Bundespatentgericht, Urteil vom 09.12.2014, Az. 3 Ni 29/13 (EP)

3. Senat | REWIS RS 2014, 583

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Gegenstand

Patentnichtigkeitsklageverfahren – „Biege- und Härtevorrichtung für Glasscheiben (europäisches Patent)“ – keine rechtsmissbräuchliche Klage


Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das europäische Patent 0 679 613

([X.] 14 029)

hat der 3. Senat (Nichtigkeitssenat) des [X.] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 9. Dezember 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.], des Richters [X.], der Richterin Dipl.-Chem. [X.], des Richters Dipl.-Chem. [X.] und der Richterin Dipl.-Chem. Dr. Wagner

für Recht erkannt:

[X.] Das [X.] Patent 0 679 613 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der [X.] dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass sein Anspruch 6 nur auf Anspruch 1 rückbezogen ist.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

I[X.] Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

II[X.] [X.] ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 25. April 1995 beim [X.] in [X.] angemeldeten Patents 0 679 613 (Streitpatent), das die [X.] Priorität FI 941931 vom 26. April 1994 in Anspruch nimmt und vom [X.] unter der Nummer [X.] 14 029 geführt wird. Das Streitpatent, das beschränkt mit einem Hauptantrag und sechs [X.] verteidigt wird, trägt die Bezeichnung „[X.] station for glass sheets“ (Biege- und Härtevorrichtung für Glasscheiben) und umfasst 7 Patentansprüche, von denen die Anspruche 2 bis 7 unmittelbar oder mittelbar auf Patentanspruch 1 rückbezogen sind. Die erteilten Ansprüche 1 bis 7 lauten in [X.] Übersetzung folgendermaßen:

2

dadurch gekennzeichnet, dass eine Reihe von [X.] (11) an den oberen Härtkästen (7) angebracht sind, wobei die Walzen (11) zwischen einer oberen Ruheposition und einer unteren Arbeitsposition bewegt werden können, in der die Walzen (11) durch eine Federkraft elastisch nach unten gedrückt werden.

3

2. [X.] nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Federkraft mit Luftdruckfedern (17) erzeugt wird, die jeweils zu einer Walze (11) gehören.

4

3. [X.] nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Druckluftfedern [X.] (17) sind, die nicht nur die Federkraft erzeugen, sondern gleichzeitig auch die Walzen (11) zwischen der Ruheposition und der Arbeitsposition bewegen.

5

4. [X.] nach einem der Ansprüche 1-3, dadurch gekennzeichnet, dass in der Arbeitsposition der Abstand des untersten Punktes der Walze (10) zu einer Förderhöhe, die durch den höchsten Punkt der [X.] (4) bestimmt wird, ungefähr 2-3 mm beträgt, und der entsprechende Abstand in der Ruheposition ungefähr 8-10 mm beträgt, wenn sich die Härtkästen (5, 7) in einer Härtposition befinden.

6

5. [X.] nach einem der vorangehenden Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Walzen (11) aus der Ruheposition in die Arbeitsposition bewegt werden, nachdem eine zu biegende Glasscheibe aus einem Ofen (1) auf den Förderer (3) und unter die Walzen (11) gelangt ist.

7

6. [X.] nach einem der Ansprüche 1-5, dadurch gekennzeichnet, dass eine Vielzahl von [X.] (11) an einer gemeinsamen horizontalen Achse (13) angebracht ist, die mit dem [X.] (17) vertikal hin und her bewegt wird.

8

7. [X.] nach einem der Ansprüche 1-6, gekennzeichnet durch [X.] (15, 16), die die Arbeitsposition und die Ruheposition der Walzen (11) bestimmen.“

9

Die Klägerin, die das Streitpatent in vollem Umfang angreift, macht die Nichtigkeitsgründe der unzulässigen Erweiterung, der mangelnden Ausführbarkeit des erteilten Patentanspruchs 6 und der mangelnden Patentfähigkeit geltend. Sie stützt ihr Vorbringen im Wesentlichen auf folgende Dokumente:

NK1 EP 0 679 613 B1

[X.]/[X.] 4 822 398

[X.]/[X.] EP 0 114 168 A1

NK5/[X.] 4 881 962

NK6/[X.] 3 701 644

[X.]/[X.] 4 540 426

[X.] EP 0 679 613 A2

Die Klägerin, die nach der beschränkten Verteidigung gemäß Hauptantrag den [X.] der mangelnden Ausführbarkeit nicht weiter verfolgt, ist der Ansicht, der Patentanspruch 1 sei in Bezug auf das Merkmal wonach

Ferner macht sie mangelnde erfinderische Tätigkeit unter Verweis auf die Dokumente [X.]/[X.] bis [X.]/D5 geltend.

