Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.01.2014, Az. VI ZR 143/13

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 8375

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VI ZR 143/13
Verkündet am:

28. Januar 2014

Holmes

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB § 823 Aa

a)
Das Gericht darf seine Überzeugungsbildung gemäß §
286 ZPO auf die Angaben des Arztes über eine erfolgte Risikoaufklärung stützen, wenn seine Darstellung in sich schlüssig und "einiger" Beweis für ein [X.] erbracht ist. Dies gilt auch dann, wenn der Arzt erklärt, ihm sei das strittige Aufklärungsgespräch nicht im Gedächtnis geblieben.

b)
Das unterzeichnete Einwilligungsformular ist -
sowohl in positiver als auch in negativer Hinsicht
-
ein Indiz für den Inhalt des Aufklärungsgesprächs.

[X.], Urteil vom 28. Januar 2014 -
VI ZR 143/13 -
OLG [X.] in [X.]

LG [X.]

-

2

-

Der VI.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom
28.
Januar 2014
durch den
Vorsitzenden [X.],
den Richter
[X.], die Richterin [X.], [X.] und die Richterin von
Pentz
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 13. Zivilsenats des
Oberlan-desgerichts [X.] in [X.] vom 15.
März 2013 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der Kläger begehrt Schadensersatz für schwere gesundheitliche Beein-trächtigungen nach einer Herzoperation mit tiefhypothermem
Kreislaufstillstand in der Klinik der [X.] zu
1. An der [X.] hatten der
Beklagte zu
3
als Operateur
und der Beklagte zu
4 als Anästhesist
mitgewirkt. Der Beklagte zu
2 ist der chirurgische Chefarzt der Klinik.
Der Kläger leidet an einer
angeborenen valvulären Aortenstenose. [X.] wurde in dem von der [X.] zu 1 betriebenen Herzzentrum eine schwere Aortenklappeninsuffizienz und Ektasie der Aorta ascendens festge-stellt und die Indikation zum Ersatz der Aortenklappe und der Aorta
ascendens gestellt. Die zunächst für Anfang Februar 2004 beabsichtigte [X.] wurde im Hinblick auf den laborchemischen Befund und den
Wunsch des [X.], 1
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präoperativ Eigenblut zu spenden, verschoben. Der Kläger wurde sodann am 9.
März 2004 zur Durchführung des Eingriffs stationär aufgenommen.
Am Nachmittag des 10.
März 2004 fand ein Aufklärungsgespräch durch den [X.] zu
3 statt. In dem verwendeten Aufklärungsbogen über die Herzklappenoperation wird beschrieben, dass diese
unter Aufrechterhaltung
des Blutkreislaufs mit Hilfe einer Herz-Lungen-Maschine erfolge. Eine [X.] der [X.]smethode mit tiefhypothermem Kreislaufstillstand ist dem Bogen nicht zu entnehmen. Unter der Überschrift "Ist mit Komplikationen zu rechnen?" heißt es: "Trotz größter Sorgfalt kann es bei und nach der [X.] zu schwerwiegenden oder sogar lebensbedrohlichen Zwischenfällen kom-Hierzu heißt es: "Sie können zu Lähmungserscheinungen, im Bereich des Ge-hirns ("Gehirnschlag") auch zu Sprach-
und Bewegungsstörungen führen."
Die [X.] erfolgte am Vormittag des 11.
März
2004. Die erkrankte Aortenklappe sowie die Aorta ascendens wurden durch eine klappentragende Gefäßprothese ersetzt. Aufgrund der Ausdehnung des Aneurysmas bis auf den beginnenden Aortenbogen wurde der Eingriff teilweise im tiefhypothermen Kreislaufstillstand, d.h. bei abgeschalteter Herz-Lungen-Maschine, durchge-führt. Postoperativ trat eine komplexe neurologische Störung auf,
die sich in einer Gangunsicherheit, Schwindel und Koordinationsproblemen sowie einer Störung der Augenmotorik (Sakkadenstörung) und der Sprache äußerte. Zahl-reiche Nachbehandlungs-
und Rehabilitationsversuche blieben erfolglos.
Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung des [X.], mit welcher er nur noch eine fehlerhafte Aufklärung geltend gemacht hat, zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelas-senen Revision verfolgt der Kläger seinen
Schadensersatzanspruch
weiter.
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Entscheidungsgründe:
I.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht
dem Kläger kein [X.] wegen einer fehlerhaften Aufklärung zu. Das [X.] habe zu Recht angenommen, dass der Kläger auch über die [X.]serweiterung "hypothermer Kreislaufstillstand" ordnungsgemäß aufgeklärt worden sei und für den Fall einer unzureichenden Aufklärung jedenfalls eine hypothetische Einwil-ligung des [X.] in den konkret durchgeführten Eingriff zu bejahen sei.

