Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.10.2006, Az. VI ZR 74/05

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 1460

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES [X.]/05 Verkündet am: 10. Oktober 2006 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Ges[X.]häftsstelle in dem Re[X.]htsstreit Na[X.]hs[X.]hlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja BGB §§ 823 Abs. 1 Aa; 852 a. F. a) Minderjährigen Patienten kann bei einem nur relativ indizierten Eingriff mit der Mögli[X.]hkeit erhebli[X.]her Folgen für ihre künftige Lebensgestaltung ein Vetore[X.]ht gegen die Einwilligung dur[X.]h die gesetzli[X.]hen Vertreter zustehen, wenn sie über eine ausrei[X.]hende Urteilsfähigkeit verfügen. b) Au[X.]h über ein gegenüber dem [X.] des Eingriffs weniger s[X.]hweres Risiko ist aufzuklären, wenn dieses dem Eingriff spezifis[X.]h anhaftet, es für den Laien ü-berras[X.]hend ist und dur[X.]h die Verwirkli[X.]hung des Risikos die Lebensführung des Patienten s[X.]hwer belastet würde. [X.]) Im Hinbli[X.]k auf den Beginn der Verjährungsfrist gemäß § 852 BGB a. F. besteht keine Verpfli[X.]htung des Patienten, si[X.]h Kenntnisse über fa[X.]hspezifis[X.]h medizini-s[X.]he Fragen zu vers[X.]haffen. [X.], Urteil vom 10. Oktober 2006 - [X.]/05 - [X.] LG Mün[X.]hen I
- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündli[X.]he Verhandlung vom 10. Oktober 2006 dur[X.]h die Vizepräsidentin Dr. [X.], die [X.] Dr. [X.] und [X.], die [X.]in [X.] und den [X.] Zoll für Re[X.]ht erkannt: Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 1. Zivilsenats des [X.] vom 24. März 2005 aufgehoben. Die Sa[X.]he wird zur neuen Verhandlung und Ents[X.]heidung, au[X.]h über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-ri[X.]ht zurü[X.]kverwiesen. Von Re[X.]hts wegen

Tatbestand: Die Klägerin begehrt S[X.]hmerzensgeld wegen unzurei[X.]hender Aufklärung über die Risiken einer [X.], aufgrund der sie neben anderen Folgen quers[X.]hnittgelähmt ist. Der [X.] war Oberarzt in der orthopädis[X.]hen Abtei-lung der Klinik, in wel[X.]her die [X.] dur[X.]hgeführt wurde. Träger der Klinik ist der Streithelfer. 1 Die am 16. August 1976 geborene Klägerin litt ab dem 13. Lebensjahr an einer Adoleszenzskoliose. Na[X.]hdem si[X.]h konservative Maßnahmen als ni[X.]ht wirksam gegen die forts[X.]hreitende Verkrümmung erwiesen hatten, s[X.]hlug der 2 - 3 - [X.] im Jahr 1990 den Eltern der Klägerin vor, dur[X.]h eine [X.] die Missbildung zu korrigieren. Am 25. September 1990 wurde ein [X.] über Vorgehensweise und Risiken bei der [X.] dur[X.]h Frau Dr. S. mit den Eltern der Klägerin in deren Beisein geführt. Die [X.] musste ver-s[X.]hoben werden, weil die Klägerin an starker Akne an den von der [X.] betroffenen Hautstellen litt. Am 12. Januar 1991 führte [X.] ein weiteres Aufklärungsgesprä[X.]h. Die [X.] wurde wiederum aufges[X.]hoben, weil eine Eigenblutspende versäumt worden war. Die Eltern der damals 14-jährigen Klä-gerin unterzei[X.]hneten na[X.]h dem jeweiligen Aufklärungsgesprä[X.]h einen [X.] mit einer Einwilligungserklärung. In den Vordru[X.]k ist hands[X.]hriftli[X.]h [X.]: "u. a. Infektion, Gefäß-, Nervenverletzung, Quers[X.]hnitt; Eigenblut, [X.], nur im Notfall [X.]". Von 