Bundessozialgericht, Beschluss vom 28.02.2018, Az. B 13 R 279/16 B

13. Senat | REWIS RS 2018, 13183

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Gehörsverletzung - gerügte Verletzung des Gehörs des anderen Beteiligten - Unverwertbarkeit eines Gutachtens - Verzicht - rügelose Einlassung - Amtsermittlungsgrundsatz


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des [X.] vom 1. August 2016 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. In dem der Beschwerde zu Grunde liegenden Rechtsstreit steht die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung in Streit.

2

Der Rentenantrag der Klägerin blieb erfolglos (Bescheid der Beklagten vom 1.9.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2.11.2010). Das hiergegen von der Klägerin angerufene [X.] hat Auskünfte von sachverständigen Zeugen eingeholt sowie ein Sachverständigengutachten bei dem Neurologen und Psychiater [X.] in Auftrag gegeben. Auf Grundlage dessen hat es die Klage durch Urteil vom 12.7.2012 abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung der Klägerin hiergegen zurückgewiesen (Beschluss vom [X.]). Auf die Beschwerde der Klägerin hat das B[X.] die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen (Beschluss vom [X.]).

3

Das [X.] hat im wiedereröffneten Berufungsverfahren erneut Auskunft bei dem die Klägerin behandelnden Arzt eingeholt und sodann ein Sachverständigengutachten bei dem Leiter des [X.] S. Prof. Dr. T. in Auftrag gegeben. Das Gutachten hat die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie [X.] verfasst. Prof. Dr. T. r hat bekundet, es überprüft zu haben und aufgrund eigener Urteilsbildung einverstanden zu sein. In einer vom [X.] eingeholten ergänzenden Stellungnahme haben die beiden ihre Einschätzung der Leistungsfähigkeit der Klägerin für unter 6 Stunden täglich sowie die Notwendigkeit gezielter Pausen bestätigt. Der weitere vom [X.] beauftragte Sachverständige Dr. S. (Neurologe und Psychiater/Psychotherapeut) hat die quantitative Leistungsfähigkeit der Klägerin mit mindestens 6 Stunden für leichte Arbeiten mit qualitativen Einschränkungen beurteilt. Nach zahlreichen Einwänden der Klägerin hiergegen hat das Berufungsgericht ein orthopädisches Sachverständigengutachten bei [X.] eingeholt. Er ist zu dem Ergebnis gelangt, die Klägerin könne in einem zeitlichen Umfang von 6 Stunden täglich leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten.

4

Zu dem Sachverständigengutachten des Prof. Dr. T. sowie dessen ergänzender Stellungnahme hat die Beklagte mitgeteilt, dass sie diesem nach prüfärztlicher Stellungnahme nicht folgen könne; der Einschätzung des Dr. S. hat sie sich hingegen angeschlossen. Durch Schreiben vom 22.2.2016 hat das [X.] die Beteiligten darauf hingewiesen, dass "…das von [X.] erstattete Gutachten fraglich verwertbar sein dürfte, nach dem der vom [X.] zum Sachverständigen ernannte Prof. Dr. T. das Gutachten nicht erstattet hat" ([X.] [X.]). Die Klägerin hat hierzu am [X.] schriftsätzlich ausgeführt, dass sie keine Bedenken im Hinblick auf die Verwertbarkeit des Gutachtens habe. Zweifel an der Erstellung durch den beauftragen Sachverständigen seien durch Veranlassung einer Erklärung von diesem zu beseitigen. Der [X.] werde gebeten, eine entsprechende Erklärung des Sachverständigen einzuholen ([X.] [X.]). Die Beklagte hat sich hierzu nicht geäußert und nach der Übersendung des Sachverständigengutachtens des [X.] ohne weitere inhaltliche Einlassung mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Letzteres hat die Klägerin abgelehnt und nach der Anhörung zu einer Entscheidung gemäß § 153 Abs 4 [X.]G erklärt, alle Beweisanträge aus den Schriftsätzen vom 11.2. und [X.] aufrechtzuerhalten.

