Bundessozialgericht, Beschluss vom 17.09.2019, Az. B 3 KR 67/18 B

3. Senat | REWIS RS 2019, 3536

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - vorbeugende Unterlassungsklage - Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 27. Juli 2018 wird als unzulässig verworfen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5000 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Das [X.] hat mit Urteil vom [X.] einen Anspruch der klagenden Leistungserbringerin auf Unterlassung einer Äußerung der beklagten [X.] verneint. Gegenstand des Berufungsverfahrens war das Begehren der Klägerin auf Unterlassung des Aufstellens bzw Verbreitens der Behauptung, die Techniker Kranken- bzw Pflegekasse, die [X.] Kranken- bzw Pflegekasse, die [X.] - Gesundheit Kranken- bzw Pflegekasse und die [X.] Kranken- bzw Pflegekasse hätten gegen die Klägerin [X.] aufgrund falsch abgerechneter Leistungen des von der Klägerin geführten ambulanten [X.] ("M") aus den [X.] zwischen Juni 2007 und September 2009 und dürften diese von neu eingereichten Rechnungen der Klägerin bei den im Einzelnen genannten Kranken- bzw Pflegekassen abziehen sowie die abgezogenen Beiträge der [X.] gutschreiben. Das [X.] hat die Berufung der Klägerin als zulässig, aber unbegründet erachtet. Es hat das Urteil des [X.] bestätigt, das die Klagen mangels [X.] als unzulässig abgewiesen hat. Das [X.] hat ausgeführt, der Unterlassungsklage fehle es am Rechtsschutzinteresse, weil eine Wiederholungsgefahr für die streitige Behauptung nicht ersichtlich sei. Die Beklagte habe glaubhaft erklärt, sie sei mit der Sache nicht mehr befasst. Es seien bereits Aufrechnungen durch andere Ersatzkassen erfolgt. Lediglich die Techniker Krankenkasse habe keine Aufrechnung vorgenommen. Die Klägerin habe Klage gegen die erfolgten Aufrechnungen der [X.] Pflegekasse und der [X.] - Gesundheit Pflegekasse erhoben. Es bestehe daher keine Veranlassung seitens der [X.], andere Krankenkassen in dieser Angelegenheit noch über irgendetwas zu informieren. Daher bestehe auch keine ernsthafte Gefahr, dass sich das als rechtswidrig behauptete Verhalten der [X.] wiederholen werde. Schließlich verfolge die Klägerin nur eine objektive Rechtskontrolle, auf die sie keinen Anspruch habe.

2

Die Klägerin hat gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil Beschwerde beim B[X.] eingelegt. Sie beruft sich auf Verfahrensmängel (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]G).

3

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund des [X.] nicht formgerecht aufgezeigt worden ist (§ 160a Abs 2 Satz 3 [X.]G). Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 [X.]G durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

4

Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 [X.] [X.]G vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne, müssen für die Bezeichnung des [X.] (§ 160a Abs 2 Satz 3 [X.]G) die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des [X.] - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht. Gemäß § 160 Abs 2 [X.] Halbsatz 2 [X.]G kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 [X.]G und auf eine Verletzung des § 103 [X.]G nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das [X.] ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

5

Die Klägerin rügt als Verfahrensmangel, dass das [X.] anstelle eines [X.] ein Prozessurteil gesprochen habe. Das Rechtsschutzbedürfnis für eine Unterlassungsklage sei eine materielle Anspruchsvoraussetzung. Daher sei es verfahrensfehlerhaft gewesen, die Klage als unzulässig mangels [X.] zu behandeln. Da das [X.] die Klage zu Unrecht durch Prozessurteil abgewiesen habe, anstelle verbindlich über den materiellen Rechtsanspruch zu entscheiden, liege auch eine Verletzung von Art 19 Abs 4 Satz 1 GG im Hinblick auf den effektiven Rechtsschutz vor. Denn es sei nicht auszuschließen, dass das [X.] anderenfalls zu einer günstigeren Entscheidung gekommen wäre.

6

Mit diesem Vortrag hat die Klägerin einen Verfahrensmangel, insbesondere die Verletzung des Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz (Art 19 Abs 4 GG), nicht hinreichend aufgezeigt. Die Entscheidung über eine Klage durch Prozessurteil anstelle eines [X.] stellt zwar einen Verfahrensmangel dar (stRspr, B[X.]E 34, 236, 237 f = [X.] [X.] 57 zu § 51 [X.]G Bl Da 28; B[X.]E 35, 267, 271 = [X.] [X.] 5 zu § 551 RVO Bl Aa 8), der sich fortsetzen kann, wenn das [X.] die Berufung gegen ein Urteil des [X.] als unbegründet zurückweist und sich in seiner Begründung den Ausführungen des [X.] zur Klageabweisung wegen fehlenden [X.] anschließt und sich diese zu eigen macht (§ 153 Abs 2 [X.]G; vgl B[X.] [X.] 3-1500 § 73 [X.] 10 S 31; B[X.]E 4, 200, 201).