Es sei nicht zu beanstanden, dass sich das [X.] davon überzeugt habe, dass sowohl
der Zeuge [X.] als auch der Beklagte zu
3 in den im Vorfeld der geplanten [X.] geführten [X.]n am 2.
Februar 2004 und am 10.
März 2004 auch
die voraussichtlich anzuwendende [X.]sme-thode des hypothermen [X.] beschrieben haben. Darüber hinaus sei der Kläger jedenfalls durch den [X.] ordnungsgemäß über das erhöh-te Risiko von neurologischen Schäden bei Anwendung dieser Methode gegen-über einer [X.] unter durchgehendem Einsatz der Herz-Lungen-Maschine aufgeklärt worden. Dabei habe das [X.] beachtet, dass in beiden Auf-klärungsbögen zur Herzklappenoperation nur die "konservative" [X.]sme-thode unter Aufrechterhaltung des Kreislaufs mit [X.] sei und jeglicher Hinweis auf die [X.]smethode des hypother-men [X.] fehle. Das [X.] sei zu Recht davon ausgegan-gen, dass dem Arzt gleichwohl auch insoweit die Möglichkeit offen stehe, einen über den schriftlich dokumentierten Text hinausgehenden Inhalt seines [X.]s zu beweisen, und dass dies auch dann gelte, wenn der Arzt sich an das Aufklärungsgespräch nicht mehr konkret erinnern könne, aber be-kunde, wie er entsprechend einer ständigen ausnahmslosen Übung verfahren 6
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-

sei. Ebenso wie dem Arzt der Nachweis der Aufklärung nicht verwehrt sei, wenn er sie überhaupt nicht dokumentiert habe, müsse es ihm möglich sein, über den schriftlich dokumentierten Text hinausgehende Inhalte seines [X.]
nachzuweisen.
Im Streitfall habe der Beklagte
zu 3
bekundet, er erinnere sich zwar noch an das Gespräch mit dem Kläger, aber ganz konkrete Erinnerungen an den Gesprächsinhalt habe er nicht mehr. Er stütze sich darauf, wie er mit Patienten in vergleichbarer Situation und vergleichbarem Alter derartige Aufklärungsge-spräche führe, wobei er immer darauf hinweise, dass die Möglichkeit eines hy-pothermen [X.] in Frage komme. Der Zeuge [X.] habe sich an das konkrete Aufklärungsgespräch nicht mehr erinnern und nur angeben können, wie [X.] der entsprechenden Art immer abliefen, wenn es sich um eine Erkrankung wie beim Kläger handelte. Er habe in einem solchen Fall
darauf hingewiesen, dass das Herunterkühlen des menschlichen Körpers zu allerlei Komplikationen führen könne.
Neben Gerinnungsstörungen könnten das auch neurologische Ausfälle und Schäden sein, wobei er das Risiko mit 5
% angegeben habe.
Anders als bei abweichenden Entscheidungen stehe im Streitfall auf-grund der vom Kläger unterschriebenen Aufklärungsbögen fest, dass die ent-sprechenden [X.] stattgefunden haben.