5

Das [X.] hat alsdann die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des [X.] zurückgewiesen und zur Begründung ua ausgeführt, die weitere Sachaufklärung habe eine rentenberechtigende Leistungseinschränkung der Klägerin nicht bestätigt. Insoweit hat es sich auf die Sachverständigengutachten der Dres. S. und B. gestützt. Das Gutachten des Prof. Dr. T. könne hingegen nicht als Entscheidungsgrundlage dienen, denn es sei nicht verwertbar. Eine Befragung des Prof. Dr. T. zu dem Umfang seiner Beteiligung an dem Gutachten und dessen Schlussbewertung erübrige sich, nachdem die Klägerin gegenüber dem Sachverständigen Dr. S. geäußert habe, sie sei in dem [X.] "untersucht" worden. Den älteren Herrn dort habe sie nicht gesprochen (Beschluss vom 1.8.2016).

6

Das [X.] hat die Revision in dem benannten Beschluss nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde an das B[X.] und rügt Verfahrensfehler (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]G).

7

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Ihre Begründung vom 31.10.2016 genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund des [X.] (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]G) nicht ordnungsgemäß bezeichnet worden ist (§ 160a Abs 2 [X.] [X.]G).

8

Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 [X.] [X.]G vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne, müssen für die Bezeichnung des [X.] (§ 160a Abs 2 [X.] [X.]G) die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des [X.] - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht. Gemäß § 160 Abs 2 [X.] Halbs 2 [X.]G kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 [X.]G und auf eine Verletzung des § 103 [X.]G nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das [X.] ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

9

1) Die Klägerin rügt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs iS des § 62 [X.]G, Art 103 GG. Zur Begründung bringt sie vor, das [X.] habe bei seiner Entscheidungsfindung zu Unrecht das Gutachten des Prof. Dr. T. nebst seiner ergänzenden Stellungnahme nicht berücksichtigt, weil es dieses als nicht verwertbar angesehen habe. Zwar habe das [X.] angenommen, Prof. Dr. T. habe [X.] unerlaubt mit der Erstellung des Gutachtens beauftragt. Das [X.] habe insoweit jedoch verkannt, dass ein diesbezüglicher Mangel durch Rügeverzicht geheilt werden könne, wovon hier auszugehen sei. Die Beklagte habe den Mangel nicht beanstandet (hierzu b). Jedenfalls hätte das [X.], nachdem es den Beteiligten seine Auffassung der fraglichen Verwertbarkeit des Gutachtens durch Schreiben vom 22.2.2016 mitgeteilt hatte, die Beklagte auffordern müssen, sich zur Rüge der "Unverwertbarkeit" zu verhalten (hierzu a).

a) Mit letzterem Vorbringen legt die Klägerin nicht dar, dass sie in ihrem rechtlichen Gehör verletzt worden sei, sondern allenfalls die Beklagte. Insoweit mangelt es bereits an einer hinreichenden Bezeichnung eines sie betreffenden Gehörsverstoßes iS des § 160a Abs 2 [X.] letzter Halbsatz [X.]G. Zwar kann sich derjenige auf einen Anspruch auf rechtliches Gehör stützen, der nach der maßgeblichen Verfahrensordnung an einem gerichtlichen Verfahren als Partei oder in parteiähnlicher Stellung beteiligt oder unmittelbar rechtlich von dem Verfahren betroffen ist (stRspr; vgl etwa [X.] Beschluss vom [X.] - [X.]E 75, 201 <215> - Juris Rd[X.] 49). Jedoch stellt dieses Verfahrensgrundrecht eine justizielle Ausprägung der Würde der Person dar, die insoweit fordert, dass über ihr Recht nicht kurzerhand von [X.] wegen verfügt wird; der Einzelne soll nicht nur Objekt der richterlichen Entscheidung sein, sondern er soll vor einer Entscheidung, die seine Rechte betrifft, zu Wort kommen, um Einfluss auf das Verfahren und sein Ergebnis nehmen zu können (stRspr; vgl [X.] Beschluss vom [X.] - 2 BvR 315/83 - [X.]E 63, 332 <337> - Juris Rd[X.] 22; s auch [X.] Kammerbeschluss vom [X.] - NJW 1991, 2078 - Juris Rd[X.]). Hieraus folgt, dass derjenige, der sich auf eine Gehörsverletzung beruft, darlegen muss, dass er selbst von dieser betroffen ist; ihm also die Äußerungsmöglichkeit versagt worden ist. Das ist hier, wo eine fehlende Aufforderung zur Äußerung an die Gegenseite, verbunden mit deren "[X.]" bemängelt wird, nicht der Fall.