1990 bis zur [X.] war die Klägerin in ständiger Behandlung in der klinis[X.]hen Ambulanz. Anlässli[X.]h der [X.] wurden au[X.]h Gesprä[X.]he von den behandelnden Ärzten mit der Mutter der Klägerin über Risiken und Erfolgsaussi[X.]hten der anstehenden [X.] geführt. Die Risiken einer Fals[X.]hgelenkbildung (Pseudarthrose) und des operativen Zugangs (Verwa[X.]hsungen im [X.] und [X.]) wurden au[X.]h ni[X.]ht bei dem Aufklärungsgesprä[X.]h angespro[X.]hen, das der [X.] am 18. Februar 1992, dem Vortag der [X.], führte. Dabei unter-s[X.]hrieb neben ihren Eltern au[X.]h die Klägerin die Einverständniserklärung. Der Vordru[X.]k ist dur[X.]h folgende hands[X.]hriftli[X.]he Eintragungen ergänzt: "[X.]: Neurologis[X.]he Ausfälle, Infektionen, Blutungen, Thrombo-sen, Embolien". Bei der [X.] am 19. Februar 1992 kam es zu einer Einblu-tung in den [X.], die zur Quers[X.]hnittlähmung der Klägerin führte. In der Folgezeit entwi[X.]kelten si[X.]h neben anderen Bes[X.]hwerden au[X.]h [X.] im [X.], [X.] und [X.]. Die Klägerin ma[X.]ht, na[X.]hdem sie erfolglos versu[X.]ht hat, den operieren-den Arzt wegen eines Behandlungsfehlers in Anspru[X.]h zu nehmen, gegen den 3 - 4 - [X.]n S[X.]hadensersatzansprü[X.]he wegen unzurei[X.]hender Aufklärung am 18. Februar 1992 geltend. Sie ist der Auffassung, die Aufklärung sei s[X.]hon [X.] unwirksam, weil [X.] ihre Eltern und ni[X.]ht sie selbst gewesen seien, obwohl sie am 18. Februar 1992 bereits die sittli[X.]he Reife und das erforderli[X.]he Verständnis für die Risiken der [X.] gehabt habe. Außerdem sei die Aufklärung am 18. Februar 1992 zu spät erfolgt und von ih-rem Inhalt her unzurei[X.]hend gewesen. Die beiden vorhergehenden [X.] könnten wegen des zeitli[X.]hen Abstands ni[X.]ht in die Beurteilung miteinbezogen werden. Der [X.] habe Alternativen zum Eingriff und des-sen Dringli[X.]hkeit ni[X.]ht angespro[X.]hen. Au[X.]h sei das Risiko der Quers[X.]hnittläh-mung verharmlost worden. Über die Mögli[X.]hkeit des Materialbru[X.]hes und der Bildung von Verwa[X.]hsungen im [X.], von [X.] und Rippenin-stabilitäten sei ni[X.]ht aufgeklärt worden. Bei Kenntnis dieser Risiken wäre in die [X.] ni[X.]ht eingewilligt worden. Der Anspru[X.]h gegen den [X.]n sei ni[X.]ht verjährt, da die Klägerin erst dur[X.]h das Guta[X.]hten des Sa[X.]hverständigen Prof. Dr. P. im Juni 1997 erfahren habe, dass die Aufklärung unzurei[X.]hend ge-wesen sei. Der [X.] wendet dagegen ein, dass, selbst wenn eine unzurei[X.]hen-de Aufklärung unterstellt würde, die Eltern der Klägerin jedenfalls au[X.]h bei Kenntnis aller Risiken in eine [X.] eingewilligt hätten. Immerhin seien sie das ihnen genannte Risiko einer Quers[X.]hnittlähmung eingegangen. Die [X.] seien außerdem verjährt. 4 Die Klage blieb in den Vorinstanzen erfolglos. Die Klägerin verfolgt mit der vom Senat zugelassenen Revision ihren Anspru[X.]h weiter. 