Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 22.06.2023, Az. 2 WD 10/22

2. Wehrdienstsenat | REWIS RS 2023, 6449

© Bundesverwaltungsgericht, Foto: Michael Moser

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Einstufige Degradierung unter Verkürzung der Wiederbeförderungsfrist wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit dreifacher fahrlässiger Körperverletzung


Leitsatz

Begeht ein Soldat außerdienstlich eine fahrlässige Straßenverkehrsgefährdung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung, bildet ein Beförderungsverbot den Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen.

Tenor

Die Berufung des Soldaten gegen das Urteil der [X.] des [X.] vom 29. August 2022 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Soldaten auferlegt, der auch die ihm darin erwachsenen notwendigen Auslagen zu tragen hat.

Tatbestand

1

Das Verfahren betrifft eine außerdienstliche fahrlässige Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit dreifacher fahrlässiger Körperverletzung.

2

1. Der 19... geborene, ledige und kinderlose Soldat wurde 2013 [X.]soldat. 2014 wurde er zum Bootsmann, 2016 zum [X.] befördert. Nach verschiedenen Vorverwendungen wurde er zu Februar 2018 zum ... in ... versetzt. 2022 schloss er eine [X.] als geprüfter Wirtschaftsfachwirt ab. Seine Dienstzeit endet mit Ablauf Juni 2025.

3

2. Der strafrechtlich und disziplinarisch nicht anderweitig vorbelastete Soldat wurde im sachgleichen Strafverfahren mit Urteil des [X.] vom 9. Februar 2016 wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und Abs. 3 Nr. 2 StGB) in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung (§ 229 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten auf Bewährung verurteilt. Auf seine auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Berufung wurde das Strafmaß vom [X.] unter Feststellung, dass der Straftatbestand des § 315c StGB in mehrfacher Hinsicht erfüllt und dabei in drei Fällen eine fahrlässige Körperverletzung begangen worden sei, mit rechtskräftigem Urteil vom 17. Januar 2018 auf elf Monate und zwei Wochen auf Bewährung verringert. Die Strafe wurde zum 18. März 2020 erlassen.

4

3. [X.] hat den Soldaten mit Urteil vom 29. August 2022 in den Dienstgrad eines Bootsmanns herabgesetzt und die Frist zur [X.] auf zwei Jahre verkürzt. Mit den rechtskräftigen Strafurteilen sei bindend festgestellt worden:

"Am 04. April 2015 gegen Mitternacht begab sich der Angeklagte mit Freunden nach [X.], um dort zu feiern. Gegen 3:00 Uhr des 04. April 2015 kehrte man aus [X.] zurück und suchte eine ... Diskothek auf. Man feierte und der Angeklagte nahm Alkohol in unbekannten Maßen zu sich. Um 8:20 Uhr befand sich der Angeklagte - mittlerweile allein im Fahrzeug - mit einem PKW ..., amtliches Kennzeichen ... auf der Heimfahrt, genauer gesagt auf der [X.] aus Richtung ... kommend in Fahrtrichtung ... Trotz feuchter und stellenweise überfrorener Fahrbahn hielt der Angeklagte eine Geschwindigkeit von etwa 100 km/h ein. Mit dieser Geschwindigkeit überholte er drei PKW, unter anderem denjenigen des [X.], in einem Zug. Er beendete das Überholmanöver, indem er wieder rechts einscherte. Kurz darauf zog der Angeklagte ohne erkennbaren Anlass wieder nach links herüber, bis er sich mit der gesamten Fahrzeugbreite auf der Gegenfahrbahn befand. In Höhe des Kilometer 1,244 (Gemarkung .../...) kollidierte der Angeklagte frontal mit dem auf der Gegenfahrbahn fahrenden PKW der [X.]

Die dem Angeklagten um 10:10 Uhr entnommene Blutprobe enthielt eine mittlere Alkoholkonzentration von 0,54 Promille.

Der im PKW der [X.] mitfahrende, 15 Monate alte [X.] erlitt durch die Kollision eine inkomplette Querschnittslähmung, eine Verletzung des zervikalen Rückenmarks, eine Fraktur des [X.] und eine respiratorische Globalinsuffizienz. Die medizinische Behandlung dauert weiterhin an. Eine dauerhafte Querschnittslähmung kann nicht ausgeschlossen werden. Bis heute und wohl auch in der Zukunft muss der [X.] künstlich beatmet und über eine Bauchsonde künstlich ernährt werden. Seine Lunge muss abgesaugt werden. Schon einige Male ist sein Herz kurzfristig stehen geblieben. Er ist 24 Stunden am Tag pflegebedürftig.

Die Krankenkasse hat der Mutter des Kindes, der Zeugin D., eine [X.] gewährt, wobei die Zeugin jedoch sechs Stunden pro Tag mitarbeiten muss. Ob und wann [X.] wieder selbstständig atmen, essen und laufen kann, ist nicht absehbar. In seiner Entwicklung wurde [X.] durch den Verkehrsunfall vom 04.04.2015 erheblich zurückgeworfen. So konnte er vor dem Unfallereignis bereits sprechen, hat seine Sprache jedoch unfallbedingt verlernt. Erst seit kurzem beginnt er wieder damit zu sprechen. Da er auf einen Rollstuhl angewiesen ist, ist naturgemäß auch seine übrige Entwicklung retardiert bzw. stark erschwert.

Die [X.] erlitt durch die Kollision ein Polytrauma des Schweregrades I mit einer Fraktur des [X.], eine Rippenserienfraktur, ein stumpfes Bauchtrauma sowie einen mehrfragmentären Fersenbeinbruch. Da sich der Fersenbeinbruch entzündete, mussten der [X.] Teile aus dem Arm genommen werden, um diese in die Fersenwunde einsetzen zu können. Bis heute schmerzen ihr deshalb Fuß und Arm. Die [X.] befand sich über vier Monate in stationärer Behandlung. Hieran schlossen sich vier Wochen Rehabilitation an. Seit Anfang Februar 2016 arbeitet sie wieder zwei Stunden täglich.

Die Zeugin D. erlitt durch die Kollision ein stumpfes Bauchtrauma, einen Riss in der [X.], eine Zeigefingerfraktur sowie oberflächliche Hautabschürfungen am Becken. Sie musste fünf Tage lang auf der Intensivstation, dann noch zwei Wochen auf einer normalen Station im Krankenhaus behandelt werden. In der Folge war sie noch etwa zwei bis drei Wochen krankgeschrieben.

Am PKW der [X.] entstand wirtschaftlicher Totalschaden."