b) Auch mit dem Vorbringen zur Heilung der "Unverwertbarkeit" des Sachverständigengutachtens des Prof. Dr. T. genügt die Klägerin den [X.] für einen durchgreifenden Verfahrensmangel nicht.

aa) Dies gilt selbst dann, wenn man annehmen wollte, es genüge für die Bezeichnung einer Gehörsverletzung vorzubringen, durch die Verletzung des Gehörs des anderen Beteiligten mittelbar betroffen zu sein; hier aufgrund dessen, dass das [X.] - ohne weitere Nachfrage bei der Beklagten - deren Schweigen zum Hinweis der Unverwertbarkeit des Gutachtens nicht als Rügeverzicht gewertet hat. Insoweit mangelt es bereits an Darlegungen dazu, was die Beklagte auf eine solche Aufforderung des [X.] vorgebracht hätte, und dass auf Grundlage dieses Vorbringens eine Entscheidung zu Gunsten der Klägerin ergangen wäre.

Zu letzterem macht die Klägerin zwar geltend, dass dann, wenn das [X.] den Rügeverzicht der Beklagten beachtet hätte, es möglicherweise das Sachverständigengutachten des Prof. Dr. T. seiner Entscheidungsfindung, mit einem für sie positiven Ergebnis im Sinne des verfolgten Anspruchs, zugrunde gelegt hätte. Es hätte jedoch zunächst näherer Ausführungen der Klägerin dazu bedurft, warum zu erwarten gewesen wäre, dass die Beklagte der Unverwertbarkeit des betreffenden Sachverständigengutachtens auf eine weitere ausdrückliche Nachfrage des [X.] widersprochen hätte. Denn bei einer Rüge eines unterlassenen Hinweises des Gerichts ist darzulegen, wie der Betroffene auf einen entsprechenden Hinweis reagiert, insbesondere welche tatsächlichen Angaben oder für die Entscheidung erheblichen rechtlichen Ausführungen er gemacht hätte ([X.] Beschluss vom 14.3.2005 - 1 [X.] 1002/04 - [X.]E 114, 67 - Juris Rd[X.] 5). Allein das Vorbringen, die Beklagte habe auf die Rüge der Unverwertbarkeit verzichtet, weil sie sich zu dem Hinweis des [X.] auf die fragliche Unverwertbarkeit nicht geäußert habe, genügt insoweit jedenfalls nicht. Denn es steht jedem Beteiligten frei, auf eine Anhörung durch das Gericht zu reagieren (vgl [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 12. Aufl 2017, § 62 Rd[X.] 6). Erst dann, wenn das Gericht an das Schweigen eines Beteiligten, auf einen nicht mit einer Aufforderung zur Äußerung verknüpften rechtlichen Hinweis, für diesen nachteilige Folgerungen knüpfen will, muss ggf eine weitere Aufklärung veranlasst werden. Warum dies auch dann zu erfolgen hat, wenn derartige nachteilige Folgen mit dem richterlichen Hinweis nicht verbunden sind, bedarf daher einer ausdrücklichen Erörterung. Dies gilt hier insbesondere auch deswegen, weil die Klägerin selbst vorbringt, die Beklagte habe im Berufungsverfahren schriftsätzlich dargebracht, dass sich aus dem Gutachten des Prof. Dr. T. ihrer Ansicht nach keine Abweichung der Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Klägerin ergebe.