5 - 5 - Ents[X.]heidungsgründe: [X.] 6 In Übereinstimmung mit dem [X.] ist das Berufungsgeri[X.]ht der Auffassung, dass die Eltern der Klägerin in die [X.] wirksam eingewilligt hätten. Jedenfalls seien die Ansprü[X.]he der Klägerin verjährt. Zuständige [X.] seien wegen der Minderjährigkeit der zur [X.] der [X.] erst 15 ½ Jahre alten Klägerin deren Eltern als gesetzli[X.]he Vertreter gewesen. Die Aufklärung sei umfassend und re[X.]htzeitig erfolgt, da die [X.]e vom 25. September 1990, 12. Januar 1991 und 18. Februar 1992 in einer Zusammens[X.]hau zu beurteilen seien. Die [X.] habe na[X.]h dem [X.] Aufklärungsgesprä[X.]h bis zu ihrer Dur[X.]hführung stets im Raume gestanden. Inhaltli[X.]h sei ausrei[X.]hend über [X.] und Erfolgsaussi[X.]hten der relativ indizierten [X.] aufgeklärt worden. Den Eltern der Klägerin sei in vers[X.]hiedenen Gesprä[X.]hen von den Ärzten ausrei[X.]hend verdeutli[X.]ht worden, dass das Risiko einer Quers[X.]hnittlähmung bestehe, wenn dieses au[X.]h - wie es den Tatsa[X.]hen entspre[X.]he - äußerst gering sei. Über die Risiken der Fals[X.]hge-lenkbildung und des operativen Zugangs sei zwar ni[X.]ht aufgeklärt worden, do[X.]h habe es das [X.] zutreffend als unter keinem Gesi[X.]htspunkt plausibel angesehen, dass die Eltern der Klägerin, die na[X.]h Aufklärung über das [X.] in die [X.] eingewilligt hätten, si[X.]h bei Kenntnis eines Risikos, das demgegenüber in seiner S[X.]hwere ni[X.]ht wesentli[X.]h ins Gewi[X.]ht falle, in ei-nem ernsthaften [X.] befunden hätten. Bei Erhebung der [X.] mit Klages[X.]hrift vom 11. Mai 2000 sei die dreijährige Verjährungsfrist längst abgelaufen gewesen, weil die Eltern der Klägerin bereits 1992/1993 die erfor-- 6 - derli[X.]he Kenntnis im Sinne von § 852 Abs. 1 BGB a. F. von den geltend ge-ma[X.]hten [X.] gehabt hätten. I[X.] 7 Die Ausführungen des Berufungsgeri[X.]hts halten einer revisionsre[X.]htli-[X.]hen Überprüfung ni[X.]ht stand. 1. a) Ni[X.]ht zu beanstanden ist allerdings die Auffassung des Berufungs-geri[X.]hts, dass unter den tatsä[X.]hli[X.]hen Umständen des Streitfalls die [X.] mit den Eltern der damals minderjährigen Klägerin zu führen waren. Zwar kann minderjährigen Patienten bei einem nur relativ indizierten Eingriff mit der Mögli[X.]hkeit erhebli[X.]her Folgen für ihre künftige [X.] - wovon im Streitfall auszugehen ist - ein Vetore[X.]ht gegen die Fremdbe-stimmung dur[X.]h die gesetzli[X.]hen Vertreter zuzubilligen sein, wenn sie über eine ausrei[X.]hende Urteilsfähigkeit verfügen. Um von diesem Vetore[X.]ht Gebrau[X.]h ma[X.]hen zu können, sind au[X.]h minderjährige Patienten entspre[X.]hend aufzuklä-ren, wobei allerdings der Arzt im Allgemeinen darauf vertrauen kann, dass die Aufklärung und Einwilligung der Eltern genügt (vgl. Senatsurteile vom 22. Juni 1971 - [X.] ZR 230/69 - VersR 1971, 929 f. und vom 16. April 1991 - [X.] ZR 176/90 - VersR 1991, 812, 813; [X.]/[X.] Arzthaftpfli[X.]htre[X.]ht 5. Aufl. Rn. [X.]; [X.]/Pauge Arzthaftungsre[X.]ht 10. Aufl. Rn. 432; differenzierend [X.] [X.] 2001, 80, 83 ff.). Es kann dahinstehen, ob die Klägerin 1992 bereits über eine ausrei[X.]hende Urteilsfähigkeit verfügte, denn na[X.]h den insoweit ni[X.]ht angegriffenen tatsä[X.]hli[X.]hen Feststellungen des Berufungsgeri[X.]hts wurde dem Selbstbestimmungsre[X.]ht der Klägerin hinrei[X.]hend Re[X.]hnung getragen. Sie war bei den einzelnen [X.]n anwesend und hat dur[X.]h ihre [X.] - 7 - s[X.]hrift unter die Einwilligungserklärung vom 18. Februar 1992 bekundet, dass sie mit dem Eingriff einverstanden sei. 9 b) Keine Bedenken bestehen au[X.]h gegen die Auffassung des [X.], dass der