II.
Die Erwägungen des Berufungsgerichts halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Entgegen der Auffassung der Revision ist nicht zu bean-standen, dass das Berufungsgericht
aufgrund der Bekundungen des [X.] 8
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zu
3 bei seiner Anhörung und der Aussage des [X.] eine ordnungsge-mäße Aufklärung des [X.] auch über die [X.]serweiterung "hypother-mer Kreislaufstillstand" bejaht hat.
1.
a)
Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats hat der aufklä-rungspflichtige Arzt nachzuweisen, dass er die von ihm geschuldete Aufklärung erbracht hat. An den dem Arzt obliegenden Beweis dürfen allerdings keine un-billigen und übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Danach hat der Tatrichter die besondere Situation, in der sich der Arzt während der Behandlung des Patienten befindet, ebenso zu berücksichtigen wie die Gefahr, die sich aus dem Missbrauch seiner Beweislast durch den Patienten zu haftungsrechtlichen Zwecken ergeben kann. Ist einiger Beweis für ein gewissenhaftes [X.] erbracht, sollte dem Arzt im Zweifel geglaubt werden, dass die Aufklä-rung auch im Einzelfall in der gebotenen Weise geschehen ist; dies auch mit Rücksicht
darauf, dass aus vielerlei verständlichen Gründen Patienten sich im Nachhinein an den genauen Inhalt solcher Gespräche, die für sie etwa vor
al-lem von therapeutischer Bedeutung waren, nicht mehr erinnern. In jedem Fall bedarf es einer verständnisvollen und sorgfältigen Abwägung der tatsächlichen Umstände, für die der Tatrichter einen erheblichen Freiraum hat (vgl. Senatsur-teile vom 10.
März 1981 -
VI
ZR 202/79, [X.], 730, 731; vom 21.
Sep-tember 1982 -
VI
ZR 302/80, [X.], 1193, 1194; vom 28.
Februar 1984
-
VI
ZR 70/82, [X.], 538, 539
f.; vom 8.
Januar 1985 -
VI
ZR 15/83, [X.], 361, 362; vom 22.
Mai 2001 -
VI
[X.], [X.], 120, 121). Schriftliche Aufzeichnungen im Krankenblatt über die Durchführung des Aufklärungsgesprächs und seinen wesentlichen Inhalt sind nützlich und drin-gend zu empfehlen. Ihr Fehlen darf aber nicht dazu führen, dass der Arzt re-gelmäßig beweisfällig für die behauptete Aufklärung bleibt. Allein entscheidend ist
das vertrauensvolle Gespräch zwischen Arzt und Patient. Deshalb muss auch der Arzt, der keine Formulare benutzt und für den konkreten Einzelfall kei-11
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ne Zeugen zur Verfügung hat, eine faire und reale Chance haben, den ihm ob-liegenden Beweis für die Durchführung und den Inhalt des [X.] zu führen (vgl. Senatsurteil vom 8.
Januar 1985 -
VI
ZR 15/83, aaO).
b) Nach diesen Grundsätzen ist dem Arzt der Nachweis der Aufklärung nicht verwehrt, wenn er sie nicht dokumentiert hat ([X.]/Pauge, [X.], 12.
Aufl., Rn.
516). Auch wenn man in der stationären Behandlung eine Dokumentation der Tatsache eines Aufklärungsgesprächs und des we-sentlichen Inhalts erwarten kann, darf an das Fehlen einer Dokumentation keine allzu weitgehende Beweisskepsis geknüpft werden.
Aus medizinischer Sicht
ist