bb) Auch wenn aber davon ausgegangen würde, die Beklagte habe auf die Rüge der Unverwertbarkeit des Gutachtens konkludent verzichtet (§ 202 S 1 [X.]G iVm § 295 ZPO), mangelt es an Darlegungen dazu, dass die Entscheidung des [X.] auf einem Übergehen des [X.] beruht. Ersichtlich ist das [X.] - so die Darlegungen der Klägerin - davon ausgegangen, dass es für die Frage der Unverwertbarkeit nicht auf den Rügeverzicht ankomme. Ausgehend von dieser Rechtsauffassung hätte es daher weiterer Ausführungen dazu bedurft, warum das [X.] trotzdem zu einer Verwertbarkeit des Gutachtens des Prof. Dr. T. hätte gelangen müssen. Hier reicht es nicht auf die Rechtsprechung des B[X.] hinzuweisen, wonach ein Beteiligter einen Verfahrensfehler bei der Beweiserhebung dann nicht mehr mit einer Nichtzulassungsbeschwerde geltend machen kann, wenn ein Verzicht auf die Befolgung der Vorschrift oder eine rügelose Einlassung nach § 202 S 1 [X.]G iVm § 295 ZPO erfolgt ist (vgl ua B[X.] Beschluss vom 18.9.2003 - [X.] [X.]/03 B - [X.] 4-1750 § 407a [X.] Rd[X.] 6; 2.12.2010 - [X.] SB 2/10 B - Juris Rd[X.]1). Denn eine solche Fallkonstellation liegt hier nicht vor. Anders als in einem solchen Fall hat hier das [X.] von Amts wegen geprüft und nach seiner Rechtsauffassung berücksichtigt, dass der von ihm beauftragte Gutachter zentrale Aufgaben der Begutachtung, zu der bei der psychiatrischen Begutachtung die Exploration gehört (vgl B[X.] Beschluss vom 18.9.2003 - [X.] [X.]/03 B - [X.] 4-1750 § 407a [X.] Rd[X.] 9), nicht selbst erbracht, sondern an eine andere Person übertragen hat. Die Klägerin hätte mithin darlegen müssen, wieso das [X.] daran bei einem Verzicht bzw einer rügelosen Einlassung allein der Beklagten hätte gehindert sein sollen. Denn nach § 404 Abs 1 S 1 ZPO obliegt die Bestimmung des Sachverständigen dem Gericht. § 404 Abs 4 ZPO (jetzt Abs 5), wonach sich die Parteien über bestimmte Personen als Sachverständige einigen können, gilt im sozialgerichtlichen Verfahren nicht (vgl [X.]/[X.], Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, [X.], 4.4.2.2 Rd[X.] 61). Auch der Verzicht bzw die rügelose Einlassung beider Parteien kann daher im sozialgerichtlichen Verfahren, das vom [X.] geprägt ist, nicht dazu führen, dass das Gericht nicht mehr selbst von Amts wegen berücksichtigen darf, dass der von ihm bestellte Gutachter wesentliche Teile seines Auftrags nicht ausgeführt, sondern - auftragswidrig - an einen anderen abgegeben hat. Insofern kann § 202 S 1 [X.]G iVm § 295 ZPO grundsätzlich nur die Bedeutung haben, dass sich die Beteiligten nach einem Rügeverzicht nicht mehr auf einen Verfahrensmangel des Gerichts berufen können (vgl auch [X.] vom 29.11.1956 - [X.] ZR 235/55 - [X.]Z 22, 254, 257). Durch den Rügeverzicht wird die fehlende Gutachtenserstellung durch den beauftragten Sachverständigen aber nicht ersetzt; insoweit verbleibt es bei der Verfahrensherrschaft des Gerichts, die Unverwertbarkeit des Gutachtens von Amts wegen berücksichtigen zu können. Ob das [X.] auch - wie die Klägerin meint - die Möglichkeit gehabt hätte, das Gutachten im Wege des [X.] zu verwerten (zweifelnd wohl B[X.] Urteil vom [X.] - 9a RV 29/83 - [X.] 1500 § 128 [X.] Rd[X.]3), kann dahinstehen.