5

Darüber hinaus habe das [X.] bindend festgestellt:

"Der jetzt 4 Jahre alte Nebenkläger zu 1) wird infolge des vom Angeklagten verursachten Unfalls voraussichtlich sein Leben lang ein Schwerstpflegefall bleiben. Es ist nicht abzusehen, ob die noch immer bestehende [X.] irgendwann eingeschränkt werden kann.

Die Nebenklägerin zu 2) und Mutter des [X.] zu 1) ist infolge des vom Angeklagten verursachten Unfalls weitgehend gehindert, berufstätig zu sein. Denn da sie trotz der ihr gewährten [X.] selber sechs Stunden pro Tag bei der Pflege ihres schwerstbehinderten [X.] mitarbeiten muss, bleibt so gut wie keine [X.] für eine eigene Berufstätigkeit.

Die jetzt über 50 Jahre alte Nebenklägerin zu 3) B. hat infolge des vom Angeklagten verursachten Unfalls ihren Beruf verloren und ist seit längerer [X.] arbeitslos. Denn sie hat so schwere Verletzungen erlitten, dass sie ihren stehenden Beruf nicht mehr ausüben kann.

Der Angeklagte wurde durch den Unfall selber so schwer verletzt, dass er sich im Frühsommer 2017 noch einmal einer großen [X.] mit fünf Wochen Reha-Anschlussbehandlung unterziehen musste.

Auch das Fahrzeug des Angeklagten erlitt Totalschaden.

Der Angeklagte hat sich in der Berufungshauptverhandlung bei den 3 Geschädigten entschuldigt. Außerdem hat sich der Angeklagte im Rahmen eines vollstreckbaren gerichtlichen Vergleichs verpflichtet, an das durch den Unfall vom 4. April 2015 geschädigte Kind [X.], geb. am 19.1.2014, einen Schmerzensgeldbetrag in Höhe von 20.000 € zu zahlen, zahlbar in monatlichen Raten von je 200 €."

6

Ergänzend habe die Truppendienstkammer festgestellt, dass [X.] 2018 verstorben sei, wobei die Hintergründe nicht hätten geklärt werden können. Die [X.] leide körperlich noch an den Unfallfolgen und könne ihren Beruf nicht mehr ausüben. Beim Soldaten bestünden inzwischen nur noch leichte unfallbedingte dienstliche Einschränkungen.

7

Der Soldat habe ein Dienstvergehen begangen. Er habe durch die fahrlässige Straßenverkehrsgefährdung nach § 315c Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und Abs. 3 Nr. 2 StGB und die dreifache fahrlässige Körperverletzung gemäß § 229 StGB fahrlässig seine außerdienstliche Wohlverhaltenspflicht (§ 17 Abs. 2 Satz 2 SG a. F.) verletzt.

8

Bei der Eigenart und Schwere des Dienstvergehens sei erschwerend zu berücksichtigen, dass die straßenverkehrsgefährdende Handlung von Dauerhaftigkeit geprägt sei, weil sie sich über mehrere Kilometer und längere [X.] erstreckt habe. Dabei habe die Sonne geblendet und die Straßenverhältnisse seien wegen Feuchtigkeit und Glätte schlecht gewesen. Zudem habe der Soldat gewusst, Alkohol getrunken zu haben und in der Nacht lange unterwegs gewesen zu sein. Dennoch habe er kurz vor dem Unfall drei Fahrzeuge in einem Zug überholt. Dies zeige, dass er trotz Wissens um die genannten Umstände nicht einmal bereit gewesen sei, umsichtig und vorsichtig zu fahren. Dabei habe er in einem Vorgesetztenverhältnis gestanden. Die Auswirkungen des Dienstvergehens seien verheerend. Die Beweggründe des Soldaten seien zum einen in einem ausgiebigen "Freizeitbedürfnis" zu finden. Zum anderen habe er am Morgen schnell nach Hause kommen wollen, was ihm wichtiger gewesen sei als die Beachtung minimaler Sorgfaltspflichten.

9

Ausgangspunkt der [X.] sei bei einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen außerdienstlichen Straßenverkehrsgefährdung, durch die fahrlässig der Tod eines Menschen verursacht werde, eine Dienstgradherabsetzung. Hier könne wegen der vornehmlich durch die Auswirkungen geprägten Schwere der Pflichtverletzungen nichts Anderes gelten, zumal der Soldat Vorgesetzter gewesen sei.

Auf der zweiten Stufe sei zu Lasten des Soldaten zu berücksichtigen, dass sein Verhalten einen deutlich überdurchschnittlichen Handlungsunwert aufweise. Denn er habe über einen längeren [X.]raum und über eine längere Strecke bewusst fahrlässig und rücksichtslos andere Verkehrsteilnehmer gefährdet. Er habe in besonderer Weise gegen Verkehrsvorschriften und alle Regeln praktischer Vernunft verstoßen, indem er, was er gewusst habe, trotz Alkoholisierung, möglicher Übernächtigung und schwieriger Witterungsverhältnisse völlig unangepasst gefahren sei. Die damit verbundenen Gefahren hätten sich ihm aufdrängen müssen. Danach komme an sich eine Dienstgradherabsetzung bis in einen Mannschaftsdienstgrad in Betracht.

Für den Soldaten sprächen aber seine ehrliche Reue und seine freiwillige Bereitschaft, an das jüngste Opfer 20 000 € zu zahlen. Zudem habe er sich bei den Opfern entschuldigt und sich nachbewährt.

Die mildernden Umstände führten angesichts der besonderen Schwere der Tat dazu, dass nicht zur [X.] überzugehen sei. Bei einer Gesamtwürdigung sei an sich eine zweistufige Dienstgradherabsetzung verwirkt. Wegen einer fast zweijährigen Verfahrensüberlänge sei aber nur eine einstufige Degradierung angezeigt. Aufgrund der Gesamtumstände und des Willens des Soldaten, in Zukunft seinen Dienst vorbildlich zu verrichten, solle ihm ermöglicht werden, in seiner Restdienstzeit wieder zum [X.] befördert zu werden. Daher sei die [X.]sfrist auf zwei Jahre zu verkürzen.

4. Mit seiner maßnahmebeschränkten Berufung begehrt der Soldat eine Verfahrenseinstellung, hilfsweise eine mildere Disziplinarmaßnahme.