7

Vorliegend hat die Klägerin einen solchen prozessualen Mangel in ihrem Fall aber nicht aufgezeigt. Denn für die - hier im Streit stehende - vorbeugende Unterlassungsklage ist das Vorliegen der von Amts wegen zu prüfenden Prozessvoraussetzung des qualifizierten [X.] einschließlich einer Wiederholungsgefahr erforderlich (B[X.] [X.] 2200 § 368n [X.]4 S 112 mwN; vgl [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 12. Aufl 2017, Vor § 51 Rd[X.] 15, § 54 Rd[X.] 42a). Als maßgebliches Kriterium für das Bestehen eines qualifizierten [X.] muss ein erneutes, als widerrechtlich beurteiltes Vorgehen der Gegenseite ernstlich zu befürchten sein (vgl nur B[X.]E 118, 301 = [X.] 4-4200 § 52 [X.] 1, Rd[X.] 11 mwN). Das Fehlen dieses besonderen [X.] führt zur Unzulässigkeit der vorbeugenden Unterlassungsklage (vgl B[X.] Urteil vom [X.] - juris Rd[X.] 16 f).

8

Demgegenüber beruht die materiell-rechtliche Voraussetzung des Unterlassungsanspruchs auf einem allgemeinen Rechtsgrundsatz, nach dem der Inhaber eines Rechts, sofern ein Eingriff in ein absolutes Recht oder ein ansonsten geschütztes Rechtsgut droht, die Unterlassung des Eingriffs verlangen kann, wenn er nicht zu dessen Duldung verpflichtet ist (B[X.] Urteil vom 15.11.1995 - 6 [X.] 17/95 - juris Rd[X.] 17).

9

Die Klägerin hat als Verfahrensmangel auch nicht die Verletzung rechtlichen Gehörs (§ 62 [X.]G, Art 103 Abs 1 GG) hinreichend aufgezeigt. Dazu trägt sie vor, dass das [X.] unterstellt habe, dass die Klägerin lediglich eine abstrakte Rechtskontrolle über die Beklagte beabsichtige. Als weitere Gehörsverletzung rügt sie, dass eine mangelnde Tatsachenfeststellung zur Wiederholungsgefahr durch das [X.] vorliege. Nicht sie habe die bestehende Wiederholungsgefahr darlegen und beweisen müssen, sondern die Beklagte habe die Vermutung der bestehenden Wiederholungsgefahr widerlegen müssen.

Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs umfasst, dass Gerichte das von ihnen entgegengenommene Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis nehmen und in ihre Erwägungen einbeziehen. Von Letzterem darf auch grundsätzlich ausgegangen werden (stRspr, vgl nur [X.] 47, 182; B[X.] [X.] 1500 § 62 [X.] 13 S 12). Dass das [X.] das Vorbringen der Klägerin in diesem Sinne hinlänglich berücksichtigt hat, ist nach dem Beschwerdevortrag nicht zweifelhaft. Hier sind von der Klägerin keine Umstände dargelegt worden, aus denen deutlich wird, dass das Vorbringen im Berufungsverfahren insofern überhaupt nicht zur Kenntnis genommen und ersichtlich nicht erwogen worden ist (vgl dazu allgemein stRspr, zB [X.] 47, 182). Das [X.] hat nur andere rechtliche Schlüsse aus dem Vorbringen der Klägerin gezogen; dies stellt aber keinen [X.] dar.

Sofern die Klägerin bemängelt, dass das [X.] zu Unrecht von der Nichterweislichkeit der Wiederholungsgefahr ausgegangen sei, kann sie auch daraus keinen Verfahrensfehler herleiten. Denn die Darlegung der Verletzung der freien richterlichen Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 Satz 1 [X.]G) kann einer Nichtzulassungsbeschwerde von vornherein nicht zum Erfolg verhelfen (§ 160 Abs 2 [X.] Halbsatz 2 [X.]G). Gleiches gilt für die Rüge der mangelnden Tatsachenfeststellung des [X.]. Denn die Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 [X.]G) kann im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nur erfolgreich sein, wenn sich die Rüge auf einen Beweisantrag bezieht, dem das [X.] ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist (vgl § 160 Abs 2 [X.] Halbsatz 2 [X.]G). Vorliegend hat die Klägerin aber schon nicht vorgetragen, dass ihr Prozessbevollmächtigter im Berufungsverfahren einen (prozessordnungsgemäßen) Beweisantrag gestellt habe.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 [X.]G).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a [X.]G iVm § 154 Abs 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a [X.]G iVm § 52 Abs 2 GKG.

Meta

B 3 KR 67/18 B

17.09.2019

Bundessozialgericht 3. Senat

Beschluss

Sachgebiet: KR

vorgehend SG München, 6. Juli 2016, Az: S 17 KR 985/14, Urteil

Art 103 Abs 1 GG, § 55 Abs 1 SGG, § 62 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 17.09.2019, Az. B 3 KR 67/18 B (REWIS RS 2019, 3536)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 3536

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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