Entsprechendes gelte für die unzulässig erweiterten Gegenstände gemäß den [X.] 1 bis 6.

Die Klägerin stellt den Antrag,

das [X.] Patent 0 679 613 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der [X.] für nichtig zu erklären.

Die Beklagte stellt den Antrag,

die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass das Streitpatent die Fassung des [X.], hilfsweise des [X.], beide gemäß Schriftsatz vom 6. Februar 2014, weiter hilfsweise die Fassung eines der [X.] bis 6 gemäß Schriftsatz vom 13. Oktober 2014, erhält.

Die Patentansprüche gemäß Hauptantrag unterscheiden sich dadurch von der erteilten Fassung, dass Anspruch 6 nunmehr lediglich auf Anspruch 1 rückbezogen ist.

Hinsichtlich des Wortlauts der Patentansprüche gemäß Hilfsantrag 1 bis 6 wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 6. Februar 2014 und vom 13. Oktober 2014 verwiesen

Die Beklagte tritt dem Vorbringen der Klägerin in allen Punkten entgegen. Sie verweist auf folgende Dokumente:

NB 1 Zustellungszeugnis der [X.] Behörden vom November 2013

NB 2 Fotos 1bis 5 (vgl. Schriftsatz vom 17. März 2014)

NB 3 Kopie der Website

Sie ist der Meinung, die Erhebung der Klage sei rechtsmissbräuchlich, weil die Zustellung der Verletzungsklage der Patentinhaberin von den [X.] Behörden vereitelt werde und die [X.] Vertreter der Klägerin im hiesigen [X.] ausdrücklich eine Mitwirkung an der Zustellung verweigerten.

Der Gegenstand des Streitpatents beruhe zudem auf erfinderischer Tätigkeit. Denn die [X.] offenbarten jeweils zahlreiche wesentliche Merkmale des Streitpatents nicht und es sei auch keine Veranlassung für den Fachmann ersichtlich, die verschiedenen Lehren miteinander zu kombinieren, ohne erfinderisch tätig zu werden. Zudem sei der jeweilige Patentanspruch 1 der geltenden Anträge nicht unzulässig erweitert.

Entscheidungsgründe

I.

1. Die auf die Nichtigkeitsgründe der mangelnden Ausführbarkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 2 [X.] [X.] Art. 138 Abs. 1 lit b EPÜ), der unzulässigen Erweiterung (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3 [X.] [X.] Art. 138 Abs. 1 lit c EPÜ) und der mangelnden Patentfähigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 [X.] [X.] Art. 138 Abs. 1 lit a EPÜ) gestützte Klage ist zulässig, erweist sich jedoch im Wesentlichen als unbegründet.

1.1. Die Klage ist nicht rechtsmissbräuchlich. Es ist bereits fraglich, inwieweit der Einwand des Verstoßes gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) bei einer Popularklage wie der Nichtigkeitsklage eingreifen kann, für die ein Rechtsschutzbedürfnis des [X.] nicht erforderlich i[X.]

Aber auch wenn man die grundsätzliche Möglichkeit bejaht, rechtsmissbräuchliches Verhalten geltend zu machen, so kann der von der Beklagten dargelegte Sachverhalt ein solches nicht begründen. Soweit sich der Einwand auf eine Vereitelung der Zustellung durch die [X.] Behörden bezieht, kann dieses der [X.] nicht zugerechnet werden, zumal die Klägerin behauptet, die Bezeichnung der Verletzungsbeklagten sei auf Grund einer falschen Übersetzung nicht korrekt gewesen. Die Weigerung der [X.] Vertreter der Klägerin im [X.], an der Zustellung der Verletzungsklage mitzuwirken, kann ebenfalls nicht als der Klägerin zurechenbares rechtsmissbräuchliches Verhalten angesehen werden. Denn diese sind nur für die Nichtigkeitsklage mandatiert, nicht aber für eventuelle Verletzungsklagen vor dem Zivilgericht. Die Verletzungsklage und eine Nichtigkeitsklage bewegen sich auf unterschiedlichen rechtlichen Ebenen, betreffen andere Prozessrechtsverhältnisse und stehen in keinem unmittelbaren Zusammenhang zueinander. Bei dieser Ausgangslage besteht keine Verpflichtung der patentanwaltlichen Vertreter der [X.], bei der Zustellung der Verletzungsklage aktiv mitzuwirken.