[X.] hätte bei der Maßnahmebemessung keine Überlegungen zum Tathergang mehr anstellen dürfen. Es habe die bindenden strafgerichtlichen Feststellungen durch die subjektiv eingefärbte Darstellung "..., wo man dem Alkohol in nicht geringer Menge zusprach" ersetzt. In den Strafurteilen heiße es: "Man feierte und der Angeklagte nahm Alkohol in unbekannten Maßen zu sich." Dass die Auswirkungen des Dienstvergehens "verheerend" gewesen seien, gehöre als höchst subjektives Vokabular nicht in ein Urteil. Auch bei den Beweggründen weiche das Truppendienstgericht von den Feststellungen in den Strafurteilen ab. Die Ausführungen zur verschärften Haftung Vorgesetzter seien unkritisch. Ausgangspunkt der [X.] für eine außerdienstliche Straßenverkehrsgefährdung i. S. d. § 315c StGB in der Fahrlässigkeits-Fahrlässigkeits-Kombination sei ein Beförderungsverbot. Auf der zweiten Stufe der [X.] habe das Truppendienstgericht versucht, aufzuzeigen, dass er über eine längere Strecke bewusst fahrlässig und rücksichtslos andere Verkehrsteilnehmer gefährdet habe, ohne dass dies festgestellt worden sei. Das Überholmanöver vor dem Unfall unter Einhaltung der zulässigen Geschwindigkeit klassifiziere die Fahrt nicht als rücksichtslos. Vor der Fahrt nach [X.] habe er im Übrigen noch geschlafen. Seine Geständigkeit, Reue, freiwillige Bereitschaft zur Zahlung von 20 000 € an das jüngste Opfer und seine lange Nachbewährung nach dem Unfall seien nicht hinreichend gewürdigt worden. Eine förmliche Anerkennung und eine Leistungsprämie seien ihm allein wegen des laufenden Verfahrens nicht gewährt worden. Hinzu komme die überlange Verfahrensdauer.

5. Der Bundeswehrdisziplinaranwalt hält das angefochtene Urteil für angemessen.

6. Hinsichtlich der Einzelheiten zur Person des Soldaten und zur Begründung des erstinstanzlichen Urteils wird auf dieses verwiesen. Zu den im Berufungsverfahren eingeführten Unterlagen wird auf das Protokoll der Berufungshauptverhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

[X.]ie zulässige Berufung ist unbegründet.

1. [X.]er Bemessung der [X.]isziplinarmaßnahme sind die Tatfeststellungen des [X.]s und seine S[X.]huldfeststellung, dass der Soldat dadur[X.]h fahrlässig seine außerdienstli[X.]he Wohlverhaltenspfli[X.]ht na[X.]h § 17 Abs. 2 Satz 2 [X.] a. F. verletzt hat, zugrunde zu legen.

[X.]enn bei einer auf die Bemessung der [X.]isziplinarmaßnahme bes[X.]hränkten Berufung des Soldaten hat der Senat seiner Ents[X.]heidung gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 [X.] i. V. m. § 327 StPO grundsätzli[X.]h die Tat- und S[X.]huldfeststellungen sowie die disziplinarre[X.]htli[X.]he Würdigung des [X.]s zugrunde zu legen und auf dieser Grundlage unter Berü[X.]ksi[X.]htigung des Vers[X.]hle[X.]hterungsverbots (§ 91 Abs. 1 Satz 1 [X.] i. V. m. § 331 StPO) über die angemessene [X.]isziplinarmaßnahme zu befinden. [X.]er [X.] wird somit ni[X.]ht mehr von der Ans[X.]huldigungss[X.]hrift, sondern nur von den Tat- und S[X.]huldfeststellungen des angefo[X.]htenen Urteils bestimmt (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Februar 2023 - 2 W[X.] 3.22 - juris Rn. 18). S[X.]hwere Verfahrensfehler, bei deren Vorliegen die Bindungswirkung ausnahmsweise entfällt (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. [X.]ezember 2020 - 2 W[X.] 4.20 - [X.] 450.2 § 38 [X.] 2002 Nr. 88 Rn. 17 m. w. N.) liegen aber ni[X.]ht vor, insbesondere hat das [X.] zu Re[X.]ht gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 [X.] die von ihm zitierten tatsä[X.]hli[X.]hen Feststellungen aus den re[X.]htskräftigen Strafurteilen zugrunde gelegt.

Au[X.]h war es dur[X.]h § 84 Abs. 1 Satz 1 [X.] ni[X.]ht gehindert, entspre[X.]hend den Gegebenheiten im Zeitpunkt der Hauptverhandlung vor dem [X.] ergänzend festzustellen, dass [X.] 2018 verstarb und die Hintergründe ni[X.]ht geklärt werden konnten, dass [X.] körperli[X.]h no[X.]h an den Unfallfolgen leidet und ni[X.]ht mehr in der Lage ist, ihren Beruf auszuüben und dass der Soldat no[X.]h lei[X.]hte unfallbedingte dienstli[X.]he Eins[X.]hränkungen hat. [X.]enn diese für die Maßnahmebemessung relevanten Feststellungen stehen ni[X.]ht im Widerspru[X.]h zu den tatsä[X.]hli[X.]hen Feststellungen des Strafgeri[X.]hts, das nur die Umstände bis zur dortigen Hauptverhandlung berü[X.]ksi[X.]htigen konnte (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. April 2021 - 2 W[X.] 14.20 - [X.] 450.2 § 84 [X.] 2002 [X.]1 Rn. 23).

[X.]er Senat ist au[X.]h an die weiteren tatsä[X.]hli[X.]hen Feststellungen des [X.]s gebunden, dass si[X.]h die straßenverkehrsgefährdende Handlung ereignete, als die Sonne blendete und die Straßenverhältnisse wegen Feu[X.]htigkeit und Glätte s[X.]hle[X.]ht waren, der Soldat zudem wusste, Alkohol getrunken zu haben und in der Na[X.]ht lange unterwegs gewesen zu sein und dass er denno[X.]h kurz vor dem Unfall drei Fahrzeuge in einem Zug überholte. [X.]enn diese Feststellungen stehen in Einklang mit folgenden Feststellungen im landgeri[X.]htli[X.]hen Urteil:

"Selbst wenn man bei der Frage, ob der Angeklagte als [X.] bei einem Blutalkoholgehalt von 0,54 ‰ relativ fahruntü[X.]htig [X.] § 315 [X.] Abs. 1 a StGB [gemeint: § 315[X.] Abs. 1 [X.] Bu[X.]hst. a StGB] war, Zweifel anmelden würde, muss berü[X.]ksi[X.]htigt werden, dass er eine dur[X.]hze[X.]hte Na[X.]ht hinter si[X.]h hatte, hö[X.]hstwahrs[X.]heinli[X.]h übermüdet und deshalb im Zusammenhang mit dem no[X.]h vorhandenen Alkohol fahruntü[X.]htig aufgrund körperli[X.]her Mängel [X.] § 315 [X.] Abs. 1 [X.] [gemeint: § 315[X.] Abs. 1 [X.] Bu[X.]hst. [X.]] war. Zudem hat der Angeklagte grob verkehrswidrig und rü[X.]ksi[X.]htslos fals[X.]h [X.] § 315 [X.] Abs. 2 StGB überholt. [X.]enn er ist bereits vor dem eigentli[X.]hen Unfallges[X.]hehen - im Hinbli[X.]k auf die teilweise glatte und unübersi[X.]htli[X.]he Straße - unangemessen s[X.]hnell gefahren und hat dabei glei[X.]h mehrere Fahrzeuge - unter Gefährdung der jeweiligen Personen und deren Fahrzeuge - überholt. [X.]iesen - als grob verkehrswidrigen und rü[X.]ksi[X.]htslosen zu wertenden - Fahrstil hat er na[X.]h dem Überholen der kleinen Kolonne trotz Glätte und weiterer Unübersi[X.]htli[X.]hkeit der relativ s[X.]hmalen Straße fortgesetzt, bis es zu dem verheerenden Unfall kam. Selbst wenn man ni[X.]ht mehr genau aufklären kann, was si[X.]h in den letzten (Bru[X.]hteilen von) Sekunden vor dem Unfall abgespielt hat, bleibt es bei allen Alternativen stets beim Vorwurf eines grob verkehrswidrigen und rü[X.]ksi[X.]htslosen Verhaltens [X.] § 315 [X.] Abs. 2 StG[X.] Sollte der Angeklagte na[X.]h dem Überholen der kleinen Kolonne ein weiteres Fahrzeug überholt haben, wäre der Vorwurf unter § 315 [X.] Abs. 2 Alt. [X.] [gemeint: § 315[X.] Abs. 1 Nr. 2 Bu[X.]hst. [X.]] zu subsumieren. Sollte er 'nur' auf Grund überhöhter Ges[X.]hwindigkeit - eventuell in Verbindung mit einer glatten Stelle - auf die Gegenfahrbahn geraten sein, wäre über das Vorliegen des § 315 [X.] Abs. 2 Alt. d StGB [gemeint: § 315[X.] Abs. 1 Nr. 2 Bu[X.]hst. d StGB] und/oder § 315 [X.] Abs. 2 Alt. e StGB [gemeint: § 315[X.] Abs. 1 Nr. 2 Bu[X.]hst. e StGB] zu diskutieren. Jedenfalls ist keine Alternative ersi[X.]htli[X.]h, wona[X.]h der Vorwurf des § 315 [X.] StGB entfallen könnte."

[X.]ie Bindungswirkung der Tat- und S[X.]huldfeststellungen des [X.]s für den Senat erfasst au[X.]h die konkreten Straftatbestände, aus denen das [X.] die ernsthafte Relevanz des außerdienstli[X.]hen Verhaltens [X.] § 17 Abs. 2 Satz 2 [X.] a. F. abgeleitet hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. [X.]ezember 2021 - 2 W[X.] 29.20 - [X.] 449 § 17 [X.] Nr. 51 Rn. 22). [X.]ies sind die vom [X.] angenommenen Straftatbestände einer fahrlässigen Straßenverkehrsgefährdung na[X.]h § 315[X.] Abs. 1 [X.] Bu[X.]hst. a und Abs. 3 Nr. 2 StGB sowie einer dreifa[X.]hen Körperverletzung na[X.]h § 229 StG[X.]

[X.]er Senat ist infolge der maßnahmebes[X.]hränkten Berufung ni[X.]ht gehindert, zusätzli[X.]h eigene, für die Maßnahmebemessung erhebli[X.]he Tatsa[X.]henfeststellungen zu treffen, solange diese weder im Widerspru[X.]h zu den Tat- und S[X.]huldfeststellungen des [X.]s stehen no[X.]h dadur[X.]h dessen re[X.]htli[X.]he Würdigung in Frage gestellt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. [X.]ezember 2020 - 2 W[X.] 4.20 - [X.] 450.2 § 38 [X.] 2002 Nr. 88 LS 1 und Rn. 18 m. w. N.). Insoweit ist ergänzend festzustellen, dass der Soldat weiterhin nur mit Eins[X.]hränkungen diensttaugli[X.]h ist; insbesondere darf er ni[X.]ht mehr als 5 kg heben.

2. Bei Art und Maß der zu verhängenden [X.]isziplinarmaßnahme sind na[X.]h § 58 Abs. 7 i. V. m. § 38 Abs. 1 [X.] Eigenart und S[X.]hwere des [X.]ienstvergehens und seine Auswirkungen, das Maß der S[X.]huld, die Persönli[X.]hkeit, die bisherige Führung und die Beweggründe des Soldaten zu berü[X.]ksi[X.]htigen. Insoweit legt der Senat ein zweistufiges Prüfungss[X.]hema zugrunde:

a) Auf der ersten Stufe bestimmt er zwe[X.]ks Glei[X.]hbehandlung verglei[X.]hbarer Fälle und im Interesse der Re[X.]htssi[X.]herheit und Voraussehbarkeit der [X.]isziplinarmaßnahme eine [X.] für die betreffende Fallgruppe als Ausgangspunkt der [X.].

Eine gefestigte Re[X.]htspre[X.]hung zum Ausgangspunkt der [X.] für Fälle, in denen ein außerdienstli[X.]hes und in strafre[X.]htli[X.]her Hinsi[X.]ht als fahrlässige Gefährdung des Straßenverkehrs na[X.]h § 315[X.] Abs. 1 [X.] Bu[X.]hst. a und Abs. 3 Nr. 2 StGB in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung gemäß § 229 StGB zu qualifizierendes Verhalten im Raum steht, besteht ni[X.]ht. Es entspri[X.]ht dem Gebot kohärenter Re[X.]htspre[X.]hung, in sol[X.]hen Fällen bei aktiven Soldaten von einem Beförderungsverbot auszugehen.