Vater, soweit er bei den zwis[X.]hen der Mutter der Kläge-rin und den Ärzten geführten Gesprä[X.]hen ni[X.]ht anwesend war, ausrei[X.]hend informiert worden ist, weil ihm von der Mutter die erhaltenen Informationen [X.] und mit ihm bespro[X.]hen worden sind. Bei den maßgebenden [X.]n waren außerdem beide Elternteile anwesend, da die [X.] Einwilligungserklärungen von beiden Elternteilen unterzei[X.]hnet worden sind. [X.]) S[X.]hließli[X.]h ist ni[X.]ht zu beanstanden, dass das Berufungsgeri[X.]ht unter den Umständen des Streitfalls die Aufklärung für re[X.]htzeitig hielt. Zwar wäre das Aufklärungsgesprä[X.]h am Vortag der risikorei[X.]hen und umfangrei[X.]hen [X.] zweifellos verspätet gewesen, wenn die früheren [X.] ni[X.]ht einzubeziehen wären (vgl. zur re[X.]htzeitigen Aufklärung etwa Senatsurteil vom 25. März 2003 - [X.] ZR 131/02 - VersR 2003, 1441 ff. m. w. N.). Na[X.]h der Re[X.]htspre[X.]hung des erkennenden Senats hängt die Wirksamkeit der Einwilli-gung davon ab, ob unter den jeweils gegebenen Umständen der Patient ausrei-[X.]hend Gelegenheit hat, si[X.]h innerli[X.]h frei zu ents[X.]heiden. Je na[X.]h den Vor-kenntnissen des Patienten von dem bevorstehenden Eingriff kann bei [X.] eine Aufklärung im Verlauf des Vortages genügen, wenn sie zu einem [X.]punkt erfolgt, der dem Patienten die Wahrung seines [X.] erlaubt (vgl. Senatsurteil vom 17. März 1998 - [X.]/97 - [X.], 766, 767). Es bestehen keine Bedenken dagegen, dass das [X.] die drei [X.] in einem zeitli[X.]hen Zusammenhang gesehen hat. Na[X.]hdem die Eltern der Klägerin bereits in zwei Gesprä[X.]hen am 25. September 1990 und 12. Januar 1991 über Risiken der [X.] informiert 10 - 8 - worden waren und die [X.] seit 1990 stets im Raume stand, erfolgte die abs[X.]hließende Aufklärung am 18. Februar 1992 zwar no[X.]h re[X.]htzeitig, do[X.]h ist sie inhaltli[X.]h unzurei[X.]hend. 11 d) Soweit die Revision allerdings die Ausführungen des Berufungsge-ri[X.]hts zur hinrei[X.]henden Aufklärung über das Quers[X.]hnittrisiko, die Mögli[X.]hkeit des Materialbru[X.]hs und die einges[X.]hränkten Erfolgsaussi[X.]hten des Eingriffs in Zweifel zieht, begibt sie si[X.]h unter den Umständen des Streitfalls auf das ihr vers[X.]hlossene Gebiet der Tatsa[X.]henwürdigung und setzt ihre eigene Beurtei-lung an die Stelle derjenigen des Berufungsgeri[X.]hts. Aus Re[X.]htsgründen be-stehen insoweit keine Bedenken gegen dessen Ausführungen. e) Do[X.]h ist die Aufklärung deshalb inhaltli[X.]h unvollständig, weil die Risi-ken der Fals[X.]hgelenkbildung und des [X.] von vorne dur[X.]h die Brust in den [X.]n ni[X.]ht erörtert worden sind. Ge-genstand der Risikoaufklärung sind generell alle behandlungstypis[X.]hen Risiken, deren Kenntnis beim Laien ni[X.]ht vorausgesetzt werden kann, die aber für die Ents[X.]heidung des Patienten über die Zustimmung zur Behandlung ernsthaft ins Gewi[X.]ht fallen ([X.]