1.2. Die Klage hat lediglich Erfolg, soweit die erteilte Fassung über den Umfang der beschränkten Verteidigung gemäß Hauptantrag hinausgeht.

Soweit die Beklagte das Streitpatent im Wege der zulässigen Selbstbeschränkung nicht mehr verteidigt, ist es mit Wirkung für die [X.] ohne Sachprüfung für nichtig zu erklären (zur [X.] Rspr. im [X.] vgl. z. B. BGH GRUR 2007, 404, 405 - [X.]; Busse/Keukenschrijver, [X.], 7. Aufl., § 82 Rdn. 90 m. w. Nachw.; [X.]/[X.], [X.], 9. Aufl., § 81 Rdn. 128). Im Übrigen ist die Klage abzuweisen.

1.3. [X.] betrifft eine [X.] für Glasscheiben, die einen [X.] umfasst, bei dem die vertikale Position der Rollen zueinander verstellt werden kann, um den Förderer dergestalt zu wölben, dass dessen Wölbung einem gewünschten Biegegrad der Glasscheibe entspricht. Die Vorrichtung umfasst darüber hinaus untere [X.] mit Oberseiten, die mit Härtdüsen versehen sind, und obere [X.] mit Unterseiten, die ebenfalls mit Härtdüsen versehen sind, wobei die [X.] bewegt werden können, um die Oberseiten der unteren [X.] und die Unterseiten der oberen [X.] an die Wölbung des Förderers anzupassen.

Wie in der Streitpatentschrift ausgeführt ist, erfolgt das Biegen einer Glasscheibe durch Schwerkraft in einer [X.], die sich außerhalb eines Heizofens befindet. Daher sei es erforderlich, das Glas in Bezug auf die erforderliche Härttemperatur zu überhitzen, da die Glastemperatur sinke, bevor das Glas vollständig in die gewünschte Form gebogen sei, und mit dem Härten des Glases begonnen werden könne. Je nach [X.] und den vorherrschenden Bedingungen werde das Glas zwischen 10° C und 25° C abgekühlt. Das Überhitzen habe aber den Nachteil, dass optische Fehler des Glases verstärkt würden und im [X.] stärker wahrnehmbar seien (vgl. [X.], [X.], Abs. [0001 bis 0005]).

1.4. Davon ausgehend liegt dem Streitpatent die Aufgabe zugrunde, die erwähnte vorbekannte Vorrichtung dahingehend zu verbessern, dass auf das mit Nachteilen verbundene Überhitzen verzichtet werden kann, und folglich die Temperatur einer aus einem Ofen austretenden Glasscheibe zu verringern und dadurch die optischen Eigenschaften des Glases zu verbessern (vgl. [X.], [X.], Abs. [0006]).

1.5. Die Aufgabe wird durch die [X.] nach Patentanspruch 1 mit den folgenden Merkmalen gelöst:

1. [X.] für Glasscheiben,

1.1 die einen [X.] (3) umfasst,

1.1.1 bei dem die vertikale Position der Rollen (4) zueinander verstellt werden kann, um den Förderer zu einer Krümmung zu wölben, die einem gewünschten Grad der Biegung entspricht,

1.2 untere [X.] (5)

1.2.1 mit Oberseiten (9), die mit Härtdüsen (6) versehen sind, und

1.3 obere [X.] (7)

1.3.1 mit Unterseiten (10), die mit Härtdüsen (8) versehen sind,

2. wobei die [X.] (5, 7) bewegt werden können, um die Ober- und die Unterseite (9, 10) an die Wölbung des Förderers (3) anzupassen,

3. wobei eine Reihe von [X.] (11) an den oberen [X.] (7) angebracht ist und

4. die Walzen (11) zwischen einer oberen Ruheposition und einer unteren Arbeitsposition bewegt werden können,

4.1 in der die Walzen (11) durch eine Federkraft elastisch nach unten gedrückt werden.