In Fällen eines fahrlässig verursa[X.]hten Verkehrsunfalls mit Todesfolge hat der Senat eine [X.]ienstgradherabsetzung als Ausgangspunkt der [X.] festgelegt, wenn in dienst- oder strafre[X.]htli[X.]her Hinsi[X.]ht zusätzli[X.]he ers[X.]hwerende Umstände vorlagen. In disziplinarre[X.]htli[X.]her Hinsi[X.]ht wirkt es ers[X.]hwerend, wenn ein Soldat im Rahmen einer [X.]ienstfahrt fahrlässig einen Verkehrsunfall verursa[X.]ht, bei dem ein Mens[X.]h zu Tode kommt (BVerwG, Urteil vom 11. [X.]ezember 2018 - 2 W[X.] 12.18 - [X.] 450.2 § 38 [X.] 2002 Nr. 61 Rn. 34 ff.). In strafre[X.]htli[X.]her Hinsi[X.]ht wirkt es ers[X.]hwerend, wenn dur[X.]h eine vorsätzli[X.]he außerdienstli[X.]he Straßenverkehrsgefährdung fahrlässig der Tod eines Mens[X.]hen verursa[X.]ht wird (BVerwG, Urteil vom 25. August 2017 - 2 W[X.] 2.17 - [X.] 450.2 § 38 [X.] 2002 Nr. 54 Rn. 52 ff.). Entspre[X.]hendes gilt, wenn grob fahrlässig und damit di[X.]ht an der S[X.]hwelle zu bedingt vorsätzli[X.]hem Verhalten eine Straßenverkehrsgefährdung na[X.]h § 315[X.] Abs. 1 [X.] Bu[X.]hst. a StGB begangen und dadur[X.]h fahrlässig der Tod eines anderen Verkehrsteilnehmers verursa[X.]ht wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Januar 2020 - 2 W[X.] 1.19 - [X.] 450.2 § 38 [X.] 2002 Nr. 71 LS und Rn. 20).

Angesi[X.]hts dessen ist es sa[X.]hgere[X.]ht, bei einer außerdienstli[X.]hen Gefährdung des Straßenverkehrs na[X.]h § 315[X.] Abs. 1 [X.] Bu[X.]hst. a und Abs. 3 Nr. 2 StGB (Fahrlässigkeits-Fahrlässigkeits-Kombination) in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung (§ 229 StGB) statt von einer [X.]ienstgradherabsetzung von einem Beförderungsverbot auszugehen. [X.]enn eine dur[X.]h eine Straßenverkehrsgefährdung fahrlässig herbeigeführte Körperverletzung wiegt weniger s[X.]hwer als ein dur[X.]h eine Straßenverkehrsgefährdung fahrlässig herbeigeführter Tod eines Mens[X.]hen. [X.]ies folgt au[X.]h aus der strafre[X.]htli[X.]hen Wertung in § 222 StGB und § 229 StGB, die unters[X.]hiedli[X.]h hohe Strafmaße vorsehen.

b) Auf der zweiten Stufe ist zu prüfen, ob im Einzelfall im Hinbli[X.]k auf die Bemessungskriterien des § 38 Abs. 1 [X.] Umstände vorliegen, die eine Milderung oder Vers[X.]härfung gegenüber der auf der ersten Stufe angesetzten [X.] gebieten. Liegt angesi[X.]hts der be- und entlastenden Umstände ein höherer bzw. niedrigerer S[X.]hweregrad vor, ist die zu verhängende [X.]isziplinarmaßnahme na[X.]h "oben" bzw. na[X.]h "unten" zu modifizieren. Zusätzli[X.]h sind die gesetzli[X.]hen Bemessungskriterien für die Bestimmung der konkreten Situation zu gewi[X.]hten, wenn die Maßnahmeart, die den Ausgangspunkt der [X.] bildet, dem Wehrdienstgeri[X.]ht hinsi[X.]htli[X.]h des [X.]isziplinarmaßes einen Spielraum eröffnet. [X.]abei müssen Milderungsgründe umso gewi[X.]htiger sein, je s[X.]hwerer ein [X.]ienstvergehen wiegt (BVerwG, Urteil vom 7. Oktober 2021 - 2 W[X.] 23.20 - BVerwGE 173, 352 Rn. 29 m. w. N.). [X.]ana[X.]h erweist si[X.]h eine Herabsetzung in den [X.]ienstgrad eines Bootsmanns unter Verkürzung der Wiederbeförderungsfrist auf zwei Jahre als angemessen.

aa) Gegen den Soldaten spre[X.]hen folgende Umstände:

(1) [X.]as [X.]ienstvergehen wiegt na[X.]h Art und S[X.]hwere im Verglei[X.]h zu anderen Fällen denkbarer fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdungen in Tateinheit mit einer fahrlässigen Körperverletzung außerordentli[X.]h s[X.]hwer.

[X.]enn es gibt ni[X.]ht nur ein, sondern drei Opfer. Zudem sind die ihnen zugefügten Körperverletzungen zum Teil äußerst s[X.]hwer. [X.]as jüngste Opfer, der 15 Monate alte [X.], erlitt eine inkomplette Quers[X.]hnittslähmung, eine Verletzung des zervikalen Rü[X.]kenmarks, eine Fraktur des [X.] axis und eine respiratoris[X.]he Globalinsuffizienz. [X.]as weitere Opfer [X.] erlitt ein Polytrauma des S[X.]hweregrades I mit einer Fraktur des [X.], eine Rippenserienfraktur, ein stumpfes Bau[X.]htrauma sowie einen mehrfragmentären Fersenbeinbru[X.]h. [X.]a si[X.]h der Fersenbeinbru[X.]h entzündete, mussten ihr Teile aus dem Arm genommen werden, um diese in die Fersenwunde einsetzen zu können. [X.]as dritte Opfer [X.]. erlitt ein stumpfes Bau[X.]htrauma, einen Riss in der [X.], eine Zeigefingerfraktur sowie oberflä[X.]hli[X.]he Hautabs[X.]hürfungen am Be[X.]ken.

Zudem handelte der Soldat grob fahrlässig. [X.] fahrlässig verhält si[X.]h, wer die im Verkehr erforderli[X.]he Sorgfalt in ungewöhnli[X.]h s[X.]hwerem Maße verletzt und dabei Überlegungen unterlässt und Verhaltenspfli[X.]hten missa[X.]htet, die ganz naheliegen und im gegebenen Fall jedem hätten einleu[X.]hten müssen (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Februar 2017 - 2 C 22.16 - [X.] 232.01 § 48 BeamtStG [X.] Rn. 14). [X.]ies hat der Soldat getan. Na[X.]h den bindenden Feststellungen des [X.]s wusste er, dass er Alkohol getrunken hatte und in der Na[X.]ht s[X.]hon lange unterwegs gewesen war, die Sonne blendete und die Fahrbahn feu[X.]ht und stellenweise überfroren war. Er überholte mit etwa 100 km/h zunä[X.]hst drei PKW in einem Zug und zog kurz darauf ohne erkennbaren Anlass wieder na[X.]h links herüber, bis er si[X.]h mit der gesamten Fahrzeugbreite auf der Gegenfahrbahn befand, wo es zum Zusammenstoß kam. Zwar übers[X.]hritt der Soldat die na[X.]h § 3 Abs. 3 Nr. 2 Bu[X.]hst. [X.] [X.] auf [X.] außerhalb ges[X.]hlossener Orts[X.]haften zulässige Hö[X.]hstges[X.]hwindigkeit von 100 km/h ni[X.]ht. Wer ein Fahrzeug führt, darf aber ungea[X.]htet der zulässigen Hö[X.]hstges[X.]hwindigkeit gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 [X.] stets nur so s[X.]hnell fahren, dass das Fahrzeug ständig beherrs[X.]ht wird. [X.]ie Ges[X.]hwindigkeit ist na[X.]h § 3 Abs. 1 Satz 2 [X.] insbesondere den Straßen-, Verkehrs-, Si[X.]ht- und Wetterverhältnissen sowie den persönli[X.]hen Fähigkeiten und den Eigens[X.]haften von Fahrzeug und Ladung anzupassen. Angesi[X.]hts der vom [X.] festgestellten Rahmenumstände musste si[X.]h dem Soldaten aufdrängen, dass in der konkreten Situation das anlasslose Fahren mit etwa 100 km/h auf der linken Spur äußerst gefährli[X.]h war bzw., soweit er das Abgleiten auf die linke Spur ni[X.]ht bewusst wahrgenommen haben sollte, dass es zu einem "Sekundens[X.]hlaf" und den damit verbundenen Gefahren kommen konnte.