c) Auch soweit die Klägerin die Entscheidung des [X.] durch Beschluss nach § 153 Abs 4 [X.]G anstatt aufgrund mündlicher Verhandlung rügt, bezeichnet sie kein prozessuales Handeln des [X.], das eine Verletzung ihres rechtlichen Gehörs nach sich zöge. Zwar hat der [X.] durchaus zur Kenntnis genommen, dass die Klägerin in dem von ihr benannten Schriftsatz vom 11.2.2016 - auf die Anhörung des [X.] zur Entscheidung durch Beschluss - durch die Bezugnahme auf den Schriftsatz vom [X.] ihren Antrag bei Prof. Dr. T. nachzufragen, in welcher Form und in welchem Umfang er an der Erstellung des Sachverständigengutachtens beteiligt gewesen sei, wiederholt hat. Auch wenn Zweifel bestehen, ob es angesichts dessen prozessual zu rechtfertigen war, den Antrag erst im Urteil abzulehnen, gelingt es der Klägerin jedoch nicht, insoweit einen durchgreifenden Verfahrensmangel darzulegen. Denn sie verknüpft ihr Vorbringen ausschließlich mit der unterlassenen Nachfrage zum potenziellen Rügeverzicht durch die Beklagte und nicht mit einer Verletzung ihres Gehörs, zB durch eine Überraschungsentscheidung des [X.] oder Beeinträchtigung ihres Fragerechts gegenüber dem Sachverständigen (s hierzu im Einzelnen B[X.] Beschluss vom 26.5.2015 - B 13 R 13/15 B - Juris Rd[X.] 9 ff mwN; B[X.] Beschluss vom 19.4.2017 - B 13 R 339/16 B - Juris Rd[X.] 5 ff).

d) Dem Vorbringen, das [X.] habe entgegen ihrem Antrag keine Nachfrage beim Sachverständigen im zuvor benannten Sinne durchgeführt, ordnet sie bereits keinem konkreten Verfahrensfehler zu. Sie führt lediglich aus, das Gericht hätte seine Zweifel an der Erstattung des Gutachtens durch den beauftragten Sachverständigen nicht aus der Auslegung des Gutachtens bestätigt sehen dürfen, sondern hätte den beauftragten Sachverständigen zu seiner Urheberschaft an dem Gutachten befragen müssen. Ersteres deutet darauf hin, dass sie eine ihrer Ansicht nach fehlerhafte Beweiswürdigung des [X.] rügen möchte. Eine Rüge, die sich auf § 128 Abs 1 S 1 [X.]G stützt, scheidet jedoch nach § 160 Abs 2 [X.] [X.]G von vornherein als Grund für eine Zulassung der Revision aus. Auch wenn ihr Vorbringen als eine Rüge eines Fehlers bei der Beweisaufnahme nach § 118 [X.]G iVm § 407a Abs 2 S 2 ZPO (idF bis 14.10.2016) zu verstehen sein sollte (vgl zur Differenzierung B[X.] Beschluss vom 18.9.2003 - [X.] [X.]/03 B - [X.] 4-1750 § 407a [X.] - Juris Rd[X.] 5 mwN), genügen die Darlegungen in der Beschwerde jedoch nicht den Formerfordernissen des § 160a Abs 2 [X.] [X.]G.