-
anders
als
bei Behandlungsmaßnahmen
-
eine Dokumentation der Aufklärung regelmäßig nicht erforderlich
(Geiß/[X.], [X.], 6.
Aufl.,
C Rn.
134). Ebenso wie dem Arzt der Nachweis der Aufklärung nicht verwehrt ist, wenn er sie überhaupt
nicht dokumentiert hat, muss es ihm möglich sein, über den schriftlich dokumentierten Text hinausgehende Inhalte seines [X.]s nachzuweisen. Dies gilt sowohl für den Fall, dass das sich realisie-rende Risiko in dem vom Patienten unterschriebenen [X.] nicht erwähnt ist, als auch für den Fall, dass darüber hinaus durch handschriftliche [X.] ein weitergehender Gesprächsinhalt dokumentiert ist (vgl. [X.], [X.] 2003, 274, 275
mit Nichtannahme der Revision durch Be-schluss des Senats
vom 28.
Januar 2003 -
VI
ZR 307/02; [X.]/Winkhart
-
[X.], [X.], 3.
Aufl. [X.] f., 2293
ff. mwN).
c) Für den Nachweis einer ordnungsgemäßen Aufklärung ist nicht unbe-dingt erforderlich, dass
sich der Arzt an das konkrete
Aufklärungsgespräch (Ort, Umstände, genauer Inhalt) erinnert. Angesichts der Vielzahl von Informations-
und [X.]n, die Ärzte täglich führen, kann
dies
nicht erwartet werden.
Da an den vom Arzt zu führenden Nachweis der ordnungsgemäßen Aufklärung keine unbilligen oder übertriebenen Anforderungen zu stellen sind, 12
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darf das Gericht seine Überzeugungsbildung gemäß § 286 ZPO auf die
Anga-ben des Arztes über eine erfolgte Risikoaufklärung stützen, wenn seine [X.] in sich schlüssig und "einiger" Beweis für ein Aufklärungsgespräch er-bracht ist. Dies gilt
auch
dann, wenn der Arzt erklärt, ihm sei das strittige [X.] nicht im Gedächtnis geblieben.
Einen wesentlichen Anhalts-punkt für die Tatsache, dass ein Aufklärungsgespräch stattgefunden hat, gibt dabei das von dem Arzt und dem Patienten unterzeichnete Formular, mit dem der Patient sein Einverständnis zu dem ärztlichen Eingriff gegeben hat (vgl. Se-natsurteile vom 8.
Januar 1985 -
VI ZR 15/83, aaO; vom 29.
September 1998 -
VI
ZR 268/97, [X.], 190, 191; vom 22.
Mai 2001 -
VI [X.], aaO; Geiß/[X.], aaO; [X.]/[X.], [X.], 877, 880, 881).
Dieses Formular ist -
sowohl in positiver als auch in negativer Hinsicht (vgl. [X.], Festschrift Geiß, 2000, [X.], 455 mwN)
-
zugleich ein Indiz für den Inhalt des [X.]s.
2.
Soweit die Revision meint, Obergerichte hätten teilweise eine von den vorstehend dargelegten Grundsätzen abweichende Auffassung vertreten, lässt sich dies den von ihr angeführten Entscheidungen nicht entnehmen.
Der rechtliche Ausgangspunkt, dass ein vom Patienten unterschriebenes Aufklärungs-
und Einwilligungsformular allein nicht den Schluss darauf zulässt, dass das erforderliche Aufklärungsgespräch zwischen Arzt und Patient tatsäch-lich stattgefunden hat (vgl. etwa [X.] 2006, 12, 13), entspricht dem
Grundsatz, dass dem unterschriebenen [X.] nur eine In-dizwirkung hinsichtlich eines Aufklärungsgesprächs zukommt. Wenn die ange-führten Gerichte dann
bei ihren Entscheidungen
aufgrund einer Beweiswürdi-gung im Einzelfall aus weiteren Umständen die Überzeugung gewonnen haben, dass die von der [X.] behauptete Aufklärung tatsächlich [X.] hat,
haben sie insoweit keine weiteren Voraussetzungen für die Annah-14
15
-