(2) Zu den Körperverletzungsfolgen als sol[X.]hen hinzu treten die weiteren na[X.]hteiligen Auswirkungen des [X.]ienstvergehens vor allem für die Opfer. [X.]as jüngste Opfer litt seit dem Unfall im April 2015 bis zu seinem Tod im Jahr 2018 unter den Folgen des Unfalls. Es musste dur[X.]hweg künstli[X.]h beatmet und über eine Bau[X.]hsonde künstli[X.]h ernährt werden. Seine Lunge musste abgesaugt werden. Einige Male blieb sein Herz kurzfristig stehen. Er war ein S[X.]hwerstpflegefall, auf einen Rollstuhl angewiesen. In seiner Entwi[X.]klung wurde er erhebli[X.]h zurü[X.]kgeworfen. [X.]. war infolge des Unfalls bis 2020 arbeitsunfähig und musste ihr Kind bis zu dessen Tod se[X.]hs Stunden tägli[X.]h pflegen. Sie erlitt zudem erhebli[X.]he seelis[X.]he Belastungen. [X.] musste si[X.]h einer viermonatigen stationären Behandlung mit ans[X.]hließender vierwö[X.]higer Rehabilitation unterziehen, war erst seit Anfang Februar 2016 in der Lage, wieder zwei Stunden tägli[X.]h zu arbeiten, verlor jedo[X.]h infolge des Unfalls ihren Beruf und kann ihn au[X.]h ni[X.]ht mehr ausüben. An ihrem PKW entstand ein wirts[X.]haftli[X.]her Totals[X.]haden, ebenso an dem vom Soldaten genutzten PKW seiner Mutter.

(3) [X.]as [X.]ienstvergehen hatte au[X.]h erhebli[X.]he na[X.]hteilige Auswirkungen für den [X.]ienstherrn. [X.] konnte unfallbedingt seinen [X.]ienst lange Zeit ni[X.]ht verri[X.]hten. Er wurde ni[X.]ht nur unmittelbar na[X.]h dem Unfall im April 2015 stationär behandelt und sodann drei Monate krankges[X.]hrieben, sondern musste si[X.]h 2016 und 2017 Folgeoperationen unterziehen. [X.]em Beurteilungsbeitrag vom 1. August 2016 zufolge befand er si[X.]h drei der vier Monate Kommandierungszeit im ersten Quartal 2016 aufgrund ärztli[X.]her Empfehlung ni[X.]ht im [X.]ienst. An die [X.] s[X.]hloss si[X.]h eine [X.] an. Während seiner unfallbedingten Ausfallzeiten stand seine Arbeitskraft seinem [X.]ienstherrn trotz Fortzahlung der [X.]ienstbezüge ni[X.]ht zur Verfügung. [X.]er [X.]ienstherr musste im Rahmen der Heilfürsorge unfallbedingte Krankheitskosten tragen. Während der Soldat vor dem Unfall körperli[X.]h sehr leistungsfähig war, war er dana[X.]h zeitweise nur innendiensttaugli[X.]h; au[X.]h heute no[X.]h ist er nur mit Eins[X.]hränkungen diensttaugli[X.]h, darf etwa ni[X.]ht mehr als 5 kg heben. Kurz vor dem Unfall hatte der Soldat zudem einen Fa[X.]hlehrgang besu[X.]ht, den er wegen der unfallbedingten Ausfallzeiten wiederholen musste.

(4) [X.]es Weiteren hatte der Soldat zur Tatzeit als Bootsmann eine Vorgesetztenstellung inne (vgl. § 1 Abs. 3 Satz 1 und 2 [X.] m. § 4 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 [X.]). Na[X.]h § 10 [X.] war er damit zu vorbildli[X.]her Pfli[X.]hterfüllung verpfli[X.]htet. Wer in dieser Stellung eine Pfli[X.]htverletzung begeht, gibt ein s[X.]hle[X.]htes Vorbild ab, was das Gewi[X.]ht seines [X.]ienstvergehens erhöht (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Oktober 2020 - 2 W[X.] 20.19 - [X.] 450.2 § 38 [X.] 2002 Nr. 84 Rn. 40 m. w. N.). [X.]ies gilt au[X.]h bei einem außerdienstli[X.]hen s[X.]hwerwiegenden Fehlverhalten (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Juni 2020 - 2 W[X.] 10.19 - [X.] 450.2 § 38 [X.] 2002 Nr. 77 Rn. 27 m. w. N.). [X.]abei ist es ni[X.]ht erforderli[X.]h, dass es der Soldat innerhalb eines konkreten [X.] an [X.] hat fehlen lassen. Es genügt das Innehaben einer Vorgesetztenstellung aufgrund des [X.]ienstgrads (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Januar 2021 - 2 W[X.] 7.20 - [X.] 450.2 § 38 [X.] 2002 Nr. 89 Rn. 40 m. w. N.).

(5) Verwerfli[X.]h sind s[X.]hließli[X.]h die Beweggründe des Soldaten. Er hatte es na[X.]h der dur[X.]hze[X.]hten Na[X.]ht eilig, weil er na[X.]h Hause kommen wollte. [X.]ies war ihm wi[X.]htiger als Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer.

bb) [X.]emgegenüber spre[X.]hen für den Soldaten folgende Umstände:

(1) Er ist geständig, einsi[X.]htig und reuig. Im Strafverfahren hat er persönli[X.]h gegenüber den beiden no[X.]h lebenden Opfern sein Bedauern zum Ausdru[X.]k gebra[X.]ht und si[X.]h ents[X.]huldigt.