Insoweit hätte es Ausführungen dazu bedurft, dass bei ihr als Beteiligte objektiv ein berechtigtes Interesse an den Angaben nach § 407a Abs 2 S 2 ZPO besteht und das Gericht ihren entsprechenden Antrag übergangen hat (B[X.] Beschluss vom B[X.] Beschluss vom 15.7.2004 - [X.] V 24/03 B - [X.] 4-1750 § 407a [X.] 2 - Juris Rd[X.] 9 ff). Denn ein berechtigtes Interesse des Beteiligten an einer gesonderten (weiteren) Auskunft iS von § 407a Abs 2 S 2 ZPO ist nur dann gegeben, wenn die ihm zugänglichen Informationen objektiv nicht darauf schließen lassen, ob und ggf in welchem Umfang ein weiterer Arzt an der Erstellung eines Sachverständigengutachtens mitgearbeitet hat und über welche Qualifikation dieser verfügt, der betreffende Beteiligte mithin anhand der Erkenntnisse aus dem Verfahren die Einhaltung der Grenzen der zulässigen Mitarbeit nicht überprüfen kann. Das ist nach der Rechtsprechung des B[X.] insbesondere dann nicht der Fall, wenn anlässlich einer persönlichen Untersuchung der Beteiligte bereits entsprechende Erkenntnisse gewonnen hat (B[X.] Beschluss vom 15.7.2004 - [X.] V 24/03 B - [X.] 4-1750 § 407a [X.] 2 - Juris Rd[X.]0). Zur Darlegung des berechtigten Interesses genügt es daher nicht, lediglich zu negieren, dass aus der Äußerung der Klägerin gegenüber Dr. S., sie sei in S. von einer Frau untersucht worden, geschlossen werden könne, der beauftragte Sachverständige habe einen hinreichenden Anteil an der Erstellung des Gutachtens. Die Klägerin hätte vielmehr darlegen müssen, was die beantragte Befragung über das hinaus, was ihrer eigenen Wahrnehmung entsprach, erbracht hätte. Denn sie führt selbst aus, dass eine Untersuchung stattgefunden habe. Sie bringt damit zum Ausdruck, über Erkenntnisse - die sie im Übrigen nicht mitteilt - zur Untersuchungssituation zu verfügen. Zum Beleg des berechtigten Interesses an einer weiteren Befragung wären also Ausführungen dazu erforderlich gewesen, was sie selbst nicht hat wahrnehmen können und dementsprechend nur durch eine Befragung des beauftragten Sachverständigen in Erfahrung zu bringen gewesen sein soll. Hieran mangelt es.

Entsprechendes gilt, wenn ihre Rüge als Aufklärungsrüge verstanden werden sollte; auch dazu hätte sie darlegen müssen, warum sich das [X.] über die geschilderte Wahrnehmung der Klägerin hinaus zu weiterer Aufklärung hätte gedrängt sehen müssen (vgl [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 12. Aufl 2017, § 160a Rd[X.]6f).

2) Soweit die Klägerin weiter rügt, das [X.] habe gegen § 103 [X.]G verstoßen, weil das Gericht Beweisanträgen ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt sei, genügt sie mit ihrer Beschwerdebegründung ebenfalls nicht den Anforderungen des § 160a Abs 2 [X.] [X.]G. Hierzu muss die Beschwerdebegründung folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren, bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung zu Protokoll aufrechterhaltenen oder im Urteil wiedergegebenen Beweisantrag, dem das [X.] nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des [X.], aufgrund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen und zur weiteren Sachaufklärung drängen müssen, (3) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (4) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des [X.] auf einer angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das [X.] mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme von seinem Standpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (s B[X.] Beschluss vom 3.12.2012 - B 13 R 351/12 B - Juris Rd[X.] 6 unter Hinweis auf stRspr, B[X.] [X.] 4-1500 § 160 [X.]3 Rd[X.]1; B[X.] [X.] 4-1500 § 160 [X.]8 Rd[X.] 8; B[X.] [X.] 4-1500 § 160a [X.] Rd[X.] 5; B[X.] [X.] 4-1500 § 160a [X.] 21 Rd[X.] 5). Unabhängig davon, ob die Anforderungen zu 1 und 2 hier durch die Ausführungen in der Beschwerdebegründung erfüllt werden, fehlt es zumindest an der Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme.