1.6. Bei dem vorliegend zuständigen Fachmann handelt es sich um einen Diplomingenieur (FH) der konstruktiven Mechanik mit mehrjähriger Berufserfahrung im Bau von Anlagen der Glasveredelung, Glasformung und Glashärtung.

II.

Der [X.] konnte nicht feststellen, dass die Gegenstände der Patentansprüche 1 bis 7 nach Hauptantrag nicht bestandsfähig sind.

1. Die von der Klägerin geltend gemachte unzulässige Erweiterung liegt nicht vor.

Der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag entspricht dem erteilten Patentanspruch 1 und geht auf den ursprünglichen Anspruch 1 [X.] den Angaben in [X.]alte 2, Zeile 57 bis [X.]alte 3, Zeile 2, [X.]alte 3, Zeilen 30 bis 48 und [X.]alte 4, Zeilen 10 bis 13 der Beschreibung in den ursprünglich eingereichten Unterlagen zurück (vgl. [X.]).

Entgegen der Ansicht der Klägerin ist das Merkmal 4.1 des Patentanspruchs 1, nach dem die Walzen in ihrer unteren Arbeitsposition durch eine Federkraft elastisch nach unten gedrückt werden, ursprünglich offenbart. Denn gemäß dem ursprünglichen Merkmal „

Zu keiner anderen Beurteilung der Sachlage führt auch der weitere Einwand der Klägerin, dass in Merkmal 4 von Patentanspruch 1 der Ausdruck „

Auch der Auffassung der Klägerin, dass die Kombination der Merkmale 4 und 4.1 in der ursprünglichen Offenbarung keine Stütze fände, vermag sich der [X.] nicht anzuschließen. Denn wie oben gezeigt ist diese Lehre auch in Kombination in der Gesamtlehre des Streitpatents ursprünglich offenbart (vgl. [X.], Patentanspruch 1 [X.] [X.]. 3/4, übergr. Satz, [X.]. 3, [X.] 56 bis 58, [X.]. 4 [X.] 10 bis 13).

Die Patentansprüche 2 bis 7 nach Hauptantrag basieren auf den erteilten Patentansprüchen 2 bis 7 der Streitpatentschrift (vgl. [X.]) bzw. auf den Patentansprüchen 2 bis 7 der Erstunterlagen (vgl. [X.]), wobei in Patentanspruch 6 der Rückbezug „nach einem der Ansprüche 1-5“ in „nach Anspruch 1“ geändert worden i[X.]

Die Anspruchsfassung gemäß Hauptantrag weist somit keine unzulässige Erweiterung auf.

2. Der geltend gemachte [X.] der mangelnden Ausführbarkeit wurde gegenüber der nunmehr geltenden beschränkten Fassung nach Hauptantrag nicht mehr aufrechterhalten und es sind auch von Seiten des [X.]es keine Gründe ersichtlich, an der Ausführbarkeit der Ansprüche zu zweifeln.

3. Die [X.] nach Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag ist nach Auffassung des [X.]s neu, was auch von der Klägerin weder schriftsätzlich noch in der Verhandlung in Abrede gestellt worden i[X.]

4. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ist zu klären, ob der Fachmann Veranlassung hatte, den Stand der Technik weiter zu entwickeln. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die technische Entwicklung erfahrungsgemäß nicht notwendigerweise diejenigen Wege geht, die sich bei nachträglicher Analyse der Ausgangsposition als plausibel oder sogar mehr oder weniger zwangsläufig darstellen bzw. dass nicht bereits die Kenntnis eines zum allgemeinen Fachwissen gehörenden technischen Sachverhaltes von vornherein eine Veranlassung impliziert. Vielmehr ist es erforderlich, dass dieser Stand der Technik dem Fachmann Anstöße, Anregungen, Hinweise oder sonstige Anlässe dafür vermittelt, die Lösung des technischen Problems auf dem Weg der Erfindung zu suchen (vgl. [X.], 746 - Betrieb einer Sicherheitseinrichtung; [X.], 743 - Airbag-Auslösesteuerung).