(2) [X.] hat unter den Folgen des [X.]ienstvergehens wegen seiner eigenen Verletzungen und der psy[X.]his[X.]hen Auswirkungen selbst stark gelitten.

(3) Für ihn spri[X.]ht des Weiteren, dass er na[X.]h dem [X.]ienstvergehen ni[X.]ht den "Kopf in den Sand geste[X.]kt", sondern dur[X.]hweg gute dienstli[X.]he Leistungen erbra[X.]ht hat. [X.]ies folgt aus den Aussagen der [X.], dem Beurteilungsbeitrag vom 5. März 2018 und der Sonderbeurteilung vom 25. November 2022. [X.]er klassis[X.]he [X.] einer Na[X.]hbewährung liegt allerdings ni[X.]ht vor. Er setzt in fa[X.]hli[X.]her Hinsi[X.]ht eine deutli[X.]he Leistungssteigerung oder die Beibehaltung eines hohen Leistungsniveaus voraus (vgl. BVerwG, Urteile vom 14. Februar 2019 - 2 W[X.] 18.18 - [X.] 450.2 § 63 [X.] 2002 Nr. 3 Rn. 31 m. w. N. und vom 14. Januar 2021 - 2 W[X.] 7.20 - [X.] 450.2 § 38 [X.] 2002 Nr. 89 Rn. 37). Zudem muss si[X.]h der Soldat während des Verfahrens in jeder Hinsi[X.]ht ohne Anlass zu Beanstandungen dur[X.]h seine Vorgesetzten führen (BVerwG, Urteil vom 29. November 2012 - 2 W[X.] 10.12 - juris Rn. 48). Zwar bewegten si[X.]h die dienstli[X.]hen Leistungen des Soldaten im guten, ni[X.]ht aber im Spitzenberei[X.]h. So erhielt er in der Sonderbeurteilung nur das Gesamturteil "[X.]". Zudem fiel er längere Zeiträume unfallbedingt aus, war zeitweise nur innendiensttaugli[X.]h und ist weiterhin nur mit Eins[X.]hränkungen diensttaugli[X.]h.

(4) Ni[X.]ht hingegen entlastet den Soldaten disziplinarre[X.]htli[X.]h, dass er si[X.]h im landgeri[X.]htli[X.]hen Verfahren freiwillig in einem Verglei[X.]h verpfli[X.]htet hat, dem jüngsten Opfer ein S[X.]hmerzensgeld von 20 000 € zu zahlen. [X.]enn er war zivilre[X.]htli[X.]h ohnehin zu einer S[X.]hmerzensgeldzahlung verpfli[X.]htet.

[X.][X.]) Bei einer Gesamtwürdigung wäre an si[X.]h eine zweistufige [X.]ienstgradherabsetzung angemessen. [X.]enn na[X.]h Art und S[X.]hwere des [X.]ienstvergehens ist wegen des Vorliegens eines besonders s[X.]hweren Falls ein Übergang von der [X.] des [X.] (§ 58 Abs. 1 Nr. 2 [X.]) zur nä[X.]hsthöheren Maßnahmeart der [X.]ienstgradherabsetzung (§ 58 Abs. 1 Nr. 4 [X.]) angezeigt, die im Fall des Soldaten na[X.]h § 62 Abs. 1 Satz 4 [X.] dem Grunde na[X.]h bis in den untersten Manns[X.]haftsdienstgrad zulässig ist. In Abwägung aller weiteren für und gegen den Soldaten spre[X.]henden Umstände wäre eine Herabsetzung um zwei [X.]ienstgrade angemessen.

dd) [X.]ie ungere[X.]htfertigte Überlänge des [X.]isziplinarverfahrens um etwa ein Jahr und zehn Monate gebietet es jedo[X.]h, ihn um einen [X.]ienstgrad weniger herabzusetzen und die Wiederbeförderungsfrist auf zwei Jahre zu verkürzen.

[X.]enn in Fällen, in denen statt der Hö[X.]hstmaßnahme eine pfli[X.]htenmahnende [X.]isziplinarmaßnahme geboten ist, ist eine gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK und Art. 19 Abs. 4, Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG verstoßende, unangemessene Verfahrensdauer bei der Bestimmung der [X.]isziplinarmaßnahme aus Gründen der Verhältnismäßigkeit mildernd zu berü[X.]ksi[X.]htigen (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. September 2020 - 2 W[X.] 18.19 - [X.] 450.2 § 38 [X.] 2002 Nr. 82 Rn. 75 m. w. N.), wobei der für die Verfahrensdauer maßgebli[X.]he Zeitraum ein behördli[X.]hes Vors[X.]haltverfahren umfassen kann (vgl. [X.], Urteil vom 16. Juli 2009 - Nr. 8453/04, [X.]/[X.]euts[X.]hland - NVwZ 2010, 1015 Rn. 44).

Bezugspunkt für die Beurteilung der Angemessenheit ist die [X.]. [X.]ies hat zur Folge, dass Verzögerungen, die in einem Stadium des Verfahrens oder bei einzelnen Verfahrensabs[X.]hnitten eingetreten sind, ni[X.]ht zwingend die Unangemessenheit der Verfahrensdauer bewirken. Vielmehr ist im Rahmen einer abs[X.]hließenden Gesamtabwägung zu prüfen, ob Verzögerungen in einer späteren Phase des Verfahrens kompensiert wurden (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Oktober 2022 - 2 W[X.] 2.22 - [X.] 450.2 § 38 [X.] 2002 Nr. 97 Rn. 83).

(1) Ausgehend davon war das bei der Verfahrensdauer zu berü[X.]ksi[X.]htigende disziplinaris[X.]he Vorermittlungsverfahren (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Oktober 2020 - 2 W[X.] 1.20 - BVerwGE 169, 388 Rn. 41) um etwa zwei Monate überlang.

Bei zurei[X.]henden Anhaltspunkten für den Anfangsverda[X.]ht eines s[X.]hwerwiegenden [X.]ienstvergehens sollte das geri[X.]htli[X.]he [X.]isziplinarverfahren bei einer dem Bes[X.]hleunigungsgebot (§ 17 Abs. 1 [X.]) entspre[X.]henden zügigen [X.]ur[X.]hführung der erforderli[X.]hen Anhörungen der Vertrauensperson und des Soldaten jedenfalls innerhalb eines angemessenen Bearbeitungszeitraums von drei Monaten eingeleitet werden (vgl. BVerwG, Urteile vom 15. Oktober 2020 - 2 W[X.] 1.20 - BVerwGE 169, 388 Rn. 44 und vom 8. Juli 2021 - 2 W[X.] 22.20 - [X.] 450.2 § 38 [X.] 2002 Nr. 95 Rn. 39). [X.]ie Wehrdisziplinaranwalts[X.]haft erhielt am 7. November 2018 Kenntnis von der seit 17. Januar 2018 re[X.]htskräftigen strafre[X.]htli[X.]hen Verurteilung des Soldaten. Angesi[X.]hts dessen hätte das geri[X.]htli[X.]he [X.]isziplinarverfahren bis zum 7. Februar 2019 eingeleitet werden sollen. Es wurde aber erst am 9. April 2019 eingeleitet.