/[X.] aaO, Rn. [X.]). Au[X.]h über ein gegenüber dem [X.] weniger s[X.]hweres Risiko ist deshalb aufzuklären, wenn dieses dem Eingriff spezifis[X.]h anhaftet, es für den Laien überras[X.]hend ist und dur[X.]h die Verwirkli[X.]hung des Risikos die Lebensführung des Patienten s[X.]hwer belastet würde ([X.] [X.] 126, 386, 389; Senat, Urteil vom 12. Dezember 1989 - [X.] ZR 83/89 - [X.], 522, 523). Na[X.]h den tatsä[X.]hli[X.]hen Feststellungen im Berufungsurteil handelt es si[X.]h bei den in Rede stehenden Risiken um ope-rationsspezifis[X.]he Komplikationen, die si[X.]h tatsä[X.]hli[X.]h verwirkli[X.]ht haben und das Leben der Klägerin na[X.]hhaltig beeinträ[X.]htigen. Zutreffend ist deshalb der Ansatz des Berufungsgeri[X.]hts, dass au[X.]h diese Risiken im Rahmen der Aufklä-rung anzuspre[X.]hen waren, obwohl über das s[X.]hwerere Risiko der Quers[X.]hnitt-12 - 9 - lähmung aufgeklärt worden ist. Der Hinweis auf das Risiko der Quers[X.]hnittläh-mung, das überdies von den beteiligten Ärzten als äußerst gering dargestellt worden war, vermo[X.]hte kein realistis[X.]hes Bild davon zu vermitteln, wel[X.]he sonstigen Folgen die Verwirkli[X.]hung der weiteren Risiken der [X.] für die künftige Lebensgestaltung der Klägerin mit si[X.]h bringen konnte. Bei dieser Sa[X.]hlage führt die fehlerhafte Aufklärung grundsätzli[X.]h zur Haftung des Beklag-ten für die Folgen des ohne wirksame Einwilligung dur[X.]hgeführten Eingriffs. f) Entgegen der Auffassung des Berufungsgeri[X.]hts fehlt ni[X.]ht das für die Haftung erforderli[X.]he Vers[X.]hulden des [X.]n. Soweit der Streithelfer meint, der [X.] sei vor dem Aufklärungsgesprä[X.]h am 18. Februar 1992 ni[X.]ht mit dem Fall der Klägerin befasst gewesen, ist dies in tatsä[X.]hli[X.]her Hinsi[X.]ht unzu-treffend, weil der [X.] na[X.]h den von den Beteiligten ni[X.]ht in Zweifel gezo-genen tatsä[X.]hli[X.]hen Feststellungen bereits 1990 den Eltern der Klägerin die [X.] vors[X.]hlug. Der Arzt, der seinem Patienten zur [X.] rät und ihn über Art und Umfang sowie mögli[X.]he Risiken dieser [X.] aufklärt, begrün-det dadur[X.]h eine Garantenstellung gegenüber dem si[X.]h ihm anvertrauenden Patienten (vgl. Senatsurteil vom 22. April 1980 - [X.] ZR 37/79 - VersR 1981, 456, 457). Dur[X.]h die Übernahme der ärztli[X.]hen Aufklärung vor der [X.] ist er dafür verantwortli[X.]h, dass die Einwilligung des Patienten in die [X.] wirksam ist. Davon geht au[X.]h das Berufungsgeri[X.]ht aus. Jedo[X.]h durfte si[X.]h der [X.] im Hinbli[X.]k auf den Inhalt der Dokumentation zur Aufklärung ni[X.]ht [X.] weiteres darauf verlassen, dass in den beiden vorangegangenen [X.]n eine ausrei[X.]hende Risikoaufklärung erfolgt sei. Da die Risi-ken der Pseudarthrose und des operativen [X.] ersi[X.]htli[X.]h ni[X.]ht an-gespro[X.]hen worden waren, oblag es dem [X.]n, die Aufklärung hinrei-[X.]hend zu vervollständigen und zu diesem Zwe[X.]k si[X.]h vor dem abs[X.]hließenden Aufklärungsgesprä[X.]h am Tag vor der [X.] dur[X.]h einen Einbli[X.]k in die [X.] zu vergewissern, inwieweit bereits aufgeklärt worden war. 13 - 10 - Dass er dies unterlassen hat, obwohl er den Mangel hätte erkennen können, begründet einen [X.] hinsi[X.]htli[X.]h der Aufklärung. 