9

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me eines Aufklärungsgesprächs begründet. Es handelt sich
vielmehr
um die vom Senat geforderte Abwägung der tatsächlichen Umstände im Einzelfall, für die der Tatrichter einen erheblichen Freiraum hat.
Entgegen der Auffassung der Revision lässt sich aus obergerichtlichen Entscheidungen auch nicht der Grundsatz ableiten, dass der Nachweis einer ordnungsgemäßen Aufklärung ohne konkrete Erinnerung an das [X.] regelmäßig nicht erbracht ist, wenn das aufklärungspflichtige Risiko weder im Aufklärungsbogen noch in der Patientenkartei noch an anderer Stelle beschrieben ist. Weder das [X.]
Brandenburg (vgl. [X.], 1283, 1285; Urteil vom 12. Juli 2007 -
12
U 207/06, juris
Rn.
13) noch das [X.]
Oldenburg ([X.] 2007, 473, 474) noch das [X.]
Koblenz ([X.] 2004, 537, 538; [X.], 1077, 1078) haben Grundsätze aufgestellt, die in Widerspruch zur Rechtsprechung des erkennenden Senats stünden. Sie sind vielmehr erkennbar von dieser Rechtsprechung ausgegangen, haben aber bei der Würdigung im Einzelfall nicht die Überzeugung gewinnen können, dass die Durchführung eines [X.]es oder eine hinreichende Aufklärung bewiesen ist.
3.
Soweit die Revision Einwendungen gegen die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts erhebt, sind ihre Bedenken unbegründet.
a)
Das Berufungsgericht hat nicht seinen tatrichterlichen Ermessens-spielraum bei der Beweiswürdigung und der Feststellung des Sachverhalts überschritten, wenn es die Überzeugung gewonnen hat, der Kläger sei auf-grund stattgefundener [X.] am 2.
Februar und am 10.
März 2004 durch den [X.] und den [X.] zu
3 auch hinsichtlich der [X.]serweiterung "hypothermer Kreislaufstillstand" ausreichend aufgeklärt [X.]. Insoweit hat das Berufungsgericht insbesondere berücksichtigt, dass in 16
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den Aufklärungsbögen zur Herzklappenoperation nur die "konservative" [X.]smethode unter Aufrechterhaltung des Kreislaufs mit Herz-Lungen-Maschine beschrieben ist
und jeglicher Hinweis auf die [X.]smethode des hypothermen [X.] fehlt. Es hat auch beachtet, dass der Beklagte
zu 3
bekundet hat, er erinnere sich zwar noch etwas an das Gespräch mit dem Kläger, aber ganz konkrete Erinnerungen an den Gesprächsinhalt habe er nicht mehr, und sich der Zeuge [X.] an das konkrete Aufklärungsgespräch nicht mehr erinnern konnte. Desgleichen hat es in seine Würdigung einbezogen, dass der am 2.
Februar 2004 vom Kläger und dem [X.] unterschriebene Aufklä-rungsbogen keine handschriftlichen Eintragungen enthält. Wenn es dennoch aufgrund der als glaubhaft eingestuften Aussage des Zeuge [X.] und der Bekun-dung des [X.] zu
3 die Überzeugung gewonnen hat, dass der Kläger ord-nungsgemäß aufgeklärt worden ist, handelt es sich um eine tatrichterliche Wür-digung im Einzelfall, die nicht zu beanstanden ist. Hinsichtlich der Aussage des [X.] ist insoweit darauf hinzuweisen, dass er ausweislich der [X.] im erstinstanzlichen Urteil hinsichtlich der Risiken der angewendeten Me-thode besonders sensibilisiert gewesen ist, weil er seine Ausbildung bei einem der Mitbegründer der Methode gemacht und insbesondere in den Anfangsjah-ren dieser Methode die Nebenwirkungen gesehen hat. Zudem weist das [X.] darauf
hin, dass das [X.] den Grundtatbestand der geplanten [X.] und damit auch im Wesentlichen bereits alle Risiken auch der geplanten erweiterten [X.] mit Einsetzen einer Aortenprothese mitum-fasste. Dementsprechend sei in der Klinik der [X.] zum Zeitpunkt der
mündlichen Verhandlung vor dem [X.] immer noch dieses Aufklärungs-formular für vergleichbare [X.]en verwendet worden.
b) Entgegen der Auffassung der Revision hat das
Berufungsgericht auch nicht die
Indizwirkung des [X.] verkannt.
Wie bereits ausge-führt,
hat es diesen Umstand
bei seiner Beweiswürdigung
berücksichtigt.
19
-