Zwar hätte die Wehrdisziplinaranwalts[X.]haft ihre Vorermittlungen früher aufnehmen können, wenn die Staatsanwalts[X.]haft eher über das seit dem 17. Januar 2018 re[X.]htskräftige Strafurteil bzw. bereits im November 2015 gemäß MiStra [X.]9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 Satz 2 [X.] über die Anklageerhebung beim Amtsgeri[X.]ht informiert hätte. [X.]ie dur[X.]h die verspätete Mitteilung der Staatsanwalts[X.]haft eingetretene Verzögerung ist indes bei der [X.]auer des [X.]isziplinarverfahrens ni[X.]ht zu Gunsten des Soldaten zu berü[X.]ksi[X.]htigen. Es kann dahinstehen, ob dies bereits daraus folgt, dass das an das Strafverfahren geknüpfte Mitteilungsverfahren und das [X.]isziplinarverfahren jeweils selbstständig sind (dazu [X.], Kammerbes[X.]hluss vom 12. [X.]ezember 2007 - 1 BvR 2536/07 - [X.]K 13, 58 <61>). Jedenfalls hätte der Soldat na[X.]h § 95 Abs. 1 Satz 1 [X.] die Mögli[X.]hkeit gehabt, von si[X.]h aus die Einleitung eines geri[X.]htli[X.]hen [X.]isziplinarverfahrens zu beantragen. Auf einen sol[X.]hen Antrag hin hätte die Einleitungsbehörde Vorermittlungen dur[X.]hführen müssen. Zwar war der Soldat zu einem sol[X.]hen Antrag ni[X.]ht verpfli[X.]htet, weil er si[X.]h ni[X.]ht selbst belasten musste. Jedo[X.]h wurde die späte Aufnahme der Vorermittlungen wegen der versäumten Stellung eines sol[X.]hen Antrags (au[X.]h) von ihm selbst verursa[X.]ht. Sie s[X.]heidet damit als Grundlage einer re[X.]htsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung aus (vgl. [X.], Kammerbes[X.]hluss vom 12. [X.]ezember 2007 - 1 BvR 2536/07 - [X.]K 13, 58 <62 f.>; BVerwG, Urteil vom 3. Juni 2021 - 2 W[X.] 18.20 - [X.] 450.2 § 38 [X.] 2002 Nr. 93 Rn. 38).

(2) Zudem weist das gut drei Jahre lange erstinstanzli[X.]he Verfahren eine ni[X.]ht gere[X.]htfertigte Überlänge von etwa zwei Jahren auf. Angesi[X.]hts des bei Eingang der Ans[X.]huldigungss[X.]hrift bereits vorliegenden re[X.]htskräftigen Strafurteils und der geständigen Einlassung des Soldaten wäre mit Bli[X.]k auf die dur[X.]hs[X.]hnittli[X.]he S[X.]hwierigkeit des Verfahrens und der Bedeutung für den Soldaten zu erwarten gewesen, dass das Urteil binnen eines guten Jahres ergeht. Re[X.]htfertigende Gründe für die mangelnde Förderung des Verfahrens sind der Akte ni[X.]ht zu entnehmen. Ein zwis[X.]henzeitli[X.]her Ri[X.]hterwe[X.]hsel in der Truppendienstkammer ist dem Soldaten ni[X.]ht anzulasten, ebenso wenig die zweimalige Vers[X.]hiebung des Hauptverhandlungstermins.

(3) [X.]emgegenüber war das binnen gut a[X.]ht Monaten abges[X.]hlossene Berufungsverfahren um vier Monate unterdur[X.]hs[X.]hnittli[X.]h lang, was bei der Gesamtverfahrenslänge kompensatoris[X.]h zu berü[X.]ksi[X.]htigen ist und zu einer Überlänge des Gesamtverfahrens von etwa einem Jahr und zehn Monaten führt.

3. [X.]ie Kostenents[X.]heidung beruht auf § 139 Abs. 2, § 140 Abs. 5 Satz 2 [X.].

Meta

2 WD 10/22

22.06.2023

Bundesverwaltungsgericht 2. Wehrdienstsenat

Urteil

Sachgebiet: WD

vorgehend Truppendienstgericht Nord, 29. August 2022, Az: N 5 VL 37/19, Urteil

Art 6 Abs 1 S 1 MRK, Art 2 Abs 1 GG, Art 19 Abs 4 GG, Art 20 Abs 3 GG, § 1 Abs 3 S 1 SG, § 1 Abs 3 S 2 SG, § 10 SG, § 17 Abs 2 S 2 SG, § 222 StGB, § 229 StGB, § 315c Abs 1 Nr 1 StGB, § 315c Abs 1 Nr 2 Buchst b StGB, § 315c Abs 1 Nr 2 Buchst d StGB, § 315c Abs 1 Nr 2 Buchst e StGB, § 315c Abs 3 Nr 2 StGB, § 3 Abs 1 S 1 StVO, § 3 Abs 1 S 2 StVO, § 3 Abs 3 Nr 2 Buchst c StVO, § 17 Abs 1 WDO 2002

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 22.06.2023, Az. 2 WD 10/22 (REWIS RS 2023, 6449)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 6449

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

2 WD 21/20 (Bundesverwaltungsgericht)

Außerdienstlich verursachte fahrlässige Tötung eines Menschen im Straßenverkehr


2 WD 1/19 (Bundesverwaltungsgericht)

Degradierung wegen fahrlässiger Tötung durch außerdienstliche fahrlässige Straßenverkehrsgefährdung


2 WD 2/17 (Bundesverwaltungsgericht)

Außerdienstliches Autorennen; fahrlässige Tötung Unbeteiligter


2 WD 12/18 (Bundesverwaltungsgericht)

Fahrlässige Tötung eines Radfahrers auf einer Dienstfahrt


2 WDB 8/21, 2 WDB 8/21 (2 W-VR 1/21) (Bundesverwaltungsgericht)

Vorläufige teilweise Einbehaltung von Dienstbezügen wegen des Vorwurfs einer zumindest grob fahrlässigen außerdienstlichen Straßenverkehrsgefährdung mit …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.