14 2. Zu Re[X.]ht rügt die Revision, die Auffassung des Berufungsgeri[X.]hts, die Eltern hätten die Einwilligung in die [X.] au[X.]h bei gehöriger Aufklärung über diese Risiken erteilt, beruhe auf [X.] tatsä[X.]hli[X.]hen Fest-stellungen (§ 286 Abs. 1 ZPO). Die Haftung durfte auf der Grundlage der getrof-fenen Feststellungen im Streitfall ni[X.]ht deshalb verneint werden, weil ein [X.] der Eltern der Klägerin ni[X.]ht plausibel, sondern vielmehr an-zunehmen sei, dass die Einwilligung au[X.]h bei Kenntnis der unerwähnt geblie-benen Risiken erteilt worden wäre. a) Entgegen der Auffassung der Revision haben si[X.]h der [X.] und der Streithelfer bereits in erster Instanz auf eine hypothetis[X.]he Einwilligung der Eltern der Klägerin berufen. Dem Berufungsgeri[X.]ht war es folgli[X.]h ni[X.]ht versagt, diese Frage zu prüfen (vgl. Senatsurteile vom 17. März 1998 - [X.]/97 - [X.], 766, 767 und vom 14. Juni 1994 - [X.] ZR 260/93 - [X.], 1302). 15 b) Der Verpfli[X.]htung, plausibel darzulegen, weshalb aus ihrer Si[X.]ht bei Kenntnis der aufklärungspfli[X.]htigen Umstände ihre Eltern vor einem [X.] gestanden hätten, ob sie den ihnen empfohlenen Eingriff glei[X.]h-wohl ablehnen sollten (vgl. Senat [X.] 90, 103, 111 ff.; Urteile vom 1. Februar 2005 - [X.] ZR 174/03 - [X.], 694 und vom 26. Juni 1990 - [X.] ZR 289/89 - [X.], 1238, 1239), ist die Klägerin - entgegen der Auffassung des Streit-helfers - hinrei[X.]hend na[X.]hgekommen. Bereits in der Klages[X.]hrift hat sie vorge-tragen, dass sie vor der [X.] ni[X.]ht unter Leidensdru[X.]k gestanden habe und alle altersübli[X.]hen Sportarten habe ausüben können. Bei Kenntnis der [X.]srisiken hätte sie eine Einwilligung hierzu ni[X.]ht erteilt. Es wäre in [X.] - 11 - dem Fall ihre Volljährigkeit abgewartet worden, damit sie die Ents[X.]heidung selbst hätte treffen können. Zum Beweis für diesen Vortrag hat die Klägerin ihre Eltern als Zeugen angeboten. Au[X.]h in der Berufungsbegründung vom 19. April 2004 hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass wegen ihres Befindens eine [X.] weder nötig no[X.]h dringend gewesen sei. Sie habe keine Bes[X.]hwer-den gehabt, sei leistungsmäßig ni[X.]ht einges[X.]hränkt gewesen, habe ni[X.]ht über S[X.]hmerzen geklagt, am Turnunterri[X.]ht teilgenommen und intensiv Reit- und Fahrsport mit Pferden betrieben. Die [X.] sei [X.] vers[X.]hoben [X.], einem weiteren Aufs[X.]hub hätte ni[X.]hts entgegengestanden. Diese [X.] genügen den Anforderungen, die der erkennende Senat an die [X.] der Plausibilität des [X.]s dur[X.]h den Patienten stellt (vgl. Senat [X.] 90, 103, 111 ff.). [X.]) Bei dieser Sa[X.]hlage durfte das Berufungsgeri[X.]ht ni[X.]ht ohne die im Hinbli[X.]k auf ihr Vetore[X.]ht gebotene persönli[X.]he Anhörung der Klägerin und [X.] die Vernehmung der Eltern als Zeugen zu dem Ergebnis gelangen, dass die Voraussetzungen für eine hypothetis[X.]he Einwilligung (vgl. dazu etwa Senatsur-teil vom 14. Juni 1994 - [X.] ZR 260/93 - [X.], 1302 f. und vom 1. Februar 2005 - [X.] ZR 174/03 - [X.], 694) vorliegen. Dabei hat es in unzulässiger Weise seine eigene Beurteilung des Konflikts an die Stelle derjenigen der Klä-gerin und ihrer Eltern gesetzt, ohne si[X.]h ein eigenes Bild dur[X.]h deren Verneh-mung als Zeugen bzw. die persönli[X.]he Anhörung der Klägerin zu vers[X.]haffen. 17 Die Revision rügt zu Re[X.]ht, dass das [X.], auf dessen Urteil das Berufungsgeri[X.]ht insoweit Bezug nimmt, die Klägerin und ihre Eltern ni[X.]ht zu dem hier in Rede stehenden [X.] gehört hat. Bei der Anhö-rung vor dem [X.] ging es um die Einwilligung in das Quers[X.]hnittrisiko und ni[X.]ht um die Risiken der Pseudarthrose und des [X.]