11

-

c) Die Beweiswürdigung ist auch nicht lückenhaft, soweit sich keine Er-wägungen des Berufungsgerichts dazu finden, ob die Aufklärung durch den [X.] bereits am 2.
Februar 2004 noch zum Zeitpunkt der [X.] am 11.
März 2004 wirksam gewesen ist.
Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist der Patient vor dem beabsichtigten Eingriff so rechtzeitig aufzuklären, dass er durch hinrei-chende Abwägung der für und gegen den Eingriff sprechenden Gründe seine Entscheidungsfreiheit und damit sein Selbstbestimmungsrecht in angemesse-ner Weise wahren kann. Zum Schutz des Selbstbestimmungsrechtes erfordert dies grundsätzlich, dass ein Arzt, der einem Patienten eine Entscheidung über die Duldung eines operativen Eingriffs abverlangt und für diesen Eingriff bereits einen Termin bestimmt, ihm schon in diesem Zeitpunkt auch die Risiken auf-zeigt, die mit diesem Eingriff verbunden sind (vgl. Senatsurteil vom 25.
März 2003 -
VI [X.], [X.], 1441, 1443
mwN). Nach diesen Grundsätzen war es richtig, den Kläger bereits am 2.
Februar 2004 -
wie
nach den Feststel-lungen
durch den [X.] geschehen
-
aufzuklären, weil die [X.] zu-nächst für Anfang Februar 2004 vorgesehen war. Soweit im Schrifttum die [X.] vertreten wird, bei einem zu großen zeitlichen Abstand könne die ur-sprünglich erteilte Einwilligung bis zum Eingriff bereits "entaktualisiert" sein ([X.] NJW 1979, 1905, 1907; [X.] NJW 1998, 782, 785; [X.] in Laufs/[X.]/[X.], Arztrecht, 6.
Aufl.,
V
Rn.
82) besteht kein Anlass, im vorliegenden Fall dazu Stellung zu nehmen. Bei der hier erfolgten [X.] am 11.
März 2004 war die am 2.
Februar 2004 erfolgte Aufklärung jedenfalls noch nicht "entaktualisiert".
d) Entgegen der Auffassung der Revision ist es auch nicht widersprüch-lich, dass das Berufungsgericht einerseits feststellt, dass sowohl der Beklagte zu
3 als auch der Zeuge [X.] die voraussichtlich anzuwendende [X.]sme-20
21
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-

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-

thode "tiefhypothermer
Kreislaufstillstand"
beschrieben haben,
und andererseits ausführt, darüber hinaus
sei
der Kläger jedenfalls durch den [X.] ord-nungsgemäß auch über das erhöhte Risiko von neurologischen Schäden [X.] worden. Bereits durch das Wort "jedenfalls" ist ersichtlich, dass das Be-rufungsgericht eine ordnungsgemäße Aufklärung auch durch den [X.] zu
3 hinsichtlich des erhöhten Risikos nicht ausschließt. Wenn es eine solche aber jedenfalls durch den [X.] mit der gemäß §
286 ZPO erforderlichen Gewissheit annimmt, reicht dies aus.
4. Demnach
ist die Revision
bereits
wegen der fehlerfrei festgestellten
ordnungsgemäßen
Aufklärung seitens des [X.] zu
3 und des [X.] zurückzuweisen, ohne dass es auf die Hilfserwägungen zu einer hypotheti-schen Einwilligung ankommt.
Galke
[X.]
[X.]

[X.]
von Pentz

Vorinstanzen:
LG [X.], Entscheidung vom 01.02.2012 -
6 [X.]/09 -

OLG [X.] in [X.], Entscheidung vom 15.03.2013 -
13 [X.] -

23

Meta

VI ZR 143/13

28.01.2014

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.01.2014, Az. VI ZR 143/13 (REWIS RS 2014, 8375)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 8375

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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