Diesen Grundsätzen folgend bedurfte es eines erfinderischen Zutuns, die im Patentanspruch 1 angegebene [X.] zur Lösung der streitpatentgemäßen Aufgabe bereitzustellen. Denn keines der vorliegenden Dokumente vermittelt dem Fachmann eine Anregung dahingehend, eine Reihe von [X.] entsprechend dem patentgemäßen Merkmal 4.1 in einer unteren Arbeitsposition durch eine Federkraft elastisch nach unten zu drücken, um so zur Verbesserung der optischen Eigenschaften des Glases ein Überhitzen der Glasscheibe zu vermeiden.

Dies trifft auch auf die einleitend in der Streitpatentschrift im Zusammenhang mit der Darlegung des zum [X.] des [X.] bekannten Standes der Technik zitierten (vgl. [X.], [X.], Abs. [0001], [X.]. 2/3, Abs. [0012]) und von der Klägerin im vorliegenden Fall als Ausgangspunkt für die Bereitstellung des streitpatentgemäßen Gegenstandes nach Patentanspruch 1 diskutierten Druckschrift [X.] zu.

Diese Druckschrift betrifft eine [X.] für Glasscheiben, die einen [X.] aufweist, der aus Rollen besteht, denen jeweils ein Zylinder zugeordnet ist (vgl. [X.], Patentanspruch 1 [X.] [X.], [X.] 12 bis 24, [X.]. 3 und 4). Durch Einstellung der Erweiterung der Kolbenstangen der Zylinder lassen sich die Rollen relativ zueinander in vertikaler Richtung bewegen, um den [X.] entsprechend der gewünschten Wölbung der Glasscheibe zu wölben (vgl. [X.], [X.]. 5, [X.] 50 bis 55 i. V. .m. [X.]. 4). Die [X.] umfasst des Weiteren untere und obere [X.], die an ihren Ober- bzw. Unterseiten mit Härtdüsen ausgerüstet sind (vgl. [X.], vgl. [X.]. 5, [X.] 56 bis 67, [X.]. 6, [X.] 11 bis 14 [X.] [X.]. 4). An den oberen [X.] sind Heißluftdüsen angebracht, die einen zusätzlichen Druck aufbringen (vgl. [X.], [X.]. 3, [X.] 30 bis 32, [X.]. 6, [X.] 26 bis 42). Die Anwendung eines mechanischen Pressdruckes auf die zu biegende Glasscheibe ist zudem nicht erwünscht, weil dieser zu Fehlstellen im Glas führt (vgl. [X.], [X.], [X.] 34 bis 68 [X.] [X.]. 3, [X.] 30 bis 32). Demzufolge regt die Lehre der [X.] weder ein zusätzliches mechanisches Pressbiegen mittels einer Reihe von [X.] an, noch ein elastisches nach unten Drücken der Walzen durch eine Federkraft. Eine [X.] für Glasscheiben, wie im geltenden Patentanspruch 1 des [X.] angegeben, kann die Entgegenhaltung [X.] demnach nicht nahelegen.

Hinweise zur Lösung der Aufgabe die patentgemäßen Maßnahmen zu ergreifen, erhält der Fachmann auch nicht aus dem Dokument [X.]/[X.].

Aus der Entgegenhaltung [X.]/[X.] ist ebenfalls eine Vorrichtung zum [X.] von Glasscheiben bekannt (vgl. [X.]/[X.], Patentanspruch 1, [X.]. 1, 2, 5 und 6), bei der die vom Ofen kommende und auf Erweichungstemperatur erwärmte Glasscheibe durch mehrere gerade [X.] in den eigentlichen [X.] befördert wird. Wenn sich die Scheibe im [X.] befindet, wird zunächst eine Anpressvorrichtung von oben auf die Oberfläche der Glasscheibe abgesenkt. Zeitlich abgestimmt mit der nach unten gerichteten Bewegung der Anpressvorrichtung werden die [X.] in eine Verformungsstellung gebracht, wodurch sich die plastische Glasscheibe in die gewünschte Form biegt (vgl. [X.]/[X.], Patentansprüche 1 und 5, [X.], [X.] 10 bis [X.] 20, [X.], übergr. Abs., [X.], [X.] 1 bis 5). Die Anpressvorrichtung gemäß [X.]/[X.] wird durch eine [X.] mit einem Andruckzylinder gebildet, die sich exakt senkrecht über einer geraden Transportrolle, entsprechend einem Gegenlager, befindet, so dass kein Biegemoment entstehen kann, das zu einer Querwellenverformung der Glasscheiben führen könnte (vgl. [X.]/[X.], Patentansprüche 2 bis 4, [X.], [X.] 20 bis 24, [X.]. 2). Die [X.] dient einerseits zur Führung der noch planen Glasscheibe und andererseits zur Gewährleistung einer gleichmäßigen Wölbung ohne optische Fehler auch extrem dünner Glasscheiben (vgl. [X.]/[X.], [X.], [X.] 30 bis 33). Damit führt die Lehre der [X.]/[X.] vom [X.] jedoch weg, da diese entgegen der streitpatentgemäßen Vorrichtung die Verwendung lediglich einer einzigen [X.] vorschlägt, um den Wärmeübergang zwischen Rolle und Glasscheibe, sowie den Gegenwalzeffekt zu minimieren (vgl. [X.]/[X.], [X.], [X.] 8 bis 19 [X.] S. 6, [X.] 3 bis 8).