. Entgegen der Auffassung des Berufungsgeri[X.]hts lässt si[X.]h aus der Tatsa[X.]he, 18 - 12 - dass die Eltern der Klägerin in das Risiko einer Quers[X.]hnittlähmung eingewilligt haben, ni[X.]ht s[X.]hließen, die Aufklärung über die hier in Rede stehenden weniger s[X.]hweren Risiken hätte keinen Einfluss auf die Einwilligung in die [X.] gehabt. Es kann ni[X.]ht außer A[X.]ht gelassen werden, dass na[X.]h den insoweit revisionsre[X.]htli[X.]h ni[X.]ht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsge-ri[X.]hts in vers[X.]hiedenen Gesprä[X.]hen vor der [X.] das Risiko der Quer-s[X.]hnittlähmung als äußerst gering dargestellt worden ist. Im Hinbli[X.]k darauf konnte der Eindru[X.]k entstanden sein, dass dieses Risiko zu verna[X.]hlässigen sei. Zu berü[X.]ksi[X.]htigen ist aber au[X.]h, dass die [X.] ohnehin nur einen Teilerfolg erwarten ließ und deswegen selbst bei geglü[X.]kter [X.] ni[X.]ht mit völliger Bes[X.]hwerdefreiheit gere[X.]hnet werden konnte. Hingegen waren bei Verwirkli[X.]hung der unerwähnt gebliebenen Risiken erhebli[X.]he weitere Belas-tungen für die Lebensführung der no[X.]h jugendli[X.]hen Klägerin gegeben. Na[X.]h den bisherigen Feststellungen des Berufungsgeri[X.]hts ist dana[X.]h ni[X.]ht auszu-s[X.]hließen, dass die Eltern der Klägerin bei Kenntnis der mögli[X.]hen Folgen, die mit der konkreten [X.]ste[X.]hnik verbunden waren, Bedenken bekommen und von dem Eingriff Abstand genommen hätten, um [X.] zu gewinnen und si[X.]h in Ruhe über ihre Einwilligung in den Eingriff s[X.]hlüssig zu werden oder um ihn bis zur Volljährigkeit der Klägerin aufzus[X.]hieben. Hätte die gebotene Aufklärung zur Versagung der Einwilligung und infol-gedessen zur Vermeidung der [X.] geführt, hat der [X.] grundsätz-li[X.]h für deren sämtli[X.]he Folgen einzustehen (vgl. Senatsurteil vom 30. Januar 2001 - [X.] ZR 353/99 - VersR 2001, 592). 19 3. Entgegen der Auffassung des Berufungsgeri[X.]hts sind die im Streit be-findli[X.]hen Ansprü[X.]he der Klägerin ni[X.]ht verjährt. 20 - 13 - a) Zu Re[X.]ht geht das Berufungsgeri[X.]ht allerdings davon aus, dass für die na[X.]h § 852 Abs. 1 BGB a. F. für den Lauf der Verjährung deliktis[X.]her Ansprü-[X.]he erforderli[X.]he Kenntnis von S[X.]hädigungshandlung und S[X.]hädigung ni[X.]ht auf das Wissen der minderjährigen Klägerin, sondern auf die Kenntnis ihrer Eltern als ihrer gesetzli[X.]hen Vertreter abzustellen ist, denn auf deren Wissensstand kommt es an, solange der Ges[X.]hädigte bes[X.]hränkt ges[X.]häftsfähig oder ge-s[X.]häftsunfähig ist (vgl. Senatsurteil vom 16. Mai 1989 - [X.] ZR 251/88 - NJW 1989, 2323 m. w. N.). Au[X.]h hat es mit Re[X.]ht den Kenntnisstand der Re[X.]htsan-wälte, die die Eltern der Klägerin mit der Ermittlung und Geltendma[X.]hung der Ansprü[X.]he beauftragt hatten, in die Prüfung miteinbezogen. Na[X.]h den Grundsätzen, die die Re[X.]htspre[X.]hung unter Heranziehung des Re[X.]htsgedan-kens des § 166 Abs. 1 BGB zum so genannten [X.] entwi[X.]kelt hat, muss si[X.]h derjenige, der einen anderen mit der Erledigung bestimmter [X.] in eigener Verantwortung betraut, das in diesem Rahmen erlangte Wissen des anderen zure[X.]hnen lassen; dies gilt insbesondere dann, wenn der Ges[X.]hädigte bzw. dessen gesetzli[X.]her Vertreter einen Re[X.]htsanwalt mit der Aufklärung eines Sa[X.]hverhalts beauftragt hat (vgl. [X.] 83, 293, 296; Senat, Urteile vom 19. März 1985 - [X.] ZR 190/83 - [X.], 735 f. und vom 16. Mai 1989 - [X.] ZR 251/88 - aaO). 