich die Vertragspartner von dem [X.]. Bei einem - wie hier - als Teilgewinnabführungsvertrag i.S. des § 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG zu wertenden stillen Gesellschaftsvertrag mit einer Aktienge-sellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien bedarf es für die Invollzugset-zung nicht der Zustimmung der Hauptversammlung und der Eintragung des - 6 - Vertrages in das Handelsregister. Es genügt, daß der stille Gesellschafter [X.] leistet (ständige Rechtsprechung des [X.]ats, zuletzt Urteile vom 21. März 2005 - [X.] und [X.], z.[X.].). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Parteien bzw. die Rechts-vorgängerin der [X.] zu 1 haben die Verträge als wirksam behandelt. Die Klägerin hat zunächst die Einlagezahlungen vertragsgemäß erbracht. b) Entgegen der Auffassung der Revision besteht kein Anlaß, die Grund-sätze der fehlerhaften Gesellschaft im vorliegenden Fall nicht anzuwenden. Diese Grundsätze kommen nur dann nicht zur Anwendung, wenn [X.] die rechtliche Anerkennung des von den Parteien gewollten und tatsäch-lich vorhandenen Zustands aus gewichtigen Belangen der Allgemeinheit oder bestimmter besonders schutzwürdiger Personen unvertretbar ist. Die Voraus-setzungen eines solchen Ausnahmefalls hat das Berufungsgericht zu Recht als nicht erfüllt angesehen. Insbesondere reicht dafür der Wegfall der ratierlichen Auszahlung des [X.]s und die lange Laufzeit der Verträge nicht aus, wie der [X.]at bereits in den Urteilen vom 21. März 2005 (aaO) dargelegt hat. 3. Das Berufungsgericht hat aber verkannt, daß ein Schadensersatzan-spruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 1 zu einem Erfolg der auf die Rück-zahlung der Einlagen gerichteten Klage führen würde. Ferner hat es die tat-sächlichen Voraussetzungen eines solchen Schadensersatzanspruchs rechts-fehlerhaft als nicht erwiesen angesehen. a) Wie der [X.]at in seinen nach Erlaß des angefochtenen Urteils ver-kündeten Entscheidungen vom 19. Juli 2004, 29. November 2004 und 21. März 2005 ([X.], [X.], 1706, [X.], [X.], 254, 256 und - 7 - [X.] sowie [X.], z.[X.].) ausgeführt hat, stehen die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft einem Anspruch auf Rückgewähr der Einlage dann nicht entgegen, wenn der Vertragspartner des stillen Gesellschafters - der Inhaber des Handelsgeschäfts i.S. des § 230 HGB - verpflichtet ist, den stillen Gesellschafter im Wege des Schadensersatzes so zu stellen, als hätte er den Gesellschaftsvertrag nicht abgeschlossen und seine Einlage nicht geleistet. b) Danach kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits darauf an, ob der [X.] zu 1 oder ihrer Rechtsvorgängerin eine Verletzung von [X.] vorzuwerfen ist. Dann würde die Beklagte zu 1 der Klägerin wegen Verschuldens bei Vertragsschluß (jetzt § 280 Abs. 1, 3, § 282, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB n.F.) zum Schadensersatz verpflichtet sein, [X.] sie ggf. für ein Fehlverhalten des Vermittlers S. - früherer [X.] zu 4 - nach § 278 BGB einstehen müßte. In Betracht kommt auch eine Haf-tung nach § 826 BGB und § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 263, 264 a StGB. Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.]ats muß einem Anleger für seine [X.] ein zutreffendes Bild über das Beteiligungsobjekt vermittelt werden, d.h. er muß über alle Umstände, die für seine Anlageent-scheidung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, insbesondere über die mit der angebotenen speziellen Beteiligungsform verbundenen Nachteile und Risiken zutreffend, verständlich und vollständig aufgeklärt wer-den (zuletzt Urteile vom 21. März 2005 - [X.] und [X.], z.