Folglich liefert die Druckschrift [X.]/[X.] dem Fachmann selbst bei einer kombinierten Betrachtung mit der Lehre der [X.] keine Hinweise dafür, die oberen [X.] mit einer Reihe von [X.] auszurüsten, wobei die Walzen in einer unteren Arbeitsposition durch eine Federkraft elastisch nach unten gedrückt werden.

Der Einwand der Klägerin, dass die [X.] alle Merkmale des verteidigten Patentanspruchs 1 mit Ausnahme der patentgemäßen Merkmale 3 bis 4.1 vorwegnehme und dem Fachmann ohne weiteres die Möglichkeit zur Verfügung gestanden habe, den durch die Heißluftdüsen zusätzlich aufgebrachten Druck durch [X.]n, wie sie in [X.]/[X.] beschrieben seien, zu realisieren, vermag den [X.] nicht zu überzeugen. Der Klägerin ist zwar insofern zu zustimmen, als in [X.]alte 6, Zeilen 38 bis 42 der [X.] entnommen werden kann, dass das Schwerkraftbiegen durch den [X.] der Heißluftdüsen unterstützt wird. Allerdings haben die Heißluftdüsen den weiteren Zweck, dass sie die Abkühlrate der Glasscheibe verlangsamen. Dies bietet zum einen den Vorteil, dass das Glas nicht – wie es beim kombinierten Press-Gravitationsbiegen – überhitzt werden muss und dadurch eine Glaserweichung vermieden wird. Zum anderen können die Fehlstellen im Glas minimiert werden, da kein mechanisches Pressbiegen zur Formgebung angewendet wird (vgl. [X.], [X.]. 3, [X.] 33 bis 38 [X.] [X.]. 6, [X.] 34 bis 38). Der Fachmann war damit nicht veranlasst, anstelle der Heißluftdüsen einen zusätzlichen mechanischen Druck aufzubringen, denn nach [X.] soll ein mechanisches Pressbiegen gerade vermieden werden (vgl. [X.], [X.]. 3, [X.] 30 bis 32). Auch in der [X.]/[X.] wird darauf hingewiesen, dass zur Minimierung des Wärmeaustausches der Kontakt der [X.] mit der Glasscheibe nur in einem sehr kleinen Flächenbereich bestehen soll, um die Scheibe auf der gewünschten hohen Biegetemperatur zu halten (vgl. [X.]/[X.] S. 6 [X.] 3 bis 8). Von daher bestand für den Fachmann selbst bei einer kombinierten Betrachtung der [X.] und der [X.]/[X.] keine Veranlassung, die Heißluftdüsen durch eine Vielzahl von [X.] zu ersetzen.

Anregungen, die in Richtung der patentgemäßen Lösung weisen, erhält der Fachmann auch aus den ebenfalls mit der Herstellung von gebogenen Glasscheiben befassten Druckschriften [X.]/[X.], [X.]/D5 und [X.]/[X.] nicht.