Insoweit gilt ein strenger Maßstab. Denn ein Beweisantrag in einem Rentenstreitverfahren muss sich möglichst präzise mit den Folgen dauerhafter Gesundheitsbeeinträchtigungen auf das verbliebene berufliche Leistungsvermögen befassen. Denn anders als eine Beweisanregung (oder ein Beweisantritt) hat nur ein echter Beweisantrag die Warnfunktion, die es rechtfertigt, einen Revisionszulassungsgrund anzunehmen, wenn das [X.] dem Antrag zu Unrecht nicht gefolgt ist (vgl zB B[X.] [X.] 3-1500 § 160 [X.] 9, 35). Im Rahmen eines Rentenverfahrens muss die negative Beeinflussung von weiteren - dauerhaften - Gesundheitsbeeinträchtigungen auf das verbliebene Leistungsvermögen behauptet und möglichst genau dargetan werden. Denn Merkmal eines Beweisantrags ist eine bestimmte Tatsachenbehauptung und die Angabe des Beweismittels für die Tatsache (B[X.] Beschluss vom 12.12.2003 - B 13 RJ 179/03 B - [X.] 4-1500 § 160a [X.] - Juris Rd[X.] 6).

Die Klägerin legt dar, dass sie beantragt und diesen Antrag nach der Anhörung zu einer Entscheidung nach § 153 Abs 4 [X.]G aufrechterhalten habe, ein Sachverständigengutachten mit spezieller Fachausrichtung auf Patienten mit Migrationshintergrund einzuholen. Den Migrationshintergrund habe Dr. S. in seinem Gutachten nicht berücksichtigt, was sie an einzelnen Passagen des Gutachtens belegt. Dieser dürfe jedoch nicht außer [X.] gelassen werden. Zur Begründung verweist sie alsdann auf die Leitlinie für die sozialmedizinische Beurteilung bei psychischen und Verhaltensstörungen. Was eine derartige Berücksichtigung des Migrationshintergrundes der Klägerin jedoch im Hinblick auf die Einschätzung ihrer Leistungsfähigkeit ergeben würde, legt sie in der Beschwerdebegründung nicht dar. Das Vorbringen, Dr. S. habe den Migrationshintergrund im Hinblick auf seine Relevanz für die Ausprägung der [X.] nicht berücksichtigt, besagt bereits nichts darüber, ob er bei der Klägerin aufgrund ihrer Biographie überhaupt Bedeutung haben könnte. So werden auch in dem unter Bezug genommenen Beweisantrag und seiner Begründung keine Ausführungen dazu gemacht, von wo und wann die Klägerin zugezogen ist und welche Umgebung ihre psychische Befindlichkeit hätte beeinflussen können. Nur daraus, dass die Klägerin - dies unterstellt aus der Kenntnis des Urteils - nicht in [X.] geboren ist, folgt nicht, dass der Migrationshintergrund eine andere Leistungsbeurteilung als die von den bisherigen Sachverständigen vorgenommene, nahegelegt hätte. Ein solcher Antrag brauchte daher dem Gericht eine Beweisaufnahme nicht nahezulegen. Zu Ermittlungen ohne konkrete Anhaltspunkte ("ins Blaue hinein") besteht zudem auch unter verfassungsrechtlichen Erwägungen keine Verpflichtung ([X.] Kammerbeschluss vom 9.10.2007 - 2 BvR 1268/03 - Juris Rd[X.]9).

Von einer weiteren Begründung sieht der [X.] ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 [X.]G).

Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt gemäß § 160 Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 [X.]G durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 [X.]G.

Meta

B 13 R 279/16 B

28.02.2018

Bundessozialgericht 13. Senat

Beschluss

Sachgebiet: R

vorgehend SG Konstanz, 12. Juli 2012, Az: S 8 R 3119/10, Urteil

§ 62 SGG, § 103 SGG, § 118 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 202 S 1 SGG, § 295 ZPO, § 404 ZPO, § 407a Abs 2 S 2 ZPO, Art 103 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 28.02.2018, Az. B 13 R 279/16 B (REWIS RS 2018, 13183)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 13183

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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