[X.].). Dazu hat die Klägerin vorgetragen: Ihr sei die Beteiligung von dem [X.] als risikolos und sicher dargestellt worden. Auf das Risiko eines Totalverlustes oder gar einer Nachschußpflicht sei sie nicht hingewiesen worden, ebenso wenig auf den Umstand, daß die vertragsgemäßen Entnahmen nicht aus Gewinnen erwirtschaftet, sondern zu Lasten des [X.] ge-- 8 - bucht würden. Auch sei die negative Presseberichterstattung über die Rechts-vorgängerin der [X.] zu 1 von dem Vermittler nicht erwähnt worden. Das Berufungsgericht hat sich nach Vernehmung des Ehemanns der Klägerin als Zeugen und Anhörung der Klägerin sowie des früheren [X.] zu 4 nicht von der Richtigkeit dieses Vortrags überzeugen können. Es hat dazu u.a. ausgeführt, der Beklagte zu 4 habe die Klägerin nach seiner Darstellung allgemein auf eine negative Presseberichterstattung hingewiesen. An anderer Stelle des Urteils heißt es, die Frage, ob der Beklagte zu 4 auf eine negative Presseberichterstattung hingewiesen habe, sei nach dem Ergebnis der Beweis-aufnahme offen. Die dagegen erhobene Rüge der Revision ist begründet. Nach dem In-halt des [X.] hat der Beklagte zu 4 auf die Frage nach der [X.] gesagt, es sei darüber gesprochen worden, daß es sich um keine festverzinsliche Beteiligung handele und dies von anderen Unternehmen anders dargestellt werde, konkrete negative Presseberichte habe er nicht ange-sprochen, sie seien ihm auch nicht bekannt gewesen. Mit diesem protokollierten Vortrag ist die Beweiswürdigung des [X.] nicht zu vereinbaren. Danach hat der Beklagte zu 4 vielmehr selbst zugegeben, die Klägerin nicht über die in der Presse geäußerten Bedenken gegen die Seriosität des [X.] hingewiesen zu haben. Auch die Hilfsbegründung des [X.], eine Hinweispflicht "dürfte" insoweit erst dann bestanden haben, als eine "massive Front" auszu-machen gewesen sei, nämlich im Jahre 1999, trägt die Entscheidung nicht. In dem von der Klägerin herangezogenen Informationsdienst "kapitalmarkt intern" war bereits in den Jahren 1993/94 mehrfach kritisch über das Anlage- konzept der "[X.]", zu der auch die [X.] gehörte, - 9 - berichtet worden, ebenso in dem "gerlach-report" ([X.], 1820). In diesem Zusammenhang ist auch von Bedeutung, daß sich die Klägerin nicht nur auf die negative Presseberichterstattung berufen, sondern die dem zugrun-deliegende Annahme einer unzureichenden Investitionsquote dargelegt und unter [X.] gestellt hat. Bei der erneuten Verhandlung hat das Berufungsgericht Gelegenheit, diesem Vortrag ggf. nachzugehen. Seine Annahme, die Zahlen seien nicht "repräsentativ", ist unzutreffend. In dem von dem Berufungsgericht erwähnten Schriftsatz vom 7. Januar 2001 hat die Kläge-rin auch Zahlen zu dem [X.], an dem sie beteiligt ist, [X.]. 4. [X.] ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die noch erforderlichen Feststellungen betreffend den gegen die Beklagte zu 1 gerichteten Schadensersatzanspruch getroffen werden können. Sollte das Berufungsgericht in bezug auf die Beklagte zu 1 wiederum zu dem Ergebnis kommen, daß ein Schadensersatzanspruch wegen Aufklärungs-pflichtverletzung nicht besteht, hat es bei der Entscheidung des gegen die [X.] zu 1 gerichteten [X.] auf Erteilung einer Auskunft über das Aus-einandersetzungsguthaben die neuere Rechtsprechung des [X.]ats zu dem Kündigungsrecht wegen Wegfalls der ratierlichen Auszahlung des [X.] zu beachten ([X.].Urt. v. 21. März 2005 - [X.], z.[X.].). 5. Hinsichtlich des auch gegen die Beklagte zu 2 geltend gemachten Schadensersatzanspruchs ist die Klage dagegen unbegründet, ohne daß [X.] erforderlich sind. Die Beklagte zu 2 hat keine [X.] verletzt. Als die Rechtsvorgängerin der [X.] zu 1 mit der [X.] zu 2 im Jahre 1998 den [X.] schloß, bestand mangels [X.] 10 - rungsbedürfnisses der Rechtsvorgängerin der [X.] zu 1 keine Aufklä-rungspflicht für die Beklagte zu 2. Goette Kurzwelly [X.]
Gehrlein Strohn

Meta

II ZR 197/04

18.04.2005

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.04.2005, Az. II ZR 197/04 (REWIS RS 2005, 4007)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 4007

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.