21 b) Dur[X.]hgreifenden re[X.]htli[X.]hen Bedenken begegnen jedo[X.]h die [X.], mit denen das Berufungsgeri[X.]ht annimmt, die für den [X.] maßgebende Kenntnis der Eltern der Klägerin im Sinne des § 852 Abs. 1 BGB a. F. sei bereits seit 1992/1993 gegeben. 22 (1) Zwar geht das Berufungsgeri[X.]ht zutreffend davon aus, dass bei S[X.]ha-densersatzansprü[X.]hen wegen Aufklärungsmängeln die Verjährung in der Regel ni[X.]ht s[X.]hon beginnt, sobald der ni[X.]ht aufgeklärte Patient einen S[X.]haden aufgrund der medizinis[X.]hen Behandlung feststellt. Hinzutreten muss vielmehr 23 - 14 - au[X.]h die Kenntnis, dass der S[X.]haden ni[X.]ht auf einem Behandlungsfehler be-ruht, sondern eine spezifis[X.]he Komplikation der medizinis[X.]hen Behandlung ist, über die der Patient - was dem behandelnden Arzt bekannt sein musste - hätte aufgeklärt werden müssen (vgl. Senatsurteil vom 10. April 1990 - [X.] ZR 288/89 - [X.], 795). Au[X.]h ist zutreffend, dass die Vors[X.]hrift des § 852 BGB a. F. für den Beginn der Verjährungsfrist nur auf die Kenntnis der anspru[X.]hsbegründenden Tatsa[X.]hen abstellt, ni[X.]ht jedo[X.]h auf deren zutreffende re[X.]htli[X.]he Würdigung. Fehlen dem Ges[X.]hädigten die hierfür erforderli[X.]hen Kenntnisse, muss er versu[X.]hen, si[X.]h insoweit re[X.]htskundig zu ma[X.]hen (vgl. Senatsurteil vom 20. September 1983 - [X.] ZR 35/82 - [X.], 1158, 1159). (2) Soweit aber das Berufungsgeri[X.]ht im Streitfall eine Erkundigungs-pfli[X.]ht der klagenden Partei annimmt, kann diese si[X.]h ni[X.]ht auf die fa[X.]hspezi-fis[X.]h medizinis[X.]he Frage beziehen, inwieweit eine Aufklärung zu erfolgen hatte. Der Patient und sein Prozessbevollmä[X.]htigter sind nämli[X.]h ni[X.]ht verpfli[X.]htet, si[X.]h im Hinbli[X.]k auf einen [X.] medizinis[X.]hes Fa[X.]hwissen anzu-eignen (vgl. Senat, [X.] 159, 245, 254). Da die erteilte Aufklärung insoweit erhebli[X.]he Lü[X.]ken aufwies (oben 1 e), hat die Klägerin erst mit Zugang des Guta[X.]htens des Prof. Dr. P. im Juni 1997 davon Kenntnis erlangt, dass es si[X.]h bei den eingetretenen Komplikationen der Pseudarthrose und des [X.], über die ni[X.]ht aufgeklärt worden ist, ni[X.]ht um die Folgen eines [X.]sfehlers oder s[X.]hi[X.]ksalhafte Zufälle handelt, sondern um Risiken, die dem Eingriff spezifis[X.]h anhaften und über die deshalb hätte aufgeklärt werden müssen. Dana[X.]h greift die Verjährungseinrede im Streitfall ni[X.]ht. 24 - 15 - II[X.] 25 Das Berufungsurteil ist na[X.]h alledem aufzuheben und die Sa[X.]he zur Klä-rung der Frage des [X.]s an das Berufungsgeri[X.]ht zurü[X.]kzu-verweisen. [X.] [X.] [X.] [X.]

Zoll Vorinstanzen: LG Mün[X.]hen I, Ents[X.]heidung vom 11.02.2004 - 9 O 8807/00 - [X.], Ents[X.]heidung vom 24.03.2005 - 1 U 2427/04 -

Meta

VI ZR 74/05

10.10.2006

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.10.2006, Az. VI ZR 74/05 (REWIS RS 2006, 1460)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 1460

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