Aus der [X.]/[X.] ist ihm eine [X.] bekannt, bei der die Glasscheibe zwischen [X.] gebogen wird (vgl. [X.]/[X.], Patentanspruch 1 [X.] [X.]. 7, [X.] 66 bis 75, [X.]2, [X.] 44 bis 49, [X.]. 2, 5 bis 8 und 15 bis 19), wobei die oberen [X.] durch eine Federkraft elastisch nach unten gedrückt werden können (vgl. [X.]/[X.], [X.]5, [X.] 22 bis 36 [X.] [X.]. 22, Bezugszeichen 46 und 262). Nachdem die Vorrichtung weder eine kombinierte [X.] mit einem [X.] umfasst, bei dem die vertikale Position der Rollen zueinander verstellbar ist, um den Förderer zu einer Krümmung zu wölben, die einem gewünschten Grad der Biegung entspricht, noch an den oberen [X.] angebrachte [X.] aufweist, erschließen sich dem Fachmann daraus zwar die patentgemäßen Merkmale 4 und 4.1, nicht aber die patentgemäßen Merkmale 1 bis 3.

Bei der Vorrichtung der Druckschrift [X.]/D5 handelt es sich um eine [X.] mit einem [X.], der eine vorgegebene Krümmung aufwei[X.] Die Biegung der Glasscheibe erfolgt zwischen paarweise übereinander angeordneten Förder- und [X.], wobei die Position der oberen [X.] in Abhängigkeit von der Glasdicke einstellbar ist (vgl. [X.]/D5, Patentanspruch 1 [X.] [X.]. 3, [X.] 2 bis 19, [X.]. 3, [X.] 29 bis 46, [X.]. 5, [X.] 66 bis [X.]. 6, [X.] 2, [X.]. 1 und 2). Nachdem bei der Vorrichtung weder die vertikale Position der Rollen bzw. der [X.] zueinander verstellt werden kann, um den Förderer zu einer Krümmung zu wölben, noch die oberen [X.] an den oberen [X.] angebracht sind und diese durch eine Federkraft elastisch nach unten gedrückt werden, erschließt sich dem Fachmann die patentgemäße Merkmalskombination 1.1.1, 2, 3 und 4.1 auch durch die Angaben der [X.]/D5 nicht.

Schließlich führt die Berücksichtigung der Druckschrift [X.]/[X.] ebenfalls zu keiner anderen Beurteilung der Sach- und Rechtslage. In diesem Dokument wird eine [X.] für Glasscheiben beschrieben, die eine obere und eine untere [X.] umfasst, wobei beide Platten [X.] mit [X.] für die Härtung der Glasscheibe aufweisen. Die untere [X.] wird mittels Aktuatoren entsprechend der gewünschten Biegung der Glasscheibe verformt. Die obere [X.] verformt sich aufgrund ihres Eigengewichtes entsprechend der Krümmung der unteren Platte (vgl. [X.]/[X.], Patentanspruch 1 [X.] [X.]. 4 [X.] 20 bis 34, [X.]. 1, 4, 9 und 10). Während des [X.] wird die Glasscheibe durch Laufräder, die an den oberen [X.]n befestigt sind, hin- und her bewegt, um die Biegekraft auf eine größere Oberfläche zu verteilen und dadurch mögliche Fehlstellen im Glas durch Rollenmarkierung und Pressflächenverzerrung zu vermeiden (vgl. [X.]/[X.], [X.]. 2, [X.] 24 bis 28, [X.]. 5, [X.] 58 bis [X.]. 6, [X.] 8 [X.] [X.]. 4 und 6). Da mit dieser [X.] die Glasscheibe durch Schwerkraftbiegen gebogen wird und zudem Rollenmarkierungen durch die oberen Walzen vermieden werden sollen, wird dem Fachmann keine Anregung dahingehend vermittelt, ausgehend von einer Vorrichtung gemäß [X.]/[X.], die Laufräder an den oberen [X.]n als [X.] auszugestalten, die durch eine Federkraft elastisch nach unten gedrückt werden, um eine zusätzliche Presskraft auf die Glasscheibe aufzubringen.

5. Der Patentanspruch 1 in der gemäß Hauptantrag verteidigten Fassung hat daher Bestand. Mit ihm haben die darauf rückbezogenen, vorteilhaften Ausführungsformen des [X.] 1 betreffenden Patentansprüche 2 bis 7 ebenfalls Bestand.

[X.]

Die Kostenentscheidung im beruht auf § 84 Abs. 2 [X.] [X.] § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 [X.] [X.] § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.

Meta

3 Ni 29/13 (EP)

09.12.2014

Bundespatentgericht 3. Senat

Urteil

Sachgebiet: Ni

§ 242 BGB

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Urteil vom 09.12.2014, Az. 3 Ni 29/13 (EP) (REWIS RS 2014, 583)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 583

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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